Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550290/6/Kü/Sp VwSen-550292/6/Kü/Sp VwSen-550300/3/Kü/Sp

Linz, 19.10.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Nachprüfungsanträge der H. B Gesellschaft mbH, vertreten durch Rechtsanwälte OEG S&S und der J M GmbH & Co KG, vertreten durch Rechtsanwälte D&J jeweils vom 22. September 2006 betreffend die Zuschlagsentscheidung des Landes Oberösterreich im Vergabeverfahren "Neubau der B 141 Rieder Straße, von Baukm 0,000 bis Baukm 2,525, Baulos Umfahrung Altheim-Ost" sowie dem Teilnahmeantrag der H&F Bau GesmbH & Co KG, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. KF vom 12. Oktober 2006 auf Abweisung der Nachprüfungsanträge nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12. Oktober 2006,  zu Recht erkannt:

 

 

I.          Den Nachprüfungsanträgen vom 22. September 2006 wird Folge gegeben und die Zuschlagsentscheidung des Landes Oberösterreich vom 15. September 2006, den Zuschlag an die Firma H&F Bau GesmbH & Co KG zu erteilen, für nichtig erklärt.

 

II.        Dem Teilnahmeantrag der H&F Bau GesmbH & Co KG vom 12. Oktober 2006 sowie dem damit verbundenen Antrag auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren wird keine Folge gegeben.

 

III.      Das Land Oberösterreich wird verpflichtet, der H. B Gesellschaft mbH und der J M GmbH & Co KG die geleisteten Pauschal­gebühren in Höhe von jeweils 5.000 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.


Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.: §§ 1, 2, 3 und 13 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz – Oö. VNPG, LGBl.Nr. 153/2002 iVm. §§ 19, 122, 123 und 125 Bundesvergabe­gesetz 2006 (BVergG 2006), BGBl. I Nr.17/2006.

zu III.: § 18 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz (Oö. VNPG) iVm § 74 Allgemeines
             Verwaltungs­verfahrensgesetz 1991 (AVG) BGBl. Nr. 51/1991 idgF.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 22.9.2006, beim Oö. Verwaltungssenat am 22.9.2006, 9.02 Uhr per Telefax eingebracht, wurde von der H. B Gesellschaft mbH (im Folgenden: Erstantragstellerin) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von einem Monat nach Antragstellung, zu untersagen sowie auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren gestellt.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass der Auftraggeber eine Ausschreibung betreffend den Neubau der B 141 Rieder Straße durchführe und diesem Nachprüfungsantrag das Bauvorhaben „Umfahrung Altheim-Ost“ von Bau km 0,00 bis Bau km 2,525 zugrunde liege. Weiters handle es sich um einen Bauauftrag in einem offenen Verfahren im Unterschwellenbereich und erfolge die Vergabe nach dem Billigstbieterprinzip.

 

Die Angebotsfrist habe am 11.8.2006 um 9.00 Uhr geendet und habe im Anschluss die Angebotsöffnung stattgefunden. Neben der Erstantragstellerin haben vier weitere Bieter Angebote vorgelegt und sei die Erstantragstellerin an zweite Stelle gereiht worden. Mit Telefax vom 15.9.2006 sei der Erstantragstellerin vom Auftraggeber bekannt gegeben worden, dass beabsichtigt sei, die Lieferungen und Leistungen an die Billigstbieterin Fa. H&F Bau GesmbH & Co KG mit einer Auftragssumme inkl. USt. von 3,695.842,45 Euro zu vergeben. Weiters wurde auf die Stillhaltefrist hingewiesen.

 

Weiters wurde ausgeführt, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises aufgrund spekulativer Preisgestaltung aufweise und dass in einzelnen Positionen negative Positionspreise gelegt worden seien. Auch habe der Auftraggeber eine vertiefte Angebotsprüfung unterlassen.

Mit Telefax vom 22.9.2006 sei der Auftraggeber von der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens verständigt worden.

 

Die Erstantragstellerin bekämpfe die am 15.9.2006 bekannt gegebene Zuschlagsentscheidung und mache die Verletzung ihres Rechts auf Zuschlagserteilung, auf Gleichbehandlung, auf gesetzeskonforme Angebotsprüfung sämtlicher Angebote, auf Unterbleiben einer Zuschlagsentscheidung zugunsten eines auszuscheidenden Angebotes mit einem unplausiblen und spekulativen Angebotspreis sowie auf gesetzeskonforme Durchführung und Beendigung des Vergabeverfahrens geltend.

 

Bezüglich des Schadens bzw. Interesses am Vertragsabschluss wurde von der Erstantragstellerin angeführt, dass ihr durch die behauptete Vergaberechtsverletzung ein Gewinnentgang von ca. 300.000 Euro sowie die Frustration der Kosten der Angebotslegung in Höhe von ca. 11.500 Euro zuzüglich der Kosten für die rechtliche Beratung und rechtsfreundliche Vertretung von zumindest 4.000 Euro drohe. Weiters drohe der Verlust eines Referenzprojektes.

