Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-161282/9/Ki/Da

Linz, 12.08.2006

 

 

 

                                                          E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des M S, W, A, vom 20.3.2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23.2.2006, VerkR96-7624-2005, wegen einer Übertretung des KFG 1967 nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 16.8.2006 durch Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird bestätigt, der Straf- und Kostenausspruch behoben, an deren Stelle wird dem Rechtsmittelwerber in Anwendung des § 21 Abs.1 VStG eine Ermahnung erteilt und das Wort "Straferkenntnis" durch den Begriff "Bescheid" ersetzt. Der Rechtsmittelwerber hat keinerlei Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm  §§ 21 Abs.1, 24 und 51 VStG; § 65 VStG.

 

 

 

                                                     Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 23.3.2005, 16:20 Uhr, in der Gemeinde Seewalchen am Attersee, Landesstraße Freiland, B151, Parkplatz Autobahnabfahrt Seewalchen, als Zulassungsbesitzer der Kraftfahrzeuge, Kennzeichen WN-, Lastkraftwagen N3, Mercedes Actros, silber bzw. Kennzeichen WN-, Anhänger O4, Kässbohrer APT 012, silber, nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des genannten Fahrzeuges den Vorschriften des Kraftfahrzeuggesetzes entspricht. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von ihm selbst gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass beim betroffenen Fahrzeug die größte zulässige Gesamtlänge gem. § 4 Abs.7a KFG für Kraftwagen mit Anhängern von 18,75 Meter um 1,55 Meter überschritten wurde. Er habe dadurch § 103 Abs.1 Z1 KFG iVm § 4 Abs.7a KFG verletzt. Gemäß § 134 Abs.1 KFG wurde eine Geldstrafe in Höhe von 75 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 7,50 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 20.3.2006 Berufung erhoben mit dem Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat Oö. wolle das Straferkenntnis aufheben und das Verfahren zur Einstellung bringen.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 16.8.2006. An dieser Berufungsverhandlung nahm der Berufungswerber teil, als verkehrstechnischer Amtssachverständiger fungierte T.OAR. Ing. W I (Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehrstechnik). Seitens der belangten Behörde ist niemand erschienen.

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des vormaligen Gendarmeriepostens Frankenmarkt vom 12.4.2005 zu Grunde. Anlässlich einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle im Bereich des festgestellten Tatortes wurde festgestellt, dass die Gesamtlänge der Fahrzeugkombination 20,30 m betragen hat.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat zunächst gegen den Berufungswerber eine Strafverfügung erlassen, diese wurde beeinsprucht. Der Rechtsmittelwerber berief sich in seinem Einspruch auf einen Erlass des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 16.3.1987, Zl.: 439.341/1-IV/2-1987, wonach bei Fahrzeugen zum Transport von Fahrzeugen Längenüberschreitungen außer Betracht zu bleiben haben, sofern die Ladung auch über die Ladestütze hinausragt und der Schwerpunkt eindeutig auf bzw. über dem Fahrzeug liegt.

 

In weiterer Folge wurde das Gutachten eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung eingeholt, dieser kam letztlich zum Ergebnis, dass beim gegenständlichen Transport eine Bewilligung nach § 104 Abs.9 KFG 1967 erforderlich gewesen wäre, da die größte Länge für Kraftwagen und Anhänger von 18,75 m überschritten wurde. Der Sachverständige legte dieser Aussage drei mögliche Berechnungsvarianten zu Grunde, wobei zwei Varianten die obere Ladebrücke und eine Variante die untere Ladebrücke betroffen haben. Bezüglich der unteren Ladebrücke kam der Sachverständige zum Ergebnis, dass die Maximallänge von 18,75 m nicht überschritten worden sei, es müsse jedoch im vorliegenden Falle die obere Ladebrücke zur Beurteilung herangezogen werden. Nach beiden Varianten würden in Bezug auf die obere Ladebrücke die Bestimmungen des oben angeführten Erlasses nicht erfüllt sein.

 

Der zitierte Erlass des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr sieht vor, dass bei Fahrzeugen zum Transport von Fahrzeugen Längenüberschreitungen durch Ladestützen zur zusätzlichen Sicherung und Stabilisierung des zulässigen Überhangs von Ladungen außer Betracht zu bleiben haben, sofern die Ladung auch über die Ladestützen hinausragt. Dabei ist es gleichgültig, ob die Ladestützen abnehmbar oder mit dem Fahrzeug fest verbunden und nur ausziehbar sind.

 

Als Ladestützen gelten Einrichtungen, die zur Sicherung des Überhangs einer Ladung, deren Schwerpunkt über dem Fahrzeug (Ladefläche) liegt, verwendet werden. Die Ladestütze dient daher der Stabilisierung des hinten hinausragenden Teils der Ladung und wird insoweit zu deren Sicherung zusätzlich verwendet. Der Begriff "zusätzlich" setzt voraus, dass der Schwerpunkt der hinausragenden Ladung ohne die zusätzliche Sicherung zweifelsfrei auf bzw. über dem Fahrzeug liegen muss.

 

Werden diese Voraussetzungen erfüllt, ist keine Ausnahmegenehmigung bzw. Ausnahmebewilligung erforderlich.

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bestätigte der Berufungswerber die durchgeführte Fahrt sowohl hinsichtlich Tatzeit als auch hinsichtlich Tatort. Festgestellt werden konnte auch, dass der Kraftwagenzug mit Fahrzeugen zur Gänze beladen war.

