Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-105147/2/Br

Linz, 02.01.1998

VwSen - 105147/2/Br Linz, am 2. Jänner 1998 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems, vom 10. Dezember 1997, Zl.: VerkR10-45-7-1997, wegen Übertretung des Tiertransportgesetz-Straße - TGSt, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Der Schuldspruch wird jedoch mit der Maßgabe bestätigt, daß der Tatvorwurf zu lauten hat: "Sie haben es als Verfügungsberechtigter von zehn Stieren, welche am 29. Juli 1997 etwa um 10.00 Uhr auf ihrem Hof in W auf einen Lkw der Firma V verladen wurden, wobei mangels eines beigezogenen Tierarztes nicht diesen alternativ die Pflicht zur Ausstellung der Transportbescheinigung treffen konnte, unterlassen in die Transportbescheinigung 1. die Gattung der Tiere, 2. den Zweck des Transports, 3. die Bestätigung der Transportfähigkeit der Tiere, 4. den Zeitpunkt des Transportbeginns und der letzten Fütterung und Tränkung der Tiere, einzutragen".

Der Abs.2 der erstzit. Rechtsnorm (§ 4 TGSt) hat zu entfallen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit dem Straferkenntnis vom 10. Dezember 1997, Zl.: VerkR10-45-7-1997 wegen der Übertretungen nach § 4 Abs.1 und 2 iVm § 16 Abs.1 Z1 TGSt über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 S und für den Nichteinbringungsfall 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil, wie am 29. Juli 1997 um 10.35 Uhr anläßlich einer Verkehrskontrolle des Großviehtransportes mit dem Kennzeichen in S stadtauswärts, festgestellt wurde, er als Verfügungsberechtigter es unterlassen habe eine ordnungsgemäße Transportbescheinigung (gemeint wohl hinsichtlich des Transportes von zehn Rindern mit dem oben bezeichneten Fahrzeug) auszustellen, indem in der mitgeführten (gemeint vom Lenker des Transportfahrzeuges) Transportbescheinigung lediglich die Stückzahl, die Ohrennummern (gemeint wohl Ohrenmarkennummern), der Besitzer mit Adresse und das Datum eingetragen gewesen sei.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde sinngemäß aus, daß nach § 4 Abs.1 leg.cit. der Verfügungsberechtigte auch die Gattung der Tiere, deren Herkunft, der Name und die Anschrift des Verfügungsberechtigten, der Zweck des Transportes, die Bestätigung der Transportfähigkeit, der Zeitpunkt des Transportbeginnes und der letzten Fütterung und Tränkung in die Transportbescheinigung einzutragen gehabt hätte. Das dies nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form der Fall war, hielt die Behörde auf Grund der Anzeige durch Beamte der Bundespolizeidirektion Steyr und der Beschuldigenvernehmung im Rechtshilfeweg vom 31.10.1997 (vor dem Gemeindeamt G), wo der Berufungswerber gemeint habe die Transportfirma sei für die mangelhafte Ausfüllung der Transportbescheinigung verantwortlich, als erwiesen. 2. Der Berufungswerber führt in seiner fristgerecht erhobenen Berufung sinngemäß aus, daß bei einem Abhofverkauf die Verfügungsberechtigung mit der Verladung der Tiere an die Transportfirma bzw. den Käufer übergehe. Daher habe der Transporteur diese Eintragungen zu machen.

Abschließend vermeinte der Berufungswerber, daß es sich bei diesem Gesetz um eine hyperbürokratische Gesetzesmaterie mit absolut praxisfremden Auflagen und Hürden handle. Er ersuche daher um Abstandnahme von einer Bestrafung.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG unterbleiben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems, Zl.: VerkR10-45-7-1997, hier eingelangt am 30. Dezember 1997.

