Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-510032/7/SCHI/Km

Linz, 29.07.1998

VwSen-510032/7/SCHI/Km Linz, am 29. Juli 1998 DVR.0690392

 
 

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt; Berichter: Dr. Schieferer; Beisitzer: Dr. Fragner) über die Berufung des A H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oö. vom 16. März 1998, VerkR-270.136/6-1998/G, wegen Abweisung des Antrages auf Errichtung einer Fahrschule, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 9. Juli 1998, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, als das Wort "Gruppen" durch das Wort "Klassen" ersetzt wird; weiters hat die dem Text vorangestellte römische Ziffer "I" samt dem Punkt zu entfallen.

Rechtsgrundlagen: §§ 66 Abs. 4 und 67a Abs.1 Z1 und Abs.2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG iVm §§ 108 Abs.3 und 109 Abs.1 lit.e sowie Abs. 2 KFG 1967.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Schreiben vom 23.2.1998 hat der Berufungswerber beim Landeshauptmann von Oö. einen Antrag auf Erteilung einer Fahrschulbewilligung eingebracht.

1.2. Der Landeshauptmann von Oö. hat mit Bescheid vom 16. März 1998, VerkR-270.136/6-1998/G, dieses Ansuchen um die Erteilung einer Bewilligung für die Errichtung einer Fahrschule für die "Gruppen" A bis G im Standort Münzkirchen abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, der Berufungswerber erfülle die schulmäßigen Voraussetzungen des § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967 nicht. Daran habe auch die Ergänzung des § 109 durch die 19. KFG-Novelle nichts geändert. Auch die nunmehrige Möglichkeit, daß Fahrschullehrer zu Fahrprüfern bestellt werden können, ändert nichts an den schulmäßigen Voraussetzungen des § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967. 2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 31.3.1998 rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, daß ihm die Fahrschulbewilligung Klassen A bis G mit dem Standort M antragsgemäß erteilt werde, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und dem Landeshauptmann von Oö. die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung betreffend § 109 Abs.2 KFG (Vorliegen einer gleichwertigen anderen Schulausbildung) bzw. Nachsicht aufzutragen.

