Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105145/2/Br

Linz, 31.12.1997

VwSen - 105145/2/Br Linz, am 31. Dezember 1997 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems vom 11. November 1997, Zl. VerkR96-6039-1997, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird mit der Maßgabe bestätigt, daß dem Spruch noch anzufügen ist, "indem mit der am 17. Juni 1997 übermittelten Nachricht 'keine Auskunft erteilen zu können' eben keine der gesetzlichen Vorschrift entsprechende Auskunft erteilt wurde".

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 - VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber 100 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 500 S und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil er trotz Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 9. Juni 1997, als Zulassungsbesitzer des KFZ mit dem Kennzeichen nicht binnen zwei Wochen der Behörde Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am 22. April 1997 um 17.25 Uhr gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne.

2. Die Erstbehörde legte in der Begründung ihrer Entscheidung dar, was Inhalt der Auskunftspflicht zu sein hat und inwiefern der Berufungswerber mit seiner Mitteilung dieser nicht entsprochen hat.

2.1. Der Berufungswerber führt in seiner Berufung im Ergebnis aus, daß er nicht der Lenker gewesen sei und er sein Schreiben (gemeint offenbar seine Reaktion auf die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe) fristgerecht abgesendet hätte. Er verkennt offenbar den Inhalt der in Österreich geltenden Auskunftspflicht und rügt abschließend in als beleidigend zu bezeichnenden Schreibweise die Vorgangsweise der Behörde.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf a.d. Krems hat den Verwaltungsakt vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu entscheiden. Da die verhängte Strafe unter 3.000 S liegt und eine öffentliche Verhandlung nicht gesondert beantragt wurde, konnte eine solche unterbleiben (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung erforderliche Sachverhalt.

4.1. Die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers wurde dem Berufungswerber am 11. Juni 1997 durch die deutsche Post zugestellt. Dieses Schreiben hatte sowohl den Zeitpunkt und die Örtlichkeit, wo das das Auskunftsbegehren auslösende Fahrzeug des Berufungswerbers unterwegs war, zum Inhalt. Ebenfalls wurde darin die Rechtsgrundlage genannt, auf die sich das Auskunftsverlangen bezog. Ferner wurde auf die Rechtsfolgen der Verweigerung der Auskunft, sowie auf den Umstand, daß auch eine unvollständige und unrichtige Auskunft einer Verweigerung gleichkommt, hingewiesen.

4.2. Es ist daher logisch nicht nachvollziehbar und unglaubwürdig, wenn der Berufungswerber nun darzustellen versucht, daß er nicht wisse, worin sein rechtswidriges Verhalten liege oder er nicht verstanden hätte, was von ihm begehrt wurde.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet: Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück. 5.1.1. Die Gestaltung des letzten Satzes als Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen des B-VG stehend und nicht im Widerspruch zu Art.6 MRK. Der Verfassungsgerichtshof hebt das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des (österreichischen) Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt, besonders hervor, bemerkt jedoch auch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art. 90 Abs.2 B-VG und den dadurch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses [VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 u.a.]. Mit dieser Ermächtigung wollte gemäß dem vorzitierten Erkenntnis der Verfassungsgesetzgeber die Realisierung eines bestimmten rechtspolitischen Anliegens ermöglichen, von dem er - ob zu Recht oder zu Unrecht, sah sich der VfGH nicht zu beurteilen bestimmt - annahm, daß ihm nicht anders als durch das Institut der sog. Lenkerauskunft entsprochen werden könne. Der VfGH folgerte letztlich, daß die Regelung durch die Verfassungsbestimmung des letzten Satzes des §103 Abs2 KFG idF BGBl. 106/1986 verfassungsrechtlich gedeckt ist, weshalb sie weder Art90 Abs2 B-VG noch Art6 MRK - den der VfGH (bloß) in seiner innerstaatlichen Maßstabfunktion anzuwenden hat - verletzt.

