Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105736/2/BR

Linz, 18.08.1998

VwSen-105736/2/BR Linz, am 18. August 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über Berufung des Herrn J gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 12. Juni 1998, Zl. III/S-4197/98-3, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 und 2, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 1 Abs.3 iVm § 23 Abs.1 und 37 Abs.3 Z1 iVm § 37 Abs.1 Führerscheingesetz - FSG eine Geldstrafe von 8.000 S und für den Nichteinbringungsfall zehn Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er, wie am 25. Jänner 1998 um 15.30 Uhr am Amtsplatz des Zollamtes Weigetschlag bei der Einreise von Tschechien nach Österreich festgestellt werden habe können, das KFZ Kz. gelenkt habe, ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten, gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse, in die das Kfz fällt, zu sein, da seit der Begründung seines Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet mehr als sechs Monate verstrichen gewesen seien und er lediglich im Besitze einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung gewesen sei.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde eingangs aus, daß der den Spruch begründende Sachverhalt der auf dienstliche Wahrnehmung beruhenden Anzeige zu entnehmen sei. Dem Berufungswerber sei Gelegenheit gegeben worden, seine zur Entlastung dienende Beweismittel vorzubringen. Die diesbezügliche Ladung sei ihm gemäß § 17 Abs.3 ZustG am 13. April 1998 durch rechtsgültige Hinterlegung zugestellt worden. Da er sich daraufhin nicht geäußert habe, sei das Verfahren ohne seine Anhörung durchgeführt worden. Da kein Grund bestanden habe am angezeigten Sachverhalt (der Lenkereigenschaft) zu zweifeln, habe davon ausgegangen werden können, daß der bezeichnete Verstoß gegen das Führerscheingesetz vorgelegen habe.

2. Das Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber nach offenkundig mehrfach fehlgeschlagenen Zustellversuchen (nämlich p.A. Gefangenenhaus ) zu einem aus dem Akt nicht ersichtlichen Zeitpunkt zugestellt. Jedenfalls erhob der Berufungswerber am 10. August 1998 durch protokollarisches Anbringen bei der Erstbehörde Berufung. Von der rechtzeitigen Einbringung des Rechtsmittels ist auzugehen. Er begründete die Berufung damit, daß sein Hauptwohnsitz in Tschechien am 10.7.1998 begründet sei. Er legte diesbezüglich eine Kopie seines in Tschechien ausgestellten Lichtbildausweises - gültig bis 20.9.2005 - und eine Kopie der Heiratsurkunde der Landeshauptstadt Linz, Einwohner- und Standesamt, Zl ?, vom 9. Dezember 1994, sowie eine Entlassungsbestätigung der Justizanstalt v. 30.7.1997, GZ: , vor. Im Akt befindet sich ferner die Kopie einer undatierten Meldebestätigung vom 10.11.1997, welche offenkundig von seiner Ehegattin "S" ausgestellt wurde. Er beruft sich abschließend auf seine aufrechte Ehe mit seiner in Tschechien wohnhaften Ehefrau und seinen dortigen Hauptwohnsitz.

3. Die Erstbehörde hat offenbar ohne das Berufungsvorbringen noch zu prüfen und eine Berufungsvorentscheidung in Erwägung zu ziehen, den Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Damit ist die h. Zuständigkeit begründet. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Da hier im Ergebnis eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde, konnte die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung unterbleiben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde. Daraus ergibt sich in Verbindung mit den vom Berufungswerber mit der Berufung vorgelegten Kopien der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

4.1. Der Berufungswerber ist laut Aktenlage seit 4. April 1991 im Besitz einer tschechischen Lenkberechtigung für die Gruppe B. Es wurde ihm diesbezüglich der Führerschein mit der Nummer AI ausgestellt (Behördenstempel nicht lesbar). Bis zum 19. September 1995 findet sich keine Meldung in Linz. Die Erstbehörde stützte hier ihre Entscheidung im Ergebnis auf die Anzeige der ZA Weigetschlag vom 30. Jänner 1998, wobei der Berufungswerber bei der Einreise nach Österreich als Lenker eines auf E, p.A in , H, zugelassenen Pkw, Marke VW, Type 22, Kennzeichen , beamtshandelt wurde. Aus dieser Anzeige ergibt sich, und das wird darin auch so ausgedrückt, "die Vermutung", daß der Berufungswerber in Linz seinen Hauptwohnsitz habe. Aus der Aktenlage ergibt sich aber auch, daß der Berufungswerber mit einer aus Tschechien stammenden und dort wohnhaften Person verheiratet ist und er auch über einen am 10. Juli 1998 in Tschechien ausgestellten und bis zum 20. September 1998 gültigen Lichtbildausweis (Bezeichnung nicht lesbar) verfügt. Ebenfalls legt er eine von seiner Ehefrau offenbar unterfertigte Meldebestätigung vor. Tatsache ist, daß der Berufungswerber den Ladungsbescheid vom 6. April 1998 am 14. April 1998 behoben und somit der Termin zur Verhandlung bei der Erstbehörde für den 6. Mai 1998 unentschuldigt nicht eingehalten wurde. Dennoch kann auf Grund der Aktenlage nicht vom Hauptwohnsitz seit mehr als sechs Monaten im Bundesgebiet der Republik Österreich ausgegangen werden. Dies insbesondere deshalb nicht, weil zum Zeitpunkt der Beanstandung bei der Einreise am 25. Jänner 1998 noch kein halbes Jahr seit der (ersten) polizeilichen Meldung am 11.8.1997 in L, verstrichen war. Die Haft des Berufungswerbers im landesgerichtlichen Gefangenenhaus in der Zeit von 8. September 1996 bis zum 30. Juli 1997 und seine polizeiliche Meldung seit 1. September 1997 an der Adresse A, kann ebenfalls nicht als Beweis für die Verlegung des Hauptwohnsitzes nach Österreich herhalten.

