Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161459/7/Br/Ps

Linz, 21.08.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Ing. W K, geb., vertreten durch RA Dr. S E, L, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Linz-Land vom 2. Juni 2006, Zl. VerkR96-28860-Hol/Pi, nach der am 21. August 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

I.          Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird im Punkt 1) behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt und im Punkt 2) unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1,
§ 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

 

II.         Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Wider den Berufungswerber wurden mit dem o.a. Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wegen der Übertretungen nach § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3b StVO Geldstrafen von 1) 190 Euro und 2.) 70 Euro und im Nichteinbringungsfall 1) 72 Stunden und  2) 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, wobei ihm sinngemäß zur Last gelegt wurde, als Lenker des KFZ mit dem Kennzeichen am 19.11.2004 um 16.50 Uhr in Marchtrenk, Jebenstein, Paschingerstraße, es unterlassen habe nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden ohne unnötigen Aufschub die nächste Gendarmeriedienststelle verständigt zu haben und 2) am KFZ keine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht gehabt zu haben.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:

"Aufgrund einer Anzeige des Gendarmerieposten, 4063 Hörsching, vom 24.11.2004 wurde Ihnen die im Spruch genannte Tat mittels Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16.12.2004 vorgeworfen.

 

In der von Ihrem Rechtsanwalt abgegebenen schriftlichen Stellungnahme vom 19.01.2005 gaben Sie zu Ihrer Rechtfertigung Nachstehendes an:

 

Ing.  W K war langjähriger Inhaber eine Führerscheines und Teilnehmer im Straßenverkehr.

Aber irgendwann eimnal hat jede Sache ein Ende.

Ing.  W K hat auf Befragung durch den gefertigten Anwalt vorerst zum Ablauf des gegenständlichen Unfalles angegeben, dass ihn der andere gerammt habe, er - Ing.  W K - nach dieser Kollision in die Zufahrt der nahe gelegenen Tankstelle eingefahren ist, den Schaden besichtigt hat und versucht hat, nach dem Unfallgegner Ausschau zu halten.  Als er diesen nicht gesehen hat, hat er sich mit Hilfe seines PKW aufgemacht, die nächste ihm bekannte Gendarmeriedienststelle aufzusuchen.

Nach seinem örtlichen Verständnis war die nächste Gendarmeriedienststelle in Pasching. Ihm treffe an diesem Verkehrsunfall keine Schuld und habe er versucht, alles ihm Mögliche zu tun, um den gesetzlichen Vorschriften gerecht zu werden.

Auf die Frage, wie es denn mit der § 57a KFG-Plakette bestellt sei, antwortete Ing.  W K, dass hier kein Grund zur Beanstandung vorliegt, da auf der Lochung der Plakette eindeutig ersichtlich ist, dass die letzte Untersuchung im Juni 2004 durchgeführt wurde.  Eine darauffolgende rechtliche Beratung durch den gefertigten Anwalt quittiert Ing.  W K mit den Worten 'aha', und nach einer gewissen Denkpause meiner Frage 'seid wann ist das so?' Daraufhin hat sich der gefertigte Anwalt mit Ing.  W K in den PKW des gefertigten Anwalts gesetzt und wurde versucht, die Unfallstelle ausfindig zu machen.

Hier hat sich dann im konkreten herausgestellt, dass die Erinnerungen von Ing.  W K an diesen Unfall tatsächlich nur etwas sind, was man als äußerst wage bezeichnen könnte.

Bei der Suche nach der Unfallstelle hat sich nämlich herausgestellt, dass wir gerade nicht weit genug gefahren sind, nach 500m wäre dann die Unfallstelle gewesen.

Es ist anzumerken, dass dieser Weg auf der Suche nach der Unfallstelle von Leonding bis nach Gallspach führte.

 

Das conclusio daraus ist, dass Ing.  W K am Straßenverkehr im Bereich seiner geistigen Möglichkeiten teilgenommen hat, und auch im Bereich seiner geistigen Möglichkeiten versucht hatte, den Bestimmungen der StVO gerecht zu werden.

