Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161512/2/Br/Ps

Linz, 18.08.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn D K, geb., zuletzt wohnhaft M, M, dzt. aufhältig p.A. H, gegen das als mit 22. Juni 2006 datiert zu qualifizierende Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Zl. VerkR96-1468-2004-Pi, zu Recht:

 

I. Der Antrag wird gemäß § 51a Abs.1 VStG abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 51a VStG zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002.

 

II. Die Berufung wird im Punkt 1. als unbegründet abgewiesen;

      im Punkt 2. wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

 

III. Im Punkt 1. werden als Kosten für das Berufungsverfahren 10 Euro auferlegt. Zu Punkt 2. entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 u. § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat das in der Präambel angeführte Erkenntnis – versehen mit mehreren Datumsstempeln, jedoch zuletzt mit 22. Juni 2006 – datiert erlassen.

Wider den Berufungswerber wurden zwei Geldstrafen (50 und 80 Euro und für den Nichteinbringungsfall 24 und 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Es wurden darin folgende Tatvorwürfe erhoben:

"1) Sie haben sich als Lenker(in), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass am betroffenen Fahrzeug außen folgende vorspringende Teile oder Kanten vorhanden waren, die weder durch geeignete Schutzvorrichtungen abgedeckt oder entsprechend gekennzeichnet waren und die bei einem Verkehrsunfall schwere körperliche Verletzungen erwarten ließen: Die vordere Stoßstange ragte ohne Plastikabdeckung schräg nach rechts weg.

Tatort: Gemeinde Ansfelden, Autobahn Freiland, Nr. 1 bei km 174.000, A1, Richtungsfahrbahn Salzburg. Tatzeit: 19.01.2004, 12:45 Uhr. Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 102 Abs. 1 KFG i.V.m. § 4 Abs. 2 KFG

 

2) Sie haben auf die deutlich sichtbare LED Anzeige des ZivilKfz. nicht reagierten, da sie Zeitung lasen.

Tatort: Gemeinde Ansfelden, Autobahn Freiland, Nr. 1 bei km 174.000. Tatzeit: 19.01.2004, 12:45 Uhr. Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 97 Abs. 5 StVO i.V.m. § 99 Abs. 3 lit.j StVO

 

Fahrzeug:

Kennzeichen, Personenkraftwagen"

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Auf Grund einer Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich, Verkehrsabteilung‑Außenstelle Haid vom 23.01.2004 werden Ihnen die umseits genannten Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt.

 

Gegen die Strafverfügung vom 29.01.2004 haben Sie am 12.02.2004 innerhalb offener Frist Einspruch erhoben und beantragt und diesen wie folgt begründet:

Was mir unter obiger Nummer zur Last gelegt wird, dass muss ich vehement in Abrede stellen.

Das mittlerweile (noch im Januar 2004) abgemeldete, weil drei Tage später den Geist aufgegebene Fahrzeug wurde tags zuvor und tags darauf auch bei Verkehrskontrollen inspiziert, wobei nichts beanstandet wurde.

Es war eine gröbere Delle, ja, aber Beleuchtung, Blinker usw. funktionierten alle Plastikabdeckung ist auf der Stoßstange nie eine drauf gewesen, da es sowieso eine Kunststoffstoßstange war. Das damit bei einem Unfall körperliche Verletzungen für einen Fußgeher heraufbeschworen werden, liegt in der Natur der Sache, wenn es zu einem Unfall gekommen wäre. Wäre die Stoßstange nicht eingedellt gewesen, wäre ein Unfall mit einem Fußgänger für diesen aber wohl auch nicht ohne Verletzungen abgegangen. Mir ist daher nicht klar, was mit dieser Feststellung bezweckt wurde. Endlich kam es zu keinem Unfall.

Dass ich Zeitung gelesen hätte, ist Nonsens. Ich bin Zeitungsverteiler gewesen und lese die Zeitung um 6 Uhr beim Frühstück nach der Verteilung. Angehalten wurde ich zu Mittag. Vom Bäcker hatte ich Korngebäck dabei, welches ich aß. Um Brösel auf dem Anzug (ich hatte eine Besuchsrechtsverhandlung wegen meiner Kinder in N) zu vermeiden, habe ich mir die alte Zeitung untergelegt ‑ es war noch dazu ein Restexemplar, welches fünf Tage alt war. Sollte ich so was lesen ‑ während der Fahrt.

