Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-540145/2/Ste/Ta/Be

Linz, 01.04.2004

VwSen-540145/2/Ste/Ta/Be Linz, am 1. April 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner aus Anlass der Berufung der Fa. Holzner Franz, Pfaffstätt 46, 5222 Munderfing, vertreten durch die RAe Dr. J H und Mag. Dr. T H, gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 6. Oktober 2003, Zl. Vet-220004/4190-2003-W/Du, wegen der Vorschreibung von Gebühren für die Durchführung von Schlachttier- und Fleischuntersuchungen, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Gebühren in einer Gesamthöhe von 4.520,22 Euro festgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 212 Oö. Landesabgabenordnung 1996 - Oö. LAO 1996.

Entscheidungsgründe:

Mit dem ihr am 15. Oktober 2003 zugestellten Bescheid der Oö. Landesregierung vom 6. Oktober 2003, Zl. Vet-220004/4190-2003-W/Du, wurden der Rechtsmittelwerberin "für die Durchführung von Schlachttier- und Fleischuntersuchungen, Trichinenschau, Kontrolluntersuchungen und/oder sich aus dem Fleischuntersuchungsgesetz, BGBl.Nr. 522/1982 i.d.g.F. ergebenden sonstigen Untersuchungen, Kontrollen oder Überprüfungen" Gebühren in einer Höhe von 5.230,02 Euro "lt. unten angeführter Kostenmitteilung" vorgeschrieben.

Begründend wurde dazu nur ausgeführt, dass "die Vorschreibung der im Spruch angeführten Gebühren in den zit. Rechtsvorschriften" - d.s. die §§ 1, 48 Abs. 1 Z. 1, § 71 Abs. 3 Z. 1 und 146 der Oö. Landesabgabenordnung 1996; die §§ 1, 3 und 5 des Oö. Fleischuntersuchungsgebührengesetzes 1997; und die §§ 1, 2 und 3 der Oö. Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung 1997 - "begründet" sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, am 7. November 2003 - und damit rechtzeitig (vgl. § 190 Abs. 1 Oö LAO) - bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

Darin bringt die Rechtsmittelwerberin vor, dass die Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides wiederum nur die §§ 1, 3 und 5 des Oö. Fleischuntersuchungsgesetzes, LGBl.Nr. 79/1996, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 84/2002 (im folgenden: FlUGG), i.V.m. den §§ 1, 2 und 3 der Oö. Fleischuntersuchungsgebührenverordnung, LGBl.Nr. 116/1996, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 133/2001 (im Folgenden: FlUV), seien. Diese Vorschriften des FlUGG und der FlUGV stünden aber im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht, insbesondere zu den Richtlinien 96/43/EG und 85/73/EWG. In der Sache habe sich daran auch dadurch nichts geändert, dass die Behörde unter der Überschrift "Kostenmitteilung" auf Anhang A Kapitel I Z. 4 lit. b der RL 96/43/EG verweise. Die nach der RL 96/43/EG bestehende Befugnis der Mitgliedstaaten, einen höheren Betrag als die Gemeinschaftsgebühren zu erheben, sofern die vorgeschriebene Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet, sei keine Ermächtigung, alle im Zusammenhang mit der Fleischbeschau entstandenen Kosten in die zu erhebenden Gebühren einzurechnen. Der Begriff der tatsächlichen Kosten sei in Art. 1 Abs. 2 der RL 85/73/EWG dahin definiert, dass hiezu Löhne und Gehälter einschließlich Sozialabgaben sowie Verwaltungs- und Fortbildungskosten des Untersuchungspersonals gehören. Die vorgeschriebenen Fleischuntersuchungsgebühren lägen weit über der Gemeinschaftsgebühr von 1,30 ECU. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei ein Ausgleich des Mindererlöses bei Rindern durch die Einhebung einer überhöhten Gebühr bei Schweinen ebenso unzulässig wie die gesonderte Verrechnung von Gebühren für die Trichinenbeschau.

