Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400844/4/WEI/BP/Ps

Linz, 27.09.2006

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des K alias H A, dzt. Schubhaft im PAZ Salzburg, vertreten durch Mag. Dr. B R, Rechtsanwalt in S, P, wegen Anhaltung in Schubhaft seit 15. September 2006 durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck zu Recht erkannt:

 

 

I.              Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und es wird gleichzeitig festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

 

II.            Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 99/2006) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 3. Mai 2006, Zl. Sich 40-1865-2006, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 76 Abs 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, iVm § 80 Abs 5 FPG und iVm § 57 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum der Bundespolizeidirektion Salzburg am 3. Mai 2006 vollzogen.

Begründend wird im genannten Bescheid dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bf gemäß seinen eigenen Angaben über unbekannt am 1. Mai 2006 illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich einreiste und in der Folge am 2. Mai 2006 beim BAS Erstaufnahmestelle West in Thalham 80, 4880 St. Georgen im Attergau, ein Asylbegehren einbrachte. Dabei führte der Bf an, A K zu heißen, am 1. April 1986 geboren und Staatsangehöriger der T zu sein. Dokumente, welche seine Identität bestätigt hätten, konnte der Bf nicht vorlegen, weshalb seine Identität als nicht gesichert gegolten habe.

Weiters führte der Bf an, keine Bezugspersonen in Österreich zu haben und auch keine Unterstützung von Bekannten oder Verwandten in Österreich zu erhalten, weswegen er staatliche Unterbringung benötigen würde, wenn ihm auch nur vor­übergehend eine bundesbetreute Unterkunft in der Erstaufnahmestelle West am 2. Mai 2006 zugewiesen wurde.

Während der niederschriftlichen Befragung am 3. Mai 2006 vom Bundesasylamt (im Folgenden: BAA) EAST West über Fluchtgründe und die illegale Einreise nach Österreich, hätte der Bf angegeben, dass er, um dem Militärdienst in der T zu entgehen, seinen Heimatstaat am 16. April 2006 schlepperunterstützt und unter Zurücklassung der Reise­dokumente illegal in einem LKW – gegen ein Schlepperentgelt von 5.350 Euro – verlassen hätte und über eine dem Bf unbekannte Route in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist wäre. Der Bf gab an, dass dies sein erster Aufenthalt im Gebiet der Europäischen Union sei, da er die T noch nie verlassen hätte. Weiters hätte der Bf angegeben, noch niemals einen Asylantrag gestellt zu haben, wohingegen durch Abnahme der Fingerabdrücke in Erfahrung gebracht werden konnte, dass der Bf bereits am 27. Juni 2005 illegal in das Bundesgebiet der Republik Deutschland eingereist war und am 29. Juni 2005 ein Asylbegehren in Berlin eingebracht hatte.

Nach Vorhalt dieser Tatsachen gab der Bf zu, bewusst eine Falschaussage gemacht zu haben, um eine mögliche Abschiebung nach Deutschland zu verhindern. In der Folge machte der Bf verschiedene zeitlich unrealistische Angaben über seine Abschiebung von Deutschland in die T und eine dortige Inhaftierung, was die belangte Behörde als neuerlichen vorsätzlichen Versuch einer Irreführung der Behörden ansah. Als besonderen Grund für seine Falschaussagen gab der Bf an, er würde lieber sterben als nach Deutschland zu gehen, da er von dort aus in die T abgeschoben werden würde.

Die belangte Behörde spricht im gegenständlichen Bescheid dem Bf die Glaubwürdigkeit ab und geht davon aus, dass er, entgegen seiner Aussagen, nicht aus der T kommend, sondern von Deutschland nach Österreich eingereist ist. Der Bf verfügte zum Zeitpunkt der Befragung über Geldmittel von 5,41 Euro.

Dem Bf wird vorgeworfen, seinen Asylantrag in Deutschland deshalb verleugnet zu haben, da ihm bewusst war, dass eine Überstellung nach Deutschland drohte, sollte den österreichischen Behörden die Einreise nach Österreich über Deutschland bekannt werden, weshalb nach den Bestimmungen des Dublin-Abkommens davon auszugehen war, dass Österreich mangels Zuständigkeit sein Asylbegehren zur Überprüfung in die Bundesrepublik Deutschland zurückweisen würde.