 

Der Berufungswerber gestand auch ausdrücklich zu, dass bezogen auf die obere Ladefläche der Schwerpunkt des letzten geladenen Fahrzeuges nicht über dem Fahrzeug bzw. der Ladefläche gelegen war.

 

Das vorliegende Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen wurde erläutert, der verkehrstechnische Amtssachverständige verblieb bei seinen Ausführungen, diese werden seitens der Berufungsbehörde als schlüssig und nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen angesehen. Insbesondere wird festgestellt, dass der verfahrensgegenständliche Erlass des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr dahingehend auszulegen ist, dass die Beurteilung des Schwerpunktes jedenfalls auf die jeweilige Ladefläche, im vorliegenden Falle demnach auf die obere Ladefläche, zu beziehen ist. Dies ist insoferne nachvollziehbar, als die Ladestütze lediglich der Stabilisierung des hinten hinausragenden Teils der Ladung dient bzw. diese insoweit zu deren Sicherung zusätzlich verwendet wird.

 

Bezogen auf die obere Ladefläche muss daher festgestellt werden, dass die tatsächliche Gesamtlänge von 20,3 m, welche nicht bestritten wurde, der Beurteilung zu Grunde zu legen ist bzw. dass im konkreten Falle die für eine Ausnahme erforderlichen Voraussetzungen des Erlasses des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr nicht erfüllt sind, die Gesamtlänge des vom Berufungswerber gelenkten Kraftwagenzuges war daher nicht gesetzeskonform.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 103 Abs.1 KFG 1967 hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen) mit Anhänger und seine Beladung – unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder –bewilligungen – den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

 

Gemäß § 4 Abs.7a KFG 1967 darf u.a. die größte Länge von Kraftwagen mit Anhängern 18,75 m nicht überschreiten.

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass es dahingestellt bleiben kann, ob der obzitierte Erlass des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 16.3.1987 eine Verordnung im Sinne der Verordnungsermächtigung des KFG 1967 darstellt, zumal letztlich, wie das oben dargelegte Ermittlungsverfahren ergeben hat, auch unter Zugrundelegung dieses Erlasses die höchstzulässige Länge des vom Berufungswerber gelenkten Kraftwagenzuges überschritten worden ist. Demnach hätte er für den Transport eine Ausnahmebewilligung benötigt, diese lag nicht vor.

 

Der Berufungswerber hat daher den ihm zur Last gelegten Sachverhalt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Im Berufungsschriftsatz wird auch ausgeführt, dass im Falle einer Übertretung des KFG 1967 ein unverschuldeter Rechtsirrtum iSd § 5 Abs.2 VStG unterlaufen wäre.

 

Gemäß § 5 Abs.2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschriften nicht einsehen konnte.

 

Dazu wird festgestellt, dass ein Rechtsirrtum die betreffende Person nur dann entlasten könnte, wenn dieser Irrtum unverschuldet ist, wobei jedoch bereits fahrlässiges Nichtkennen der entsprechenden Norm zu Lasten der Person, welche die Übertretung begangen hat, zu werten ist.

 

Grundsätzlich muss von einem objektiv sorgfältigen Zulassungsbesitzer erwartet werden, dass er die entsprechenden Vorschriften kennt bzw. er sich entsprechend informiert. Wohl stand dem Berufungswerber ein Erlass des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr zur Verfügung, offensichtlich hat er jedoch den Inhalt dieser Bestimmung missverstanden und es ist dieses Missverständnis insofern zumindest in fahrlässiger Weise ihm anzulasten, zumal zu erwarten wäre, dass er sich als Zulassungsbesitzer entsprechend bei den zuständigen Stellen dahingehend erkundigt, wie der Erlass auszulegen ist. Eine derartige Erkundigung hat der Beschuldigte offensichtlich im vorliegenden Falle unterlassen. Der zur Last gelegte Sachverhalt ist daher auch in subjektiver Hinsicht anzulasten und es ist der Schuldspruch zu Recht erfolgt.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Dazu wird festgestellt, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG ein Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung besteht. Maßgeblich für die Anwendung dieser Bestimmung ist, dass einerseits das Verschulden geringfügig ist und andererseits die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

 

Wenn auch dem Berufungswerber fahrlässiges Verhalten in Zusammenhang mit einem allfälligen Rechtsirrtum anzulasten ist, so erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich im vorliegenden konkreten Falle, dass dieses Verschulden eher geringfügiger Natur ist, welches den Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG entspricht. Da durch die Tat auch keine bedeutenden Folgen eingetreten sind, konnte von einer Bestrafung abgesehen werden, wobei jedoch, um den Beschuldigten vor weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten, eine Ermahnung ausgesprochen werden musste.

 

Da der Ausspruch einer Ermahnung für das erstinstanzliche Verfahren keine Kostenfolge hat und der Rechtsmittelwerber im Berufungsverfahren einen Teilerfolg zu verbuchen hatte, trifft ihn keine Pflicht, Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

 

 

                                                        Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

                                                                    Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

                                                                Mag. K i s c h

 

                                                                                                                                                      

 

Beschlagwortung:

Zulässigkeit einer Überlänge eines Kraftwagenzuges bei Verwendung von Ladestützen für Fahrzeugtransporte;

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum