Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161418/10/Fra/Sp

Linz, 09.10.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn MA A-K D-………. vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. NN gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 30. Mai 2006, VerkR96-7664-2005, betreffend Übertretungen der StVO 1960, nach  Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 2. Oktober 2006, zu Recht erkannt:

 

 

I.                     Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen und hinsichtlich der verhängten Strafen insofern Folge gegeben, als die wegen des Faktums 1. (§ 46 Abs.4 lit.d StVO 1960) verhängte Geldstrafe auf
60 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden), die wegen des Faktums 2 (§ 58 Abs.1 StVO 1960) verhängte Geldstrafe auf 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) und die wegen des Faktums 3. (§ 7 Abs.1 StVO 1960) verhängte Geldstrafe auf 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) herabgesetzt werden.

 

II.                   Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keine Kostenbeiträge zu entrichten. Für das Verfahren erster Instanz ermäßigen sich die Kostenbeiträge auf jeweils 10 % der neu bemessenen Strafen (insgesamt 25 Euro).

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG; §§ 16 und 19 VStG.

Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw)

  1. wegen Übertretung des § 46 Abs.4 lit.d StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden)
  2. wegen Übertretung des § 58 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 220 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 64 Stunden) und
  3. wegen Übertretung des § 7 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt,

weil er am 3.9.2005 um 09.29 Uhr als Lenker des Pkw´s mit dem Kennzeichen
BN-……….. auf der A 8 Innkreisautobahn bei km 63,500, Gemeinde Ort im Innkreis, Fahrtrichtung Suben

  1. den Pannenstreifen vorschriftswidrig befahren hat,
  2. den Pkw gelenkt hat, obwohl er sich nicht in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befunden hat, in der er vermochte, sein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen, da er sich in einem außergewöhnlichen Ermüdungszustand befunden hat und
  3. den Pkw bei km 63,000 nicht soweit rechts gelenkt hat, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre. Er hat ohne Grund den zweiten Fahrstreifen benützt, obwohl der erste Fahrstreifen frei war.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft  Ried im Innkreis - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) zu entscheiden hat.

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 2. Oktober 2006 erwogen:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu Überzeugung gelangt, dass der Bw die ihm zur Last gelegten Übertretungen begangen hat. Er folgt insofern den zeugen­schafltichen Aussagen der Meldungslegerin Frau BI R, Landesverkehrsabteilung für Oberösterreich. Unterstützt wird diese Aussage hinsichtlich der Beweiskraft durch ein aufgenommenes Video, welches bei der Berufungsverhandlung vorgeführt wurde. Frau R führte bei der Berufungsverhandlung aus, zur Tatzeit an der Tatörtlichkeit Beifahrerin des vom Kollegen GI M S gelenkten Zivilstreifenwagens gewesen zu sein. Dieser Wagen werde eingesetzt für Abstandsmessungen und Zivilstreifen. Sie seien auf dem rechten Fahrstreifen gefahren und das vom Bw gelenkte Fahrzeug auf dem linken. Aufmerksam seien sie auf dieses Fahrzeug deshalb geworden, weil der Lenker ein außergewöhnliches Verhalten an den Tag legte. So sei er nicht eindeutig auf dem linken oder rechten Fahrstreifen gefahren. Nach einem Überholvorgang habe er sein Fahrzeug unmittelbar vom linken Fahrstreifen auf den Pannenstreifen gelenkt, wobei er beinahe die Leitschiene touchiert hat. Vorher sei ihr schon aufgefallen, dass der Lenker in "Schlangenlinien" gefahren ist. Dies sei auch der Grund gewesen, weshalb die Nachfahrt aufgenommen und die Videoanlage in Betrieb genommen wurde. In der Folge wurde das Blaulicht eingeschaltet und dem Lenker nachgefahren. Bei der Anhaltung wurde festgestellt, dass das Fahrzeug vollbesetzt war. Es war auch niemand angegurtet gewesen. Die anschließende Konversation wurde in deutscher Sprache durchgeführt. Der Bw habe auch einen Sekundenschlaf eingestanden.

 

Lt. Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oö. vom 23.9.2005 hat sich der Bw unter der Rubrik "Angaben des Verdächtigen – AK MA" wie folgt verantwortet: "Er gestehe, dass er übermüdet ist und deswegen gerade den Pannenstreifen befahren hatte. Er wisse auch, dass er gerade einen Sekundenschlaf gehabt hätte, aber es ginge schon wieder. Er müsse unbedingt weiterfahren, denn er wolle möglichst bald nachhause."

 

Unter der Rubrik "Beweismittel" findet sich in der Anzeige folgender Eintrag: "Der Verdacht des außergewöhnlichen Ermüdungszustandes ergibt sich aufgrund folgender Fakten:

  1. festgestelltes Fahrverhalten im Zuge der Nachfahrt,
  2. Verhalten des AK bei der Lenker- und Fahrzeugkontrolle,
  3. Gesamteindruck des AK  bei der Lenker- und Fahrzeugkontrolle,
  4. Angaben des AK über sein Schlafverhalten in den vorangegangenen Tagen,
  5. Eingeständnis des "Sekundenschlafes" unmittelbar nach der Anhaltung durch "AK" selbst.

Zeuge der Amtshandlung war GI S."

