Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104950/7/BR

Linz, 03.11.1997

VwSen-104950/7/BR Linz, am 3. November 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn A, vertreten durch die Rechtsanwälte M gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 16. Juli 1997, Zl.: VerkR96-19300-1996, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 3. November 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Schuldfrage keine Folge gegeben; hinsichtlich der Strafe wird der Berufung mit der Maßgabe Folge gegeben, daß die Geldstrafe auf 4.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 144 Stunden ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 400 S. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag. Rechtsgrundlage: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem Straferkenntnis vom 16. Juli 1997, Zl.: VerkR96-19300-1996, wegen der Übertretungen nach § 20 Abs.2 StVO 1960 über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 6.000 S und für den Nichteinbringungsfall 204 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 13.12.1996 um 15.15 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der Kobernaußer-Landesstraße in Richtung Höcken gelenkt und dabei bei Strkm 6,895 in Hocheck, die auf Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 59 km/h überschritten habe.

1.1. Die Erstbehörde hielt die Übertretung auf Grund des Meßergebnisses mittels geeichtem Geschwindigkeitsmeßgerät als erwiesen.

2. Der Berufungswerber führt in der fristgerecht durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung im Ergebnis aus, daß die Fahrgeschwindigkeit deshalb nicht so hoch gewesen sein konnte, weil er in diesem Fall sein Fahrzeug bis auf die Höhe des Gendarmeriebeamten nicht zum Stillstand bringen hätte können. Auch die Strafe sei objektiv zu hoch bemessen worden, weil gute Straßenbedingungen geherrscht haben und auch sein Fahrzeug einen hohen Sicherheitsstandard aufweise. Er beantragte die Aufhebung des Straferkenntnisses in eventu die schuldangemessene Reduzierung der Strafe.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Zl. VerkR96/19300-1996, anläßlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung sowie durch Vernehmung des Meldungslegers bei dieser im Rahmen eines Ortsaugenscheines durchgeführten Verhandlung, an welcher auch eine Vertreterin der Erstbehörde teilnahm. Dabei wurde auch die Vornahme der Geschwindigkeitsmessung mit dem damals eingesetzten Lasermeßgerät vor Ort demonstriert. 4. Folgender Sachverhalt war als erwiesen anzusehen:

5. Der Berufungswerber lenkte zur o.a. Zeit und Örtlichkeit seinen BMW 525 in Fahrtrichtung Pöndorf unter Berücksichtigung der Meßfehlergrenze mit einer Fahrgeschwindigkeit von 159 km/h. Es handelt sich um eine gut ausgebaute Strecke mit zwei durch Leitlinie gekennzeichnete Fahrstreifen mit einer Breite von ca. 3,5 m. Ebenfalls ist das Straßenbankett durch eine Randlinie von der Fahrbahn begrenzt. Die Fahrbahn verläuft in der Fahrtrichtung des Berufungswerbers an diesem Punkt auf eine Strecke von etwa 600 Meter hinter und 800 Meter nach vorne völlig geradlinig. Die Fahrbahn war zu diesem Zeitpunkt trocken und es herrschten gute Sichtverhältnisse. Ferner befand sich auch kein weiteres Fahrzeug in diesem insgesamt auf ca. 1.400 Meter völlig übersichtlichen Streckenbereich. Lediglich gegenüber dem Standort des Meldungslegers mündet ein Zufahrtsweg von einer rechtsgelegenen Siedlung in diesen Straßenzug ein, wobei dieser jahreszeitbedingt durch die nicht belaubten Sträucher als gut einsehbar anzunehmen ist. Demnach hätte daher auf ein sich allenfalls der Kreuzung näherndes Fahrzeug rechtzeitig und ausreichend reagiert werden können. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte mittels geeichtem Lasermeßgerät der Marke LTI 20.20 TS/KM-E, Nr. 5812, welches - wie von anderen Verfahren amtsbekannt ist - laut Eichschein bis zum 31. Dezember 1997 geeicht war. 5.1. Der Meßbeamte, GrInsp. K. W, legte anläßlich seiner Vernehmung im Rahmen der Berufungsverhandlung glaubhaft dar, daß er das Gerät gemäß der Betriebsanleitung ordnungsgemäß bedient hat und bei derartigen Messungen Fachkompetenz aufweist. Er hatte anläßlich dieser Messung das Gerät entweder am Dach des Funkwagens abgestützt, oder auf dem Stativ montiert eingesetzt und gelangte zum gegenständlichen Meßergebnis aus einer Entfernung von 281 Meter.