2.1. Begründend führt der Berufungswerber im wesentlichen aus, formal seien die Einwände im bekämpften Bescheid richtig, allerdings hätte sich die belangte Behörde mit der Frage beschäftigen müssen, inwieweit eine "gleichwertige andere Schulausbildung" im Sinn des § 109 Abs.2 KFG angenommen werden könne. Er verweise in diesem Zusammenhang darauf, daß zB. deutsche Staatsangehörige, die um die Bewilligung zur Errichtung einer Fahrschule angesucht hätten und die Voraussetzungen gemäß § 109 Abs.1 lit.e KFG nicht erfüllten, trotzdem die Bewilligung erhalten haben, und zwar im wesentlichen mit der Begründung, daß sie zwar kein Diplom besitzen, aber über eine einschlägige Berufserfahrung verfügten. Auch er verfüge über eine einschlägige Berufserfahrung, sei 29 Jahre als Fahrschullehrer tätig und sei nun auch berechtigt, als Fahrprüfer tätig zu sein. Weiters werde darauf hingewiesen, daß es eine Reihe von Fahrschulbewilligungen gäbe, ohne daß der Inhaber die in § 109 Abs.1 lit.e KFG geforderte Ausbildung besitze. Bis 1988 sei es Kindern von Fahrschulinhabern möglich gewesen, eine Fahrschulbewilligung zu erhalten, wenn sie nur vertrauenswürdig waren; weiters gäbe es Fahrschulen, die nach dem Tode des Inhabers von der hinterbliebenen Ehegattin weitergeführt würden, wenn sie dem Landeshauptmann einen technischen Leiter gemeldet hätten. § 109 Abs.1 lit.e KFG sei sachlich nicht gerechtfertigt und verstoße gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit im Sinn des Art.6 StGG und die Freiheit der Berufswahl und Berufsausbildung im Sinn des Art.18 StGG sowie gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art.7 B-VG. Unter diesem Gesichtspunkt sei insbesondere die zwischenzeitig erfolgte Zielverschiebung der Lenkerprüfungskriterien zu berücksichtigen und der Umstand, daß nunmehr Fahrschullehrer nach dem neuen Führerscheingesetz auch berechtigt seien, als Fahrprüfer tätig zu sein. § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967 beschränke den Antritt zu einem erwerbswirtschaftlichen Betrieb einer Fahrschule und es gäbe kein öffentliches Interesse daran, derartige Erwerbsausübung ausschließlich für Personen, die über eine spezifische technische Schulausbildung verfügten, zuzulassen. Nach der neuen EU-Rechtslage seien Ausländer aus dem EU-Raum, sofern sie in ihrem Heimatland mindestens fünf Jahre eine Fahrschule besitzen, berechtigt, in Österreich eine Fahrschulbewilligung ohne die Voraussetzungen des § 109 Abs.1 lit.e KFG zu erfüllen und werde darauf verwiesen, daß es im Bezirk Schärding bereits zwei solcher Bewilligungen gäbe. Dies stelle eine massive Ungleichbehandlung dar. § 109 Abs.1 lit.e KFG diene offenbar primär dem Konkurrenzschutz der bestehenden Fahrschulen gegenüber inländischen Bewerbern um eine solche Fahrschulbewilligung. Die ausländischen EU-Bürger seien davon offensichtlich nicht berührt, da in einem solchen Fall der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts greife. Der VfGH habe in diesem Zusammenhang ausgesprochen, daß eine einfachgesetzliche Beschränkung des Grundrechtes auf Erwerbsfreiheit nur dann und insoweit zulässig sei, als diese ausschließlich im öffentlichen Interesse gelegen sei und ein taugliches und adäquates Mittel zur Erreichung dieser Interessen darstelle. Die lit.e des § 109 Abs.1 KFG 1967 beschränke somit den Antritt zu einem erwerbswirtschaftlichen Betrieb einer Fahrschule; ein öffentliches Interesse daran, weshalb eine derartige Erwerbsausübung ausschließlich für Personen, die über eine spezifische technische Schulausbildung verfügten, zulässig sein sollte, sei nicht erkennbar und darüber hinaus anscheinend nur bei Inländern erforderlich. Es gäbe keine sachliche Rechtfertigung im Sinn des Art.6 bzw. Art.18 StGG. Die fehlende sachliche Rechtfertigung für das in § 109 Abs.1 lit.e KFG aufgestellte Erfordernis zeige sich auch bei einem Vergleich mit den im gesamten Europa herrschenden Standard. Ein vergleichbares Ausbildungserfordernis für eine Fahrschulbewilligung sei im gesamten Geltungsbereich des EWR nicht enthalten. Es stehe weiters fest, daß diese