Daher wird die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahin, dass keine höhere als die Gemeinschaftsgebühr vorgeschrieben wird, beantragt.

(Hinsichtlich des unter einem gestellten Antrags auf Aussetzung der Einhebung des festgesetzten Gebührenbetrages hat die belangte Behörde anlässlich der Berufungsvorlage darauf verwiesen, dass dieser derzeit noch von ihr bearbeitet werde; insoweit ist daher noch eine allfällige Berufungsvorentscheidung abzuwarten und somit keine Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates gegeben.)

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Amtes der Oö. Landesregierung zu Zlen. Vet-220004/4190-2003-W/Du und Vet-220004/5066-2004-W/Ro. Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nach dem Verfahrenssystem der Oö LAO nicht ausdrücklich vorgesehen ist.

4. Über die gegenständliche Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Als lex specialis zu § 146 Abs. 1 Oö LAO sieht § 5 Abs. 1 FlUGG in Ausführung des in der erstgenannten Bestimmung normierten Gesetzesvorbehaltes hinsichtlich der Einhebung der Fleischuntersuchungsgebühren vor, dass die Fleischuntersuchungs-Ausgleichskasse (FlUAK) zunächst dem Abgabepflichtigen die Höhe der zu entrichtenden Gebühren nach Art und Anzahl der Tatbestände in aufgeschlüsselter Form schriftlich mitzuteilen hat; erst wenn die Einzahlung dieses Betrages nicht binnen eines Monats ab Ausfertigung dieser Mitteilung erfolgt, sind die Gebühren durch die Abgabenbehörde bescheidmäßig festzusetzen, wobei diesbezüglich nach § 8 Abs. 2 FlUGG die Oö LAO anzuwenden ist.

Auf Grund des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes ergibt sich, dass die im Bescheid der Oö. Landesregierung vom 6. Oktober 2003, Zl. Vet-220004/4190-2003-W/Du, i.S.d. § 5 Abs. 1 FlUGG von der FlUAK vorgenommene Berechnung der Gebühren unter Heranziehung der Bestimmungen des § 1 TP A Z. 3 und TP B Z. 2 sowie der § 1 Abs. 1TP C Z. 2 FlUGV (unter Berücksichtigung eines teilweise 100%igen Zuschlages) erfolgte.

Durch die vollinhaltliche Übernahme dieser Berechnung hat die belangte Behörde ihrer gesetzlich festgelegten Begründungspflicht (vgl. § 71 Abs. 3 Z. 1 Oö LAO) zumindest im Ergebnis entsprochen.

Im Übrigen wird die bloße Handhabung dieser Berechnungsmethode durch die Erstinstanz auch von der Rechtsmittelwerberin selbst gar nicht bestritten.

4.2. Diese wendet sich vielmehr ausschließlich dagegen, dass die in der FlUGV festgelegten Gebührensätze insofern überhöht seien, weil die dadurch bewirkte Überschreitung der Gemeinschaftssätze in der EU-Richtlinie vom 29. Jänner 1985 über die Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen nach den Richtlinien 89/662/EWG, 90/425/EWG und 91/496/EWG, RL 85/73/EWG i.d.F. 96/43/EG, ABl L 162 v. 1.7.1996, S. 1 bis 13 (im Folgenden kurz: RL 85/73/EWG), keine Deckung fände.

4.2.1. Nach Art. 1 bis 3 der RL 85/73/EWG haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass zur Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen für die Kosten, die durch derartige Untersuchungen und Kontrollen entstehen, eine Gemeinschaftsgebühr eingehoben wird; gemäß Art. 5 Abs. 3 der RL 85/73/EWG können die Mitgliedstaaten jedoch einen höheren Betrag als die Gemeinschaftsgebühr einheben, soweit diese Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet.