Da im Falle einer tatsächlichen Verlegung des Hauptwohnsitzes nach Österreich gemäß § 23 Abs.3 Z1 FSG die Stellung eines Antrages, eine Lenkberechtigung im gleichen Umfang bis zwei Jahre nach Begründung des Hauptwohnsitzes erteilt zu bekommen, möglich ist und der Berufungswerber lange nach dem Zeitpunkt des Erwerbes seiner tschechischen Lenkberechtigung am 4. April 1991 in Österreich keinen Wohnsitz hatte, hätte er wohl im Falle der tatsächlichen Verlegung des Wohnsitzes einen solchen Antrag bereits gestellt. Dem Berufungswerber vermag daher durchaus darin gefolgt werden, daß er seinen Hauptwohnsitz eben nicht nach Österreich verlegt hat. Die mehrfachen An- und Abmeldungen an verschiedenen Adressen in , sowie der Besitz der oben genannten tschechischen Dokumente und der Ehebund mit einer in Tschechien wohnhaften Frau belegten objektiv, daß der Hauptwohnsitz wohl nicht in Österreich begründet liegt. Keinesfalls vermag das der Erstbehörde vorliegende Beweisergebnis daher einen Schuldspruch zu tragen.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Nach § 23 Abs.1 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen von Anhängern auf Grund einer von einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung durch Personen mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet zulässig, wenn seit dessen Begründung nicht mehr als sechs Monate verstrichen sind. Nach Abs.3 leg.cit. ist Besitzern einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung auf Antrag eine Lenkberechtigung im gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, wenn: 1. der Antragsteller nachweist, daß er sich zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung in dem betreffenden Staat während mindestens sechs Monaten aufhielt oder dort seinen Hauptwohnsitz hatte, 2. der Antragsteller seinen Hauptwohnsitz nach Österreich verlegt hat, 3. seit der Begründung des Hauptwohnsitzes in Österreich nicht mehr als 24 Monate vergangen sind, 4. keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit bestehen sowie die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 nachgewiesen ist und 5. entweder die fachliche Befähigung durch eine praktische Fahrprüfung gemäß § 11 Abs. 4 nachgewiesen wird oder 6. angenommen werden kann, daß die Erteilung seiner Lenkberechtigung unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt ist, unter denen sie in Österreich erteilt wird. Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr hat mit Verordnung festzulegen, in welchen Staaten für welche Lenkberechtigungen eine derartige Gleichartigkeit besteht. Daß der Erwerb der tschechischen Lenkberechtigung nicht anläßlich eines bloß vorübergehenden dortigen Aufenthaltes erfolgte, dürfte hier außer Zweifel stehen (vgl. VwGH 27.2.1992, 92/02/0035, und VwGH 27.1.1975, ZVR 1975/251 sowie ZVR 1983/5). Gemäß der Judikatur zu § 64 Abs. 5 KFG beginnt die Frist, während der das Lenken eines KFZ auf Grund einer im Ausland erteilten Lenkberechtigung durch Personen mit ihrem Hauptwohnsitz im Bundesgebiet zulässig ist, ab der Aufgabe des ausländischen Wohnsitzes (VwGH 28.11.1996, 94/11/0348). Der § 1 Z6 u.7 Meldegesetz BGBl. Nr. 9/1992 idf BGBl.Nr.505/1994 lautet: (6) Ein Wohnsitz eines Menschen ist an einer Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen zu haben. (7) Der Hauptwohnsitz eines Menschen ist an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.

5.2. Für einen Schuldspruch ergeben sich hier daher keine tragfähigen Anhaltspunkte. Schon bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung ist von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und ist die Einstellung zu verfügen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 86/83/0251; ZfVB 1991/3/1122).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Hauptwohnsitz, Wohnort der Ehegatten

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