Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105117/2/BR

Linz, 16.12.1997

VwSen-105117/2/BR Linz, am 16. Dezember 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau H gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 6. Oktober 1997, Zl: VerkR96-18228-1996, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht: I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 140 S (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 u. 2 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Erstbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis wider die Berufungswerberin wegen Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG iVm § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe von 700 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie als Zulassungsbesitzerin des Pkw mit dem Kennz. (D) der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck über deren Aufforderung (niedergelegt beim Postamt W am 12.3.1997 durch das Regierungspräsidium G) nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber erteilt habe, wer den Pkw mit dem bezeichneten Kennzeichen am 16.10.1996 um 8.42 Uhr auf der A1 in Richtung Wien gelenkt habe, indem auch nicht jene Person benannte wurde, welche die Auskunft erteilen hätte können. Es sei lediglich mitgeteilt worden, daß der Pkw zum fraglichen Zeitpunkt von einer dritten Person gelenkt worden sei.

2. Die Erstbehörde vertrat in ihrer Begründung im Kern die Rechtsauffassung, daß die von der Berufungswerberin gemachte Mitteilung, nämlich den Lenker nicht ermitteln zu können einer strafbaren Verweigerung gleichkomme.

2.1. Die Berufungswerberin bestreitet den Tatvorwurf an sich nicht und verweist in ihrer fristgerecht erhobenen Berufung darauf, daß keine Rede davon sein könne, daß sie ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen sei. Wenn eine Klärung auf Grund dieser Mitteilung nicht möglich gewesen sei, könne dies nicht automatisch zum angefochtenen Straferkenntnis führen. Mit diesem Vorbringen vermag die Berufungswerberin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses nicht darzutun! 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt.

4. Da keine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war nicht erforderlich.

5. Unbestritten ist, daß die Berufungswerberin, nachdem sie eine Strafverfügung wegen des Übertretungsdeliktes der StVO 1960 - welches in weiterer Folge die dieses Straferkenntnis zum Inhalt habende Anfrage ausgelöst hatte, mit Schreiben vom 7. April 1997 zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers betreffend eine Fahrt am 16.10.1996 um 8.42 mit dem von ihr gehaltenen Fahrzeug auf der A1 in Richtung Wien, aufgefordert wurde. Diese Auskunft wurde ihr zu Hd. ihrer Rechtsvertreter am 14. April 1997 zugestellt und durch ihre Rechtsvertreter dahingehend "beantwortet", daß man den Lenker unter mehreren in Betracht kommenden nicht benennen könne, man jedoch bemüht sei diesen ausfindig zu machen. In der bezughabenden Aufforderung war auf die Rechtsfolgen einer Nichterteilung oder einer unrichtigen Erteilung hingewiesen.

6. § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet: Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück. Die Gestaltung des letzten Satzes als Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen des B-VG stehend und nicht im Widerspruch zu Art.6 MRK. Der Verfassungsgerichtshof hebt das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des (österreichischen) Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt besonders hervor, bemerkt jedoch auch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art. 90 Abs.2 B-VG und den durch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses [VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 u.a.]. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. Erk. vom 24. Februar 1997, Zl. 95/17/0187) liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann. Dieser Intention schließt sich auch der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich an, weil aus der Sicht der Praxis eine effektive Verkehrsüberwachung sonst nicht ausreichend gewährleistet scheint. In dieses Konzept müssen alle die österreichischen Straßen benützenden Fahrzeuge (auch außerösterreichische) einbezogen werden können. Gemäß § 2 Abs.1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen - hier ist keine Ausnahme gegeben - nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Nach § 2 Abs.2 VStG ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat ODER HÄTTE HANDELN SOLLEN ODER WENN DER - zum Tatbestand gehörende - ERFOLG IM INLAND EINGETRETEN IST. Diese Verpflichtung trifft ebenso einen österreichischen Staatsbürger im Hinblick auf ein Auskunftsverlangen betreffend seiner Halterschaft eines in Deutschland zugelassenen Fahrzeuges. Bei Verweigerung der Erteilung der Lenkerauskunft gilt - anders als nach der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 7. Juli 1989, Zl. 89/18/0055) - nicht der Ort an welchem etwa eine solche Aufforderung dem "Verpflichteten" zugekommen ist, sondern - als Tatort gilt - der Sitz der anfragenden Behörde, als Ort der geschuldeten Handlung (VwGH 14. Juni 1995, Zl. 95/03/0102 u. VwGH [verst. Senat] 31. Jänner 1996, Zl.93/03/0156). Die von der Berufungswerberin getätigte Mitteilung erfüllt eben die Auskunftspflicht nicht, indem sie eben den Lenker nicht benennt und ist daher die Verweigerung als im Inland begangen zu erachten. Im Lichte dieser nunmehrigen Rechtsprechung liegt daher die hier zum Vorwurf gemachte Tat nicht (mehr) außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches des österreichischen Verwaltungsstrafrechtes, weil eben der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist. Es macht in diesem Zusammenhang keinen Unterschied ob die geschuldete Handlung hier vom Ausland zu initialisieren gewesen wäre oder dies bei einem Zulassungsbesitzer in Österreich in aller Regel vom Inland aus geschieht oder zu geschehen haben wird. Schließlich kann der Intention des § 103 Abs.2 KFG in diesem Zusammenhang auch keine andere Bedeutung zugedacht werden, als ein nach dem deutschen Kraftfahrrecht eingetragener Fahrzeughalter einem Zulassungsbesitzer iSd § 37 Abs.2 KFG gleichzustellen ist. Wenn die Berufungswerberin scheinbar an die spezifische Aufforderung einer österreichischen Behörde nicht gebunden zu sein glaubt und auf das Fehlen einer vergleichbaren Bestimmung in Deutschland hinweisen wollte, kann ihr dies nicht zum Recht verhelfen. Der staatliche Gebotsbereich in der Figur des "Schutzprinzips" erstreckt sich auch auf außerhalb des Staates befindliche Personen bezüglich Verhalten, die sich gegen ein inländisches Rechtsgut richten (Walter-Mayer, Grundriß des Bundesverfassungsrechtes, 8. Auflage, RZ 176). Als Anknüpfungsfaktum ist hier die Verwendung des Kraftfahrzeuges für welches die Berufungswerberin Verantwortung trägt im Bundesgebiet der Republik Österreich. Die Bindung an diese österreichische Gesetzesbestimmung wurzelt im Ingerenzprinzip, welches gegenüber der österreichischen Rechtsordnung durch die Verwendung dieses Fahrzeuges in Österreich ausgelöst wurde. Diese am Gesetzeszweck orientierte Auslegung stützt sich - wie im Ergebnis schon dargelegt - einerseits die obzitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Zl. G72/88 ua), andererseits wie bereits in mehreren h. Erkenntnissen vertreten, das mit der Verwendung eines Kraftfahrzeuges im Hoheitsgebiet eines anderen Staates begründete Ingerenzverhältnis zu den einschlägigen Gesetzen dieses Staates. Die Berufungswerberin vermag daher mit ihrem Vorbringen dem angefochtenen Bescheid nicht mit Erfolg entgegentreten. Auch die jüngste Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestätigt im Ergebnis die oben vertretene Rechtansicht (VwGH 28.2.1997, 96/02/0508 u.a.). 6.1. Ebenfalls konnte sie sich angesichts des Hinweises bezüglich der Strafbarkeit der Verweigerung der Lenkerbekanntgabe schon in der Aufforderung (zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers) nicht entschuldigend auf einen diesbezüglichen Rechtsirrtum berufen.

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe durchaus angemessen ist. Grundsätzlich ist der Unwertgehalt dieser Übertretungen als nicht bloß geringfügig zu erachten gewesen. Es liegt im öffentlichen Interesse, insbesondere im Interesse der Pflege der Verkehrssicherheit, daß ein Fahrzeuglenker, welcher straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zuwiderhandelt, einer entsprechenden Bestrafung zugeführt werden kann. Angesichts des bis zu 30.000 S reichenden Strafrahmens kann selbst beim zuzuerkennenden Milderungsgrund der Unbescholtenheit und der fiktiven Annahme eines bloß durchschnittlichen Einkommens in der Ausschöpfung des Strafrahmens im Ausmaß von weniger als 10 % keine Überschreitung des Ermessensspielraumes durch die Erstbehörde erblickt werden. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r