Die Leuchtschrift, die mir dann nach der Amtshandlung gezeigt wurde, war während der Fahrt gegen die Sonneneinstrahlung beim besten Willen nicht zu sehen, daher wurde ich dann ja auch per Kelle angehalten.

Ich ersuche daher, dass Verfahren einzustellen. Das ist gerechtfertigt. Diese zwei Zivilbeamten hatten mich ja auch nur deswegen am Kieker, als sie hörten, dass ich in Haft komme.

Eine Stellungnahme Ihrerseits wird mich an obiger Adresse nicht mehr erreichen, da ich kommende Woche eine vierjährige Haft anzutreten habe. Ihr Schriftstück habe ich heut noch beim Packen erhalten.

 

Am 16.03.2004 wurde der die Anhaltung vorgenommene Gendarmeriebeamte VBS. T M vom Landesverkehrskommando, Verkehrsabteilung‑Außenstelle Haid als Zeuge einvernommen.

Der Zeuge wurde mit dem Gegenstand der Befragung vertraut gemacht und gab nach Wahrheitsbelehrung folgendes an:

Die Angaben in der Anzeige werden vollinhaltlich aufrecht erhalten. Aus beiliegendem Foto sind die Beschädigungen an der Frontseite des PKW's eindeutig ersichtlich. Aufgrund dieser Beschädigungen ist eine erhöhte Verletzungsgefahr für Fußgänger, auch wenn das Auto steht, gegeben. Wir sind einige Sekunden neben dem Fahrzeug gefahren, wobei das Lesen der Zeitung einwandfrei festgestellt wurde. Aufgrund dieser Tatsache hat der Beschuldigte auch unser Zeichen zum Anhalten (LED‑Anzeige) längere Zeit nicht beachtet.

 

Anlässlich seiner Einvernahme als Zeuge gab Rev.Insp. H W am 05.07.2004 nach Wahrheitsbelehrung ‑ Nachstehendes zu Protokoll:

Vorerst möchte ich angeben, dass die Anzeige vollinhaltlich aufrecht erhalten wird. Mein Kollege und ich waren zu diesem Zeitpunkt (19.01.2004, 12.45) mit dem Zivilfahrzeug, auf dem 2. Fahrstreifen, in Richtung Salzburg unterwegs. Beim Vorbeifahren an einem Fahrzeug welches auf dem 1. Fahrstreifen unterwegs war, ist uns aufgefallen, dass der Lenker dieses Fahrzeuges Zeitung liest. Wir haben dieses Fahrzeug dann überholt und uns vor diesem eingereiht und die LED‑Anzeige des ZivilKFZ in Betrieb genommen, um den Lenker die Anhaltung anzuzeigen. Dieser nahm jedoch davon nicht Notiz, sondern wechselte auf den 2. Fahrstreifen. Daraufhin wurde auch noch die Winkerkelle eingesetzt und aufgrund dieser wechselte er wieder auf den 1. Fahrstreifen und die Anhaltung konnte dann auf der Dienststelle in Haid durchgeführt werden. Bei der anschließenden Fahrzeugkontrolle wurden auch dann die Mängel, welche auf dem vorgelegten Foto eindeutig ersichtlich sind, festgestellt.

 

Mit Schreiben vom 05.07.2004 wurden Ihnen die Zeugenaussagen übermittelt und gleichzeitig die Möglichkeit gegeben, sich zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu äußern.

 

In Ihrer Stellungnahme vom 30.08.2004 teilen Sie Folgendes mit:

Ich war zu jener Zeit Zeitungszusteller, wobei ich immer gegen 6.00 Uhr früh damit fertig geworden war. Beim anschließenden Frühstück (ich hatte ja den Rest des Tages nichts mehr zu tun) konnte ich mich auch immer gemütlich in aller Ausführlichkeit der Zeitungslektüre widmen. Bei besagter Fahrt lag eine alte Zeitung (die liest wohl keiner, zumal wenn man den Inhalt schon kennt) in meinem Schoss, um zu vermeiden, dass Brösel vom Snack, den ich aß, auf meinen Anzug fallen (ich hatte eine Erledigung am BG A im Zusammenhang mit meinen Zwillingstöchtern M und C) weil mir die Kindermutter wegen meiner Straftat den Kontakt zu den beiden verwehren wollte und nach wie vor will). Den Snack hatte ich beim Tanken mit gekauft. Vom lesen konnte wie gesagt keine Rede sein. So war das alles. Freilich, dass Wort eines Inhaftierten zählt wohl wenig im Vergleich zu zwei Beamten, die falsche Schlüsse gezogen hatten. Optische Täuschungen finden wir im Alltag häufig (Bahngleise, die in der Ferne scheinbar verschmelzen; Ozeane, die am Horizont scheinbar enden). Ich weiss, was ich an jenem Tag getan habe. Sehen Sie es, wie Sie, es Sehen wollen, wünschen würde ich mir freilich, dass mir Gehör und Glauben geschenkt wird, denn akustische Täuschungen kennen wir auf der Erde noch keine. Immer wird 'gesehen', dabei ist es nur einer von einer handvoll Sinne, die uns zur Verfügung stehen. Das Auto war beschädigt. Drehen Sie mir daraus eine Strick. Nicht nur wegen meines Haftantritts, sondern weil das Auto, das ich so wie das Vorgängermodell nur ein paar Monate besessen hatte, wenige Tage nach der Anhaltung seinen Geist aufgegeben hatte, kam es ohnehin zur Abmeldung. Ich hatte in diese beiden Wägen mehr Geld hineingesteckt, als ich im Verwendungszeitraum durch Zeitungsverteilen verdienen konnte. Dazu kam eine Verfügung über € 145 / 72 Stunden, da mein Fahrzeug im noch unbeschädigten Zustand Aufmerksamkeit einer Streife auf sich gezogen hatte, woraus bei der Anhaltung ein Sammelsurium an Kleinigkeiten, die halbwahr waren, zur Anzeige kam. Seltsamerweise oder soll ich sagen großzügigerweise ‑ wurden von Ihrem Kollegen bei der BH Kirchdorf bei der Hörung zu meinem Einspruch ohne Aufhebens viel davon fallen gelassen. Wissen Sie, Frau P, ich habe vier Jahre Haft + 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe hier in S zu verbringen, der Kontakt zu meinen Kindern wird mir durch infame Vorwürfe sehr erschwert und nach meiner Freilassung muss ich mich mit 1,4 Mio Euro Verbindlichkeiten zurechtfinden, wobei ein Privatkonkurs bei der Konstellation, wie es Aussieht, unmöglich sein wird und ich nicht nur jetzt vier Jahre Haft, sondern danach 30 Jahre Existenzminimum vor mir haben werde. Dennoch suche ich die positiven Seiten des (Haft)alltags zu finden, was oft gelingt. Dinge wie das jetzt haben dabei einen Stellenwert, der fast nicht bemerkbar ist. Mein Probleme existieren in einer viel größeren Dimension. Frau P, Sie haben die Wahl, Menschlichkeit walten zu lassen und die Akte VerkR96‑1468‑2004‑Pi zu selbigen zu legen oder strikt streng, quasi nach Vorschrift nach Paragrafen‑Wortlaut zu handeln. Den einen oder anderen Hafttag mehr würde ich ggf. wohl auch noch überstehen.

 

Die Behörde hat Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 4 Abs. 2 KFG müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzlichen Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein.

 

Laut § 97 Abs. 5 StVO sind die Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker‑ oder Fahrzeugkontrolle, zwecks anderer, den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffende Amtshandlungen oder zwecks Durchführung von Verkehrserhebungen (wie Verkehrszählungen u. dgl.) zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten. Bei solchen Amtshandlungen sind die Organe der Straßenaufsicht auch berechtigt, die aus Gründen der Verkehrssicherheit allenfalls notwendigen Verkehrsbeschränkungen (z.B. sogenannte Geschwindigkeitsrichter) anzuordnen und durch Straßenverkehrszeichen kundzumachen sowie eine allenfalls notwendige Regelung mit Lichtzeichen vorzunehmen. Für die Anwendung dieser Maßnahme gilt § 44b Abs. 2 bis 4.

 

Wenn Sie nuninehr anführen, dass Sie während der Fahrt keine Zeitung gelesen haben und durch die Schäden an Ihrem Fahrzeug keine Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer bestand, so werden Ihnen die Zeugenaussagen der Polizeibeamten entgegengehalten.

 

Die Behörde sah keinerlei Veranlassung, an den glaubwürdigen und unbedenklichen Aussagen des fachlich geschulten und unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen zu zweifeln, zumal dieser wohl kaum das Risiko einer falschen Aussage, auf deren strafrechtliche Folgen der Zeuge anlässlich seiner Einvernahme hingewiesen wurde, auf sich nehmen würde, während Sie als Beschuldigter einer solchen Wahrheitspflicht nicht unterliegen und sich in jede Richtung verantworten können.

 

Weiters wird auf das VwGH‑Erkenntnis vom 28.09.1988, ZI. 88/02/0007 verwiesen, wonach es den zur Wahrnehmung der Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs bestellten und geschulten Organen der Sicherheitswache zugebilligt werden muss, dass sie in der Lage sind, Verkehrssituationen richtig zu erkennen und wiederzugeben bzw. mit Sicherheit über Folgendes Feststellungen treffen und verlässliche Angaben darüber machen zu können:

Normale oder ungewöhnliche Geschwindigkeit, Kennzeichennummer, Wagentyp, Wagenfarbe, Vorgänge im Straßenverkehr im Allgemeinen, Art Beschaffenheit, Insassen und Lenkers eines KFZ (siehe VwGH‑Erkenntnis vom 30.03.1979, ZI. 1839/77).

 

In Ihren Einspruchsangaben waren keine schlüssigen Aussagen zu finden, welche das Nichterkennen der LED‑Anzeige erklärt hätten.

 

Aufgrund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses erscheint es für die Behörde zweifelsfrei erwiesen, dass Sie im konkreten Fall die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG 1991 bildet Grundlage für die Bemessung der Strafhöhe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG 1991 sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs‑ und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

 

Bei der Strafzumessung wurden Ihre aktenkundigen Einkommens, Vermögens‑ und Familienverhältnisse berücksichtigt.

kein Einkommen, Schulden in Höhe von 1,4 Mio Euro und Sorgepflichten für zwei Kinder.

 

Strafmildernd wurde Ihre bisherige Unbescholtenheit im hs. Verwaltungsbereich gewertet, straferschwerende Umstände waren nicht zu berücksichtigen."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis wendet sich der Berufungswerber mit einem fristgerecht aus der Haftanstalt handschriftlich verfassten und im Kontext zu seinem ausführlich ausgeführten Einspruch vom 30.8.2004 zu lesen, als Berufung zu wertendes Schreiben folgenden Inhaltes:

"VerkR96-1468-2004-Pi. Ich beantrage die Beistellung eines Rechtsanwalts. mfg (e.h. Unterschrift des Berufungswerbers)

P.S.: Wo haben Sie denn den Uraltakt ausgegraben?"

 

3. Die Behörde erster Instanz hat die Akte zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Gegen die rechtzeitig eingebrachte Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c erster Satz VStG). Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung kann angesichts des sich hier im Punkt 1. als unbestritten bleibenden Sachverhaltes unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z1 VStG). 

Aus verfahrensökonomischen Erwägungen konnte mit Blick auf das ausführliche Einspruchsvorbringen und dem in Zusammenschau klar erkennbaren Rechtsmittelwillen von einem Verbesserungsauftrag hinsichtlich der nur auf wenige Worte reduzierten Berufungsschrift iSd § 13 Abs.3 AVG abgesehen werden.

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der für die Berufungsentscheidung wesentliche Sachverhalt.

 

4. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Zu Punkt I.:

Der § 51a Abs.1 VStG lautet:

Ist der Beschuldigte außer Stande, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhaltes die Kosten der Verteidigung zu tragen, so hat der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, wenn und soweit dies im Interesse der Verwaltungsrechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist.

Mit dem vorliegenden Fall sind keine Schwierigkeiten in Bezug auf Klärung der Sach- und Rechtslage zu erwarten.

Sowohl der Sachverhalt als auch die sich darin knüpfenden Rechtsfragen lassen daher die Beigabe eines Verteidigers mit Blick auf Pflicht der Berufungsbehörde zur unparteiischen und unabhängigen Wahrheitsfindung als nicht geboten erscheinen.