5. Der angezeigte Sachverhalt läßt sich zwar aus dem Akt wegen des Fehlens der bezüglichen Transportbescheinigung nicht nachvollziehen. Da jedoch der Tatvorwurf unbestritten ist und auch sonst keine Zweifel an der Richtigkeit der Angaben bestehen, kann dieser auch im Berufungsverfahren als erwiesen erachtet werden.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

6.1. Der § 4 Abs.1 u. 2 TGSt lautet:

(1) Der Verfügungsberechtigte oder der beigezogene Tierarzt hat eine Transportbescheinigung auszustellen; in diese sind folgende Angaben einzutragen: 1. die Gattung der Tiere, 2. deren Herkunft, 3. der Name und die Anschrift des Verfügungsberechtigten, 4. der Zweck des Transports, 5. die Bestätigung ihrer Transportfähigkeit, 6. der Zeitpunkt des Transportbeginns und der letzten Fütterung und Tränkung sowie 7. gegebenenfalls die Angabe, wann die Tiere zum letzten Mal gemolken wurden, sowie bei Schlupfküken den Zeitpunkt des Schlüpfens. (2) In die Transportbescheinigung sind überdies vom Lenker des Transportfahrzeuges einzutragen:

1. der Ver- und Entladeort, 2. das Kennzeichen des verwendeten Kraftfahrzeuges und 3. bei Schlachtviehtransporten, ob das Fleisch der transportierten Tiere im Inland verbleibt.

6.1.1. Verfügungsberechtigter ist, wer im Sinne des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches berechtigt ist, das Eigentum an den transportierten Tieren zu übertragen (§ 2 Z6 TGSt). Nach § 16 leg.cit. ist bis zu 5.000 S zu bestrafen (§ 16 Z5 leg.cit), wer 1. als Verfügungsberechtigter dem § 3 Abs. 1, dem § 4 Abs. 1 oder dem § 7 Abs. 2 zuwiderhandelt .....

6.1.2. Schon aus dem klaren Gesetzeswortlaut ergibt sich hier die Verpflichtung zum Ausfüllen der Transportbescheinigung für den Berufungswerber. Hier wird auf die Verfügungsberechtigung zum Zeitpunkt vor der Verladung abgestellt und nicht auf einen allfälligen anderen Eigentumsstatus zum Zeitpunkt der Feststellung von Transportmängel. Nur der Verfügungsberechtigte (vor der Abholung) kann die gesetzlich geforderten Daten kennen. Ebenso erhellt sich dies auch aus § 3 Abs.1 TGSt, wonach der Verfügungsberechtigte die für den Transport bestimmten Tiere, bevor sie verladen werden, auf ihre Transportfähigkeit zu prüfen hat. Hat er Zweifel an der Transportfähigkeit der Tiere, hat er einen Tierarzt beizuziehen. Auch daraus läßt sich die Pflicht des Berufungswerbers klar ableiten.

6.1.3. Auf allfällige Aufklärungspflichten und allenfalls daraus ableitbare rechtsgeschäftliche Nebenverpflichtungen eines Vertragspartners - hier des Viehhändlers oder Transporteurs - ist im Rahmen dieses Verfahrens nicht einzugehen.

6.1.4. Die Verpflichtung des Verfügungsberechtigten (in der Regel wohl der Tierhalter vor der Abholung) ergibt sich ferner auch durch die Bestimmung des § 1 Abs.2 der Tiertransport-Bescheinigungsverordnung (BGBl.Nr. 129/1995), wonach auch in dieser Rechtsquelle der Verfügungsberechtigte durch Unterschrift zu bestätigen hat, daß er die in § 4 Abs.1 TGSt genannten Angaben in die Bescheinigung eingetragen hat; sofern sie vom beigezogenen Tierarzt eingetragen wurden, hat dieser die Eintragung durch Unterschrift und Stempel zu bestätigen. Der Lenker des Transportfahrzeuges hat durch Unterschrift zu bestätigen, daß er die in § 4 Abs. 2 TGSt genannten Angaben in die Bescheinigung eingetragen hat.

