Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108229/11/WEI/GAM

Linz, 23.04.2003

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied  Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des T., W., vertreten durch Dr. W., Rechtsanwalt in W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2. April 2002, Zl. VerkR 96-14157-2001/U, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 20 Abs. 2 StVO 1960 (BGBl Nr. 159/1960, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 128/2002) zu Recht erkannt:

 

 

I. Die Berufung wird in der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Bw zwischen den im Spruch angeführten Strkm. auf der A 1 die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 78,5 km/h überschritten hat.

 

II. Aus Anlass der Berufung wird die Geldstrafe auf den Betrag von 400 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 184 Stunden herabgesetzt.

 

III. Im Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines weiteren Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens. Im Strafverfahren erster Instanz beträgt der Kostenbeitrag 40 Euro.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; §§ 64 Abs.1 und 2, 65 VStG 1991.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie sind am 11.08.2001 um 19.55 Uhr auf der A 1 Westautobahn zwischen Strkm. 164,000, im Stadtgebiet Linz, und Strkm. 163,000, im Gemeindegebiet St. Florian, Bezirk Linz-Land, in Richtung Wien, als Lenker des KFZ, pol.KZ. W, auf einer Autobahn um 85 km/h schneller als 130 km/h gefahren (Geschwindigkeitsüberschreitung wurde mittels Messung festgestellt)."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 20 Abs. 2 und § 99 Abs. 3 lit.a) StVO 1960 als übertretene Rechtsvorschriften und verhängte "gemäß § 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960" (gemeint: Strafrahmen des § 99 Abs. 3 StVO 1960) eine Geldstrafe in Höhe von 600 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 192 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 60 Euro vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters am 3. April 2002 zugestellt wurde, richtet sich die am 17. April 2002 noch rechtzeitig zur Post gegebene Berufung gleichen Datums, die am 18. April 2002 bei der belangten Behörde einlangte.

 

In der Berufung wird die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung in Frage gestellt und dazu ausgeführt, dass die belangte Behörde genau hätte erheben müssen, in wie weit das eingesetzte Radarmessgerät geeicht, ordnungsgemäß eingesetzt und bedient worden ist. Insbesondere die Einhaltung der Eichvorschriften und Bedienungsanleitung durch den Meldungsleger wäre genau zu erheben gewesen, was als Mangelhaftigkeit des Verfahrens gerügt wird.

 

Unter dem Aspekt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit wird die Tatort- und Tatzeitbeschreibung - ohne konkretere Ausführungen dazu - als unrichtig kritisiert und behauptet, dass keine wirksame Verfolgungshandlung gegen den Bw innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist von sechs Monaten gesetzt worden wäre. Sohin wäre das Straferkenntnis ersatzlos zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. In eventu wird auch die Höhe der verhängten Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe bekämpft, ohne dazu Näheres auszuführen.

 

Abschließend wird beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen, den Meldungsleger und den Beschuldigten zeugenschaftlich einzuvernehmen, ein Sachverständigengutachten nach Befundaufnahme an Ort und Stelle über den sach- und fachgerechten Einsatz des Geschwindigkeitsmessgerätes einzuholen, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die Rechtssache an die erste Instanz zurückzuverweisen.

 

2.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat am 25. März 2003 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Gegenwart eines Rechtsvertreters des Bw durchgeführt. Beweis wurde erhoben durch Darstellung des bisherigen Ganges des Verfahrens, Einvernahme des Zeugen Hptm. S., Einsichtnahme in Urkunden und mehrfache Wiedergabe der vom Zeugen beigebrachten ProViDa‑VHS-Aufnahme über die Nachfahrt mit dem Dienstfahrzeug auf der A 1.