Auch nach bislang ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u. a. Erk. vom 29. September 1993, Zl. 93/02/0191) liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann. Dieser Intention schließt sich auch der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich an, weil aus der Sicht der Praxis eine effektive Verkehrsüberwachung sonst nicht ausreichend gewährleistet scheint. In dieses Konzept müssen daher alle die österreichischen Straßen benützenden Fahrzeuge (auch außeröster-reichische) einbezogen werden können. Gemäß § 2 Abs.1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen - hier ist keine Ausnahme gegeben - nur die im Inland begangenen Verwaltungsüber-tretungen strafbar. Nach § 2 Abs.2 VStG ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat ODER HÄTTE HANDELN SOLLEN ODER WENN DER - zum Tatbestand gehörende - ERFOLG IM INLAND EINGETRETEN IST. Bei Verweigerung der Erteilung der Lenkerauskunft gilt - anders als nach der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts-hofes (VwGH 7. Juli 1989, Zl. 89/18/0055) - nicht der Ort, an welchem etwa eine solche Aufforderung dem "Verpflichteten" zugekommen ist, sondern - als Tatort gilt - der Sitz der anfragenden Behörde, als Ort der geschuldeten Handlung (VwGH 14. Juni 1995, Zl. 95/03/0102 u. VwGH [verst. Senat] 31. Jänner 1996, Zl.93/03/0156). Die vom Berufungswerber getätigte Mitteilung erfüllt eben die Auskunftspflicht nicht, indem er den Lenker nicht benennt. Es ist daher das angelastete Tatverhalten als im Inland begangen zu erachten. Im Lichte dieser nunmehrigen Rechtsprechung liegt daher die hier zum Vorwurf gemachte Tat nicht (mehr) außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches des österreichischen Verwaltungsstrafrechtes, weil eben der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist. Es macht in diesem Zusammenhang keinen Unterschied, ob die geschuldete Handlung hier vom Ausland zu initialisieren gewesen wäre oder dies bei einem Zulassungsbesitzer in Österreich in aller Regel vom Inland aus geschieht oder zu geschehen haben wird. Schließlich kann der Intention des § 103 Abs.2 KFG in diesem Zusammenhang auch keine andere Bedeutung zugedacht werden, als ein nach dem deutschen Kraftfahrrecht eingetragener Fahrzeughalter einem Zulassungsbesitzer iSd § 37 Abs.2 KFG gleichzustellen ist. Wenn der Berufungswerber sich scheinbar an die spezifische Aufforderung einer österreichischen Behörde nicht gebunden erachtet und sich - ohne dies ausdrücklich darzutun - auf "grundgesetzliche Bedenken" gemäß der deutschen Verfassung berufen wollte, bezöge es sich damit offenbar auf die Begrenzung des staatlichen Gebotsbereiches auf das Territorium des Staatsgebietes (Territorialitätsprinzip). Dabei ist zu bedenken, daß sich der staatliche Gebotsbereich in der Figur des "Schutzprinzips" auch auf außerhalb des Staates befindliche Personen bezüglich Verhalten, die sich gegen ein inländisches Rechtsgut richten, erstrecken kann (Walter-Mayer, Grundriß des Bundesverfassungsrechtes, 8. Auflage, RZ 176). Als Anknüpfungsfaktum ist hier die Verwendung des Kraftfahrzeuges für welches der Berufungswerber Verantwortung trägt im Bundesgebiet der Republik Österreich. Die Bindung an eine österreichische Gesetzesbestimmung ergibt sich aus dem Ingerenzprinzip, welches durch die Verwendung dieses Fahrzeuges in Österreich ausgelöst wurde. Diese am Gesetzeszweck orientierte Auslegung erfordert - wie im Ergebnis schon dargelegt - einerseits die obzitierte Judikatur des Verfassungsgerichts-hofes (Zl. G72/88), andererseits impliziert, wie bereits in mehreren h. Erkenntnissen dargelegt, das mit der Verwendung eines Kraftfahrzeuges im Hoheitsgebiet eines anderen Staates begründete Ingerenzverhältnis zu den einschlägigen Gesetzen dieses Staates, auch gegenüber nicht öster-reichischen Staatsangehörigen einen ausreichenden inländischen Anknüpfungs-grund (vgl. VfSlg. 9183/91 - Erk. v. 1. Juli 1981, B 521/80, 47/81). Der Berufungswerber vermag mit seinem Berufungsvorbringen dem angefochtenen Bescheid nicht mit Erfolg entgegentreten. Auch die jüngste Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestätigt im Ergebnis die oben vertretene Rechtsansicht (VwGH 28.2.1997, 96/02/0508 u.a.). 5.2. Ebenfalls konnte er sich angesichts des Hinweises bezüglich der Strafbarkeit der Verweigerung der Lenkerbekanntgabe schon in der Aufforderung (zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers) nicht entschuldigend auf einen diesbezüglichen Rechtsirrtum berufen.

6.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.2. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß der von der Erstbehörde verhängten Strafe in Höhe von nur 500 S in keiner Weise entgegengetreten werden kann. Der Tatunwert dieser Übertretung liegt insbesondere darin, daß durch eine derartige Auskunftsverweigerung das Recht des Staates, eine Verwaltungsübertretung zu ahnden, vereitelt wird. Der gesetzliche Strafrahmen reicht bei diesem Delikt bis zu 30.000 S. Die Erstbehörde hat sich hier bei der Strafzumessung zweifelsfrei innerhalb des gesetzlichen Ermessensspielraumes bewegt. Selbst wenn dem Berufungswerber der strafmildernde Umstand der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zukommt, ist die Geldstrafe in der Höhe von 500 S hier angemessen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r

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