Bestimmung absolut an der Praxis vorbeigehe. Der Unterricht im Lehrsaal und am Schulfahrzeug werde zu 95 % von Fahrlehrern und Fahrschullehrern geleistet. Die Aufgabe eines Fahrschulunternehmers liege hauptsächlich im kaufmännisch-wirtschaftlichen Bereich und nicht im schulisch-technischen. Darüber hinaus seien nunmehr nach dem neuen "Fahrschulführerscheingesetz" auch Fahrschullehrer berechtigt, als Fahrprüfer tätig zu sein, dh. der Prüfer müsse entscheiden, ob Fahrschüler das Kraftfahrzeug beherrschen und die Rechtsvorschriften befolgen können und dafür sei kraftfahrtechnisches Wissen erforderlich, das aber in keinem Fall an ein Diplom einer technischen Universität oder ein Reifeprüfungszeugnis einer HTL aus dem Bereich Maschinenbau- oder Elektrotechnik geknüpft werden könne. In diesem Zusammenhang hätte die belangte Behörde aufgrund des Abs.2 des § 109 (eine unechte Ermessensbestimmung) eine Ausnahme für ihn machen müssen, da aufgrund seiner 29-jährigen Tätigkeit als Fahrschullehrer und nunmehr auch als Fahrprüfer ihm eine gleichwertige Schulbildung zugesprochen werden müsse. Schließlich würden Inländer aufgrund des § 109 Abs.1 lit. e im Sinne des Art.7 B-VG bzw. Art. 2 StGG krass diskriminiert, weshalb die zitierte Bestimmung verfassungswidrig wäre. Es hätte die im Lauf der Zeit erfolgte Zielverschiebung in den gesetzlichen Grundlagen für die Lenkerprüfung berücksichtigt werden müssen und eine entsprechende Adaptierung der für die Erteilung der Fahrschulbewilligung erforderlichen Voraussetzungen, nämlich dergestalt, daß eine technische Ausbildung bzw. dreijährige Praxis für den Erwerb einer Fahrschulbewilligung ausreiche. Auch die Anpassung an das neue FSG sei unterblieben und die derzeit bestehende Regelung sei somit auch unter diesem Gesichtspunkt unsachlich und widerspreche dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot. Er rege daher an, der unabhängige Verwaltungssenat möge die Bestimmung des § 109 Abs.1 lit.e KFG beim VfGH gemäß Art.140 B-VG anfechten. 3. Der Landeshauptmann von Oö. hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem O.ö. Verwaltungssenat vorgelegt. Gemäß § 67a Abs.2 AVG hat der unabhängige Verwaltungssenat, durch eine Kammer, die aus drei Mitgliedern besteht, zu entscheiden. Die entsprechend der geltenden Geschäftsverteilung zuständige 6. Kammer hat für den 9. Juli 1998 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt und durchgeführt. An dieser Verhandlung nahm der Bw zusammen mit seinem Rechtsvertreter teil; der Landeshauptmann von Oö. war durch einen Bediensteten des Amtes der oö. Landesregierung (Abteilung Verkehr) vertreten. 4. Nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und nach Anhörung des Rechtsvertreters des Bw sowie der Ausführungen des Berufungswerbers und des Vertreters der belangten Behörde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9. Juli 1998 war von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt auszugehen: 4.1. Der Berufungswerber ist geboren am 17.12.1943, österreichischer Staatsbürger, wohnhaft in S und Fahrschullehrer der Klassen A, B, C, E, F und G. Seit 5.3.1997 besteht im Standort M, die Fahrschule D, welche aufgrund der Niederlassungsfreiheit des Art.52 EGV vom Inhaber der (deutschen) Fahrschule Dudek begründet worden war. In dieser Fahrschule ist der Berufungswerber zusammen mit drei weiteren Personen beschäftigt, nämlich einem Fahrschullehrer und zwei Fahrlehrern. 4.2. Der Berufungswerber besitzt kein Diplom einer Fakultät für Maschinenbau- oder Elektrotechnik einer österreichischen technischen Universität; auch hat er keine Reifeprüfung einer höheren technischen Lehranstalt maschinen- oder elektrotechnischer Richtung erfolgreich bestanden. Der Berufungswerber besitzt - seinen eigenen Angaben zufolge - seit 1962 die Führerscheinklassen A bis G, seit 1969 die Fahrlehrerberechtigung für die Klassen A bis F und seit 1978 die Fahrschullehrerberechtigung der Klassen A bis F. Seit 1969 übt er den Beruf Fahrlehrer und seit 1978 den Beruf Fahrschullehrer hauptberuflich aus. Er besitzt noch keine Fahrschulbewilligung.

