Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-521396/3/Br/Ps

Linz, 11.09.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H K, geb., K, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, vom 11. Juli 2006, Zl. VerkR21-368-2006/Br, zu Recht:

 

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Anordnung der Absolvierung eines Fahrsicherheitstrainings behoben wird; im örtlichen Führerscheinregister ist jedoch eine Vormerkung einzutragen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG, § 30a Abs.2 Z12 Führerscheingesetz – FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 36/2006.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Behörde erster Instanz hat mit dem o.a. Bescheid ausgesprochen, der Berufungswerber habe innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides als begleitende Maßnahme, gemäß § 13b der VO des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie, iSd Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung - FSG-DV, BGBl. II Nr. 320 idF BGBl. II Nr 223/2004, ein Fahrsicherheitstraining zu absolvieren.

 

 

1.1.  Gestützt wurde diese Entscheidung auf die durch die per Strafverfügung vom 10. Mai 2006 VerkR96-3188-2006 rechtskräftig festgestellten, in Tateinheit begangenen Übertretungen des § 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.2 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967. Dies weil der Berufungswerber – hier in verkürzter Darstellung - an seinem in D (L P) zugelassenen Fahrzeug ein nicht genehmigtes Gewindefahrwerk eines unbekannten Herstellers und nicht genehmigte Felgen der Dimension 225/40 ZR verwendet habe.

Die Behörde erster Instanz erblickte die Rechtsgrundlage für die angeordnete besondere Maßnahme offenbar im § 30b Abs.1 und Abs.3 – und wohl ohne dies zu zitieren - iVm § 30a Abs.2 und Abs.3 FSG, nämlich in dem im Z12 umschriebenen und zu einer Gefährdung der Verkehrssicherheit führenden Tatbeständen, die gemäß des § 30b Abs.1 Z1 FSG in Tateinheit begangen wurden.

 

 

 

2. Der Berufungswerber wendet sich dagegen durch seine fristgerecht erhobene Berufung. Darin erachtet er die Anordnung als nicht gerechtfertigt, weil diese Beanstandungen rechtmäßig eingetragen und bewilligt wären. Er legte diesbezüglich einen Bericht des TÜV vor. 

 

 

 

3. Der Berufungsakt wurde von der Behörde erster Instanz dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt. Demnach ist dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier mit Blick auf § 67d Abs.2 Z1 AVG unterbleiben.  Ergänzend wurde Beweis erhoben durch fachliche Beurteilung der Zulassungsbescheinigung Teil I und des vom Berufungswerber vorgelegten TÜV-Gutachtens durch den verkehrstechnischen Sachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung TAR Ing. R H (AV v. 11.9.2006).

 

 

3.1. Mit der Strafverfügung vom 10.5.2006, VerkR96-3188-2006 wurde rechtskräftig festgestellt, dass bei dem in D zugelassenen Fahrzeuges des in K (D) wohnhaften Berufungswerbers mit d Staatsangehörigkeit im Rahmen einer Verkehrskontrolle mehrere Mängel festgestellt wurden. Für das gegenständliche Verfahren relevant wurden breitere Radfelgen (Dimension 225 cm anstatt 205 cm) und die Tieferlegung des Fahrzeuges als offenbar in Tateinheit begangen und jeweils als zur Gefährdung der Verkehrssicherheit führende Delikte qualifiziert.

Dies konnte durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und über h. Ersuchen auch vom Sachverständigen der Verkehrstechnik, TAR Ing. H nach fachlicher Beurteilung der Eintragungen in den Fahrzeugschein und in das im Akt erliegende Gutachten des TÜV, nur hinsichtlich der Tieferlegung bestätigt werden. Die Gefährdung der Verkehrssicherheit erblickte der Sachverständige konkret in der Möglichkeit des Aufschlagens der Bodenplatte auf der Fahrbahn wodurch wiederum Fahrzeugteile (insbesondere der Auspuff) weggerissen und auf der Straße liegend zu einer  Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer führen würde.  Den Einschätzung der Sachverständigen, wonach mit der extreme Tieferlegung eines Fahrzeuges die Gefährdung der Verkehrssicherheit zur Folge hat, ist selbst aus laienhafter Sicht nachvollziehbar. Hat doch hier der Reifen am Radbogen bereits stark gestreift was zusätzlich zu einem Reifendefekt führen hätte können und logisch besehen bei höherer Geschwindigkeit die Unfallwahrscheinlichkeit erheblich erhöht. Der Berufungswerber konnte mit seinem Hinweis auf den Bericht des TÜV und die Vorlage der Zulassungsbescheinigung die Genehmigung des bis zu einer Restgewindelänge von 13 mm reduzierten Bodenfreiheit jedenfalls nicht dartun.  Letztlich mussten ihm angesichts dieses technischen Zustandes wegen der vor Ort sachverständig festgestellten "Gefahr in Verzug" die Kennzeichentafeln und der Zulassungsschein abgenommen werden.

Andererseits ergibt sich aber selbst aus der Strafverfügung nicht, dass in der letztlich wegen der vorliegenden Bewilligung nicht zu bestrafen gewesenen (größeren) Felgen- u. Reifendimension ebenfalls ein Gefährdungsaspekt gelegen wäre.  Dies kann weder aus dem der Behörde erster Instanz vorliegenden Gutachten noch sonst aus der Aktenlage abgeleitet werden.