Er hat jedoch aufgrund dieses Unfalles und der nachfolgenden Unfallforschung zur Kenntnis genommen, dass seine Fähigkeiten zur Teilnahme am Straßenverkehr nicht mehr entsprechen.  Ing.  W K ist aus diesen Gründen nunmehr freiwillig bereit, auf seine Lenkerberechtigung zu verzichten und den Führerschein zurückzustellen.

Im Gegenzug wird von Seiten des gefertigten Verteidigers höflichst ersucht, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren mit einer Ermahnung zum Abschluss zu bringen.

Der PKW von Ing.  W K wurde bereits aus seiner Reichweite gebracht, die Lenkerberechtigung retourniert er und ist daher aus diesen Gründen auch infolge des einsichtigen Verhaltens des Beschuldigten davon auszugehen, dass es aus generalpräventiven Gründen keiner Verhängung einer Geld- oder Freiheitsstrafe bedarf, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Hanflungen abzuhalten.

Es wird höflich ersucht, den gefertigten Anwalt eine Stelle und Personen namhaft zu machen, der er die Lenkerberechtigung von Ing.  W K aushändigen kann.

 

Aufgrund eines Rechtshilfeversuchens an die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land wurde der Unfallgegner, Herr E C, am 02.03.2005 bei der Stadtgemeinde Marchtrenk als Zeuge einvernommen und tätigte dabei nachstehende Aussage:

Mit dem Gegenstand der Verhandlung vertraut gemacht und zur Angabe der Wahrheit ermahnt gebe ich zu Protokoll, dass sich der Unfall unmittelbar nach dem Ortsende Jebenstein in Fahrtrichtung Oftering ereignet hatte.  Die vom Beschuldigten angesprochene Tankstelle befindet sich ca. 150m weiter Richtung Marchtrenk.  Nach dem Unfall konnte ich noch beobachten, dass der Beschuldigte angehalten hatte.  Dass er zur Tankstelle zugefahren ist, entspricht nicht den Tatsachen.  Der Abstand zwischen unseren Fahrzeugen betrug weniger als 50 Meter.  Ich habe nicht gesehen, das er ausgestiegen ist.  Ich konnte unmittelbar nach dem Unfall meinen PKW wenden, doch noch bevor ich zu ihm aufschließen konnte, setzte der Unfallgegner seine Fahrt fort.  Auf meine Versuche, ihn zum Anhalten zu bewegen, reagierte er nicht.

 

Mit Schreiben vom 13.04.2005 wurde Ihrem rechtsfreundlichen Vertreter diese Niederschrift übermittelt und die Möglichkeit eingeräumt, sich zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu äußern.

 

Von dieser Möglichkeit wurde auch Gebrauch gemacht und mit Schreiben vom 20.04.2005 nachstehende Stellungnahme abgegeben:

Aus der Stellungnahme des C E ergibt sich die inhaltliche Richtigkeit der Stellungnahme vom 19.01.2005.

Beide, und zwar C E einerseits, als auch Ing.  W K andererseits, haben nach dem Unfall die Fahrzeuge angehalten.

 

Unmittelbar an der Unfallstelle ist der wechselseitige Nachweis von Namen und Anschrift unterblieben.

Beide haben sich dann in Fahrt zum nächsten Gendarmerieposten gesetzt.

Dass C E, Ing.  W K trotz der von Ing.  W K eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit von 30 km/h nicht anhalten konnte, mutet etwas eigenartig an, wird aber wohl so gewesen sein.