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 108 Abs.3 KFG 1967 bedürfen die Errichtung einer Fahrschule und die Verlegung ihres Standortes der Bewilligung des Landeshauptmannes; die Verlegung des Standortes ist nur innerhalb desselben Bundeslandes zulässig. Der Betrieb der Fahrschule darf erst aufgenommen werden, wenn der Landeshauptmann die Genehmigung hiezu erteilt hat (§ 112 Abs.1). In der Bewilligung zur Errichtung einer Fahrschule ist anzuführen, für welche Klassen und Unterklassen von Kraftfahrzeugen gemäß § 2 Abs.1 und 2 FSG Lenker ausgebildet werden dürfen. Die Fahrschulbewilligung und die Betriebsgenehmigung (§ 112 Abs.1) gelten nach dem Tod ihres Besitzers auch für einen hinterbliebenen Ehegatten und für Nachkommen ersten Grades bis zur Vollendung ihres 30. Lebensjahres. Der Ehegatte oder der Nachkomme hat den Tod des Fahrschulbesitzers unverzüglich dem Landeshauptmann bekanntzugeben. § 41 Abs.1 bis 3, Abs.4 erster Satz GewO 1994 und §§ 42 bis 45 GewO 1994 gelten sinngemäß.

Gemäß § 109 Abs.1 KFG 1967 darf eine Fahrschulbewilligung unter anderem nur natürlichen Personen und nur Personen erteilt werden, die das Diplom der Fakultät für Maschinenbau- oder für Elektrotechnik einer österreichischen technischen Universität besitzen oder die Reifeprüfung an einer österreichischen höheren technischen Lehranstalt maschinen- oder elektrotechnischer Richtung erfolgreich bestanden haben (lit.e).

Gemäß § 109 Abs.2 KFG 1967 kann der Landeshauptmann vom Erfordernis der Erbringung des Nachweises über die erfolgreiche Absolvierung der im Abs.1 lit.e angeführten Schulen befreien, wenn der Antragsteller eine gleichwertige andere Schulausbildung genossen hat. Eine solche Befreiung gilt für das gesamte Bundesgebiet.

5.2. Unbestritten bzw. vom Berufungswerber ausdrücklich zugestanden wurde, daß er die Voraussetzungen des § 109 Abs.1 lit.e KFG nicht erfüllt. 6. Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit des § 109 Abs.1 lit.e KFG:

6.1. Der O.ö. Verwaltungssenat hat bereits in den Jahren 1994/95 anläßlich verschiedener Berufungsverfahren gemäß Art.129 Abs.3 iVm Art.89 Abs.2 und Art.140 Abs.1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967 als verfassungswidrig aufzuheben. Begründet wurde dies damals damit, daß die theoretische Lenkerprüfung aus einem rechtskundlichen und technischen Teil bestehe, wobei die Gewichtigkeit des rechtskundlichen Teiles überwiege. Unter diesen Umstand sei es sachlich nicht zu rechtfertigen, an die technische Ausbildung eines Fahrschulinhabers derart hohe Anforderungen zu stellen, wie sie § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967 vorsehe, nämlich eine spezifische technische (Hoch-)Schulausbildung zu fordern. Damit verletze das Gesetz den Gleichheitsgrundsatz und das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Anträge mit Erkenntnis vom 19.6.1995, G 198/94-8, G 23/95-6 und G 43/95-8, abgewiesen. In diesem Erkenntnis hat der VfGH ausgesprochen, daß § 109 Abs.1 lit.e KFG zwar den Zugang zu einer Erwerbstätigkeit im Sinn des Art.6 StGG beschränke, und daß es im besonderen öffentlichen Interesse liege, die Erteilung einer Fahrschulbewilligung an die Erfüllung bestimmter persönlicher Voraussetzungen des Bewerbers zu knüpfen. Die vom Gesetz aufgestellten Voraussetzungen stellen ein taugliches und adäquates Mittel zur Erreichung des im öffentlichen Interesse gelegenen Zieles (nämlich eine möglichst fundierte Ausbildung der Kraftfahrzeuglenker zu gewährleisten, um solcherart der Verkehrssicherheit zu dienen) dar und sind sachlich gerechtfertigt. Denn nach § 70 Abs.2 lit.b letzter Halbsatz KFG 1967 hat sich die Lenkerprüfung bei Bewerbern um eine Lenkerberechtigung für die Gruppen C, D, E, F und G auch auf die "hiefür in technischer Hinsicht und im Hinblick auf die Eigenart und Bauart der Kraftfahrzeuge und Anhänger notwendigen Kenntnisse" zu erstrecken. Um diese Kenntnisse vermitteln zu können, ist ausreichendes (kraftfahr-)technisches Wissen erforderlich.

Zum anderen kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er vom Inhaber der Fahrschule technisches Wissen verlangt, das über den Stoff hinausgeht, der im Rahmen des Unterrichts den Fahrschülern zu vermitteln ist. Dies ist schon allein aus § 109 Abs.1 lit.d und § 113 Abs.1 KFG 1967 abzuleiten, wonach der Fahrschulbesitzer den Betrieb seiner Fahrschule grundsätzlich selbst zu leiten hat. Er ist daher unter anderem auch dafür persönlich verantwortlich, daß die Schulfahrzeuge verkehrs- und betriebssicher sind (§ 112 leg.cit.). Um den damit verbundenen Pflichten nachkommen zu können, sind entsprechende technische Kenntnisse erforderlich. Daraus folgt, daß die nach § 109 Abs.1 lit.e KFG 1967 an den Inhaber einer Fahrschulbewilligung gestellten Anforderungen unter dem vom UVS behandelten Gesichtspunkt Erwerbsausübungsfreiheit - auch im Hinblick auf den weiten Gestaltungsspielraum, der dem Gesetzgeber bei Bestimmung der für die Ausübung der Erwerbstätigkeit erforderlichen Schulausbildung zukommt - verfassungsrechtlich unbedenklich sind. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, daß die zitierte Rechtsvorschrift nicht zwingend einen einschlägigen Universitätsabschluß verlangt, sondern sich mit einer entsprechenden HTL-Ausbildung begnügt. Darüber hinaus läßt Abs.2 (eine unechte Ermessensausübung) hievon Ausnahmen bei Vorliegen einer gleichwertigen anderen Schulausbildung zu.

6.2. Im Hinblick auf dieses Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, das auch nach Inkrafttreten des Führerscheingesetzes seine Gültigkeit bzw. Präjudizwirkung bewahrt hat, zumal die zitierten Bestimmungen des § 70 Abs.2 lit.b KFG 1967 nunmehr beinahe textgleich im § 11 Abs.1 Z3 lit.f FSG enthalten sind und auch die Bestimmungen des § 109 Abs.1 lit.d, § 112 und § 113 Abs.1 KFG 1967 weiterhin unverändert in Kraft sind.

6.3. Auch in der Verhandlung konnte der Berufungswerber, der ausdrücklich zu diesem Punkt aufgefordert wurde, die in seinem Berufungsschriftsatz mit "abenteuerliche Begründung" bezeichneten Ausführungen des VfGH entsprechend substantiiert näher auszuführen, keine überzeugenden neuen Argumente bringen. Der Oö. Verwaltungssenat sieht sich daher in keiner Weise veranlaßt, eine neuerliche Gesetzesanfechtung durchzuführen. 6.4. Die vom Berufungswerber behauptete "Zielverschiebung" der Lenkerprüfungskriterien mit Inkrafttreten des Führerscheingesetzes hat nach Ansicht des O.ö. Verwaltungssenates nicht stattgefunden. Insoweit der Berufungswerber darauf hinweist, daß er - theoretisch - nach dem neuen FSG auch die Befähigung als Lenkerprüfer habe und ihm deshalb die Fahrschulbewilligung erteilt werden müßte, ist festzustellen, daß dieses Argument nicht ganz nachvollzogen werden kann, zumal sich im neuen FSG keinerlei Anhaltspunkte finden, wonach die Möglichkeit bestünde, einen bestellten Lenkerprüfer als Fahrschulinhaber zu installieren bzw. stellt der Umstand, daß eine Person Lenkerprüfer ist, in keiner Weise einen Dispensgrund von den Voraussetzungen des § 109 Abs.1 lit.e KFG dar.

