Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300741/2/Gf/Sta

Linz, 21.08.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des L D M, B, 4052 Ansfelden, vertreten durch RA Dr. A M, J, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 11. Juli 2006, Zl. Pol96-210-2004, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes, zu Recht erkannt:

 

I.     Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 11. Juli 2006, Zl. Pol96-210-2004, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 100 Stunden) verhängt, weil er es als "Inhaber einer Gewerbeberechtigung ..... und ..... nach § 9 VStG zur strafrechtlichen Vertretung nach außen Berufener" und damit als "Verfügungsberechtigter gestattet oder geduldet" habe, dass am 19. September 2004 Räumlichkeiten seines Nachtclubs in Freistadt für Zwecke der Anbahnung der Prostitution genutzt wurden; dadurch habe er eine Übertretung des § 2 Abs. 3 lit. c iVm § 10 Abs. 1 lit. b des Oberösterreichischen Polizeistrafgesetzes, LGBl. Nr. 36/1979, i.d.F. LGBl. Nr. 147/2002 (im Folgenden: OöPolStG), begangen, weshalb er nach der letztgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die dem Rechtsmittelwerber angelastete Tat auf Grund entsprechender Wahrnehmungen der einvernommenen Zeuginnen und der einschreitenden Sicherheitsorgane als erwiesen anzusehen sei, während die Rechtfertigung des Beschwerdeführers, von der Prostitutionsanbahnung nichts gewusst zu haben, als bloße Schutzbehauptung qualifiziert werden müsse.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe hervorgekommen; die vom Rechtsmittelwerber bekannt gegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

 

1.2. Gegen dieses ihm am 12. Juli 2006 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 16. Juli 2006 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass zwar nicht bestritten werde, dass die im Lokal angetroffenen Frauen als Animierdamen tätig gewesen seien. Diese hätten jedoch als EU-Bürgerinnen und auf Grund ihres sog. "Prostitutiertenvisums" einerseits über einen gültigen Aufenthaltstitel verfügt und seien andererseits dazu berechtigt gewesen, ihren Beruf als "Private-" bzw. "Table-Dancer" vollkommen selbständig und ohne Bindung an das Ausländerbeschäftigungsgesetz auszuüben, was sie auch tatsächlich getan hätten. Er habe lediglich zu bestimmten Öffnungszeiten sein Lokal zur Verfügung gestellt, ihnen zudem jegliche Form der Prostitutionsausübung oder ‑anbahnung ausdrücklich untersagt und lediglich am Getränkeverkauf verdient.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Rohrbach zu Zl. Pol96-68-2006; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 lit. b iVm § 2 Abs. 3 lit. c OöPolStG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 14.500 Euro zu bestrafen, der als Verfügungsberechtigter über Gebäude, in denen ein Gastgewerbe ausgeübt wird, Räumlichkeiten für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution nutzt oder zur Verfügung stellt bzw. eine derartige Verwendung gestattet oder duldet.

 

Nach § 44a Z. 1 VStG in jener Ausprägung, die diese Bestimmung durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfahren hat, muss der Spruch eines Straferkenntnisses die dem Beschuldigten angelastete Tat derart hinreichend konkretisieren, dass jener dadurch einerseits in die Lage versetzt wird, spezifische, auf den Tatvorwurf bezogene Gegenbeweise anzubieten und andererseits wirksam davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. die Nachweise bei W. Hauer – O. Leukauf, Handbuch des Österr. Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., Wien 2004, 1521 ff).

 

3.2.1. Dem letztgenannten Erfordernis wird der Spruch des vorliegend angefochtenen Straferkenntnisses zunächst insofern nicht gerecht, als dem Rechtsmittelwerber dort alternativ angelastet wird, die Prostitutionsanbahnung "gestattet oder geduldet" zu haben, obwohl es sich hierbei um unterschiedliche Straftatbestände mit wesentlich divergierendem Unrechtsgehalt handelt. In der Nichtfestlegung für eine dieser beiden Alternativen liegt daher ein essentieller Konkretisierungsmangel i.S.d. § 44a Z. 1 VStG.

 

3.2.2. Außerdem wurde dem Beschwerdeführer expilzit angelastet, die Tat als zur strafrechtlichen Vertretung nach außen Berufener i.S.d. § 9 VStG begangen zu haben, obwohl dieser seinen Gastgewerbebetrieb tatsächlich gar nicht in Form einer juristischen Person, sondern als Einzelkaufmann führt. Auch seine Stellung als Gewerbeinhaber bewirkt nicht, dass sein Unternehmen eine juristische Person verkörpert und eine allfällige Haftung nach § 9 GewO ist nicht jener gemäß § 9 VStG gleichzuhalten.

 

Damit stellte sich aber hier im Ergebnis die Frage einer Außenvertretungsbefugnis schon von vornherein nicht, sodass ihm die zur Last gelegte Übertretung auch nicht in dieser Form hätte vorgeworfen werden dürfen (vgl. W. Hauer – O. Leukauf, a.a.O., 1291 ff u. 1556 ff).

 

3.3. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesen formalen Gründen stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass die vom Beschwerdeführer in seiner Berufung vertretene Rechtsauffassung, wonach die ihm parallel angelasteten Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ohnedies "Verfahren mit identischen Inhalt" wie das vorliegende darstellen würden, im Hinblick auf § 22 VStG offenkundig unzutreffend ist. Vielmehr wird über die ho. zu Zl. VwSen-251272 anhängige Berufung gegen jenes Straferkenntnis eine eigenständige Entscheidung von dem nach der Geschäftsverteilung des Oö. Verfaltungssenates hiefür zuständigen Mitglied ergehen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder eine Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr.  G r o f

 

 

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