4.2.2. Davon ausgehend trifft zunächst jedenfalls der von der Rechtsmittelwerberin in ihrem Beschwerdeschriftsatz relevierte Einwand zu, dass die Voraussetzungen für die Erhöhung der Pauschalgebühren sowie zur Erhebung einer spezifischen Gebühr nicht gegeben sind.

Zur Frage der Rechtmäßigkeit einer derartigen Überschreitung hat der Verwaltungsgerichtshof z.B. in seinem Erkenntnis vom 21. Juni 1999, Zl. 97/17/0501, festgestellt, dass es insbesondere darauf ankommt, dass die Abgabenbehörde bei der Festsetzung höherer innerstaatlicher Gebühren die Einhaltung des Kriteriums der tatsächlichen Untersuchungskosten auf Grund dementsprechend zweck-gerichteter Sachverhaltsermittlungen plausibel zu begründen vermag. Zudem sind in diesem Zusammenhang etwa auch die Honorarsätze für Tierärzte auf ihre Angemessenheit zu überprüfen, dürfen die nicht gedeckten Mehraufwendungen für die Untersuchungen bei einer Tierart nicht durch die Vorschreibung überhöhter Untersuchungskosten bei anderen Tierarten kompensiert werden, o.ä.

4.2.3. Derartige Kriterien lassen sich jedoch im gegenständlichen Fall nicht nachvollziehen.

Zwar ist in § 1 Abs. 1 FlUGV den einzelnen Gebührentarifposten jeweils auch ein "Anteil des Fleischuntersuchungsorgans" beigesetzt, der rd. zwischen 80% und 90% der Gebühr beträgt.

Für den Fall eines derartigen Befundes hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch im bereits zuvor zitierten Erkenntnis festgestellt, dass den im Anhang A Kapitel I der RL 85/73/EWG festgelegten Gebührensätzen eine unmittelbare, innerstaatliches Recht verdrängende Wirkung zukommt.

Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass für die Berechnung der Abgabenhöhe nicht die in § 1 Abs. 1 FlUGV festgelegten, sondern die gemeinschaftsrechtlich normierten Gebührensätze maßgeblich sind. Hingegen ist eine Anwendung der Zuschlagsregelung des § 2 FlUGV durch Gemeinschaftsrecht nicht gehindert. Auch die Durchführung der Trichinenschau und der Kontrolluntersuchung nach § 17 des Fleischuntersuchungsgesetzes BGBl.Nr. 522/1982, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 96/2002 (im Folgenden: FlUG), i.V.m. § 29 der Fleischuntersuchungsverordnung, BGBl.Nr. 395/1994, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 142/2002 (im Folgenden: FlUV), ist in der RL 85/73/EWG nicht geregelt, sodass hinsichtlich der Gebührenfestlegung für diese auch insoweit die zit. EU-Richtlinie der Anwendung innerstaatlichen Rechts nicht entgegensteht.

4.2.4. Davon ausgehend resultiert aber nach h. Auffassung für den vorliegenden Fall folgende Berechnung der Abgabenvorschreibung:

Menge

Art

Rechtsgrundlage

Gebühr

30

4

Kontrolluntersuchungen

Kontrolluntersuchungen

§ 1 Abs. 1 TP C Z. 2 FlUGV

§ 1 Abs. 1 TP C Z. 2 FlUGV; § 2 Abs. 1 FlUGV

425,10

113,36

2.164

Schweine m. Schlachtgew. über 25 kg

Anh. A Kap. I Z. 1 lit. c RL 85/73/EWG;

2.813,20

2.164

Trichinenschau

§ 1 Abs. 1 TP B Z. 2 FlUGV;

1.168,56

Summe

  

4.520,22

 

4.3. Der gegenständlichen Berufung ist daher gemäß § 212 Abs. 2 Oö LAO inhaltlich insoweit stattzugeben, als die Gebühren in einer Gesamthöhe von 4.520,22 Euro (anstatt 5.230,02 Euro) festzusetzen sind; lediglich im Übrigen ist diese hingegen abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Mag.Dr. Wolfgang Steiner

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