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VwSen-240059/3/Gf/La

Linz, 01.12.1993

VwSen-240059/3/Gf/La Linz, am 1. Dezember 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der Oö. Verwaltungssenat hat durch seine Kammer unter dem Vorsitz von Mag. Gallnbrunner, den Berichter Dr. Grof und den Beisitzer Dr. Schön über die Berufung der R, vertreten durch die RAe, vom 14.Dezember 1992 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 30. November 1993, Zl. St-14251/92-B, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe umgewandelt, deren Höhe mit 800 S und gleichzeitig eine Ersatzfreiheitsstrafe von acht Tagen festgesetzt wird; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Die Berufungswerberin hat einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 80 S vorzuschreiben; für das Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG. Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 30. November 1992, Zl. St-14251/92-B, wurde über die Berufungswerberin ua. eine Freiheitsstrafe von 8 Tagen verhängt, weil sie am 3. November 1992 mit ihrem Körper gewerbsmäßig Unzucht getrieben und es dabei unterlassen habe, sich vor Aufnahme dieser Tätigkeit sowie in regelmäßigen Abständen von einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen; dadurch habe sie eine Übertretung des § 12 Abs. 2 des Geschlechtskrankheitengesetzes, StGBl.Nr. 152/1945 idF BGBl.Nr. 54/1946 (im folgenden:

GeschlKrG), iVm § 1 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz BGBl.Nr. 314/1974 (im folgenden:

ProstitutionsVO) begangen, weshalb die Rechtsmittelwerberin zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses der Berufungswerberin am 30. November 1992 im Rahmen einer Strafverhandlung mündlich verkündete Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 14. Dezember 1992 - und damit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingebrachte, lediglich gegen die Strafhöhe gerichtete Berufung.

2.1. Hinsichtlich der Strafbemessung führt die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis begründend aus, daß das von der Berufungswerberin abgelegte Geständnis als mildernd, die fortgesetzte Begehungsweise jedoch als erschwerend zu werten gewesen sei sowie deren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse entsprechend berücksichtigt worden seien.

2.2. Dagegen bringt die Berufungswerberin vor, daß sie nicht vorbestraft sei und sich seit der Tat wohlverhalten habe. Überdies sei von der Behörde nicht begründet worden, weshalb anstelle einer Geldstrafe eine Freiheitsstrafe verhängt wurde.

Aus diesen Gründen wird der Antrag gestellt, die Freiheits strafe in eine Geldstrafe umzuwandeln.

3. Der oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. St-14251/92-B; im übrigen konnte gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 12 Abs. 2 GeschlKrG iVm § 1 ProstitutionsVO begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 1.000 S oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, der mit seinem Körper gewerbsmäßig Unzucht treibt und sich nicht vor Beginn dieser Tätigkeit sowie regelmäßig im Abstand von einer Woche einer amtsärztlichen Untersuchung auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten unterzieht.

Nach § 19 VStG ist im ordentlichen Verfahren neben dem in erster Linie maßgeblichen Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und dem Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, insbesondere auf das Ausmaß des Verschuldens Bedacht zu nehmen; darüber hinaus sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen und bei der Bemessung von Geldstrafen die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

Gemäß § 11 VStG darf eine Freiheitsstrafe nur verhängt werden, wenn dies notwendig ist, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen gleicher Art abzuhalten.

4.2. Aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt bestätigen sich zunächst die Angaben der Berufungswerberin dahingehend, daß sie bislang wegen gleichartiger Übertretungen nicht bestraft wurde.

Die von der belangten Behörde als erschwerend angenommene fortgesetzte Begehungsweise besteht darin, daß ihr zwar lediglich in zwei Fällen die Ausübung der Prostitution ohne vorhergehende amtsärztliche Untersuchung konkret nachgewiesen werden konnte, aus dem von der Rechtsmittelwerberin abgelegten Geständnis - an dessen Zutreffen zu zweifeln kein Anlaß besteht - geht jedoch hervor, daß sich diese Tätigkeit tatsächlich über mehr als sieben Monate erstreckte, wobei sich ihre Einkünfte insgesamt auf 700.000 S beliefen. Daraus folgt, daß Unrechtsgehalt der Tat sehr hoch war, wurden doch die durch die Strafdrohung geschützten öffentlichen Interessen an der Verhinderung der Verbreitung von Geschlechtskrankheiten im gegenständlichen Fall infolge der Häufigkeit des mit ständig wechselnden Partnern ausgeübten Geschlechtsverkehrs offensichtlich extrem gefährdet.

