Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105078/2/BR

Linz, 19.11.1997

VwSen-105078/2/BR Linz, am 19. November 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn W, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz, vom 3. Oktober 1997, Zl: Zl.:S-23.826/96-4, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht: I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 300 S (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Erstbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG iVm § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er es als Zulassungsbesitzer (Fahrzeughalter) des KFZ (Krad) mit dem Kennzeichen (D) unterlassen habe, der Bundespolizeidirektion Linz auf deren schriftliche Aufforderung, welche ihm am 20. September 1997 zugestellt wurde, nicht bis zum 4. Oktober 1997 eine dem Gesetz entsprechende Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses KFZ am 19. Mai 1997 um 15.41 Uhr, in Linz, A 7 bei Strkm. 5,82 in Fahrtrichtung Norden gelenkt habe. 2. Die Erstbehörde wies in der Begründung ihrer Entscheidung im Ergebnis auf die diesbezüglich in Österreich herrschende Rechtslage und entsprechende einschlägige Judikatur hin. Damit ist die Erstbehörde im Ergebnis im Recht! 2.1. Der Berufungswerber bestreitet die Nichtbekanntgabe des Fahrzeuglenkers zum fraglichen Zeitpunkt und Ort nicht. Er weist darauf hin, daß zum fraglichen Zeitpunkt vier namentlich genannte Personen als Lenker in Frage kämen, welche er jedoch nicht auf den Tatzeitpunkt bzw. den Tatort bezogen als Lenker namhaft machen könne. Die in Betracht kommenden Lenker seien alle erfahrene Motorradfahrer und hätten alle sein Fahrzeug zur fraglichen Zeit ausprobiert. Künftig würde er sich bei ähnlichen Begebenheiten den jeweiligen Lenker aufschreiben und die gewünschte Auskunft der Behörde erteilen. Mit diesem Vorbringen vermag der Berufungswerber weder eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses darzutun, noch seine Unterlassung gegenüber der die Auskunft verlangenden Behörde zu entschuldigen. 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt.

4. Da keine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war nicht erforderlich.

5. Der Berufungswerber wurde mit Schreiben der Erstbehörde vom 11. September 1997 zur Bekanntgabe im oben bezeichneten Sinn aufgefordert. Dieses Schreiben wurde dahingehend beantwortet, daß vier Personen, nämlich ein H, für die fragliche Zeit als Lenker in Betracht kämen. Wer tatsächlich gelenkt hat, ließe sich nicht mehr feststellen.

5.1. Es kann auch dahingestellt bleiben, daß es nicht gerade realitätsnah anmutet, daß einerseits gleich vier Personen als Fahrzeuglenker für einen bestimmten Lenkort in Betracht kommen könnten und andererseits keinem dieser angeblichen Fahrzeuglenker die Autobahn in Linz in Erinnerung geblieben wäre, wenn er dort mit einem Motorrad unterwegs war.

6. § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet: "Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück." Die Gestaltung des letzten Satzes als Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen des B-VG stehend und nicht im Widerspruch zu Art. 6 MRK. Der Verfassungsgerichtshof hebt das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des (österreichischen) Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt, besonders hervor, bemerkt jedoch auch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art. 90 Abs.2 B-VG und den dadurch mit einer Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses [VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 u.a.]. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. Erk. vom 29. September 1993, Zl. 93/02/0191) liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann. Dieser Intention schließt sich auch der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich an, weil aus der Sicht der Praxis eine effektive Verkehrsüberwachung sonst nicht ausreichend gewährleistet scheint. In dieses Konzept müssen alle die österreichischen Straßen benützenden Fahrzeuge (auch außerösterreichische) einbezogen werden können. Gemäß § 2 Abs.1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen - hier ist keine Ausnahme gegeben - nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Nach § 2 Abs.2 VStG ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat ODER HÄTTE HANDELN SOLLEN ODER WENN DER - zum Tatbestand gehörende - ERFOLG IM INLAND EINGETRETEN IST. Bei Verweigerung der Erteilung der Lenkerauskunft gilt - anders als nach der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 7. Juli 1989, Zl. 89/18/0055) - nicht der Ort, an welchem etwa eine solche Aufforderung dem "Verpflichteten" zugekommen ist, sondern - als Tatort gilt - der Sitz der anfragenden Behörde, als Ort der geschuldeten Handlung (VwGH 14. Juni 1995, Zl. 95/03/0102 u. VwGH [verst. Senat] 31. Jänner 1996, Zl.93/03/0156). Die vom Berufungswerber inhaltlich geübte Verweigerung ist sohin als im Inland begangen zu erachten. Im Lichte dieser nunmehrigen Rechtsprechung liegt daher die hier zum Vorwurf gemachte Tat nicht (mehr) außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches des österreichischen Verwaltungsstrafrechtes, weil eben der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist. Es macht in diesem Zusammenhang keinen Unterschied, ob die geschuldete Handlung hier vom Ausland zu initialisieren gewesen wäre oder dies bei einem österreichischen Zulassungsbesitzer in aller Regel vom Inland aus geschieht oder zu geschehen haben wird. Schließlich kann der Intention des § 103 Abs.2 KFG in diesem Zusammenhang auch keine andere Bedeutung zugedacht werden, als ein nach dem deutschen Kraftfahrrecht eingetragener Fahrzeughalter einem Zulassungsbesitzer iSd § 37 Abs.2 KFG gleichzustellen ist. Sollte der Berufungswerber sich etwa an die spezifische Aufforderung einer österreichischen Behörde nicht gebunden erachten und seine Verweigerung auf "grundgesetzliche Bedenken" gemäß der deutschen Verfassung berufen wollen und damit auf die Begrenzung des staatlichen Gebotsbereiches auf das Territorium des Staatsgebietes (Territorialitätsprinzip) abstellen, wäre dem entgegenzuhalten, daß sich der staatliche Gebotsbereich in der Figur des "Schutzprinzips" auch auf außerhalb des Staates befindliche Personen bezüglich Verhalten, die sich gegen ein inländisches Rechtsgut richten, erstrecken kann (Walter-Mayer, Grundriß des Bundesverfassungsrechtes, 8. Auflage, RZ 176). Als Anknüpfungsfaktum ist hier die Verwendung des Kraftfahrzeuges, dessen Halter der Berufungswerber ist, im Bundesgebiet der Republik Österreich. Einem ausländischen Fahrzeughalter ist es grundsätzlich auch zuzumuten sich über die einschlägige Rechtslage in jenem Land zu informieren in welches er sein Fahrzeug einbringt. Die Verwendung des Fahrzeuges in Österreich erfolgte hier offenkundig im Wissen bzw war vom Willen des Berufungswerbers getragen. Die Bindung an eine österreichische Gesetzesbestimmung ergibt sich aus dem Ingerenzprinzip, welches durch die Verwendung dieses Fahrzeuges in Österreich ausgelöst wurde. Diese am Gesetzeszweck orientierte Auslegung erfordert - wie im Ergebnis schon dargelegt - einerseits die obzitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Zl. G72/88), andererseits impliziert das mit der Verwendung eines Kraftfahrzeuges im Hoheitsgebiet eines anderen Staates begründete Ingerenzverhältnis zu den einschlägigen Gesetzen dieses Staates, einen ausreichenden inländischen Anknüpfungsgrund (vgl. VfSlg. 9183/91 - Erk. v. 1. Juli 1981, B 521/80, 47/81). Der Berufungswerber vermag daher auch mit seinem Vorbringen und der darin zum Ausdruck gelangenden Rechtsansicht, welche sich im Ergebnis auf Unkenntnis der hier zur Last gelegten Vorschrift stützt, dem angefochtenen Bescheid nicht mit Erfolg entgegentreten. Auch die jüngste Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestätigt im Ergebnis die oben dargelegte Rechtsansicht (VwGH 28.2.1997, 96/02/0508 u.a.). Ferner legte der Berufungswerber auch nicht dar, inwiefern es ihn überhaupt überfordert hätte, den Lenker, unter den von ihm als angeblich in Betracht kommend Bezeichneten, auszuforschen. Dazu hätte er immerhin auch reichlich Zeit gehabt, wobei bereits in der Aufforderung auf die Strafbarkeit der Verweigerung hingewiesen wurde. Daher konnte er sich angesichts des Hinweises bezüglich der Strafbarkeit der Verweigerung der Lenkerbekanntgabe schon in der Aufforderung (zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers) auch nicht entschuldigend auf einen diesbezüglichen Rechtsirrtum berufen.

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe durchaus angemessen ist. Grundsätzlich ist der Unwertgehalt dieser Übertretungen als nicht bloß geringfügig zu erachten gewesen. Es liegt im öffentlichen Interesse, insbesondere im Interesse der Pflege der Verkehrssicherheit, daß ein Fahrzeuglenker, welcher straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zuwiderhandelt, einer entsprechenden Bestrafung zugeführt werden kann. Angesichts des bis zu 30.000 S reichenden Strafrahmens kann selbst beim zuzuerkennenden Milderungsgrund der Unbescholtenheit und der fiktiven Annahme eines bloß durchschnittlichen Einkommens in der Ausschöpfung des Strafrahmens im Ausmaß von nur zwei Prozent keinesfalls eine Überschreitung des Ermessensspielraumes durch die Erstbehörde erblickt werden. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten. Beilagen Dr. B l e i e r

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