Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105131/10/BR

Linz, 22.01.1998

VwSen-105131/10/BR Linz, am 22. Jänner 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a. d. Krems vom 25. November 1997, Zl. VerkR96-9702-1997 Sö, nach der am 20. Jänner 1998 anberaumten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, idF BGBl. Nr. 620/1995 VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden der Berufungswerberin 500 S (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a. d. Krems hat mit dem Straferkenntnis vom 25. November 1997 wegen der Übertretung nach § 52a Z10a StVO 1960 iVm § 99 Abs.3 lit.a über die Berufungswerberin eine Geldstrafe in der Höhe von 2.500 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie am 29. Juli 1997 um 14.20 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der Pyhrnautobahn A9 im Gemeindegebiet von Wartberg/K, Strkm. 10.600, in Richtung Graz gelenkt habe und die durch Vorschriftszeichen kundgemachte "Geschwindigkeitsbeschränkung" mißachtet habe, da sie die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 47 km/h, überschritten habe.

2. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die Berufungswerberin sich in diesem Verfahren auf ihr Auskunftsverweigerungsrecht berufen habe, weswegen das Verfahren ohne ihre Anhörung durchzuführen gewesen sei.

2.1. Gegen das der Berufungswerberin am 4. Dezember 1997 zugestellte Straferkenntnis erhob sie "Berufung" mit dem Inhalt, daß sie das Fahrzeug nicht gelenkt habe.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a. d. Krems hat den Verwaltungsakt vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Da in der Berufung die Tätereigenschaft bestritten wurde, wurde für den 20. Jänner 1998 um 13.00 Uhr eine Berufungsverhandlung anberaumt (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Dazu teilte die Berufungswerberin mit Schreiben von 5. Jänner 1998 mit, daß sie es nicht erforderlich halte für diese Verhandlung knappe 1.000 km anzureisen. Sie ersuche nach der Aktenlage zu entscheiden. Für den Fall, daß in Österreich eine Halterhaftung bestünde, würde sie das Rechtsmittel zurückziehen. In Beantwortung dieses Schreibens wurde der Berufungswerberin die h. herrschende Rechtspflicht im Hinblick auf die Lenkerbekanntgabe mitgeteilt und sie wurde in diesem Schreiben ferner ausdrücklich ersucht, eine konkrete Mitteilung hinsichtlich der Disposition über die Berufung (gemeint bis zum Verhandlungstermin) zu machen. Mittels dem per E-mail übermittelten Schreiben vom 14. Jänner 1998 teilte die Berufungswerberin mit, daß sie, wenn ihr kein Auskunftsverweigerungsrecht zukomme, den Fahrer bekanntgeben werde, auch wenn dies im Hinblick auf MRK - Gesichtspunkte problematisch wäre (wo sie auf die ihr von h. über ihr obzit. Ersuchen mitgeteilte Rechtsansicht Bezug nahm). Sie ersuchte abschließend nochmals ihr juristisch "unter die Arme zu greifen". Mit der Berufungswerberin wurde daraufhin vom zuständigen Mitglied des Verwaltungssenates am 19. Jänner 1998 fernmündlich Kontakt aufgenommen, wobei ihr u.a. mitgeteilt wurde, daß sie durch die Übermittlung des Namens des angeblichen Lenkers und nach Möglichkeit auch dessen Telefonnummer noch vor dem Verhandlungstermin per FAX, durch das Nichtbefolgen des Verhandlungstermines keinen Nachteil zu erwarten habe. Die Berufungswerberin erkundigte sich im Zuge dieses Gespräches noch über die Verjährungsfristen, welche ihr bekanntgegeben wurden. Sie teilte schließlich neuerlich am 20. Jänner 1998 per E-mail mit, daß ein naher Verwandter von ihr das Fahrzeug zur fraglichen Zeit gelenkt habe, welcher sich h. binnen der nächsten vierzehn Tage melden würde. Den Namen dieses Verwandten gab sie jedoch nicht an. Sie habe sich während dieser Zeit (als der Verwandte das Fahrzeug in Österreich gelenkt habe) in Frankreich aufgehalten. Belege über den Frankreichaufenthalt könne sie nicht mehr vorlegen. Auf Wunsch könne sie aber eine Bestätigung ihrer Freundin aus Frankreich vorlegen.

4. Die Berufungswerberin hat mit diesen Angaben ihre Verantwortung, ihr Fahrzeug zur fraglichen Zeit in Österreich nicht selbst gelenkt zu haben, in keiner Weise bekräftigt. Hätte tatsächlich eine andere Person als Lenker fungiert, so hätte kein Grund bestanden diesen Lenker entgegen mehrfacher anderslautender Zusagen letztlich doch nicht zu nennen und - wenn sie sich aus durchaus verständlichen Gründen schon nicht persönlich vor der erkennenden Instanz dies darzulegen geneigt zeigen wollte - damit die Möglichkeit der Verifizierbarkeit ihrer Behauptungen zu ermöglichen. Auf Grund der schon in zwei Tagen eintretenden Verfolgungsverjährung, hätte für den angeblichen Dritten auch keine Gefahr einer Strafverfolgung mehr gedroht. Trotz der diesbezüglichen ausdrücklichen fernmündlichen Ankündigung und eines umfangreichen Schriftverkehrs und ausführlicher Manuduktion blieb sie schuldig an diesem Verfahren mitzuwirken.

