Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105177/2/BR

Linz, 27.01.1998

VwSen-105177/2/BR Linz, am 27. Jänner 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn G gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 4. Dezember 1997, Zl.: VerkR96-5431-1-1997-Pre, wegen Übertretung des KFG - 1967, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Erstbehörde hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.200 S und für den Nichteinbringungsfall 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des KFZ mit dem Kennzeichen der mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 15.10.1997 an ihn ergangenen Aufforderung um Bekanntgabe darüber, wer dieses Fahrzeug zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort in Österreich gelenkt hat, nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise befolgt habe, indem er lediglich den Namen und die Adresse des angeblichen Lenkers und nicht auch dessen Geburtsdatum angegeben habe. Da an dieser Adresse auch eine namensgleiche Person wohnhaft war, habe er keine vollständige Auskunft erteilt.

2. Die Erstbehörde führte begründend im wesentlichen aus, daß, wenn verschiedene Personen als Lenker in Frage kommen, der Zulassungsbesitzer ein entsprechendes Unterscheidungsmerkmal anzuführen habe (wie hier im Falle einer Namensgleichheit). Die Erstbehörde verweist diesbezüglich ua auf das VwGH-Erkenntnis v. 29.9.1993, 93/02/0191. Die Erstbehörde ließ auch die Rechtfertigung nicht gelten, daß der Berufungswerber über die Namensgleichheit des Vaters des Fahrzeuglenkers nicht Kenntnis gehabt habe und verweist diesbezüglich auf das VwGH-Erk. v. 24.6.1994, 94/02/0140.

2.1. Dagegen wandte sich der Berufungswerber mit der von seinen ausgewiesenen Rechtsvertretern fristgerecht erhobenen Berufung. Er führt darin im wesentlichen aus, daß sich die Verpflichtung zur Lenkerbekanntgabe lediglich auf den Namen und die Adresse, nicht jedoch auch auf Nachforschungspflichten im Hinblick auf Familienverhältnisse erstrecken könne. Ihm sei die Namensgleichheit von Vater und Sohn nicht bekannt gewesen. Diese Feststellung wäre für die Behörde ein Leichtes gewesen. Darüber hinaus gäbe es in Deutschland, wo ihm die Aufforderung zugestellt wurde, einen vergleichbaren Straftatbestand nicht. Die Behörde könne aus diesem Grund zumindest unter Anwendung des § 21 VStG verfahren. Er beantragt abschließend die Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu die wesentliche Reduzierung der Geldstrafe.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

4. Da keine 10.000,- S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte mangels strittiger Tatsachen unterbleiben.

5. Folgender Sachverhalt gilt als erwiesen:

5.1. An den Berufungswerber wurde die Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers mit Schreiben vom 15.10.1997 zu Hd. seiner damals schon im StVO-Verfahren einschreitenden Rechtsvertreter zugestellt. Diese Aufforderung hatte im Hinblick auf den "Auskunftsumfang" die Wortfolge zum Inhalt ........."wobei diese Auskunft jedenfalls den vollständigen Namen und die genaue Anschrift dieser Person enthalten muß." Mit Schreiben vom 22. Oktober 1997 wurde seitens der Rechtsvertreter Name und Anschrift des Fahrzeuglenkers bekanntgegeben.

5.2. Diese Fakten ergeben sich unbestritten aus dem Akt. Glaubhaft - weil empirisch logisch - ist, daß dem in Deutschland wohnhaften Berufungswerber die Namensgleichheit einer weiteren im Hausverband des von ihm beauskunfteten Fahrzeuglenkers lebenden Person, nicht bekannt war.

6. Der § 103 Abs.2 KFG 1967 lautet: "Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

6.1. Ein Schuldvorwurf erfolgt hier bereits aus dem Grund zu Unrecht, weil einerseits weder die Anfrage der Behörde selbst auf das Geburtsdatum Bezug nahm, noch die gesetzliche Bestimmung dieses zum Inhalt hat. Ebenso vermag an der hier nicht ausreichenden Unterscheidbarkeit des Lenkers infolge Namensgleichheit von zwei an dieser Adresse wohnhafter Personen, dem Berufungswerber nicht als ein schuldhaftes Verhalten ausgelegt werden, weil eine so weitgehende Nachforschungspflicht auf diesen Eventualfall hin, welche auch nicht dem Gesetz entnommen werden kann, jeden von einem Durchschnittsmenschen in dieser Situation zu erwartenden Sorgfaltsmaßstab überspannen würde (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169). Abgesehen davon, daß hier die Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe - was rechtlich wohl zulässig, wenn auch dessen Sinnhaftigkeit dahingestellt bleiben kann - ohnedies nach abgelaufener Verfolgungshandlungsfrist gestellt wurde und der in Betracht kommende Lenker daher gar nicht mehr verfolgt werden hätte können und mithin nicht einmal dem Berufungswerber eine "böse Absicht" im Hinblick auf die Weglassung des hier als Unterscheidungsmerkmal der Person wesentlichen Geburtsdatums unterstellt werden könnte, läßt sich die Bestrafung hier auch nicht zwingend auf die von der Erstbehörde angezogene Judikatur stützen. Die Erforderlichkeit des Geburtsdatums oder allfällige Nachforschungspflichten von Namensgleichheiten lassen sich daraus nicht entnehmen. Die Judikatur spricht wohl davon, daß es der Behörde mit der erteilten Lenkerauskunft möglich sein muß "ohne besonderen Aufwand" eine Zustellung vorzunehmen. Sie bezieht sich dabei aber auf die Genauigkeit der Anschrift. Gleichzeitig ist es bei einem Ungehorsamsdelikt gemäß § 5 Abs.1 zweiter Satz auch möglich, an der Verletzung einer Vorschrift das Fehlen eines Verschuldens glaubhaft zu machen (VwGH 14. 01. 1994, 93/02/0197 unter Hinweis auf Erk. 18.1.1989, 88/03/0155).

6.1.1. Das Erfordernis zur Beifügung des Geburtsdatums bei Namensgleichheit von Vater und Sohn, laut Erkenntnis des VwGH 29.09.1993, 93/02/0191, unter Hinweis auf E 29.9.1993, 93/02/0191, kann wohl nur so verstanden werden, daß dem Auskunftspflichtigen die Namensgleichheit bewußt sein muß. Dies wird durchaus in vielen Fällen von Fahrzeugüberlassungen auch angenommen werden können. Die generelle Voraussetzung dieses Erfordernisses bei sonstiger Erfüllung des strafbaren Tatbestandes würde jedoch aus h. Sicht eine verschuldensunabhängige Bestrafung in Kauf nehmen und im Ergebnis dem Grundsatz "keine Strafe ohne Schuld" zuwider laufen. Die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges durch den Wortlaut der jüngsten Judikatur, daß dies "ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen möglich zu sein hat" schließt nicht aus, daß in bestimmten Fällen nicht auch geringfügige Abklärungen durch die Behörde offen bleiben dürfen (VwGH 24.2.1997, Zlen: 95/17/0187, 95/17/0461, 96/17/0005 unter Hinweis auf die Erkenntnisse 30.6.1993, 93/02/0109 und 29.9.1993, 93/02/0191). Dafür spricht nicht zuletzt der Gesetzeswortlaut, wonach "die Angaben des Auskunftspflichtigen die Behörde nicht entbinden, diese Angaben (auch) zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint.

Da hier zumindest ein Verschulden des Berufungswerbers nicht erblickt werden kann, ist der Berufungswerber mit seiner Verantwortung im Recht. Das Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Geburtsdatum, Namensgleichheit, Unterscheidungsmerkmal

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