Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161552//Bi/Be

Linz, 01.08.2006

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn D R, vertreten durch RA Mag. K H, vom 21. Juli 2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 12. Juli 2006, VerkR96-17418-2005, wegen Übertretungen des FSG und des KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

I.  Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als Punkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüg­lich eingestellt wird.

     Im Punkt 2) wird die Berufung insofern teilweise Folge gegeben, als der Schuldspruch bestätigt, die Geldstrafe aber auf 80 Euro (60 Stunden EFS) herabgesetzt wird.

 

II.  Im Punkt 1) fallen keine Verfahrenskosten an.

     Im Punkt 2) vermindert sich der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz auf   8 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z2 1.Alt.  und 19 VStG

zu II.: §§ 64ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen  Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 37 Abs.3 iVm 1 Abs.3 FSG und 2) §§ 36 lit.a iVm 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) 182 Euro (84 Stunden EFS) und 2) 110 Euro (72 Stunden EFS) verhängt, weil er am 3. September 2005 um 15.15 Uhr das Motorfahrrad mit dem Kennzeichen im Gemeindegebiet Aurach am Hongar auf dem Güterweg Riedl, Höhe Kinderspielplatz, gelenkt habe, 1) ohne eine von der Behörde erteilte gültige Lenkberechtigung der Klasse A zu besitzen. 2) Er habe das Kraftfahrzeug, welches nicht als Kleinmotorrad  zum Verkehr zugelassen und mit dem eine höhere Geschwindigkeit als 45 km/h erreichbar gewesen sei, auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr verwendet.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 29,20 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 und Abs.3 Z3 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe seine Beweisanträge auf Ortsaugenschein und Einsicht in das Grundbuch ohne Begründung ignoriert, obwohl sich daraus ergeben hätte, dass es sich bei der Örtlichkeit um Privatgrund gehandelt habe und der von der Erstinstanz verwendete "Öffentlichkeitscharakter" völlig irrelevant sei. Vielmehr komme es auf Eigentumsverhältnisse und die Flächen­widmung an. Auch hätte sich ergeben, dass er das Mofa um 15.15 Uhr nicht gelenkt habe, wie ihm unterstellt werde und wie auch der Meldungsleger ausgesagt habe, dessen Erinnerung im Übrigen lückenhaft sei. Die Vermutung, das Mofa sei vor der Beanstandung in Betrieb gewesen, sei nicht zu belegen, jedoch habe die Behörde die objektive Tatseite nicht ausreichend ermittelt. Beantragt wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und Verfahrenseinstellung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Meldungsleger GI Gerhard Wiener (Ml) einer Anrainer­beschwerde nachging, die sich gegen Jugendliche richtete, die mit ihren Mofas auf dem genannten Parkplatz herumfahren und Lärm verursachen würden. Der Ml hat bei seiner Zeugeneinvernahme am 10. Februar 2006 ausgesagt, auf dem genannten Parkplatz zwischen dem Gasthaus Riedl und dem Kinderspiel­platz in Aurach/Hongar hätten sich zur genannten Zeit 5 oder 6 Jugendliche befunden und mehrere Motor­fahr­räder seien dort gestanden. Auf seine Frage, wem die Motorfahrräder gehörten, seien einige Jugendliche gekommen, ua der Bw. Der Ml und sein Kollege hätten mit dem im Dienstfahrzeug befindlichen Rollentestgerät die Mofas überprüft und bei zwei oder drei hätte sich ergeben, dass sie eine wesentlich höhere Geschwindigkeit als 45 km/h zu erreichen imstande waren. So sei beim Kfz des Bw eine erreichbare Geschwindigkeit von 87 km/h (nach Toleranzabzug) festgestellt worden. Laut Anzeige habe der Bw bestätigt, dass beim schon als Leichtmotorrad anzusehenden Kraftrad die Drossel fehle.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 1 Abs.1 KFG sind die Bestimmungen des KFG, sofern im Abs.2 nichts anderes festgesetzt ist, auf Kraftfahrzeuge und Anhänger, die auf Straßen mit öffent­lichem Verkehr (§1 Abs.1 StVO 1960) verwendet werden, und auf den Verkehr mit diesen Fahrzeugen auf solchen Straßen anzuwenden.

Gemäß § 1 Abs.1 StVO 1960 gelten als Straßen mit öffentlichem Verkehr solche, die von jedermann unter den gleichen Bedin­gungen benützt werden können.

 

Nach der Judikatur des VwGH kann eine Straße dann gemäß Abs.1 2.Satz von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden, wenn sie nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht. Für die Widmung als Straße mit öffentlichem Verkehr ist ein Widmungsakt nicht erforderlich und es kommt auch nicht auf die Eigentumsverhältnisse am Straßengrund an, dh nicht darauf, ob die betreffende Landfläche ganz oder teilweise im Privateigentum steht. Es kann daher grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass es sich bei einer Straße dann um eine solche mit öffentlichem Verkehr handelt , wenn sie weder abgeschrankt noch als Privatstraße gekennzeichnet ist, noch auf dieser auf die Beschränkung des öffent­lichen Verkehrs hinweisende Tafeln aufgestellt sind (vgl E 11.1.1973, 1921/71; 30.1. 1974, 227/27; 14.12.1972, 11/72; 11.7.2001, 98/03/0165; uva).

Ist auf einem umzäunten Gasthausparkplatz "Parken nur für Gäste" erlaubt, hat diese Verkehrsfläche die Qualität einer Straße mit öffentlichem Verkehr, da nach dem Willen des Grundeigentümers der zur Benützung der Verkehrsfläche berechtigte Personenkreis von vornherein unbestimmt ist, insbesondere weil jedermann die Möglichkeit hat, Gast zu werden (vgl VwGH 3.10.1990, 90/02/0094, 0095).

             

Wie sich aus dem Digitalen Raum-Informationssystem DORIS ersehen lässt, handelt es sich beim im Spruch genannten Parkplatz, der zwischen dem "Auracherhof", das ist der Gasthof Riedl, und dem Kinderspielplatz gelegenen ist, um einen solchen, der weder abgeschrankt noch sonstwie auf einen eingeschränkten Personenkreis bezogen ist, abgesehen davon, dass der Parkplatz seinem Zweck gemäß jederzeit von jedermann befahren und von Fußgängern frequentiert werden kann. Die Über­legungen des Bw, wonach der Parkplatz aufgrund der Eigentumsverhältnisse und der Widmung  keine Straße mit öffentlichem Verkehr darstelle, sind für den UVS nicht nachvollziehbar, weshalb die beantragte Einsicht­nahme in Grundbuch bzw Flächen­widmung für die Qualifikation der Verkehrsfläche als Straße mit öffentlichem Verkehr irrelevant und damit entbehrlich war. 

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 1 Abs.3 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den Fällen des Abs.5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse, in die das Kraftfahrzeug fällt.

Gemäß Abs.5 Z2 FSG ist eine Lenkberechtigung ua nicht erforderlich für Motorfahr­räder, die den Bestimmungen des KFG 1967 unterliegen.

Im Sinne des § 2  Abs.1 Z14 KFG 1967 gilt als Motorfahrrad ein Kraftrad mit einer Bau­artgeschwindigkeit von nicht mehr als 45 km/h, dessen Antriebsmotor, wenn er ein Hubkolbenmotor ist, einen Hubraum von nicht mehr als 50 cm³ hat.

 

Das als Motorfahrrad zugelassene Kraftfahrzeug war aufgrund der bei der Über­prüfung am Rollenprüfstand festgestellten, mit 87 km/h weit über der Bauart­geschwindigkeit - das ist gemäß § 2 Abs.1 Z37a KFG die Geschwindigkeit, hin­sichtlich der aufgrund der Bauart des Fahrzeuges dauernd gewährleistet ist, dass sie auf gerader, waagrechter Fahrbahn bei Windstille nicht überschritten werden kann - liegenden Geschwindigkeit nicht mehr als Motorfahrrad anzusehen, der Bw besitzt jedoch keine Lenkberechtigung der Klasse A.   

 

Dem Verfahrensakt lässt sich zweifelsfrei entnehmen, dass der Bw das Mofa zum im Tatvorwurf genannten Zeitpunkt 3. September 2005, 15.15 Uhr, nicht gelenkt hat, zumal er vom Ml selbst auf dem Kinderspielplatz sitzend angetroffen wurde. Dass sich Anrainer wegen des Lärms zum einem bestimmten Zeitpunkt möglicherweise zurecht beschwert haben, wie es der Ml in seiner Zeugenaussage durchklingen lässt, ist denkbar. Eine konkretes Beweismittel im Hinblick auf den Bw dafür liegt aber nicht vor. Um 15.15 Uhr bzw in Anwesenheit des Ml hat der Bw jedenfalls das Kraftfahr­zeug, auch vom Ml bestätigt, nicht gelenkt, weshalb ihm auch nicht der Vorwurf eines Lenkens ohne Lenkberechtigung gemacht werden kann, auch wenn er dieses irgendwann vorher irgendwie zum genannten Parkplatz gebracht haben muss. Diesbezüglich wurde ihm aber kein konkreter Tatvorwurf gemacht und ist auch die objektive Tatseite keineswegs als erwiesen anzunehmen.

Auf dieser Grundlage war daher im Punkt 1) gemäß § 45 Abs.1 Z2. 1.Alt. VStG vorzugehen, weil der Bw die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

 

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 36 lit.a KFG 1967 dürfen ua Kraftfahrzeuge ... nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind oder mit ihnen behördlich bewilligte Probe- oder Überstellungsfahrten durchgeführt werden.

Unter "verwenden" ist nicht nur das Lenken sondern auch das Abstellen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zu verstehen, wobei Adressat dieser Bestimmung nicht nur der Lenker oder der Zulassungsbesitzer ist, sondern jeder, der in einem die Verfügungsgewalt beinhaltenden Naheverhältnis zum Kraftfahrzeug steht. Der Begriff "Verwenden" ist nicht nur als Tätigkeit, sondern auch als Zustand gemeint, dh ein nicht ordnungsgemäß zugelassenes Kraftfahrzeug, das auf einer Straße mit öffent­lichem Verkehr (im Sinne von Halten oder Parken) abgestellt ist, wird "verwendet".   

Der Bw hat zwar zum Zeitpunkt der Beanstandung durch den Ml das wegen der wesentlich höheren Bauartgeschwindigkeit als die erlaubten 45 km/h als Motorfahr­rad nicht ordnungsgemäß zugelassene Kraftfahrzeug nicht gelenkt, jedoch als Verfügungs­berechtigter auf dem genannten Parkplatz abgestellt (nicht im Sinne eines Tätigwerdens, sondern im Sinne eines Zustandes) und damit auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr (siehe oben) verwendet. Davon ist deshalb auszugehen, weil nach der Zeugenaussage des Ml auf dessen Frage, wem die dort abgestellten Krafträder gehören, der Bw sich selbst als zum Kraftrad "gehörig" gemeldet hat.

Er hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten, zumal ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 in der zum Tatzeitpunkt 3. September 2005 geltenden Fassung vor der 26. KFG-Novelle bis zu 2.180 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfrei­heitsstrafe reicht.

 

Der Bw ist (entgegen den Ausführungen in der Begründung des Straferkenntnisses) verwaltungsstrafrechtlich gänzlich unbescholten und hat der Schätzung seiner finanziellen Verhältnisse durch die Erstinstanz nichts entgegengehalten, weswegen von einem Einkommen von 300 Euro netto monatlich und Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten auszugehen ist. Angesichts dieser Umstände war eine Herabsetzung der verhängten Strafe gerechtfertigt, wenn auch § 20 VStG wegen der fehlenden Mindeststrafe nicht anzuwenden war.

 

Die nunmehr verhängte Strafe liegt unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung - hier ist deshalb zumindest von dolus eventualis auszugehen, weil dem Bw das Fehlen der Drossel offensichtlich bekannt war - hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw in Hinkunft zur genauen Beachtung der ihn betreffenden kraftfahrrechtlichen Bestimmungen anhalten. Es steht ihm frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Strafe in Teilbeträgen zu bezahlen, anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz bzw dessen Entfall ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

Beweisverfahren ergab geparktes als Mofa zugelassenes Kraftrad (87 km/h erreichbar) – Lenken ohne Lenkberechtigung liegt nicht vor – Verwenden eines nicht ordnungsgemäß zugelassenen Kraftrades – aber Strafherabsetzung

 

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