Weiters verweist die belangte Behörde auf von ihr eingeholte Erkundigungen beim BAA, wonach ein klarer Dublinfall vorgelegen wäre und daher mit höchster Wahrscheinlichkeit ein Konsultationsverfahren sowie ein Ausweisungsverfahren nach Deutschland eingeleitet werden würde. Die belangte Behörde ging davon aus, dass Deutschland einem Wiederaufnahmeersuchen zustimmen würde.

Von der Erlassung eines gelinderen Mittels habe zwingend Abstand genommen werden müssen, da der Bf nach Ansicht der belangten Behörde in keinster Weise gewillt sei, die gesetzlichen Bestimmungen insbesondere die des Fremden- und Grenzkontrollrechts des Gastlandes zu respektieren. Dies wird auch mit den Falschaussagen bzw bewussten Irreführungen durch den Bf, um einer drohenden Abschiebung nach Deutschland zu entgehen und sich in Österreich ein Aufenthaltsrecht zu erschleichen, begründet. Das Verhalten des Bf zeige eindeutig, dass er alles unternehmen würde, um einer drohenden Abschiebung zu entgehen, weshalb die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft als angemessen angesehen wird.

1.2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtete sich zunächst eine am 4. Juli 2006 durch seine rechtsfreundliche Vertretung beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachte Beschwerde.

Darin brachte der Bf im Wesentlichen vor, dass die Schubhaft gemäß dem § 76 Abs 2 Z 4 FPG verhängt wurde, der zur Anwendung kommt, wenn aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird. Der Bf führte aus, dass mit Bescheid des BAA vom 13. Juni 2006, Zl. 06.04.723 EAST West, sein Asylantrag abgewiesen wurde. Ihm wurde auch nicht der Status eines Asylberechtigten zuerkannt, sondern er wurde gemäß § 10 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die T ausgewiesen. Gegen diesen Bescheid habe der Bf Berufung erhoben.

Aufgrund der Entscheidung des BAA hätte sich nach Ansicht des Bf die Begründung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als hinfällig erwiesen. Weiters hätte der Bf in der niederschriftlichen Einvernahme seine Fluchtgründe nachvollziehbar und glaubwürdig dargelegt. Eine Zuständigkeit Deutschlands wäre nicht vorgelegen.

Weiters führte der Bf an, dass der Bescheid mit dem die Schubhaft verhängt wurde, an einen falschen Adressaten ergangen war, da sowohl das Geburtsdatum als auch die Staatsbürgerschaft falsch angegeben waren. Der Bf bemängelte, dass hinsichtlich der Person in Beziehung auf Staatsbürgerschaft und Geburtsdatum, Spruch und Begründung des bekämpften Bescheides nicht übereinstimmten.

Darüber hinaus berief sich der Bf auf den Schutz des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und sah durch die Verhängung der Schubhaft eine diesbezügliche Verletzung.

1.3. Die belangte Behörde legte den Bezug habenden Akt vor und beantragte, die Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Ergänzend stellte die belangte Behörde fest, dass unmittelbar nach der Verhängung der Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 Z 4 FPG das BAA, EAST West, aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes ein Ausweisungsverfahren nach Deutschland eingeleitet hätte. Die Bundesrepublik Deutschland stimmte allerdings einer Übernahme nicht zu, wodurch es mangels fehlender Fluchtgründe des Bf zum Bescheid des BAA vom 13. Juni 2000 gekommen wäre, mit dem der Asylantrag abgewiesen, die Zulässigkeit der Zurück- oder Abschiebung in die T festgestellt und der Bf aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen wurde. Gegen diesen Bescheid hätte der Bf am 15. Juni 2006 Berufung erhoben. Die Entscheidung des Unabhängigen Bundesasylsenates (im Folgenden: UBAS) sei jedoch noch nicht vorgelegen.