 

2.2. Danach steht folgender wesentliche   S a c h v e r h a l t   fest.

 

Am 11. August 2001 um 19.55 Uhr lenkte der Bw den Pkw Porsche 911 SC mit dem Kennzeichen W auf der Westautobahn in Richtung Wien im Bereich zwischen Strkm 164 bis 163. Etwa um 19.54 Uhr fiel der Porsche des Bw den Beamten der Verkehrsabteilung des LGK im Dienstfahrzeug Mercedes 300 E, Kz BG 4.291, im Rückspiegel auf, weil er sich von hinten mit offensichtlich überhöhter Geschwindigkeit auf der Überholspur näherte. Das mit Deckkennzeichen versehene Streifenfahrzeug wurde zunächst auf 160 km/h und in weiterer Folge auf 203 km/h bis zum Beginn der Messung beschleunigt, um einen annähernd gleichbleibenden Abstand zum Porsche einhalten zu können. Bei Kilometer 164 wurde dann die der Anzeige zugrunde liegende Messung mit dem im Dienstfahrzeug eingebauten ProViDa-Gerät auf eine voreingestellte Strecke von 1000 m ausgelöst. Die gegenständliche Messung der Geschwindigkeit des nachfahrenden Zivilstreifenfahrzeuges war bei Strkm 163 abgeschlossen. Das Dienstfahrzeug musste dann gleich am Beginn der Nachfahrt auf der Überholspur weiter beschleunigt werden, um ausreichenden Sichtkontakt zum verfolgten Porsche einzuhalten. Wie am Ende der Videosequenz ausgewiesen, betrug die gefahrene Durchschnittsgeschwindigkeit des Dienstfahrzeuges konkret 226,27 km/h (vgl auch Abschlussfoto Blg 2). In der Gendarmerieanzeige wird unter Hinweis auf den Abzug von 5 % Toleranz entsprechend den eichamtlichen Verwendungsbestimmungen die angezeigte Geschwindigkeit von 215 km/h angegeben. Die gesamte Nachfahrt auf die Strecke von 1000 m dauerte 15,91 Sekunden. Nach Auskunft des Zeugen Hptm. S. handelte es sich bei der ProViDa-Messung um eine Weg-Zeit-Messung.

 

In der Videosequenz ist nach etwa 800 bis 820 m Nachfahrt ein Fahrstreifenwechsel des verfolgten Porsche von der äußeren auf die mittlere Überholspur in relativ weitem Bogen erkennbar, während das Dienstfahrzeug der Gendarmerie verkehrsbedingt zunächst weiter auf der äußeren Überholspur bleiben musste und dadurch einen geringfügig weiteren Weg bis zur Anhaltung nach 1000 m zurücklegte. Der Zeuge Hptm. S., der selbst Schulungsbeamter der Gendarmerie für die Verwendung von ProViDa-Messgeräten ist, meinte dazu, dass solche geringfügigen Abweichungen im Rahmen der Toleranzabzüge berücksichtigt werden. Die Bedienung des Geschwindigkeitsmessgerätes erfolgte entsprechend den Verwendungsbestimmungen. Die Messung am eingebauten Gerät wird mit dem Startknopf ab einem markanten Punkt begonnen und daraufhin beginnt die Anzeige der Nachfahrzeit in Sekunden und des Nachfahrwegs in Metern zu laufen. Die Messung der Geschwindigkeit des nachfahrenden Dienstfahrzeuges endet nach einer vordefinierten Entfernung.

 

2.3. Der Bw wurde im Bereich der Ausfahrt Asten von den Gendarmeriebeamten angehalten und auf die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung angesprochen. Er zeigte sich einsichtig und behauptete, von einem ungarischen Audi-Lenker provoziert worden zu sein. Von einer sofortigen Abnahme des Führerscheins sah der Zeuge Hptm. S. deswegen ab, weil insgesamt günstige Verkehrsverhältnisse bei mittlerem bis schwachem Verkehrsaufkommen, trockener Fahrbahn und guten Sichtverhältnissen vorlagen.

 

3.1. Dem unabhängigen Verwaltungssenat liegt eine Ablichtung des Eichscheins
Nr. E BG 4291 vom 7. Dezember 1999 betreffend das gegenständliche Dienstfahrzeug Mercedes 300 E, Kz. BG 4291, mit dem eingebauten Geschwindigkeitsmesser der Type ProViDa, Messbereich 10-250 km/h, Hersteller Jaivision vor. Dieser Eichschein weist das Datum der Eichung mit 7. Dezember 1999 aus. Die Eichung verlor ihre Gültigkeit mit Ablauf der Nacheichfrist am 31. Dezember 2002. Sie war demnach am 11. August 2001 jedenfalls noch gültig.