Insgesamt betrachtet werden die Ausführungen der Stellungnahme vom 19.01.2005 wiederholt.  Ing.  W K ist bereit, freiwillig seinen Führerschein abzugeben.  Es ist daher aus diesen Gründen spezialpräventiv nicht geboten, eine Geld- oder Freiheitsstrafe zu verhängen, sowie es auch generalpräventiv nicht notwendig erscheint.  Im gegenständlichen Fall erscheint es, als wenn eine Mahnung durchaus ausreichend wäre.  Im übrigen wird das Ersuchen vom 19.01.2005 wiederholt, dem gefertigten Anwalt eine Stelle und/oder Personen namhaft zu machen, der er die Lenkerberechtigung von Ing.  W K aushändigen kann.

 

Die Behörde hat Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 4 Abs. 5 erster Satz und § 99 Abs. 3 lit. b StVO 1960 haben Personen nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem das Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang steht, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.  Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Laut § 103 Abs. 1 Ziff. 1 KFG hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass der Zustand bzw. die Ladung des genannten Kraftfahrzeuges den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes (KFG) entspricht.

 

Gemäß § 36 lit. e dürfen Kraftfahrzeuge und Anhänger außer Anhängern, die mit Motorfahrrädern gezogen werden, unbeschadet der Bestimmungen der §§ 82, 83 und 104 Abs. 7 über die Verwendung von Kraftfahrzeugen und Anhängern mit ausländischem Kennzeichen und von nicht zugelassenen Anhängern auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn bei den der wiederkehrenden Begutachtung (§ 57a) unterliegenden zum Verkehr zugelassenen Fahrzeugen, soweit sie nicht unter § 57a Abs. 1b fallen, eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette (§ 57a Abs. 5 und 6) am Fahrzeug angebracht ist.

 

Sie haben es jedoch unterlassen, nach diesem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist.

 

Dazu darf auf das VwGH-Erkenntnis vom 23.05.2002, 2001/03/0417 verwiesen werden, welches wie lautet: Voraussetzung für die Anhalts- und Meldepflicht nach § 4 Abs. 1 lit. a und des Abs. 5 ist als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schaden, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte.

 

Die Angaben Ihres Vertreters, dass Sie nach dem Unfall zur nächsten, Ihnen bekannten Gendarmeriedienststelle fahren wollten um den Unfall zu melden, kann vom hs.  Amt nicht nachvollzogen werden, da Sie laut erhebenden Gendarmen ein Handy mitgeführte haben und damit in der Lage gewesen wären die Gendarmerie zu verständigen.

Zu Punkt zwei des gegenständlichen Straferkenntnisses wird bemerkt, dass das Fahrzeug zum oa. Zeitpunkt am angeführten Ort von Ihnen gelenkt wurde, wobei festgestellt wurde, dass keine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht war.  Die Gültigkeit der Plakette MV 10461 mit der Lochung 6/04 war abgelaufen.

 

Die Übertretungen wurden von Ihnen grundsätzlich nicht bestritten.

Durch Ihren rechtsfreundlichen Vertreter wird jedoch angeführt, dass Sie bereit sind die Lenkberechtigung abzugeben, da Ihre Fähigkeiten zur Teilnahme am Straßenverkehr nicht mehr entsprechen und aus diesem Grund mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden kann.

 

Die Behörde erachtet Ihr Verschulden nicht als geringfügig und ist der Meinung das die Straffhöhe im angemessenen Verhältnis zur Straftat verhängt wurde, weshalb sie keine Veranlassung sah gemäß § 21 VStG von einer Bestrafung abzusehen.

 

Aus den oben angeführten Gründen erscheint es für die Behörde daher als zweifelsfrei erwiesen, dass Sie die Ihnen angetasteten Taten begangen haben.

 

Im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG 1991 bildet Grundlage für die Bemessung der Strafhöhe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG 1991 sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.  Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.  Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 3 2 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

 

Hinsichtlich Ihrer für die Strafbemessung zu berücksichtigenden Einkommens, Vermögens- und Familienverhältnisse wurde von folgender Schätzung ausgegangen:

Einkommen:   mtl. 1.200 Euro netto, Vermögen: keines, Sorgepflichten: keine.