1.4. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenats vom 10. Juli 2006, Zl. VwSen-400822/4/Ste/BP/Se, wurde die Beschwerde des Bf als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, dass zum damaligen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Anhaltung des Bf in Schubhaft weiterhin vorlägen. Darüber hinaus wurde der Bf zum Ersatz der Verfahrenskosten gegenüber dem Bund in Höhe von 271,80 Euro verpflichtet.

Begründend wurde u.a. ausgeführt, dass der Bf die öster­reichischen Behörden über seinen am 29. Juni 2005 in Berlin gestellten Asylantrag bewusst nicht informiert hatte, um nicht Gefahr zu laufen, in die Bundesrepublik Deutschland und in der Folge in die T abgeschoben zu werden. Die belangte Behörde hätte vollkommen zu Recht annehmen können, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden würde. Auch die Voraussetzung gemäß § 76 Abs 2 FPG, dass Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Abweisung gemäß § 10 Asylgesetz 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung angeordnet werden kann, sei im vorliegenden Fall eindeutig gegeben gewesen, weil nach dem Verhalten und der Vehemenz mit der sich der Bf gegen eine mögliche Abschiebung nach Deutschland verbal äußerte davon auszugehen war, dass der Bf eine hohe Bereitschaft hatte, sich den Rechtsvorschriften seiner Gastländer zu widersetzen. Deshalb wurde auch von der Anwendung gelinderer Mittel anstelle der Schubhaft gemäß § 77 FPG Abstand genommen.

Der Oö. Verwaltungssenat prüfte die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 80 Abs 5 FPG. Gemäß dieser Vorschrift kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 FPG verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des § 80 Abs 4 Z 1 bis 3 FPG vor. Wird der Berufung gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des UBAS aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrecht erhalten werden, wenn der UBAS eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt.

Wie unbestritten feststand, hatte die belangte Behörde die Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 Z 4 FPG angeordnet und entsprechend dieser Bestimmung verhängt. Da zum Entscheidungszeitpunkt über die Beschwerde noch keine rechtskräftige negative Entscheidung über den Asylantrag vorgelegen sei, konnte die belangte Behörde die weitere Anhaltung des Bf auf den § 80 Abs 5 FPG stützen. Zur näheren Begründung wird auf Punkt 4.5. des oben zitierten Vorerkenntnisses verwiesen.

Der Einwendung des Bf, dass im Schubhaftbescheid ein falscher Adressat angegeben war und die in Schubhaft befindliche Person nicht der Bescheidadressat sein könnte, wurde nicht gefolgt. Die irrtümlichen Angaben des Geburtsdatums sowie der Staatsbürgerschaft des Bf in der Adressierung ließen keinen Zweifel an der Identifizierbarkeit des Bf aufkommen, zumal in der Begründung des Schubhaftbescheides die korrekten Angaben vorzufinden waren. Mit dem klarstellenden Bescheid vom 4. Juli 2006 berichtigte die belangte Behörde im Übrigen die Daten des Bf.

1.5. Der Bf befindet sich seit 3. Mai 2006 und auch zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats in Schubhaft.

2.1. Gegen seine fortdauernde Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 21. September 2006 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte, neuerliche Beschwerde wegen Anhaltung in Schubhaft.

Darin bringt der Bf im Wesentlichen vor, dass er sich seit 3. Mai 2006 in Schubhaft befinde und diese so kurz wie möglich dauern müsste. Dies gelte auch für die Asylbehörden. Aus diesem Grund müsse innerhalb von drei Monaten eine Berufungsentscheidung getroffen werden (§ 27 AsylG). Bis zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung sei vom UBAS über die Berufung des Bf vom 15. Juni 2006 gegen den Bescheid des BAA EAST West vom 13. Juni 2006 noch nicht entschieden worden. Es sei nicht abzusehen, wann diese Entscheidung getroffen werde. Die Behörde müsse daher ihr Ermessen dahingehend ausüben, dass die Schubhaft aufgehoben wird bzw gelindere Mittel zur Anwendung kommen. Es lägen keine Gründe für die Anhaltung des Bf in Schubhaft vor, weshalb im Hinblick auf das hohe Rechtsgut der persönlichen Freiheit entschieden werden müsse.