Daß die Berufungwerberin wußte, daß sie für die beabsichtigte Ausübung der Prostitution einer vorangehenden amtsärztlichen Untersuchung bedarf, steht außer Zweifel, sodaß ihr vorsätzliche Tatbegehung anzulasten ist.

Der belangten Behörde kann daher grundsätzlich nicht darin entgegengetreten werden, wenn sie unter Heranziehung der beiden Hauptkriterien der Strafbemessung gemäß § 19 VStG, nämlich angesichts des hohen Unrechtsgehaltes der Tat und des gravierenden Verschuldens der Rechtsmittelwerberin, auch eine empfindlich hohe Strafe im Ausmaß von acht Tagen Freiheitsentzug zu verhängen gefunden hat.

Für die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist gemäß § 11 VStG jedoch allein ausschlaggebend, ob diese erforderlich ist, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen abzuhalten; hingegen kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, welche höchstmögliche Geldstrafe der Gesetzgeber vorsieht, wenngleich der Oö. Verwaltungssenat die Meinung der belangten Behörde teilt, daß eine Höchststrafe von 1.000 S ihrerseits kaum geeignet erscheint, für Delikte wie das vorliegende eine abschrekkende Wirkung zu erzielen und daher die Versuchung naheliegt, anstelle einer Geld- eine Freiheitsstrafe zu verhängen. Es steht jedoch Vollzugsorganen - wie sie die belangte Behörde und der Oö. Verwaltungssenat verkörpern - nicht zu, rechtspolitische Entscheidungen des Gesetzgebers zu korrigieren, und zwar auch dann nicht, wenn diese im Zeitverlauf ganz offensichtlich überholt oder obsolet geworden sind.

Indem die belangte Behörde zu den in § 11 VStG aufgestellten Kriterien im angefochtenen Straferkenntnis nichts ausführt, vielmehr in ihrem zugleich mit der Berufung vorgelegten Schriftsatz vom 5. Februar 1993, Zl. St-14251/92-B, dem nicht entgegentritt, ist diesbezüglich aber mit der Berufungswerberin davon auszugehen, daß sich diese seit der Tatbegehung wohlverhalten hat. Bei dieser Sachlage ist aber kein Grund erkennbar, der es geboten lassen erscheint, über die Berufungswerberin eine Freiheitsstrafe zu verhängen, um diese von weiteren Verwaltungsübertretungen gleicher Art abzuhalten.

Die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Freiheitsstrafe war daher in eine Geldstrafe umzuwandeln.

Bei der Bemessung der Geldstrafe waren bereits der von der belangten Behörde herangezogene Milderungsgrund der Ablegung eines umfangreichen Geständnisses sowie die nunmehr geltend gemachte Sorgepflicht für zwei minderjährige Kinder zu berücksichtigen und gegen den hohen Unrechtsgehalt der Tat und das gravierende Verschulden der Berufungswerberin abzuwägen.

Vor diesem Hintergrund findet daher der Oö. Verwaltungssenat die Verhängung einer Geldstrafe von 800 S in gleicher Weise als Tat- und schuldangemessen.

Nach § 16 VStG ist dann, wenn eine Geldstrafe verhängt wird, zugleich auch eine Ersatzfreiheitsstrafe zu verhängen, deren Höhe sich grundsätzlich nach jener Relation bemißt, die der Gesetzgeber zwischen der für das Delikt höchstmöglichen Geldstrafe einerseits und der höchstmöglichen Freiheitsstrafe andererseits vorgegeben hat. Dies würde im vorliegenden Fall bedeuten, daß eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 33 Tagen zu verhängen wäre. Dadurch würde die Rechtsmittelwerberin im Ergebnis jedoch - falls sie nicht über die zur Bezahlung der Geldstrafe erforderlichen Mittel verfügt - schlechter gestellt als vor ihrer Berufungserhebung, was mit dem in § 51 Abs. 6 VStG positivierten Grundsatz des Verbotes der "reformatio in peius" unvereinbar wäre. Aus diesem Grund durfte daher das von der belangten Behörde festgesetzte Ausmaß der primären Freiheitsstrafe in der Berufungsentscheidung nicht überschritten werden und war daher die Ersatzfreiheitsstrafe mit acht Tagen festzulegen.

4.3. Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG insofern stattzugeben, als die Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe umgewandelt, deren Höhe mit 800 S und gleichzeitig eine Ersatzfreiheitsstrafe von acht Tagen festgesetzt wird; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 80 S vorzuschreiben; die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat hatte hingegen gemäß § 65 Abs. 1 VStG zu unterbleiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den Oö. Verwaltungssenat:

Mag. G a l l n b r u n n e r

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