 

Strafmildernd und straferschwerende Umstände waren nicht bekannt.

 

Die Behörde erachtet Ihr Verschulden nicht als geringfügig und ist der Meinung, dass die Strafhöhe im angemessenen Verhältnis zur Straftat verhängt wurde, weshalb sie keine Veranlassung sah, gemäß § 21 VStG 1991 von einer Bestrafung abzusehen.

 

Punkt 1 der Aufforderung zur Rechtfertigung wurde eingestellt."

 

2. In der dagegen fristgerecht durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung führt der Berufungswerber aus:

"In umseits näher bezeichneter Rechtssache wird gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2.6.2006, VerkR96-28860-2004-Hol/Pi, zugestellt am 9.6.2006, innerhalb offener Frist nachstehende

 

B e r u f u n g

erstattet.

Es wird die Erklärung abgegeben, das Straferkenntnis seinem gesamten Umfange nach anzufechten.

 

Als Berufungsgrund wird unrichtige rechtliche Beurteilung und unrichtige Sachverhaltsfeststellung geltend gemacht und dazu ausgeführt wie folgt:

 

Kern dieses Verfahrens ist ein Unfall, welcher sich angeblich am 19.11.2004 ereignet haben soll.

Angeblich nämlich deshalb, weil - üblicherweise - bei einem Verkehrsunfall dann nachfolgend Schadenersatzforderungen von - zumindest in dessen Augen - schuldlosen Unfallgegner gestellt werden, in diesem Fall war das jedoch nicht so.

 

Der Sachverhalt wurde zwar der Haftpflichtversicherung von Ing.  W K als Vorsichtsmeldung gemeldet, nur es gab jedoch niemals auch nur eine Meldung gegenüber der G durch C E, wonach ein Schaden geltend gemacht werde.

Was als erstes nicht dafür spricht, daß es tatsächlich zu einem Verkehrsunfall mit wechselseitiger Beschädigung des PKW gekommen sei.

 

Wenn es jedoch keinen Verkehrsunfall gibt, kann auch keine Fahrerflucht begangen worden sein und damit ist von vorne herein der Punkt 1. des Straferkenntnisses ausgeschlossen.

 

Aber davon einmal ganz abgesehen, wurde der Sachverhalt im Punkt 1. weiters unrichtig festgestellt.

Es wurde zwar richtig festgestellt, daß ein Handy im Auto gelegen ist, es wurde jedoch nicht festgestellt, ob tatsächlich das Handy in einem betriebsbereiten Zustand war.

Denn der Besitz eines Handys bedeutet als solches nun nicht, daß der Akku auch tatsächlich aufgeladen ist.

 

Weiters wurde nicht festgestellt, daß der Berufungswerber tatsächlich in Kenntnis der aktuellen Telefonnummer des 'nächst gelegenen Gendarmeriepostens' war.

Diese Frage wurde niemals gestellt, sie wurde auch niemals erörtert und muß aus dem Bauch heraus mit N E I N beantwortet werden.

 

Konkret kann diese Frage jedoch deshalb nicht beantwortet werden, weil der Berufungswerber am 13.1.2006 als Fußgänger einen Verkehrsunfall erlitten hat, bei dem es zu erheblichen Kopfverletzungen gekommen ist.

Er befindet sich derzeit auf der geistigen Stufe eines dreijährigen Kindes, hat nunmehr Pflegestufe 4, erkennt zeitweise niemand mehr und hat keine wie auch immer gearteten Erinnerungen mehr an die Vergangenheit.

 

Soweit der rechtsfreundliche Vertreter den Berufungswerber kennt (und er kennt ihn, denn er ist der Schwiegersohn), hat dieser keine Kenntnis von irgendwelchen Telefonnummern irgendwelcher Gendarmerieposten.

 

Nachdem freundlicherweise auch die allgemeine Auskunft beim Telefon abgeschafft wurde und die Angelegenheit auf gebührenpflichtig umgestellt, muß man als gesichert voraussetzen, daß er auch keine Kenntnis hatte von irgendwelchen gebührenpflichtigen Telefonauskünften.