Der Bf sei in seinem gemäß Art. 1 des BVG vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit gewährleisteten Recht auf Freiheit und Sicherheit verletzt worden. Demgemäß werden die Anträge gestellt, dass der Unabhängige Verwaltungssenat die Anhaltung des Bf in Schubhaft zumindest seit 15. September 2006 und die weitere Anhaltung des Bf in Schubhaft kostenpflichtig als rechtswidrig erkennen möge.

2.2. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt und beantragt, die Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Insbesondere legte die belangte Behörde einen Aktenvermerk über ein Telefongespräch mit dem UBAS vom 22. September 2006 vor. Danach haben mehrmalige telefonische Informationsgespräche bezüglich der Entscheidungsfrist des UBAS in der 36. und 37. Kalenderwoche wie auch am 20. und 21. September 2006 sowie am 22. September 2006 ergeben, dass sich das zuständige Mitglied Dr. R immer noch im Krankenstand befinde. Höchstwahrscheinlich sei mit seinem Dienstantritt am 3. Oktober 2006 zu rechnen. Der Fall des Bf sei evident und werde prioritär behandelt werden. Herr Mag. F (juristischer Referent) habe auf mehrmalige Nachfrage am 22. September 2006 um 12:20 Uhr bekannt gegeben, dass die für die Verhandlung notwendigen Einvernahmen bereits durch seine Person durchgeführt worden seien, die Verhandlung könne aber erst mit Rückkehr des Herrn Dr. R festgesetzt werden. Es wurde aber der BH Vöcklabruck versichert, dass der Akt 302.469 absolut prioritär behandelt werde und eine Festsetzung der Verhandlung sofort nach Eintreffen des zuständigen unabhängigen Richters festgesetzt würde. Mit einer Entscheidung sei umgehend nach erfolgter Verhandlung zu rechnen.

Der Bf sei nach seinem bisherigen Verhalten nicht bereit, freiwillig in die T auszureisen. Er sei unter keinen Umständen rückkehrwillig und durch die bisherige behördliche Vorgangsweise im Bewusstsein, dass die Durchsetzbarkeit seiner Ausweisung bevorstehe. Der Bf habe gezeigt, dass er sich der Abschiebung mit allen Mitteln widersetzen werde. Er bestehe auf der Aufrechterhaltung seines Aufenthalts in Österreich.

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb gemäß § 83 Abs 2 Z 1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgen­dem entscheidungswesentlichen S a c h v e r h a l t aus:

Der Bf gelangte nach eigenen Angaben am 1. Mai 2006 über einen unbekannten Nachbarstaat gegen ein Schlepperentgelt von 5.350 Euro illegal nach Österreich. In der Folge brachte er am 2. Mai 2006 beim BAA EAST West in Thalham 80, 4880 St. Georgen im Attergau, ein Asylbegehren ein, das er im Wesentlichen damit begründete, keinen Militärdienst in der T ableisten zu wollen.

Der Bf führte an, A K zu heißen, am geboren (Aliasdaten und) und t Staatsbürger zu sein. Der Bf führte keine Reisedokumente mit sich. Weiters führte er aus, dass er bisher die T noch nie verlassen hätte, somit erstmals das Gebiet der Europäischen Union betreten und noch nie einen Asylantrag gestellt hätte.

Durch Abnahme der Fingerabdrücke konnte ermittelt werden, dass der Bf bereits am 27. Juni 2005 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist war und am 29. Juni 2005 in Berlin ein Asylbegehren eingebracht hatte. Der Bf begründete seine bewusst falschen Angaben damit, dass er der drohenden Abschiebung nach Deutschland und in der Folge in die T in jedem Fall entgehen wollte, da er "lieber sterben wolle, als nach Deutschland zurück zu gehen". Dementsprechend waren auch die weiteren Angaben des Bf, vor allem in zeitlicher Hinsicht mehrfach unschlüssig und falsch.

Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck, Zl. Sich 40-1865-2006, wurde am 3. Mai 2006 über den Bf auf Basis des § 76 Abs 2 Z 4 FPG die Schubhaft verhängt und der Bf in das Polizeianhaltezentrum der Bundespolizeidirektion Salzburg überstellt, wo er sich seither befindet.

Unmittelbar nach der Verhängung der Schubhaft hat das BAA EAST West aufgrund des vorliegenden Sachverhalts ein Ausweisungsverfahren gemäß dem Dublinabkommen eingeleitet, wobei die Bundesrepublik Deutschland allerdings einer Übernahme des Bf nicht zustimmte. Mangels ausreichender Fluchtgründe wurde mit Bescheid des BAA EAST West vom 13. Juni 2006, Zl. 06.04.723 EAST West, das Asylbegehren des Bf abgewiesen, die Zulässigkeit der Zurück- oder Abschiebung in die T ausgesprochen und der Bf aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen. Der Bf erhob dagegen die am 16. Juni 2006 eingelangte Berufung an den UBAS, über die bislang noch nicht entschieden wurde.

Mit Bescheid vom 4. Juli 2006, Zl. Sich 40-1865-2006, änderte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck den Bescheid vom 3. Mai 2006 dahingehend ab, dass im Spruch des genannten Bescheides der Name des Bf "A H, geb., StA. d. T," zu lauten habe. Die Identität des Bf ist nicht gesichert.

Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenats vom 10. Juli 2006, Zl. VwSen-400822/4/Ste/BP/Se, wurde die am 4. Juli 2006 eingelangte Schubhaftbeschwerde des Bf als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung des Bf in Schubhaft weiterhin bestanden. Darüber hinaus wurde der Bf zum Ersatz der Verfahrenskosten gegenüber dem Bund in Höhe von 271,80 Euro verpflichtet.

Aufgrund einer Erkrankung des zuständigen Mitglieds beim UBAS konnte bislang über die Berufung des Bf im Asylverfahren noch keine Entscheidung getroffen werden. Diese wird jedoch unverzüglich nach dem voraussichtlichen Dienstantritt des zuständigen Mitglieds am 3. Oktober 2006 und nach Durchführung einer Verhandlung gefällt werden.

3.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den vorliegenden Dokumenten und wird auch vom Bf nicht bestritten.

4. Der Unanhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 82 Abs 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 99/2006, hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechts­widrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.      wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.      wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.      wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Im gegenständlichen Verfahren steht außer Zweifel, dass über den Bf Schubhaft verhängt wurde und dass er bis zum entscheidungswesentlichen Zeitpunkt auch in Schubhaft angehalten wird. Mit dem vorangegangenen Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenats vom 10. Juli 2006 wurde bereits über eine Schubhaftbeschwerde des Bf entschieden und diese als unbegründet abgewiesen.

 

Der Bf behauptet nun in der gegenständlichen Beschwerde, dass wegen Nichteinhaltung der gemäß § 22 Abs 3 AsylG 2005 vorgesehenen dreimonatigen Entscheidungsfrist durch den UBAS nicht abzusehen wäre, wann eine Berufungsentscheidung getroffen werde. Er erachtet sich damit zur neuerlichen Einbringung einer Beschwerde berechtigt und nicht gemäß § 68 Abs 1 AVG präkludiert.

 

Im Sinne des Grundsatzes eines höchst möglichen Rechtsschutzes betrachtet der Oö. Verwaltungssenat das Vorbringen des Bf als neue Tatsache und damit die Beschwerde als zulässig. Zu überprüfen ist jedoch nur die Aufrechterhaltung der Schubhaft nach dem Zeitpunkt des in Rechtskraft erwachsenen Vorerkenntnisses vom 10. Juli 2006, Zl. VwSen-400822/4/Ste/BP/Se, bzw. ab dem vom Bf angeführten Datum des Ablaufs der Entscheidungsfrist (15.09.2006) im Berufungsverfahren vor dem UBAS.