6.5. Auch die vom Bw in der Verhandlung überreichte Entschließung des Nationalrates anläßlich der Beratungen und Beschlußfassung über die 2. Führerscheingesetznovelle kann daran nichts ändern, weil - abgesehen von der rechtlichen Unverbindlichkeit derartiger "Wünsche" des Nationalrates (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 7. Auflage, Rz 507) - hier der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr u.a. in (der hier allenfalls in Betracht kommenden) Z.1 lit.a nur ersucht wird, eine Änderung des FSG und des KFG mit dem Ziel von mehr Bürgernähe, Verwaltungsvereinfachung und Wettbewerb beim Fahrschulwesen bis 31.12.1998 dem NR zuzuleiten. Daß aber diese Resolution auf eine Änderung des § 109 Abs. 1 lit. e KFG zugunsten des Bw abzielt, kann in keiner Weise erkannt werden. 7. Zur behaupteten gleichwertigen anderen Schulausbildung im Sinne des § 109 Abs.2 KFG:

7.1. Sowohl aus dem vorgelegten Akt als auch in der Verhandlung haben sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben, daß der Bw tatsächlich über eine gleichwertige andere Schulausbildung im Sinn des § 109 Abs.2 KFG verfügt. Insoweit er auf seine (bloße) einschlägige Berufserfahrung (29 bzw. 30-jährige Tätigkeit als Fahrschullehrer und - theoretische - Berechtigung, als Fahrprüfer tätig zu sein), ist darauf zu verweisen, daß diese sicher langjährige Berufspraxis des Bw aber keinesfalls die im § 109 Abs.2 KFG geforderte gleichwertige andere Schulausbildung ersetzen kann bzw. derartig uminterpretiert werden kann. Wenn der Bw in diesem Zusammenhang auf mittlerweile bereits vor 10 Jahren aufgehobene Bestimmungen über Fortbetriebsrechte von Kindern verweist, so ist dies derart unschlüssig, daß es keiner weiteren Begründung bedarf. Ebensowenig kann der Bw schon ex definitione von der Bestimmung des Witwenfortbetriebes nicht Gebrauch machen, sodaß sich auch hier jegliches weitere Eingehen auf dieses Argument erübrigt. Der vom Bw erstmals in der Verhandlung erwähnte "freiwillige" Kurs (privater Lehrgang) in der Dauer von 2 1/2 Jahren kann auch nicht als "gleichwertige andere Schulausbildung" iS des § 109 Abs.2 KFG angesehen werden, zumal der Bw darüber keinerlei Unterlagen (Kursbestätigung, Lehrplan, Prüfungszeugnisse usw.) vorlegen konnte.

7.2. Zu der in diesem Zusammenhang erwähnten Diskriminierung ist festzuhalten, daß der Bw in der Verhandlung selbst ausdrücklich angegeben hat, sein ganzes Berufsleben nur in Österreich gewesen zu sein und in keinem anderen EU-Mitgliedstaat jemals gearbeitet zu haben oder eine Ausbildung genossen zu haben. Aus diesem Grund kam auch eine Anwendung der Abs.5 bis 8 des § 109, wonach eine in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem anderen EWR-Vertragsstaat erworbene Qualifikation berücksichtigt werden könnte, nicht in Betracht.