 

Das heißt, zur Beurteilung der Frage, ob das Handy als solches, ohne Kenntnis darüber, ob dieses Handy auch tatsächlich in einem betriebstauglichen Zustand sich befunden hat, und ohne Kenntnis darüber, ob der Berufungswerber tatsächlich die notwendigen Telefonnummern wußte, um eine derartige Meldung an den 'nächst gelegene Polizei- oder Gendarmeriedienststelle' abzusetzen, ist die Annahme, er habe es unterlassen, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, rechtlich eine unbegründete Annahme zu Lasten des Berufungswerbers und damit unzulässig.

 

Gesichert ist, daß er auf der Straße zum nächsten Gendarmerieposten war.

In diesem Zusammenhang wird der guten Ordnung halber nur darauf hingewiesen, daß der angebliche Verkehrsunfallspartner ebenfalls keine Meldung beim nächsten Gendarmerieposten gemacht hat, diesbezüglich jedoch aber keiner Bestrafung unterlegen ist.

 

Das einzige, was in der Angelegenheit wirklich höchst interessant ist, ist folgendes:

Es gibt direkte Hinweise darauf, daß Ing.  W K mental nicht mehr in der Lage war, ein Kfz zu lenken.

 

Es wurde mehrfach angeboten, den Führerschein abzugeben, doch das hat bei der BH Linz-Land sichtlich überhaupt niemand interessiert.

Es ist insgesamt eine etwas eigenartige Vorgangsweise, die mit der Verpflichtung der Behörde, für die Sicherheit im Straßenverkehr zu sorgen, nicht wirklich in Einklang zu bringen ist.

 

Und in Anbetracht aller Umstände, und auch in Anbetracht der Umstände, daß sich die BH Linz-Land in dieser Angelegenheit nicht wirklich mit Ruhm bekleckert hat, von der Verfahrensdauer jetzt einmal ganz zu schweigen, wird der

 

A n t r a g

 

an die sachlich und örtlich zuständige Behörde II.  Instanz gestellt, das Straferkenntnis der BH Linz-Land vom 2.6.2006, VerkR96-28860-2004-Hol/Pi, im Punkt 1. aufzuheben und das Verfahren in diesem Punkt völlig zur Einstellung zu bringen.

 

Was den Punkt 2. anbelangt, wird die Aufhebung von diesem Punkt beantragt und das Vorgehen mit einer Ermahnung unter gleichzeitiger Rückstellung des Führerscheines beantragt.

 

L, am 13.  Juni 2006/E/K                                                                   Ing.  W K"

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war gemäß § 51e Abs.1 VStG durchzuführen.

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der Berufungsverhandlung. Als Zeuge einvernommen wurde der am Streifkontakt zweitbeteiligte Lenker C E. Auch der Berufungswerber erschien persönlich in Begleitung seines Rechtsbeistandes zur Berufungsverhandlung. Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm entschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil.

 

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

4.1. Der im 79. Lebensjahr stehende Berufungswerber ist nach einem Unfall, den er zwischenzeitig als Fußgänger erlitten hat, weitgehend in seiner Dispositionsfähigkeit beeinträchtigt und er kann sich an den damaligen Vorfall nicht mehr erinnern.  Sein Fahrzeug wurde angeblich zwischenzeitig abgemeldet und er werde, wie er bzw. sein Rechtsbeistand nachvollziehbar versichert hat, wohl nie mehr als Lenker am Straßenverkehr teilnehmen.

