Linz, 08.09.2006
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn JL vertreten durch dessen Eltern W und ML diese wiederum vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. JP gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 3.8.2006, VerkR96-4212-2006, wegen Übertretungen des KFG und FSG, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.
Der Berufungswerber hat weder Geldstrafen, noch Verfahrenskostenbeiträge zu bezahlen.
Rechtsgrundlage:
§§ 5 Abs.1 und 65 VStG.
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:
1. Sie haben als Lenker das angeführte Kraftrad verwendet, obwohl mit dem als Motorfahrrad zugelassenen Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 64 km/h erreicht werden konnte. Die Geschwindigkeit wurde mittels Rolltester festgestellt. Gegenständliches Fahrzeug gilt daher nicht mehr als Motorfahrrad, sondern als Kleinmotorrad und ist daher nicht richtig zum Verkehr zugelassen.
2. Sie haben das angeführte Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichen Verkehr gelenkt, obwohl Sie nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung der betreffenden Klasse oder Unterklasse, in die das gelenkte Kraftfahrzeug fällt, waren. Es wäre eine Lenkberechtigung der Klasse A notwendig gewesen.
3. Sie haben als Lenker das angeführte Kraftrad verwendet, obwohl mit dem als Motorfahrrad zugelassenen Fahrzeug eine Geschwindigkeit von 64 km/h erreicht werden konnte. Die Geschwindigkeit wurde mittels Rolltester festgestellt. Gegenständliches Fahrzeug gilt daher nicht mehr als Motorfahrrad, sondern als Kleinmotorrad und bestand daher keine vorgeschriebene Haftpflichtversicherung.
Tatort: Gemeinde Mattighofen, Landesstraße, Ortsgebiet, Nr. 147
Tatzeit: 08.06.2006, 13.24 Uhr.
Fahrzeug: Kennzeichen BR-...., Einspuriges Kraftrad L1, Aprilia SR50LC
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
1. § 36 lit.a KFG
2. § 1 Abs.3 FSG
3. § 36 lit.d KFG
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von | falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von | Gemäß |
1. 36 Euro | 24 Stunden | § 134 Abs.1 KFG |
2. 181 Euro | 72 Stunden | § 37 Abs.1 und Abs.3 Z1 FSG iVm § 20 VStG. |
3. 36 Euro | 24 Stunden | § 134 Abs.1 KFG |
Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG 10 % der Strafe,
das sind 25,30 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe, Kosten) beträgt daher... 278,30 Euro.
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 18.8.2006 eingebracht.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:
Gemäß § 2 Abs.1 Z4, 14, 15 und 37a KFG handelt es sich bei einem einspurigen Kraftfahrzeug, mit welchem auf gerader, waagrechter Fahrbahn bei Windstille eine Geschwindigkeit von mehr als 45 km/h erreicht werden kann, nicht um ein Motorfahrrad, sondern um ein Motorrad.
Für ein derartiges einspuriges Kraftfahrzeug hat eine Haftpflichtversicherung und eine Zulassung als Motorrad zu erfolgen (§ 36 lit.a und lit.d KFG).
Das Lenken eines derartigen einspurigen Kraftfahrzeuges ist nur mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse A – allenfalls: AV –zulässig (§ 1 Abs.3 FSG).
Die Strafbarkeit gemäß § 5 Abs.1 VStG ist allerdings nur dann gegeben, wenn der Lenker eines derartigen einspurigen Kraftfahrzeuges
Ø dieses selbst manipuliert hätte bzw. hätte lassen und/oder
Ø wusste, dass die Bauartgeschwindigkeit mehr als 45 km/h beträgt.
Die Erstzulassung des vom Bw gelenkten einspurigen Kraftfahrzeuges erfolgte am 6.7.2001; die Zulassung auf die Mutter des Bw am 12.4.2006.
Der Bw hat
Ø bei der Amtshandlung – siehe Anzeige der PI M. vom 19.6.2006
Ø im Einspruch vom 12.7.2006 und
Ø in der Berufung vom 18.8.2006
glaubhaft angegeben,
Ø nicht gewusst zu haben, dass dieses von ihm gelenkte einspurige Kfz "schneller als 45 km/h geht" sowie
Ø dass seit jenem Zeitpunkt, an welchem dieses einspurige Kraftfahrzeug auf seine Mutter zugelassen wurde (= 12.4.2006) daran keinerlei Veränderungen vorgenommen worden sind.
Im Ergebnis ist daher auszuführen, dass beim Bw fahrlässiges Verhalten iSd § 5 Abs.1 VStG nicht vorliegt.
Es war daher
Ø der Berufung stattzugeben,
Ø das erstinstanzliche Straferkenntnis aufzuheben,
Ø das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen,
Ø auszusprechen, dass der Bw weder Geldstrafen noch
Verfahrenskostenbeiträge zu bezahlen hat und
Ø spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
Mag. Kofler
Beschlagwortung:
Motorfahrrad – Motorrad