 

4.2. Die belangte Behörde konnte – wie in Punkt 4.5. der Begründung des schon mehrfach zitierten Vorerkenntnisses VwSen-400822/4/Ste/BP/Se ausführlich dargestellt – die fortdauernde Anhaltung des Bf in Schubhaft auf § 80 Abs 5 FPG stützen. Gemäß dieser Bestimmung kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 FPG verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz (= Asylantrag) aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des § 80 Abs 4 Z 1 bis 3 FPG vor. Wird der Berufung gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des UBAS aufrecht erhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrecht erhalten werden, wenn der UBAS eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt.

 

Schon aus dem Wortlaut ist klar ersichtlich, dass das FPG auf die tatsächliche Entscheidung durch den UBAS abstellt. Anderenfalls hätte der Gesetzgeber explizit eine mit dem Asylgesetz korrespondierende Frist in Monaten vorgegeben, was er jedoch zu Gunsten der Sicherung des fremdenpolizeilichen Verfahrens nach § 76 Abs 2 FPG ausdrücklich nicht erwogen hat. Es war also schon nach der grammatikalischen Interpretation die Einwendung des Bf, er müsse wegen der Nichteinhaltung der dreimonatigen Entscheidungsfrist durch den UBAS aus der Schubhaft entlassen werden, nicht zu berücksichtigen. Im Übrigen wird – wie im Sachverhalt dargestellt – ohnehin unverzüglich nach Wegfall der krankheitsbedingten Verhinderung des zuständigen Mitglieds des UBAS dem gesetzlich normierten Anspruch des Bf auf Entscheidung entsprochen werden. Es kann daher auch keine Rede davon sein, dass die Berufungsentscheidung unabsehbar wäre.

 

4.3. In der gegenständlichen Beschwerde führt der Bf aus, dass wegen des Ablaufs der Entscheidungsfrist über seine Berufung im Asylverfahren vor dem UBAS spätestens nach dem 15. September 2006 die Anwendung gelinderer Mittel an Stelle der Schubhaft – dies auch im Hinblick auf das Bundesverfassungsgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit – erfolgen hätte müssen.

 

Dem ist entgegen zu halten, dass die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft und eine eventuelle Zulässigkeit der Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs 1 FPG weiterhin im Zusammenhang mit § 76 Abs 2 FPG zu prüfen sind.

 

Gemäß dieser Bestimmung kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des

Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder

zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

1.            gegen ihn eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – Ausweisung 
(§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde
;

2.            gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3.            gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4.            auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Aus dem dargestellten Sachverhalt geht eindeutig hervor, dass der Bf die öster­reichischen Behörden über seinen am 29. Juni 2005 in Berlin gestellten Asylantrag bewusst nicht informierte, um nicht Gefahr zu laufen, in die Bundesrepublik Deutschland und in der Folge in die T abgeschoben zu werden. Auf Grund des Verhaltens und der Vehemenz mit der sich der Bf gegen eine mögliche Abschiebung verbal äußerte, ist weiterhin davon auszugehen, dass der Bf eine hohe Bereitschaft hat, sich den Rechtsvorschriften seiner Gastländer zu widersetzen und sich insbesondere den fremdenpolizeilichen Maßnahmen durch Abtauchen in die Illegalität zu entziehen. Beim bisherigen Verlauf des Asylverfahrens besteht gerade wegen dessen alsbaldigen Abschlusses ein erhöhter Bedarf, die Durchsetzung der Ausweisung des Bf zu sichern.

Die Behörde hat somit zu Recht von ihrem Ermessen in dem Sinne Gebrauch gemacht, die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs 1 FPG auszuschließen. Die Maßnahme ist verhältnismäßig und grundrechtskonform, da dem Schutz der persönlichen Freiheit des Bf das Interesse der Gesellschaft an einem geordneten Fremdenwesen gegenübersteht und letzterem bei einer Interessensabwägung im gegenständlichen Fall ein höheres Gewicht zukommt.

 

4.4. Die Beschwerde war daher nach § 67c Abs 3 AVG abzuweisen; unter einem war gemäß § 83 Abs 4 FPG festzustellen, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Anhaltung des Bf in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs 1, Abs 3 und Abs 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandsersatzverordnung (BGBl. II Nr. 334/2003) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro, Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro) zuzusprechen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.      Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2.      Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro für die Beschwerde angefallen.

 

Dr. W e i ß

 

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