 

3.2. Die elektronischen Geschwindigkeitsmessgeräte (Tachometer) der Bauart ProViDa des Herstellers Fa. Jaivision A.S. aus Kopenhagen in Dänemark wurden vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen mit der ausnahmsweisen Zulassung Zl. 41731/97 zugelassen. Aus den einzuhaltenden Verwendungs­bestimmungen (Beilage zu Zl. 41731/97) dazu sind folgende Passagen für den vorliegenden Fall relevant:

 

"6.3.3. Messgeräte der Bauart ProViDa messen die Eigengeschwindigkeit des Fahrzeuges, in dem sie eingebaut sind. Durch Nachfahren im annähernd gleichbleibendem Abstand kann auf die gefahrene Geschwindigkeit des davor fahrenden Fahrzeuges geschlossen werden.

              Eine Zuordnung dieser Geschwindigkeit zur Geschwindigkeit des davor fahrenden Fahrzeuges ist nur durch Einhaltung eines annähernd konstanten Abstandes auf eine Länge von mindestens 300 m möglich und gestattet. Wird hierbei keine photographische Aufzeichnung verwendet, so sind für eine verwaltungsstrafrechtliche Ahndung einer möglichen Übertretung einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf Grund der Unsicherheit der Methode folgende Werte von der angezeigten Geschwindigkeit abzuziehen:

 

              bei Geschwindigkeiten bis 100 km/h:     - 10 km/h

              bei Geschwindigkeiten über 100 km/h:  - 10 %

 

6.3.4.     Im Falle einer Videoaufzeichnung für eine verwaltungsstrafrechtliche Ahndung einer möglichen Übertretung einer Geschwindigkeits­beschränkung ist entweder die betreffende Filmsequenz aufzubewahren oder es sind mittels Videoprinter mindestens drei Bilder im Abstand von jeweils ca. 10 Sekunden auszudrucken, wobei das letzte Bild die 300 m (oder mehr) aufweisen muss. Die Zoomposition der Videokamera, egal ob manuell oder fernbedienbar, darf während des Nachfahrens nicht verstellt werden, d.h. die ausgedruckten Bilder müssen alle mit derselben Brennweite aufgenommen worden sein und das Fahrzeug eines Beschuldigten muss auf allen Bildern annähernd gleich groß sein. Auf Grund der Unsicherheit dieser Methode sind dann folgende Werte von der angezeigten Geschwindigkeit abzuziehen:

 

              bei Geschwindigkeiten bis 100 km/h:    - 5 km/h

              bei Geschwindigkeiten über 100 km/h: - 5 %

 

              Andernfalls gelten die unter Punkt 6.3.3. angeführten Abzüge.

 

6.3.5.     Bisher zugelassene Messgeräte dürfen weiterhin geeicht und verwendet werden, wenn die Verwendungsbestimmungen eingehalten werden.

 

7. Eichtechnische Prüfung und Stempelung

7.1. Die Eichfehlergrenzen betragen:

bei elektronischer Einspeisung von Impulsen: +/- 1 digit

im eingebauten Zustand: bei Geschwindigkeiten bis 100 km/h: +/-3 km/h

          bei Geschwindigkeiten über 100 km/h: +/- 3 % der

angezeigten Momentangeschwindigkeit.

 

Die Verkehrsfehlergrenzen sind gleich den Eichfehlergrenzen."

 

3.3. Aus diesen eichamtlichen Verwendungsbestimmungen folgt, dass bei eingebauten ProViDa-Geschwindigkeitsmessgeräten bei Geschwindigkeiten über 100 km/h Eichfehlergrenzen von 3 % der angezeigten Momentangeschwindigkeit auftreten können. Diese sind im Zweifel zu Gunsten des Beschuldigten von vornherein zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass zunächst für den im Rahmen der Eichfehler- bzw. Verkehrsfehlergrenzen möglichen Gerätefehler ein Abzug von 3 % von der abgelesenen Geschwindigkeit vorzunehmen ist. Darüber hinaus ist nach Punkt 6.3.4. der Verwendungsbestimmungen im Fall einer Videoaufzeichnung wegen der Unsicherheit der Methode des Nachfahrens mit einem ProViDa- Geschwindigkeitsmesser bei Geschwindigkeiten über 100 km/h ein weiterer Abzug von 5 % vorzunehmen. Es genügt demnach entgegen der Gendarmerieanzeige nicht, bloß 5 % abzuziehen, weil damit der mögliche Gerätefehler des Geschwindigkeitsmessers noch nicht berücksichtigt wird. Der erkennende Verwaltungssenat sieht sich daher veranlasst, die von der belangten Behörde angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung entsprechend den oben geschilderten eichamtlichen Verwendungsbestimmungen zu korrigieren. Alle anderen Voraus­setzungen für eine zutreffende Messung nach diesen Verwendungs­bestimmungen lagen im gegenständlichen Fall aber vor.

 

Somit sind von der am Abschlussfoto (Beilage 1) angegebenen Geschwindigkeit von 226,27 km/h zunächst 3 % (6,7881 km/h) für Verkehrsfehler abzuziehen, was eine Geschwindigkeit von 219,4819 km/h ergibt. Nach Abzug von weiteren 5 % (10,97409 km/h) wegen Unsicherheit der Methode ergibt sich abgerundet eine dem Bw zurechenbare Geschwindigkeit von 208,5 km/h. Die unter Berücksichtigung des Grundsatzes "in dubio pro reo" objektiv anzulastende Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen betrug demnach 208,5 km/h - 130 km/h = 78,5 km/h.

 

3.4. Die Berufungseinwände, das Radargerät wäre nicht geeicht oder nicht den Bedienungsvorschriften entsprechend eingesetzt worden, gehen auf Basis der getroffenen Feststellungen offenkundig ins Leere. Ebenso wenig trifft die Berufungsbehauptung zu, dass Tatort- und Tatzeitbeschreibung unrichtig wären. Durch die in Augenschein genommene Videosequenz über die gegenständliche Nachfahrt erscheint die Richtigkeit des angezeigten Sachverhaltes auch in zeitlicher und örtlicher Hinsicht als erwiesen. Von der Durchführung eines Lokalaugenscheines, der im Übrigen die seinerzeitige Situation nicht nachstellen könnte, war schon mangels weiteren Aufklärungsbedarfes abzusehen. Auch auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens konnte der erkennende Verwaltungssenat problemlos verzichten, zumal der sachgerechte Einsatz des im Dienstfahrzeug eingebauten ProViDa-Geschwindigkeitsmessgerätes durch die unbedenkliche und glaubhafte Zeugenaussage des Hptm. S. hinreichend erwiesen ist und auch ein Sachverständiger auf die Angaben dieses Zeugen angewiesen gewesen wäre. Außerdem hat der Oö. Verwaltungssenat ohnehin die eichamtlichen Verwendungsbestimmungen zugunsten des Bw ausgewertet und sowohl wegen der Geräteunsicherheit (Eichfehler- bzw. Verkehrsfehler) als auch wegen der Unsicherheit der Methode des Nachfahrens in annähernd gleichbleibendem Abstand die vorgesehenen prozentuellen Abzüge von der angezeigten Geschwindigkeit vorgenommen. Auch der Fahrstreifenwechsel des Porsche nach rund 800 m - eine Nachfahrtstrecke von bloß 300 m würde nach eichamtlichen Bestimmungen bereits einen ausreichenden Beweis liefern! - spielt keine weitere Rolle, zumal solchen ohnehin nur sehr geringfügigen Veränderungen des Abstandes im Rahmen des Unsicherheitsabzugs für die Methode nach Punkt 6.3.4. der eichamtlichen Verwendungsbestimmungen hinreichend Rechnung getragen wird.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Die Überschreitung der nach § 20 Abs.2 StVO 1960 auf Autobahnen zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h hat nicht einmal der Bw dem Grunde nach bestritten. Lediglich die Höhe der Überschreitung um 85 km/h wurde in Frage gestellt. Dazu ist auf die oben getroffenen Feststellungen zur Nachfahrt auf Grund der Auswertung der von der Gendarmerie beigebrachten Videoaufzeichnung zu verweisen. Abgesehen von der vom erkennenden Verwaltungssenat ergänzend berücksichtigten Geräteunsicherheit (Eichfehlergrenzen) und der dementsprechend vorgenommenen Korrektur der Geschwindigkeitsüberschreitung auf 78,5 km/h sind im Ermittlungsverfahren keine weiteren Umstände hervorgekommen, die an der Richtigkeit der gegenständlichen ProViDa-Geschwindigkeitsmessung zweifeln lassen.

