Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150473/3/Lg/Hue

Linz, 29.08.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des M M, D-74 H, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. N N, 48 G, R, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried/I. vom 6. Februar 2006, Zl. BauR96-65-2005, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                         Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.    

 

II.           Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 VStG

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil er als Lenker des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen HN zu vertreten habe, dass er am 11. November 2005 um 21.28 Uhr die mautpflichtige A I bei km 55 im Gemeindegebiet von U eine Mautstrecke benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Am Fahrzeug sei keine Mautvignette angebracht gewesen.

 

2. In der Berufung wird die angelastete Verwaltungsübertretung vom Bw ausdrücklich bestritten. Der Bw sei im Besitz einer Mautvignette, diese sei jedoch nicht fest an der Windschutzscheibe des Kfz angebracht gewesen. Die Vignette sei bezahlt, Mautprellerei nicht begangen worden. Die nicht ordnungsgemäß angebrachte Vignette sei als "Formalverstoß" zu werten. Etwa 2 Stunden vor der gegenständlichen Tat sei an einem anderen Tatort wegen des selben Beanstandungsgrundes ein Ersatzmautangebot am Kfz hinterlassen worden. Da hier ein "Dauerdelikt" vorliegen würde, sei eine nochmalige Bestrafung "ne bis in idem" ausgeschlossen.

Überdies sei die verhängte Geldstrafe zu hoch und es würden folgende Milderungsgründe vorliegen:

·        "der bisher ordentliche Lebenswandel und die Tatsache, dass die Tat mit dem sonstigen Verhalten in Widerspruch steht;

·        die Tat lediglich aus Fahrlässigkeit begangen wurde;

·        die Tat nur aus Unbesonnenheit (Unachtsamkeit) begangen wurde;

·        die Tat mehr durch besonders verlockende Gelegenheit, als mit vorgefasster Absicht begangen wurde;

·        optimale Fahrbahn- und Straßen-, sowie Verkehrsverhältnisse herrschten (kein anderer Fahrzeugverkehr);

·        die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungsgrund oder Rechtfertigungsgrund nahe kommen;

·        es trotz Vollendung der Tat zu keinen Schäden Dritter gekommen ist;

·        sich von der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl dazu die Gelegenheit offengestanden wäre, freiwillig Abstand genommen wurde;

·        die Tat schon vor längerer Zeit begangen wurde und seither ein Wohlverhalten vorliegt."

Beantragt wird die ersatzlose Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und Abführung der bisher unerledigt gebliebenen Beweisanträge, in eventu die Aussprache einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG bzw. in eventu die Herabsetzung der Geldstrafe auf ein gesetzeskonformes mildes Maß gem. § 20 VStG.

Als Beilage ist die Kopie eines Ersatzmaut-Angebotes gem. § 19 Abs. 3 BStMG für den Tatort "Autobahnraststätte S, km 63, 11. November 2005, 19.35 Uhr" angeschlossen. Als Beanstandungsgrund ist das Fehlen der Mautvignette angegeben.

 

 

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der Autobahnpolizeiinspektion R vom 14. November 2005 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine Mautvignette angebracht gewesen. Gem. § 19 Abs. 2 BStMG sei anlässlich der Betretung mündlich die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch wegen Bargeldmangels nicht nachgekommen worden. In der Anzeige findet sich zudem der Hinweis auf eine Äußerung des Bw: "Er habe sich eine sogenannte Mautkarte gekauft. Leider habe er sie ve" (sic!)

 

Nach Strafverfügung vom 17. November 2005 äußerte sich der Bw dahingehend, dass er im Besitz einer Mautvignette gewesen sei. Diese sei jedoch nicht fest an der Windschutzscheibe des Kfz angebracht gewesen.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Die Vignette ist – nach Ablösen der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist.

 

Gemäß § 20 Abs.1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs.1 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

§ 19 BStMG („Ersatzmaut“) bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kann wegen einer von einem Organ der öffentlichen Aufsicht dienstlich wahrgenommenen Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 1 keine bestimmte Person beanstandet werden, so ist nach Möglichkeit am Fahrzeug eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut zu hinterlassen. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen zwei Wochen ab Hinterlassung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 3).

Anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 ist der Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird dann entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen (Abs. 2).

 

Gem. Punkt 10.3.3 der Mautordnung berechtigt die Bezahlung der Ersatzmaut zur Benützung des vignettenpflichtigen Straßennetzes am Tag der Betretung bzw. am Tag der Hinterlegung des Zahlscheines und dem darauf folgenden Kalendertag. Als Nachweis für die Bezahlung der Ersatzmaut gilt entweder der bei Betretung ausgestellte Beleg oder der mit der schriftlichen Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut hinterlegte Zahlschein. Bei Nichteinhaltung wird der Tatbestand der Mautprellerei verwirklicht.

Wird hingegen bei einer Betretung trotz Aufforderung die Ersatzmaut nicht bezahlt, ist die vignettenpflichtige Straße umgehend über die nächstmögliche Abfahrt zu verlassen.

Entfernt sich der Kraftfahrzeuglenker von seinem Kraftfahrzeug, so hat er den ausgestellten Beleg oder hinterlegten Zahlschein so sichtbar hinter der Windschutzscheibe anzubringen, dass die Benützungsberechtigung (insbesondere Ort, Datum und Uhrzeit der Ausstellung sowie Kraftfahrzeugkennzeichen) unmittelbar von außen sicht- und kontrollierbar ist. Bei Nichtbeachtung wird der Tatbestand der Mautprellerei verwirklicht.

 

4.2. Unbestritten ist, dass der Bw der Lenker war, dass am gegenständlichen Fahrzeug zum Zeitpunkt der Kontrolle – mithin zur vorgeworfenen Tatzeit – keine Mautvignette angebracht war und dass ein Ersatzmautangebot gem. § 19 Abs. 2 BStMG erfolgt, diesem jedoch nicht nachgekommen worden ist.

 

Der Bw legte jedoch in Kopie ein Ersatzmautangebot gem. § 19 Abs. 3 BStMG für eine Beanstandung wegen des Fehlens einer Mautvignette am 11. November 2005, 19.35 Uhr, Autobahnraststation S, – also für etwa 2 Stunden vor dem gegenständlichen Tatzeitpunkt – vor. Da gem. Punkt 10.3.3 der Mautordnung der "schriftlichen Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut hinterlegte Zahlschein" zur Benützung des vignettenpflichtigen Straßennetzes am Tag der Hinterlegung des Zahlscheines und dem darauf folgenden Kalendertag berechtigt, lag um 21.28 Uhr des 11. November 2005 keine Verwaltungsübertretung und somit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses vor und es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden. 

 

Bei diesem Ergebnis konnten die vorgebrachten Rechtfertigungsgründe des Bw unerörtert bleiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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