Aus der Fahrgeschwindigkeit von gemessenen 164 km/h ergibt sich unter Zugrundelegung einer mit diesem Fahrzeug mit Sicherheit erreichbaren Bremsverzögerung von 7,5 m/sek/2 ein Bremsweg von 133,4 Meter (Berechnung mit EVU-Unfallsrekonstruktionsprogramm von Prof. Dr. Gratzer, KFZ-Sachverständiger). Unter Zugrundelegung einer realistischen Zeitdauer von drei Sekunden bis zum Wirksamwerden der Bremsung, konnte daher der Berufungswerber sein Fahrzeug bis auf die Höhe des Standortes des Meldungslegers durchaus zum Stillstand bringen. Der gegensätzliche vom Berufungswerber in seiner Verantwortung erhobene Einwand vermag daher nicht zu überzeugen bzw. das Meßergebnis nicht zu entkräften. Vermutlich wurde seiner Berechnung ein geringerer Verzögerungswert grundgelegt. Anläßlich der Berufungsverhandlung konnte bei den zum Demonstrationszweck ebenfalls (real) durchgeführten Lasermessungen durch Messung der Zeitspanne vom Feststellen eines akustisch wahrnehmbaren positiven Meßvorganges, bis zum Signalisieren der Anhaltung nachvollziehbar festgestellt werden, daß ein Anhalten eines aus der hier vorliegenden Entfernung gemessenen Fahrzeuges auf Höhe des Meldungslegers auch aus dieser Geschwindigkeit heraus möglich ist. Es kann davon ausgegangen werden, daß zwei Sekunden nach der Messung der Meldungsleger bereits auf die Fahrbahn zugehend wahrgenommen werden kann, sodaß jedenfalls nach drei Sekunden von der Einleitung einer wirksamen Bremsung ausgegangen werden kann. Eine Geschwindigkeitsmessung mittels Lasermeßgerät gilt grundsätzlich als ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von Fahrzeugen eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit. Von einem mit derartigen Messungen betrauten Beamten ist aufgrund seiner Schulung ebenso grundsätzlich die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zu erwarten. Es ist amtsbekannt, daß der Meldungsleger derartige Messungen ständig durchführt. In der Berufungsverhandlung ergaben sich keine Anhaltspunkte für Fehlbedienungen oder etwa der irrtümlichen Messung bzw. der Verwechslung mit einem anderen Fahrzeug.

5.1.1. Die oben angeführten Wegstrecken wurden bereits anläßlich einer im Verfahren VwSen - 104095, v. 26. November 1996 von h. durchgeführten Feststellung vermessen und sind somit amtsbekannt. Es ergaben sich ferner keine Anhaltspunkte für eine mangelnde Funktionsfähigkeit des Meßgerätes oder einer Verwechslung hinsichtlich des gemessenen Fahrzeuges. Gegensätzliche Einwände wurden auch vom Berufungswerber nicht erhoben. So belegte insbesondere die Vornahme des Ortsaugenscheines, daß sich diese Stelle geradezu ideal für derartige Messungen eignet, wenngleich damit auch ebenso zweifelsfrei belegt ist, daß mit dieser Übertretungshandlung keine an sich für das tatbestandsmäßige Verhalten typische nachteilige Folgen verbunden gewesen sind und hier nach Ansicht des erkennenden Organes objektiv besehen "bloß" der Ungehorsam gegenüber einer Rechtsnorm als solcher als unwerthaft zum Tragen kommt.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

6.1. Die gesetzlich erlaubte Höchstgeschwindigkeit beträgt auf Freilandstraßen gemäß § 20 Abs.2 StVO grundsätzlich 100 km/h. 7. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Vorweg sei gesagt, daß auch unter diesen, technisch besehen auch für eine wesentlich höhere Fahrgeschwindigkeit idealen, Straßenbedingungen eine Fahrgeschwindigkeit von 159 km/h nicht entschuldbar sein kann. Wenngleich dem Schnellfahren und der damit einhergehenden Gefahrenpotentierung durchaus mit spürbaren Strafen zu begegnen ist und Gründe der Spezialprävention in aller Regel eine strenge Bestrafung erfordern (vgl. auch VwGH 18. September 1991, Zlen. 91/03/0043, 91/03/0250), greifen diese Überlegungen in diesem Fall weitgehend nicht. Die von der Erstbehörde hier festgesetze Strafe mit 6.000 S kann daher unter den gegebenen spezifischen Umständen nicht gehalten werden.

7.1.1. Hier liegt dem bereits im Tatbestand vertypten Unrecht der denkbar geringste - für derartige Übertretungshandlungen denkbare - objektive Tatunwert zugrunde. Dies gründet - was wohl auf Freilandstraßen in den seltensten Fällen zutrifft - in der völlig einsehbaren und gerade verlaufenden Strecke und in den optimalen Fahrbahn- u. Sichtbedingungen. Die Schädlichkeit des Verhaltens erschöpfte sich daher im Ergebnis bloß auf den Ungehorsam gegenüber der Gesetzesvorschrift. Auf den Schutzzweck dem die Strafdrohung dient und das Ausmaß der mit einer Tat verbundenen Schädigung gesetzlich geschützter Interessen (§ 19 VStG) ist bei rechtsrichtiger Auslegung immer (inhaltlich) auf den konkreten Fall und nicht bloß formelhaft Bedacht zu nehmen. Widrigenfalls käme es unvermeidlich zu einer Ungleichbehandlung dadurch, daß Ungleiches durch schablonenhafte Anwendung einer Bestimmung, letztlich (immer) gleich behandelt würde (vgl.h. Erk. v. 1. 2.1997, VwSen - 104374/3/Br).

Aus diesem Grund konnte selbst bei einem anzunehmenden durchaus überdurchschnittlichen Einkommen des Berufungswerbers mit einer Geldstrafe von nur 4.000 S das Auslangen gefunden werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung: Unwertgehalt, Schnellfahren, Ungleichbehandlung

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