8. Zur Inländerdiskriminierung:

8.1. Mit diesem Vorbringen zielt der Bw offenbar darauf ab, daß sich seit dem EU-Betritt Österreichs im Bezirk Schärding unter den Bestimmungen des Art.52 EGV zwei deutsche Fahrschulen niedergelassen haben, wobei die Bewilligung erteilt wurde, ohne daß die Inhaber die strengen Voraussetzungen des § 109 Abs.1 lit.e KFG erfüllten, während ihm die Fahrschulbewilligung wegen des Nichterfüllens dieser Kriterien verweigert wurde. 8.2. Es ist zwar richtig, daß das Problem der Inländerdiskriminierung die Schnittstelle zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Verfassungsrecht bildet. Andererseits hat der EuGH in zahlreichen Entscheidungen (vgl. zB. Steen I, 28.1.1992, Rs. C-332/90; Kremzow, 29.5.1997, Rs. C-299/95) in ständiger Judikatur dargetan, daß rein interne Sachverhalte nicht in die Entscheidungsbefugnis des Gerichtshofs fallen, auch wenn die materiellrechtlichen Fragestellungen bei Vorliegen eines grenzüberschreitenden Sachverhalts gemeinschaftsrechtlich geregelt wären. Im Urteil Steen II, 16.6.1994, Rs.C-132/93, hat der Gerichtshof ausgesprochen, daß das Gemeinschaftsrecht ein nationales Gericht nicht hindert, zu prüfen, ob eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, die Inländer, die sich in einer Situation befinden, die keinen Zusammenhang mit einem der im Gemeinschaftsrecht geregelten Sachverhalte aufweist, gegenüber den Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten benachteiligt, mit der Verfassung des betreffenden Mitgliedstaates vereinbar ist. 8.3. Zusammenfassend steht also fest, daß jede Diskriminierung, also auch jene von Inländern, nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gemeinschaftsrechtlich nur dann verpönt ist, wenn der Diskriminierte einen gemeinschaftsrechtlich erheblichen Sachverhalt verwirklicht hat (vgl. Weh, Vom Stufenbau zur Relativität - Das Europarecht in der nationalen Rechtsordnung, Wien 1997, S. 161ff). Daß aber der Berufungswerber weder eine selbständige noch eine unselbständige Tätigkeit in einem anderen EU-Mitgliedstaat jemals ausgeübt oder dort eine einschlägige Ausbildung/Qualifikation erworben hat, steht eindeutig fest, bzw. hat der Bw auch zugestanden. Es lag daher auch keine Inländerdiskriminierung iS des EU-Rechts vor. In diesem Zusammenhang ist wegen des Hinweises des Bw auf die beiden niedergelassenen deutschen Fahrschulen im Bezirk Schärding festzuhalten, daß deren Inhaber - im Unterschied zum Berufungswerber - bereits durch mehrere Jahre hindurch in der Bundesrepublik Deutschland eine eigene Fahrschule selbst geführt haben, weshalb ihnen aufgrund der Niederlassungsfreiheit nach Art.52 ff EGV in Verbindung mit der Richtlinie 92/51 EWG und der diesbezüglichen EuGH-Judikatur die Fahrschulbewilligung in Österreich erteilt werden mußte; dagegen war der Bw - wie bereits mehrfach erwähnt - nie selbständig tätig, weder in Österreich, noch in einem EU-Mitgliedstaat. Aus diesem Grund war eine Inländerdiskriminierung nicht gegeben. Daß aber - rein innerstaatlich betrachtet - eine Gleichheitswidrigkeit bzw. Verfassungswidrigkeit im Sinne des Art.7 B-VG bzw. des Art.6 StGG ebenfalls nicht vorliegt, wurde bereits oben unter Punkt 6. ausführlich dargetan.

9. Zur Spruchänderung ist zu bemerken, daß sowohl das FSG BGBl.I Nr. 120/1997 als auch das KFG 1967 seit der Novelle BGBl.I Nr. 121/1997, nur noch von "Klassen" spricht; weiters mußte aus logischen Gründen der Entfall der dem Text vorangestellten römischen Zahl I samt Punkt verfügt werden, weil der Spruch keine weiteren (folgenden) Unterteilungen in Zahlen enthält.

10. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung: Fahrschule, keine Inländerdiskriminierung

Beachte: Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt; VfGH vom 25.09.2000, Zl.: B 1733/98
Beachte: Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;
VwGH vom 20.09.2001, Zl.: 2000/11/0283-7

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