 

Dem Einwand des Bw, er sei bedrängt worden, entgegnete die Zeugin dahingehend, dass sie zwar direkt hinter dem Beschuldigtenfahrzeug nachgefahren seien aber nicht so dicht, dass man daraus eine Bedrängung ableiten könnte. Zum Einwand des Bw, dass es stark geregnet hatte, stellte die Meldungslegerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren fest, dass zwar aus den auszugsweisen Fotos teilweise eine regennasse Fahrbahn ersichtlich sei, wobei jedoch keinesfalls starker Regen geherrscht habe. Zum betreffenden Zeitpunkt habe es überhaupt nicht geregnet.

 

Die Aussagen der Zeugin wurden eindrucksvoll durch das bei der Berufungsverhandlung

abgespielte Videoband bestätigt. Aus diesem sowie aus den bereits im Akt einliegenden Lichtbildern ersieht man eindeutig, dass der Bw plötzlich sein Fahrzeug von äußerst linken Fahrstreifen auf den Pannenstreifen gelenkt hat.  

 

Unter Zugrundelegung dieser Beweismittel sind die dem Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen erwiesen. Der Oö. Verwaltungssenat findet nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass die Meldungslegerin, welche bei der Berufungsverhandlung  einen sehr sachlichen und glaubwürdigen Eindruck hinterließ, den Bw wahrheitswidrig belasten will. Der Grund der Nachfahrt lag ausschließlich im auffälligen Fahrverhalten des Bw. Dieses Verhalten ist – siehe oben -  auch durch ein zusätzliches Beweismittel, nämlich das aufgenommenen Video, dokumentiert. Ausgehend davon kann der Verantwortung des Bw nicht gefolgt werden. Der Bw hat zum Beweis dafür, dass, weil er sich von hinten durch ein Fahrzeug bedrängt fühlte und gesehen habe, dass er alsbald nach rechts auf den Parkplatz ausweichen konnte, beantragt, Herrn M AK als Zeugen zu vernehmen, der zudem entgegen der Darstellung der Meldungslegerin bestätigen könne, dass es am Tage auch geregnet hatte. Trotz nachweislicher Ladung ist Herr M AK unentschuldigt zur Berufungsverhandlung nicht erschienen. Zumal die vom Oö. Verwaltungssenat aufgenommenen Beweise eindeutig sind sieht er auch keinen Anlass, den beantragten Zeugen nochmals zu einer Einvernahme einzuladen. Bei dieser Person muss auch bedacht werden, dass es sich um den Sohn des Bw handelt. Aussagepsychologisch ist dabei zu beachten, dass hier eine emotionale und vermögensrechtliche Abhängigkeit zum Bw besteht. Zuneigung oder Abneigung, Freundschaft oder Feindschaft, gesellschaftliche oder soziale Bindungen können eine der Wahrheitsfindung hinderliche Voreingenommen­heit des Zeugen hervorrufen. Dies ist ein hier nicht zu vernachlässigender Umstand. Für die Meldungslegerin hingegen besteht dieses Problem der Voreingenommenheit nicht.

 

Dem rechtlichen Einwand, dass tateinheitlich eine Gesamtstrafe festzusetzen gewesen wäre, ist zu entgegnen, dass hier weder ein Fall der Konsumtion noch ein Fall der Spezialität oder Subsidarität  vorliegt. Die belangte Behörde hat daher zu Recht verschiedene selbständige Taten angenommen und auch die Strafen iSd
§ 22 VStG nebeneinander verhängt. Unverständlich ist auch der Einwand, dass zum Faktum 3. kein Tatzeitpunkt angegeben ist, führt doch das angefochtene Straferkenntnis eindeutig als Tatzeitpunkt "09.29 Uhr" an. Die Richtigkeit diese Zeitpunktes ist auch durch die im Akt einliegenden Lichtbilder als auch durch das Videoband eindeutig dokumentiert.

 

Die Berufung war daher, zumal die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen erwiesen sind, dem Grunde nach als unbegründet abzuweisen.

 

Strafbemessung:

Die belangte Behörde führt zur Strafbemessung aus, es sei zu berücksichtigen gewesen, dass durch übermüdete Lenker eine außerordentliche Unfallgefahr ausgeht. Die Fotos beweisen, dass nur durch Zufall kein Unfall entstanden ist. Im Falle eines Unfalls wäre angesichts der vom Bw gefahrenen Geschwindigkeit zwischen 118 und 141 km/h auch mit tödlichen Verletzungen zu rechnen gewesen.

 

Diesen Ausführungen kann grundsätzlich nicht entgegengetreten werden. Der Oö. Verwaltungssenat hält jedoch eine Herabsetzung der Strafe für geboten, da der Bw einerseits verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist, was lt. Rechtsprechung des VwGH als besonders mildernd ins Gewicht fällt. Straferschwerende Umstände sind im Verfahren zudem nicht hervorgekommen. Ein weiterer Grund für die Herabsetzung der Strafe liegt in der sozialen und wirtschaftlichen Situation des Bw. Dieser bezieht eine monatliche Rente in Höhe ca. 842 Euro, ist vermögenslos und für fünf Kinder sorgepflichtig.

 

Die nunmehr bemessenen Strafen liegen im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und ist eine weitere Herabsetzung aufgrund des hohen Unrechts- und dadurch indizierten Schuldgehaltes nicht vertretbar. Wäre es zu keiner Anhaltung gekommen, hätte der Bw aufgrund seines Ermüdungszustandes nicht nur sich selbst, sondern auch die weiteren Fahrzeuginsassen und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet. Auch spezialpräventive Erwägungen sprechen gegen eine weitere Herabsetzung der Strafe.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. F r a g n e r

 

 

 

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