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des Landes Oberösterreich
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VwSen-590004/10/Kl/Rd

Linz, 19.06.2001

VwSen-590004/10/Kl/Rd Linz, am 19. Juni 2001

DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 9.1.2001, Pol01-95-2000-Neu, wegen eines Tierhalteverbotes auf Dauer nach dem Oö. Tierschutzgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 7.6.2001 zu Recht erkannt:
 
Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das unbeschränkte Tierhalteverbot dahingehend abgeändert wird, dass Herrn S, geb. 21.10.1937, wh. in W, die Haltung von Rindern, Schweinen, Ziegen, Pferden, Hausgeflügel und Kaninchen zur Gänze und auf Dauer untersagt wird.
Weiters wird Herrn S die Haltung von mehr als 10 Mutterschafen sowie die Haltung von männlichen Schafen auf Dauer verboten.
Die Haltung von höchstens 10 Mutterschafen wird an die Auflage gebunden, dass nur die vorhandene Scheune als Stallung für die Schafe verwendet werden darf. Die Verwendung des alten Kuhstalls und des Stalls zur Straße hingegen wird untersagt.
Gleichzeitig wird hinsichtlich der Haltung von höchstens 10 Mutterschafen ein Tierhalteverbot für den Fall angedroht, dass der Berufungswerber seinen gesetzlichen Tierhaltepflichten weiterhin nicht nachkommt.
 
Rechtsgrundlage:
§ 15 Abs.1, 2 und 3 Oö. Tierschutzgesetz, LGBl.Nr. 118/1995 iVm § 66 Abs.4 AVG.
 
 
Entscheidungsgründe:
 
1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 9.1.2001, Pol01-95-2000-Neu, wurde über den Bw ein Tierhalteverbot gemäß § 15 Abs.1 Oö. Tierschutzgesetz dahingehend verhängt, dass die Haltung bzw Verwahrung von landwirtschaftlichen Nutztieren, das sind Rinder, Schweine, Ziegen, Schafe, Pferde, Hausgeflügel und Kaninchen auf dauernd untersagt wurde. Weiters wurde der Bw verpflichtet, spätestens mit Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides die von ihm gehaltenen landwirtschaftlichen Nutztiere zu veräußern bzw abzugeben.
2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die ersatzlose Aufhebung des Bescheides, in eventu das Halten und Verwahren von landwirtschaftlichen Nutztieren unter entsprechenden Auflagen und Beschränkungen und allenfalls Befristungen zu gestatten, beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Bw aus gesundheitlichen Gründen seinen Tierhaltepflichten nicht nachkommen konnte, weil er sich in der Zeit vom 29.12.2000 bis 10.1.2001 zu Untersuchungen und Behandlung im AKH Linz befunden habe. In dieser Zeit sei seine Gattin M für die Haltung und Verwahrung der Tiere zuständig gewesen. Ein Tierhalteverbot hätte für ihn gravierende Folgen, zumal er lediglich über ein Pensionseinkommen von brutto 12.000 S verfüge, von dem noch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abzuziehen seien. Darüber hinaus habe er Schulden von 300.000 S bei der Raiba W. Die landwirtschaftliche Nutzfläche betrage 12 Joch, sodass eine vernünftige Nutzung nur durch die Schafhaltung und die Gewinnung des anfallenden Futters möglich ist. Eine Verpachtung der Fläche sei nicht möglich. Die Schafhaltung sei daher für den Bw wirtschaftlich notwendig und stehe daher das Verbot in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Übertretungen des Tierschutzgesetzes.
 
3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt sowie drei Verwaltungsstrafakte vorgelegt.
 
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme in den Administrativakt und in die drei vorgelegten Verwaltungsstrafakte der BH Freistadt. Danach steht fest, dass der Bw mit Straferkenntnis der BH Freistadt vom 23.9.1998 wegen einer Übertretung nach § 19 Abs.6 Oö. Tierschutzgesetz zu einer Geldstrafe von 10.000 S, mit Strafverfügung der BH Freistadt vom 17.6.1999 wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 19 Abs.1 Z6, 8 und 15 Oö. Tierschutzgesetz zu einer Geldstrafe von 3.000 S und mit Straferkenntnis der BH Freistadt vom 4.12.2000 wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 19 Abs.1 Z6 und 8 Oö. Tierschutzgesetz zu einer Geldstrafe von 5.000 S rechtskräftig verurteilt wurde.
 
Weiters hat der Oö. Verwaltungssenat Beweis erhoben durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7.6.2001, zu welcher der Bw geladen wurde und mit seinem Rechtsbeistand erschienen ist. Die geladene Behörde hat sich zur mündlichen Verhandlung entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen Dr. D, Amtstierarzt, und Dr. M, prakt. Tierarzt, geladen und einvernommen.
 
Aufgrund des Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass am 2.12.2000 der wegen eines kranken Schafes herbeigerufene prakt. Tierarzt dieses kranke Schaf in abgemagertem Zustand vorgefunden hat und auch weitere Schafe in schon sehr stark im Allgemeinbefinden beeinträchtigten Zustand wahrgenommen hat. So lag ein Schaf nahe dem Zaun im Freien und konnte sich nicht mehr erheben. Dieses Schaf wurde am 3.12.2000 durch den prakt. Tierarzt verständigten Amtstierarzt der BH im Stall vorgefunden. Es konnte sich nicht erheben und zeigte auf den vorderen Extremitäten schmerzhafte Veränderungen. Der Ernährungszustand dieses Schafes war als mindergut zu beurteilen. Im Stall wurden weiters 6 Jungschafe in einem uralten Verschlag eingepfercht vorgefunden, wobei dieser Bereich dunkel und stark verschmutzt war. Die Tiere waren auf der Wolle vom Schädel bis zum Schwanz mit eingetrocknetem Kot eingekleidet, frische Einstreue fehlte vollständig und bei der Bewegung der Schafe hörte man unter den Klauen quatschende Geräusche vom nassen Mist. Die übrigen Schafe befanden sich auf der Weide, wobei eine Gruppe von Schafen in besserem körperlichen Zustand war. Eine andere Gruppe hatte nur spärliches Futter und war in schlechtem Ernährungszustand. Ein Schaf erhob sich nur beim Anstupsen und hatte einen spießigen Gang. Dabei hatte es sichtlich Schmerzen. Ein krankes Schaf steckte mit den Hinterextremitäten im Morast und konnte nicht mehr von selbst heraus. Hinsichtlich der Stallungen ist eine Eignung zur Schaftierhaltung im Kuhstall und im Stall zur Straße hin nicht gegeben; lediglich die Scheune ist für eine Schaftierhaltung geeignet. Die mindere Ernährung und Verschmutzung der Schafe wurde bereits in den Jahren 1998 und 1999 vorgefunden und führte zu entsprechenden rechtskräftigen Strafen. Auch der nunmehr beschriebene Zustand vom 2. bzw 3.12.2000 führte zu einer rechtskräftigen Verwaltungsstrafe.
 
Beide Zeugen gaben übereinstimmend an, dass ihres Erachtens der Bw durch die Zahl der gehaltenen Tiere (35 bis 40 Schafe) überfordert ist, und dass eine Reduzierung der Tiere auf 10 bis 15 Tiere sowohl eine Erleichterung bei der Bewirtschaftung der Grünflächen zur Futtergewinnung und Weidehaltung als auch zur Betreuung der Tiere eine wesentliche Erleichterung für den Bw bringen könnte. Auch wurde eine entsprechende Anregung bereits im Hinblick auf das Strafverfahren im Jahr 1998 vom Amtstierarzt getroffen, allerdings von der Behörde und dem Bw nicht umgesetzt. Darüber hinaus würde bei einer auf 10 bis 15 Tiere reduzierten Tierhaltung mit dem als Schafstallung geeigneten Bereich der Scheune das Auslangen gefunden werden, sodass auf die übrigen Stallungen nicht mehr zugegriffen werden müsste. Die übrigen Stallungen wie Kuhstall und Holzbaracke sind für eine Schaftierhaltung ungeeignet. Im Kuhstall ist ein Ausmisten und die Wahrung der hygienischen Anforderungen nicht möglich. Der Stall zur Straße hin ist für eine Tierhaltung zu dunkel.
 
5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
 
5.1. Gemäß § 15 Oö. Tierschutzgesetz 1995, LGBl.Nr. 118/1995, kann die Behörde Personen, die mindestens dreimal wegen Übertretungen dieses Gesetzes oder einmal wegen des Vergehens der Tierquälerei nach § 222 StGB bestraft wurden, das Halten oder das Verwahren von Tieren verbieten oder an Befristung, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen binden, wobei die Art und Schwere der Übertretung und die mit der Beschränkung verbundenen Folgen für den Täter, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht abzuwägen sind. Die Dauer und der Umfang von Verboten oder Einschränkungen nach Abs.1 sind weiters so festzulegen, dass aufgrund der den Übertretungen zu Grunde liegenden Sinnesart des Täters unter Berücksichtigung seines bisherigen Verhaltens angenommen werden kann, dass er in Hinkunft die Bestimmungen dieses Landesgesetzes einhalten, kein weiteres tierquälerisches Verhalten setzen und sich den Anforderungen des Tierschutzes entsprechend verhalten wird. Die Behörde kann von einem Verbot nach Abs.1 absehen und ein solches Verbot nur androhen, wenn Grund zur Annahme besteht, dass dies ausreicht, um die betreffende Person in Zukunft von Übertretungen dieses Landesgesetzes oder eines sonstigen tierquälerischen Verhaltens abzuhalten.
 