Mit seinem offenbar ohne sich mit seinem Rechtsanliegen inhaltlich auseinanderzusetzen gestellten Antrag vermag der Antragsteller (der Berufungswerber) nicht einmal ansatzweise darzutun, inwiefern es zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Beigabe eines Verteidigers bedürfte.

Da somit eine der Voraussetzungen des § 51a Abs.1 VStG fehlt, war – ohne die Prüfung weiterer Voraussetzungen – spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu Punkt II. 1):

Diesbezüglich bleibt der Tatvorwurf vom Berufungswerber im Ergebnis gänzlich unbestritten. Der Berufungswerber hat, entgegen den auf bloß fahrlässiges Nichtüberzeugen vom Zustand formulierten Tatvorwurf, offenkundig in Kenntnis dieses Mangels das Fahrzeug gelenkt.  Das auf Seite 8 im Akt erliegende Foto spricht für sich, sodass diesbezüglich in Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffende rechtliche Subsumtion unter § 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.2 u. § 134 Abs.1 KFG verwiesen werden kann.

 

 

Zu Punkt II. 2):

Der hier zu Pkt. 2. entscheidungswesentliche § 99 Abs.5 (erster Satz) lautet:

Die Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle, zwecks anderer, den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffende Amtshandlungen oder zwecks Durchführung von Verkehrserhebungen (wie Verkehrszählungen u. dgl.) zum Anhalten aufzufordern. Der Fahrzeuglenker hat der Aufforderung Folge zu leisten. ..........

Mit dem, im Übrigen gänzlich unpräzisiert bleibenden Vorwurf "die LED-Anzeige des ZivilKfz. nicht reagiert zu haben, da Sie (der Berufungswerber) Zeitung las", wurde nicht nur nicht  ausgeführt welches Verhalten damit konkret dem § 97 Abs.5 StVO zuwider gewesen sein sollte, noch ist ein solches Tatbild der genannten Gesetzesbestimmung fremd. Da es letztlich laut Anzeige offenbar ohne näher beschriebene Probleme zur Anhaltung gekommen ist, kann von einem Verstoß nach der o.a. Gesetzesbestimmung nicht ausgegangen werden, weil doch im Ergebnis der Aufforderung zum Anhalten per Winkerkelle nachgekommen wurde. Die zeitliche Abfolge ist im Gesetz nicht geregelt. Dabei wird wohl auf die näheren Umstände Bedacht zu nehmen sein, wobei insbesondere die Zweckerreichung den Kern der Beurteilung zu bilden haben wird.

Nach § 44a VStG hat nämlich der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat im Hinblick auf Ort und Zeit und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, sowie sämtliche Tatbestandsmerkmale zu enthalten (Z1 u. 2 leg.cit.). Diese Vorschrift dient vor allem dazu, dass ein Beschuldigter in die Lage versetzt wird, sich bezogen auf den Tatvorwurf in jede Richtung hin zu verteidigen und nicht der Gefahr ausgesetzt zu sein, durch eine Ungenauigkeit in der Umschreibung wegen des zur Last liegenden Tatverhaltens nochmals (in abgewandelter Form vorgeworfen) bestraft zu werden (s. Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 969 ff, mit Judikaturhinweisen).

 

5. Zur Strafzumessung:

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

5.1. Die Behörde hat im Punkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides (Straferkenntnisses) die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Konkret ist daher mit Blick auf den zum Zeitpunkt der Begehung noch bis zu 2.180 Euro (nunmehr bis 5.000 Euro) und mit einer bis zu sechs Wochen reichenden Rahmen für die Ersatzfreiheitsstrafe zur Strafzumessung auszuführen, dass bei einer Geldstrafe von 50 Euro und der mit 24 Stunden bemessenen Ersatzfreiheitsstrafe trotz des bereits längeren Zurückliegens dieser Verwaltungsübertretung und der schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Bw ein Ermessensfehler nicht erblickt werden kann. Daher kann dem Bescheid der Behörde erster Instanz in diesem Punkt nicht mit Erfolg entgegen getreten werden.

 

6. Die Kostenentscheidung gründet in den in Punkt III. zitierten Gesetzesstellen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

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