Offenbar übersah die Behörde erster Instanz, dass die hier ohnedies verfehlte Anlastung eines zweiten Übertretungstatbestandes nach § 102 Abs.1 KFG ebenfalls eine Gefährdung der Verkehrssicherheit zum Inhalt haben müsste um überhaupt von einem in Tateinheit begangenen weiteren Vormerkdelikt sprechen zu können.

 

 

4. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Eingangs ist festzustellen, dass der österreichische Gesetzgeber in der Vollziehung des Vormerksystems nicht  auf den Wohnsitz und die Staatsangehörigkeit, sondern gemäß dem Territorialitätsprinzip, auf ein bestimmtes Verhalten auf seinem Hoheitsgebiet  abstellt, und damit auch Nichtösterreicher vom sogenannten Vormerksystem und in weiterer Folge von den vorgesehenen Maßnahmen erfasst werden. Diesbezüglich ist auf die analoge Praxis des Ausspruches von Fahrverboten bzw. von einer ausländischen Lenkberechtigung auf dem österreichischen Hoheitsgebiet vorübergehend nicht Gebrauch machen zu dürfen hinzuweisen (vgl unter vielen VwGH 13.8.2003, 2002/11/0023). Die geforderte Maßnahme ist wohl nicht erzwingbar, jedoch ergäbe sich als Folge wohl der Ausspruch eines Fahrverbotes in Österreich bis zum Nachweis der Absolvierung der Maßnahme. Ob allenfalls ein diesbezüglich gleichsam ohne Zeitlimit von einer ausländischen Lenkberechtigung nicht mehr Gebrauch gemacht zu dürfen dem am Maßstab verfassungsrechtlicher Grundsätze zu beurteilendem Sachlichkeitsgebot standhalten könnte, muss hier dahingestellt bleiben.

Dennoch kommt der Berufung hier teilweise Berechtigung zu, weil lediglich von einem zur Vormerkung führenden Delikt  auszugehen ist.

 

 

4.1. § 30a Abs.1, 2 Z12 u. Abs.3  und § 30b Abs.1 Z1 FSG idgF lauten:

„Hat ein Kraftfahrzeuglenker eines der in Abs.2 angeführten Delikte begangen, so ist  unabhängig von einer verhängten Verwaltungsstrafe, einer etwaigen Entziehung der Lenkberechtigung oder sonstiger angeordneter Maßnahmen eine Vormerkung im Örtlichen Führerscheinregister einzutragen. Die Vormerkung ist auch dann einzutragen, wenn das in Abs.2 genannte Delikt den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht. Für die Vornahme der Eintragung ist die Rechtskraft des gerichtlichen oder des Verwaltungsstrafverfahrens abzuwarten.

Die Eintragung der Vormerkung ist von der das Verwaltungsstrafverfahren führenden Behörde, im Fall einer gerichtlichen Verurteilung von der Behörde des Hauptwohnsitzes vorzunehmen und gilt ab dem Zeitpunkt der Deliktsetzung. Der Lenker ist über die Eintragung und den sich daraus möglicherweise ergebenden Folgen durch einen Hinweis im erstinstanzlichen Strafbescheid zu informieren.

  (2) Folgende Delikte sind gemäß Abs.1 vorzumerken“:

......

Z 12: Übertretungen des § 102 Abs. 1 KFG 1967, wenn ein Fahrzeug gelenkt wird, dessen technischer Zustand oder dessen nicht  entsprechend gesicherte Beladung eine Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt, sofern die technischen Mängel oder die nicht entsprechend gesicherte Beladung dem Lenker vor Fahrtantritt auffallen hätten müssen;

(3) Werden zwei oder mehrere der in Abs.2 angeführten Delikte in Tateinheit begangen, so zählt die Eintragung in das Örtliche Führerscheinregister als eine Vormerkung.

§ 30b (1) Unbeschadet einer etwaigen Entziehung der Lenkberechtigung ist eine besondere Maßnahme gemäß Abs. 3 anzuordnen:

  1. wenn zwei oder mehrere der im § 30a Abs. 2 genannten Delikte in Tateinheit (§ 30a Abs.3) begangen werden oder ...........

Auf Grund der Aktenlage scheidet hier mangels Gefährdung das zweite Tatbild im Sinne des § 102 Abs.1 KFG - trotz des diesbezüglich in Rechtskraft erwachsenen zweiten Schuldspruches - aus.

Es könnte somit dahingestellt bleiben, dass der unabhängige Verwaltungssenat in gesicherter Rechtsprechung die Auffassung vertritt, dass bei einer Begehung zweier wirkungsgleicher Verstöße in Tateinheit die Anordnung einer Maßnahme dennoch nicht rechtfertigen würde, weil in diesem Fall die vom Gesetz intendierte Warnwirkung der Vormerkung neutralisiert würde (vgl. h. Erk v. 9. Februar 2006, VwSen-521220/2/Br/An). Damit würde letztlich die einer Vormerkung zugesonnene Erziehungswirkung über die schon nach einem Tatereignis in Vollzug gesetzte Maßnahme im Ergebnis als (Neben-)Strafe zur Wirkung kommen und damit in den Nahbereich einer unzulässigen Doppelbestrafung führen. Eine solche Wirkung kann dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden, sodass es in verfassungskonformer Gesetzesauslegung und Vollziehung ein solches Ergebnis hinanzuhalten gilt. Diese Feststellung sei hier mit Blick auf künftige vergleichbare Fälle getroffen.

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

 

Auf die zu entrichtenden Gebühren in der Höhe von 13 Euro wird an dieser Stelle noch hingewiesen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr.  B l e i e r

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum