Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280906/2/Kl/Rd/Pe

Linz, 13.09.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des H P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21.3.2006, Ge96-60-2005, wegen einer Übertretung des ArbeitnehmerInnen­schutz­gesetzes zu Recht erkannt:

 

I.          Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene         Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in der Strafnorm gemäß   § 44a Z3 VStG anstelle von "Ziff.1" der Ausdruck "Einleitung" zu treten hat.

 

II.          Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den     Betrag von 200 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2  VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21.3.2006, Ge96-60-2005, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 1.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 87 Abs.2 BauV iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ASchG verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der LKM GmbH, am 6.12.2005 bei der Baustelle in, Neubau TGZ, von sechs Arbeitnehmern seines Betriebes Dacharbeiten (Fertigstellung eines Daches) auf der Dachfläche der LKM-Werkstätte bei einer Absturzhöhe von ca 7,00 m und bei einer Dachneigung von ca. 5° durchführen lassen hat, wobei keine Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden waren, und die Arbeitnehmer auch nicht durch Sicherheitsgeschirre angeseilt waren, obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von bis zu 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3,00 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen vorhanden sein  müssen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, in welcher die Höhe der verhängten Geldstrafe bekämpft werde.

Begründend hiezu führt der Bw aus, dass nicht bestritten werde, dass die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen nicht getroffen worden seien und die erforderlichen Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen nicht vorhanden waren. Die verhängte Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro sei bei einem Strafrahmen von 145 Euro bis 7.260 Euro bei weitem überhöht. Es habe sich um  ein einmaliges Versehen gehandelt und sei er ansonsten ein gewissenhafter verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer, der sich für die Arbeitnehmerschutzinteressen einsetze und dafür sorge, dass jegliche Arbeitnehmerschutzpflichten eingehalten werden.

Es wäre aber von der belangten Behörde zu bedenken gewesen, dass der Dachraum an zwei Seiten von einer zumindest 80 cm hohen Mauer umgrenzt sei und die Dacharbeiten in diesem Bereich stattgefunden haben. Er sei der Meinung gewesen, dass diese Mauer als Sicherheit ausreichend sei. An den restlichen Dachseiten bestehe ebenfalls eine Mauer, die mit einer Höhe von 80 cm beginnt und sich bis zum Dachfirst auf ca. 30 cm verjüngt. Es könne ihn daher lediglich nur ein geringfügiges Verschulden treffen.

Aufgrund des Umstandes, dass weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe gefunden worden seien und der Bw unbescholten sei, hätte die belangte Behörde die Geldstrafe mit maximal 300 Euro festsetzen dürfen, um eine schuld- und tatangemessene Bestrafung zu erreichen. Die verhängte Geldstrafe stelle eine unverhältnismäßige Härte dar und sei bei einem erstmaligen Verstoß gegen die ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften nicht zu rechtfertigen.    

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Von der Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte abgesehen werden, weil sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Da der Bw in seinem eingebrachten Rechtsmittel ausdrücklich um Herabsetzung der verhängten Geldstrafe ersucht hat, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

4.2. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis zu 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß  § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß  der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß  anzuwenden.

Die  Einkommens-,  Vermögens-  und  Familienverhältnisse  des Beschuldigten  sind  bei  der Bemessung  von  Geldstrafen  zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

4.3. Die Bestimmungen des ASchG bzw der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen.

So werden durch das Nichtverwenden bzw Nichtanbringen von geeigneten Schutzeinrichtungen Arbeitnehmer gerade jenen Gefahren in hohem Maß ausgesetzt, denen die Arbeitnehmerschutzbestimmungen entgegentreten wollen, was auch durch schwerste Unfälle mit teilweise tödlichem Ausgang immer wieder vor Augen geführt wird.

 

Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 1.000 Euro bei einem Strafrahmen von 145 Euro bis zu 7.260 Euro, da es sich gegenständlich um keinen Wiederholungsfall handelt, verhängt. Laut Aktenlage kommt dem Bw der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu gute, welcher Umstand bei der Verhängung der gegenständlichen Geldstrafe von der belangten Behörde zwar nicht expressis verbis, aber dennoch faktisch hinreichend berücksichtigt wurde. Erschwerend war demgegenüber zu werten, dass zum Tatzeitpunkt immerhin sechs Arbeitnehmer mit Dacharbeiten bei einer Dachneigung von 5° und bei einer Absturzhöhe von 7 m ohne entsprechende Absturzsicherungen bzw Schutzeinrichtungen beschäftigt waren. Auch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass zum Tatzeitpunkt winterliche Witterungsverhältnisse geherrscht haben und sohin von einer erhöhten Rutschgefahr auszugehen war. Ein Überwiegen der Milderungsgründe war daher nicht festzustellen.

 

Der vom Bw im Berufungsschriftsatz vorgebrachte Einwand, wonach der Dachraum an zwei Seiten von einer zumindest 80 cm hohen Mauer umgrenzt gewesen sei und die restlichen beiden Dachseiten ebenfalls eine Mauer, beginnend mit 80 cm und sich verjüngend auf 30 cm, aufwiesen, kann kein geringfügiges Verschulden begründen; auch liegen die Voraussetzungen für das Entfallen von Absturzsicherungen bzw Schutzeinrichtungen gemäß § 87 Abs.1 bzw § 7 Abs.1 BauV gegenständlich nicht vor. Dass die Dachfläche auf zwei Seiten von einer ca. 80 cm hohen Mauer begrenzt ist und die Arbeitnehmer nur in diesem Bereich tätig waren, stellt keine geeignete Absicherungsmaßnahme dar, die ein Abstürzen der Arbeitnehmer hintanstellt. Zudem kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Arbeitnehmer auch im Bereich der sich verjüngenden Mauer aufhalten.

 

In Anbetracht des Unrechtsgehalts der Tat erscheint die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro sowohl schuld- als auch tatangemessen und geeignet, den Bw nachhaltig von weiteren Übertretungen der Arbeitnehmerschutzbestimmungen abzuhalten. Des weiteren ist die verhängte Geldstrafe aber auch angemessen und den persönlichen Verhältnissen angepasst, zumal der Schätzung der persönlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse vom Bw in der Berufung nicht entgegen getreten wurde.

 

Den Voraussetzungen zur Anwendung der §§ 20 und 21 VStG bzw einer Strafherabsetzung standen die obigen Ausführungen entgegen.

 

5. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, ist ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 200 Euro, zu leisten (§ 64 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Unrechtsgehalt, Gefährdung

 

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