 

4.2. Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde von einem geschätzten monatlichen Einkommen von 900 Euro, keinem relevanten Vermögen und fehlenden Sorgepflichten aus. Diesen Annahmen ist der Bw im Berufungsverfahren nicht entgegen getreten, weshalb sie auch für den Oö. Verwaltungssenat maßgebend waren.

 

Mildernde oder erschwerende Umstände wertete die belangte Behörde nicht.

 

Das Ausmaß der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen in Höhe von 78,5 km/h stellt einen gravierenden Unrechtsgehalt dar, der beim Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung allgemein zu berücksichtigen ist (vgl § 19 Abs.1 VStG und § 19 Abs.2 VStG iVm § 32 Abs.3 StGB). Eine Geschwindigkeit von etwa 208 km/h kann nicht mehr bloß fahrlässig, sondern nur durch bewusstes Beschleunigen erreicht werden. Insofern ist von vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auszugehen, was erschwerend ins Gewicht fällt. Andererseits sind im aktenkundigen Vorstrafenverzeichnis der belangten Behörde keine Eintragungen vorhanden, weshalb der Bw als unbescholten zu gelten hat. Dieser Umstand ist als wesentlicher Milderungsgrund zu berücksichtigen.

 

Im Zusammenhang mit der Gewichtung von Unrechts- und Schuldgehalt ist nicht nur die Überschreitung als solche, sondern sind vor allem auch die Begleitumstände zu berücksichtigen. Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Fall offenbar übersehen, dass schon aus der Sachverhaltsdarstellung in der Anzeige günstige Verkehrsverhältnisse abzuleiten waren. Es herrschte auf der dreispurigen Richtungsfahrbahn der A 1 eher nur schwaches Verkehrsaufkommen bei heiterer und trockener Witterung. Diese sehr günstigen Verkehrs- und Witterungsverhältnisse sind zwar noch keine besonderen Milderungsgründe iSd § 34 StGB, vermindern aber in objektiver Hinsicht die ansonsten mit einer so hohen Geschwindigkeitsüberschreitung verbundene typische Gefahrensituation so erheblich, dass der Unwert des Täterverhaltens doch im Vergleich zum gedachten Normalfall deutlich geringer erscheint und daher relativiert werden muss. Er entspricht unter den gegebenen Umständen eben nicht dem Ausmaß der festgestellten Überschreitung.

 

Die belangte Behörde hat mit der verhängten Geldstrafe von 600 Euro den Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO in Höhe von 726 Euro sehr weitreichend - nämlich zu 82,6 % - ausgeschöpft. Dies ist bei einem nicht vorbestraften Ersttäter und einer Übertretung ohne nachteilige Folgen, bei der eine konkrete Gefährdung anderer nach der Sachlage nicht angenommen werden kann, deutlich überhöht. Der Verwaltungsgerichtshof hat bei durchschnittlichen Einkommens- und Vermögens-verhältnissen, Unbescholtenheit und fehlenden Erschwerungsgründen die Ausschöpfung des Strafrahmens um nahezu zwei Drittel auch unter dem Gesichtspunkt der Spezialprävention als überhöht erachtet (vgl VwGH 24.9.1997,
Zl. 97/03/0128).

Nach Abwägung aller Strafzumessungsfaktoren und unter Berücksichtigung der von der belangten Behörde angenommenen persönlichen Verhältnisse erachtet der erkennende Verwaltungssenat eine Geldstrafe von 400 Euro (55 %) dem Unrechts- und Schuldgehalt angemessen und in spezialpräventiver Hinsicht noch ausreichend. Die Ersatzfreiheitsstrafe war gemäß § 99 Abs.3 StVO innerhalb eines Strafrahmen von 2 Wochen im angemessenen Verhältnis zur Geldstrafe mit 184 Stunden festzusetzen.

 

5. Bei diesem Ergebnis entfiel gemäß § 65 VStG im Berufungsverfahren die Verpflichtung zur Leistung eines weiteren Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens. Der Kostenbeitrag im erstinstanzlichen Verfahren verminderte sich gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG auf 40 Euro (10 % der Geldstrafe).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. W e i ß

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

           

 

 

 

                                              

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

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