Der Zeuge E führte aus, dass es auf dem besagten Straßenbereich bei Dunkelheit und nasser Fahrbahn knapp vor der Ortschaftseinfahrt Jebenstein zu einem Kontakt mit dem ihm entgegenkommenden Fahrzeug gekommen sein dürfte, weil ein entsprechendes Geräusch wahrnehmbar war. Nachdem das zweitbeteiligte Fahrzeug kurz angehalten hatte und er sein Fahrzeug erst nach etwa 200 m zu wenden in der Lage war um zurückzufahren, setzte der Berufungswerber seine Fahrt bereits wieder fort. Ehe der Lenker, welcher weder auf seine akustischen noch optischen Signale reagierte, von ihm angehalten werden konnte, ist eine zufällig am Fahrbahnrand stehende Gendarmeriestreife auf das auffällige (langsame und hochtourige) Fahrverhalten des Berufungswerbers aufmerksam geworden und hielt den Berufungswerber folglich an.

An seinem Fahrzeug sei, wie durch die Gendarmerie wegen der Dunkelheit und des Regens nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte, kein Schaden entstanden. Es war lediglich eine Wischspur erkennbar, welche sich jedoch nicht als Schaden herausgestellt hat. Der Zeuge ist weder an den Berufungswerber noch an dessen Haftpflichtversicherung mit einer Schadenersatzforderung herangetreten.

Der Umstand der abgelaufen gewesenen Begutachtungsplakette ist unstrittig.

 

4.1.1. Es ist somit erwiesen, dass einerseits weder ein Verkehrsunfall vorliegt, noch hätte der Berufungswerber durch seine Weiterfahrt gegen den § 4 Abs.5 StVO, sondern primär vielmehr gegen den § 4 Abs.1 lit.a StVO verstoßen gehabt. In der Begründung schien die Behörde erster Instanz unter Hinweis jedoch auf ein einschlägiges VwGH-Erkenntnis von dieser Tatbegehung ausgegangen zu sein, stellte diesen Punkt aber ein. Gegen die hier zur Last gelegte Bestimmung wäre  allenfalls dann verstoßen worden, wenn er nach der verletzten Anhaltepflicht die Polizei nicht ohne unnötigen Aufschub verständigt hätte. Da es jedoch bereits kurze Zeit nach dem vermeintlichen Unfall zur Anhaltung durch die Polizei gekommen ist, ist es jedenfalls verfehlt diese Vorschrift zur Last zu legen, weil doch die Erfüllung der Meldungspflicht das Verlassen der Unfallstelle  zwingend bedingt hätte. Da hier wohl auch die Verständigung mangels Realisierung eines möglichen Schadens unterblieben wäre, rechtfertigt aber nicht diesen im Ergebnis spekulativen Vorwurf.

Da zwischenzeitig das Fahrzeug abgemeldet ist und der Berufungswerber sich in einem gesundheitlichen Zustand befindet, der ihm das Unrecht seines Fehlverhaltens offenkundig nicht mehr im vollem Umfang zugänglich sein lässt, würde auch mit der Verhängung einer Sanktion im Punkt 2) der darin indizierte Zweck nicht mehr erfüllbar sein.

Feststellungen zur subjektivtatseitigen Schuld können auf sich bewenden.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Nach § 4 Abs.1 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen,

a) wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten,

b) wenn als Folge des Verkehrsunfalls Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen,

c) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben die im Abs.1 genannten Personen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf (nur) unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes iSd § 4 Abs.1 lit.a u. § 4 Abs.5 StVO ist der tatsächliche Eintritt eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden sowie die Kenntnis des Täters hievon (VwGH 18.12.1979, 1880/79, ÖJZ 1980, 556).

 

5.2. Als rechtliche Konsequenz ergibt sich iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG daher im Punkt 1), dass selbst schon bei bloßem Zweifel am Tatvorwurf von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde jedoch ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn neben dem geringfügigen Verschulden des Beschuldigten auch die Folgen der Übertretung unbedeutsam sind. Die Annahme eines zumindest geringen Verschuldensgrades ergibt sich hier mit Blick auf § 3 VStG, die unbedeutenden Tatfolgen sind objektiv evident.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten. 

 

Dr. B l e i e r

 

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