Der Bw wurde dreimal rechtskräftig wegen Übertretungen des Oö. Tierschutzgesetzes jeweils wegen Nichteinhaltung der Sorgepflichten bei der Schaftierhaltung bestraft. Es war daher eine wesentliche Voraussetzung für ein Tierhalteverbot gegeben. Allerdings ist bei einem Tierhalteverbot auch auf die Art und Schwere der Übertretung und der mit der Beschränkung verbundenen Folgen für den Täter, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht, Bedacht zu nehmen. Gerade aber in dieser Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass der Bw keine tierquälerischen Absichten hatte, sondern vielmehr als Tierfreund gilt. Nach seinen Angaben ist er mit Tieren im elterlichen Anwesen aufgewachsen und betreibt die Schafzucht schon seit mindestens 15 Jahren. Im Übrigen hat er die Übertretungen nicht vorsätzlich begangen, sondern sind diese auf seine gesundheitlichen Probleme zurückzuführen. Der Bw legt glaubhaft dar, dass er seit dem Herbst 2000 an einer schweren Erkrankung litt, deswegen auch dreimal im AKH Linz zur Operation und weiteren Behandlung war und daher sich nicht um die Tiere kümmern konnte. Auch die vorausgegangenen Verwaltungsübertretungen waren auf gesundheitliche Probleme des Bw zurückzuführen. Er hat sich aber immer wieder um eine Verbesserung des Zustandes bemüht. Der Bw verweist weiters glaubhaft darauf, dass er lediglich eine Pension von 12.000 S brutto monatlich verdient, wovon aber noch Steuern und Sozialversicherungsabgaben abgezogen werden. Er braucht daher das Geld aus dem Verkauf der Schafe. Darüber hinaus macht er glaubhaft, dass er den landwirtschaftlichen Grund im Ausmaß von 12 Joch nicht anders bewirtschaften könne als durch Futtergewinnung für seine Schafe bzw als Verwendung als Weideland für die Schafe. Eine sinnvolle andere Nutzung ist nicht möglich, weil aufgrund der Größe eine Verpachtung tatsächlich nicht möglich und auch eine andere Nutzung aufgrund der Hanglagen nicht möglich ist. Es würde daher der Grund brachliegen, was auch nicht im Interesse der Gemeinde sein könne. Darüber hinaus legt der Bw glaubhaft dar, dass er mit den Tieren sehr verbunden ist und sich ein Leben ohne Tiere nicht vorstellen kann. Aus den angeführten Gründen war daher von einem gänzlichen Tierhalteverbot abzusehen. Unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Probleme des Bw - sein Gesundheitszustand hat sich mittlerweile sehr gebessert - sowie auch seiner wirtschaftlichen Situation ist aber die Tierhaltung auf maximal 10 Tiere zu beschränken. Die Beschränkung der Zahl der Tiere wird daher eine wesentliche Erleichterung für die Futtermittelbeschaffung wie auch für die Erhaltung des Weidelandes darstellen und auch die Sorgetragung für den Zustand der Tiere und ihre ordnungsgemäße Betreuung gewährleisten. Darüber hinaus wird eine örtliche Beschränkung der Tierhaltung auf die Bestallung in der Scheune eine artgerechte Tierhaltung ermöglichen und es werden dadurch hygienische Probleme bei der Tierhaltung hintangehalten.
 
Aufgrund der Einschränkung der Tierhaltung auf höchstens 10 Mutterschafe konnte von einem gänzlichen Verbot der Schaftierhaltung abgesehen werden, weil wegen der grundsätzlich positiven Einstellung des Bw zu Tieren und dem nunmehr geringeren Arbeitsanfall angenommen werden kann, dass er keine weiteren Übertretungen nach dem Oö. Tierschutzgesetz begehen werde. Um dies zu gewährleisten, wird aber das Verbot dieser 10 Mutterschafe angedroht, sofern der Bw seinen Sorgfaltspflichten trotz der reduzierten Anzahl der Tiere nicht nachkommt und Übertretungen nach dem Oö. Tierschutzgesetz nochmals begeht.
 
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
 
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.
 
 

Dr. Konrath
 

Beschlagwortung:
Tierhalteverbot, sachliche, örtliche Beschränkung, Androhung, persönliche Verhältnisse
 

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