Dies kann nur dahingehend gewürdigt werden, daß hier die Lenkereigenschaft, welche prima facie beim Fahrzeughalter anzunehmen ist, auch im gegenständlichen Fall zutraf. Die vorherigen zweimaligen Ankündigungen den Namen des Lenkers zwecks Glaubhaftmachung der Verantwortung zu nennen und schließlich dann anzukündigen "der Lenker werde sich binnen der nächsten zwei Wochen bei der Berufungsbehörde melden" und "auf Wunsch der Berufungsbehörde könne sie, die Person die sie in Frankreich besucht haben will, benennen," wobei sie aber andererseits auch nicht in der Lage sei, allfällige Hotelrechnungen von Frankreich vorzuweisen, muß insbesondere bei der Rechtskundigkeit der Berufungswerberin den Eindruck entstehen lassen, daß keine wie immer geartete Neigung an der Wahrheitsfindung mitwirken zu wollen, gegeben war. Die Berufungswerberin hat somit nicht einmal das ihr angesichts der Vermeidung des weiten Anreiseweges zur Berufungsverhandlung von der Berufungsbehörde gewährte Entgegenkommen im Hinblick auf die übliche verfahrensrechtliche Vorgangsweise in unverständlicher Weise nicht genutzt. Dies muß insbesondere unter jenem Aspekt gesehen werden, daß sie ja auch nicht geneigt war das zu tun, was sonst im Rahmen der Berufungsverhandlung auszusagen gewesen und so der beweiswürdigenden Hinterfragung überlassen gewesen wäre, wobei ihr Letzteres ohnedies erspart werden sollte. Mit dieser Verhaltensweise hat es die Berufungswerberin auch an jeglicher Mitwirkungspflicht am eigenen Verfahren fehlen lassen und hat damit eine umfassendere Klärung der Umstände des ihr vorgeworfenen Tatverhaltens in jeder Richtung verunmöglicht. Sie ist mit ihrer Verantwortung daher unglaubwürdig (vgl. VwGH 4.9.1995, 94/10/0099). In der gegenständlichen Fallgestaltung konnte von der Berufungswerberin durchaus eine verstärkte Mitwirkungspflicht erwartet werden. Da dieser nicht nachgekommen und die Existenz der als Lenker bezeichneten Person und deren Aufenthalt in Österreich zum fraglichen Zeitpunkt nicht glaubhaft gemacht wurde, besteht die Berechtigung, die Angabe eines im Ausland befindlichen Lenkers als unrichtig zu qualifizieren (vgl. VwGH 21,10.1992, 92/02/0146 mit weiterem Hinweis auf E 19.4.1989, 88/02/0210; 20.9.1989, 88/03/0181). Aus diesem Grund wird von der Lenkereigenschaft der Fahrzeughalterin ausgegangen und ihre Behauptung das Fahrzeug einer dritten Person überlassen zu haben als Schutzbehauptung qualifiziert.

5. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Rechtswidrigkeit des Tatverhaltens selbst auf die rechtlich zutreffenden Ausführungen der Erstbehörde hingewiesen.

5.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6. Es trifft wohl zu, daß der Berufungswerberin der Strafmilderungsgrund der Unbescholtenheit zukommt. Auf Grund des hohen Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung ist gemäß empirischer Logik von vorsätzlicher Tatbegehung und daher von einem schweren Tatverschulden auszugehen. Es widerspricht jeglicher Erfahrungstatsache, daß eine so hohe Fahrgeschwindigkeit mit dem nicht ständigen Beobachten des Tachometers erklärbar sein könnte. Vielmehr wird eine solche Fahrgeschwindigkeit ganz bewußt gefahren und wird somit sogar in qualifizierter Vorsatzform begangen. Daher ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe in Höhe von 2.500 S durchaus niedrig bemessen zu erachten ist. Der besonders hohe Tatunwert derartiger Übertretungen liegt insbesondere darin, daß mit einer so krassen Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten erwiesenermaßen eine erhebliche Gefahrenpotenzierung und somit erhöhte Unfallsneigung und letztlich bei einer derartigen Geschwindigkeit die schwersten Unfallfolgen zu erwarten sind. Grundsätzlich darf jeder Fahrzeuglenker darauf vertrauen, daß andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz). Wenn andere Verkehrsteilnehmer demzufolge ihr Verhalten entsprechend einrichten ist es nur unschwer nachvollziehbar, daß es bei so eklatanten Geschwindigkeitsüberschreitungen sehr leicht zu nicht mehr beherrschbaren (unfallvermeidenden) Konstellationen kommen kann. Dies sind dann jene Verkehrsunfälle die sich nicht zugetragen hätten, wären die Vorschriften des Straßenverkehrs eingehalten worden; die Unfallskausalität liegt dann (auch) in einer derartigen Schutznormverletzung begründet. Eine strenge Bestrafung ist daher aus Gründen der Generalprävention indiziert.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r

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