6.2. Auf das durchaus nachvollziehbare Vorbringen des Berufungswerbers im Hinblick auf den Praxisbezug dieser Gesetzesmaterie - welche hier keine Ausnahmen für den lokalen Transportbereich und die Abholung des Schlachtviehs vom Bauernhof vorsieht - ist hier nicht einzugehen. 6.2.1. Hinzuweisen ist jedoch darauf, daß sich hier gleich mehrfach der erstbehördliche Tatvorwurf, welchem inhaltlich keinesfalls das Fehlverhalten entnommen werden kann, als unvollständig erweist. Darin ist nämlich bloß eine Aufzählung der in der Bescheinigung aufgenommenen Daten zu entnehmen, nicht jedoch die - die Strafbarkeit begründenden - fehlenden Daten. Unverständlich dabei ist insbesondere, daß "lediglich" die Stückzahl, die "Ohrennummer" [richtig wohl die Ohrmarkennummer] und die Adresse des Besitzers [auch hier gemeint wohl des Verfügungsberechtigten] aufgezählt wurden, welche zum Teil im § 4 Abs.1 TGSt überhaupt nicht gefordert sind. Ebenfalls trifft für den Verfügungsberechtigten nicht die Bestimmung aus dem § 4 Abs.2 TGSt zu. Letztere regelt die Verpflichtung des Lenkers des Transportfahrzeuges. Der in der Begründung schließlich getätigte Verweis auf die Eventualvorschrift des § 4 Abs.1 Z7 TGSt - die Angabe über das letzte Melken und den Zeitpunkt des Schlüpfens bei Schlupfkücken - ist für den gegenständlichen Transport von zehn Stieren wohl verfehlt.

6.3. Gemäß § 44a Z. 1 VSTG hat nämlich der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten; es bedarf daher im Bescheidspruch der Ausführung aller wesentlichen Tatbestandselemente, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind (vgl. etwa VwGH 27. April 1994, Zl. 92/03/0127). Da die sechsmonatige Frist des § 31 Abs.2 VStG noch offen ist, konnte im Lichte der obigen Rechtsprechung eine sämtliche Tatbestandsmerkmale umfassende Spurchpräzisierung noch durch die Berufungsbehörde vorgenommen werden.

7. Der § 21 Abs.1 VStG lautet: Die Behörde kann ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. 7.1. Unter den in Abs.1 angeführten Voraussetzungen können (auch) die Organe der öffentlichen Aufsicht von der Verhängung einer Organstrafverfügung oder von der Erstattung einer Anzeige absehen; sie können den Täter in solchen Fällen in geeigneter Weise auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam machen (Abs.2 leg.cit).

7.2. Der unabhängige Verwaltungssenat vermag angesichts des hier vorliegenden Kurztransportes in der nicht vollständig ausgefüllten Transportbescheinigung keine nachteiligen Folgen erblicken. Dem Schutzziel dieser Gesetzesbestimmung liegt die Vermeidung von tierquälenden langen Transportzeiten, insbesondere die Kontrollierbarkeit derselben, zu Grunde. Aus den Materialien zu diesem Gesetz ist ersichtlich, daß im Sinne eines umfassenden Schutzes die von Lebendtiertransporten ausgehenden Gefahren für Leben und Gesundheit der beförderten Tiere und der Verkehrsteilnehmer so weit wie möglich minimiert werden sollen und für den Bereich des Straßenverkehrs die Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens über den Schutz von Tieren bei internationalen Transporten verwirklicht werden sollen (vgl. VwGH 11.12.19996, 96/03/0251). Mit dem, dem Berufungswerber als bekannt vorausgesetzten, Transportziel "S", konnte daher mit dem Unterbleiben des vollständigen Ausfüllens der Bescheinigung substantiell dem Transportgut "Tier" kein Nachteil zugefügt gewesen sein. Der Rechtsnachteil erschöpfte sich daher in der bloßen Formvorschrift. Das objektive Verschulden an der glauhaft subjektiven Unkenntnis dieser Vorschrift [die auch für Kurztransporte keine Ausnahme vorsieht] ist bloß als gering anzusehen, wobei jedoch von keinem entschuldbaren Rechtsirrtum ausgegangen werden kann, weil eben vom betroffenen Verkehrskreis die einschlägige Rechtskenntnis vermutet werden muß, insbesondere erwartet werden darf, daß dieser Verkehrskreis [ein Landwirt] sich über eine einschlägige Rechtsvorschrift Kenntnis verschafft.

Daher ist hier das Vorgehen nach § 21 VStG 1. Fall in geradezu klassischer Weise indiziert gewesen! Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Schutzziel

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum