Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200231/2/WEI/Ps

Linz, 24.08.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des J A, geb., p.A. S, I, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 6. Juli 2005, Zl. Agrar 96-6-2005-Ps, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Saatgutgesetz (BGBl I Nr. 72/1997 idF BGBl I Nr. 110/2002) zu Recht erkannt:

 

I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis in beiden Spruchpunkten aufgehoben und werden die Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S. mit Sitz in S, I und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass am 15.7.2003, wie eine Saatgutkontrolle des Bundesamtes für Ernährungssicherheit ergeben hat, im gesellschaftseigenen (Auslieferung- und verkaufs-) Lager in U, H 74 Packungen zu je 50 kg (3700 kg) Saatgut der Art 'Senf' (Gelbsenf – Sinapis alba) als Industriesenf gekennzeichnet zum Verkauf vorrätig gehalten und somit in den verkehr gebracht wurde, obwohl

 

1.             das Saatgut nicht entsprechend den Bestimmungen des § 7 Z. 1 als a) Vorstufensaatgut b) Basissaatgut, c) zertifiziertes Saatgut, d) zertifiziertes Saatgut erster Generation oder e) zertifiziertes Saatgut zweiter Generation anerkannt war; das verfahrensgegenständliche Saatgut wurde als Industriesenf zum Verkauf für Saatzwecke angeboten.

2.             Erntegut gemäß § 70 Abs. 3 Saatgutgesetz, das nicht als Saatgut in Verkehr gebracht werden darf, nicht unter einer Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in Verkehr gebracht werden darf, die es als Saatgut verwendbar erscheinen lässt; das Saatgut wurde als Industriesenf zum Verkauf angeboten vorgefunden und wurde von Landwirten für Saatzwecke verwendet.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

zu 1.:

§ 7 Ziffer 1 Saatgutgesetz 1997, BGBl. I Nr. 72/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 110/2002 iVm. § 9 Abs. 1 VStG 1991

 

zu 2.:

§ 70 Abs. 3 Saatgutgesetz 1997 iVm. § 9 Abs. 1 VStG 1991"

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen verhängte die belangte Strafbehörde gemäß "§ 71 Abs. 1 Z. 1 lit. a Saatgutgesetz 1997 idgF." zum Spruchpunkt 1. und gemäß "§ 71 Abs. 1 Z. 1 lit. k Saatgutgesetz 1997 idgF." zum Spruchpunkt 2. je eine Geldstrafe von 500 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit je eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren wurden je 50 Euro (10% der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

2.1. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 11. Juli 2005 eigenhändig zugestellt worden ist, richtet sich die rechtzeitig am 18. Juli 2005 eingebrachte Berufung vom 15. Juli 2005, mit der erschließbar die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird. Zur Begründung wird inhaltlich ausgeführt:

 

"Ich erhebe gegen oben genannte Straferkenntnis Berufung.

Wie Hr. S bereits ausgesagt hat, war der ' S E N F ' als Industriesenf gekennzeichnet und als solcher auch an Landwirte verkauft – da von diesen auch so gewollt!!!! – Schauen Sie doch bitte die beigelegten Re.Kopien an.

Wenn Hr. S die Saatgutverkehrskontrolle-Aufnahmeschrift bestätigt, so heißt das, daß die Ware Industriesenf ist, und von der Behörde auch kontrolliert werden kann.

Warum sich der Kontrolleur S von der A die Feststellung herausnehmen kann, dass die Bezeichnung 'Industriesenf fälschlich ist' kann nur auf dessen beruflichen Übereifer zurück zuführen sein.

Nochmals: Die Ware wurde als Industriesenf gekauft – gelagert – wie auch Hr.S persönlich auch dem Sack gelesen hat – und dokumentiert hat – und als solcher wurde die Ware wieder weiterverkauft!!

Was gilt jetzt? Die Aussage des Kontrolleuers, daß die Sachaufschrift falsch ist – oder die Aussage meines Mitarbeiters?"

 

2.2. Mit dem am 21. Juli 2005 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangten Vorlageschreiben vom 19. Juli 2005 hat die belangte Behörde die Berufung mit ihrem Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt, ohne eine Gegenschrift zu erstatten.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben ist, weil Strafbarkeitsverjährung eingetreten ist.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 31 Abs 3 Satz 1 VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem in Abs 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen sind. Nach dem § 31 Abs 2 Satz 2 VStG ist die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Handlung abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Infolge der mittlerweile verstrichenen Zeit ist seit der im Spruch angeführten Tatzeit Strafbarkeitsverjährung eingetreten. Seit dem Tag der Saatgutverkehrskontrolle am 15. Juli 2003, mit welchem Datum das gegenständliche Vorrätighalten zum Verkauf von Industriesenf für Saatzwecke angelastet wurde, sind bereits mehr als drei Jahre verstrichen. Die im Spruchpunkt 1. angelastete Übertretung des § 71 Abs 1 Z 1 lit a) iVm § 7 Z 1 Saatgutgesetz 1997 und die im Spruchpunkt 2. angelastete Übertretung des § 71 Abs 1 Z 1 lit k) iVm § 70 Abs 3 Saatgutgesetz 1997 stellen beide auf ein verbotenes "In-Verkehr-Bringen" ab. Das verbotenen Tun wurde mit 15. Juli 2003 angelastet und ist auch mit diesem Tag als abgeschlossen zu betrachten. Verfahrenszeiten, die nach dem § 31 Abs 3 letzter Satz VStG nicht einzurechnen sind, liegen nicht vor. Mit Ablauf des 15. Juli 2006 war daher die Strafbarkeit der angelasteten Verwaltungsübertretungen als verjährt anzusehen.

 

Im Hinblick auf die eingetretene Strafbarkeitsverjährung bedarf es keiner weiteren Erörterungen in der Sache. Das angefochtene Straferkenntnis war aus Anlass der Berufung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen, weil nunmehr mit der Strafbarkeitsverjährung ein Umstand vorliegt, der die Strafbarkeit aufhebt.

 

5. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. W e i ß

 

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