Die Erstantragstellerin habe ihr Interesse am Vertragsabschluss durch Legung eines ordnungsgemäßen Angebotes sowie durch die Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung dargetan und hätte sie bei gesetzeskonformer Vorgangsweise des Auftraggebers den Zuschlag zu erhalten.

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung führt die Erstantragstellerin aus, dass die angefochtene Zuschlagsentscheidung rechtswidrig sei, da der Zuschlag einem Angebot mit nicht plausibel zusammengesetzten Preisen erteilt werden soll. Aus dem Leistungsverzeichnis der Billigstbieterin gehe hervor, dass in mehreren Einzelpositionen negative Positionspreise angeboten worden seien. Des weiteren sei die Zuschlagsentscheidung auch deshalb rechtswidrig, da der Auftraggeber eine vertiefte Angebotsprüfung unterlassen habe.

 

2. Ebenfalls mit Eingabe vom 22.9.2006, beim Oö. Verwaltungssenat per E-Mail eingebracht, wurde von der J M GmbH & Co KG (im Folgenden: Zweitantragstellerin) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungs­verfahren, längstens aber für die Dauer von einem Monat nach Antragstellung, zu untersagen sowie auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren gestellt.

 

Der Auftraggeber beabsichtige den Neubau der B 141 Rieder Straße von Bau km 0,00 bis Bau km 2,525 (Baulos Umfahrung Altheim-Ost) zur Vergabe zu bringen. Weiters handle es sich um einen Bauauftrag in einem offenen Verfahren im Unterschwellenbereich. Die Angebotsfrist ende am 11.8.2006 um 9.00 Uhr.

 

In den Ausschreibungsunterlagen sei festgehalten, dass der Zuschlag dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt werde und darüber hinaus hinsichtlich bestimmter Positionen des Leistungsverzeichnisses eine vertiefte Angebotsprüfung durchgeführt werde.

Die Angebotsöffnung habe ergeben, dass die Zweitantragstellerin an die dritte Stelle zu reihen war. Die Firmen H&F Bau GesmbH & Co KG sowie H. B GmbH seien an erster bzw. zweiter Stelle zu reihen gewesen. Jedoch seien in Einzelpositionen in den Angeboten dieser beiden Bieter spekulative Preise angeboten worden, welche durch eine vertiefte Angebotsprüfung hätten auffallen müssen.

 

Trotz dieser spekulativen Preise habe der Auftraggeber mit 15.9.2006 bekannt gegeben, den Zuschlag der Firma H&F Bau GesmbH & Co KG mit einer Auftragssumme inkl. USt. von 3,695.842,45 Euro zu erteilen. Auf die Stillhaltefrist wurde hingewiesen.

 

Die Zweitantragstellerin bekämpfe die am 15.9.2006 bekannt gegebene Zuschlagsentscheidung. Durch die Rechtswidrigkeit dieser gesondert anfechtbaren Entscheidung sei die Zweitantragstellerin in ihrem Recht auf Zuschlagserteilung, auf Ausscheiden der vor ihr gereihten Angebote, auf Gleichbehandlung im Vergabeverfahren und auf eine vollständige und gesetzeskonforme Angebotsprüfung sämtlicher Angebote verletzt.

 

Bezüglich des Schadens bzw. Interesses am Vertragsabschluss wurde von der Zweitantragstellerin angeführt, dass ihr durch die behauptete Vergaberechtsverletzung ein Gewinnentgang von 308.806,85 Euro (zzgl. USt.) sowie die Frustration der Kosten der Angebotslegung in Höhe von 12.000 Euro (zzgl. USt.) drohe.

 

Die Zweitantragstellerin habe ihr Interesse am Vertragsabschluss durch Legung eines ordnungsgemäßen Angebotes sowie durch die Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung dargelegt.

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung führt die Zweitantragstellerin aus, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin einer vertieften Angebotsprüfung unterzogen und sodann ausgeschieden hätte werden müssen. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe in einzelnen Positionen, insbesondere in den Positionen 030501B und 03060AZ, nicht nur erhebliche Unterpreise, sondern sogar negative Positionspreise in ihrem Leistungsverzeichnis ausgewiesen, welche nicht aufgeklärt worden seien bzw. aufgeklärt hätten werden können. Auch die zweitgereihte Bieterin habe in den genannten Positionen Unterpreise angeboten, weshalb die erstgereihten Angebote wegen eines nicht plausibel zusammengesetzten Gesamtpreises bzw. spekulativer Preisgestaltung auszuscheiden gewesen seien. Der Zuschlag hätte zugunsten der Zweitantragstellerin bekannt gegeben werden müssen.

 

Weiters habe es der Auftraggeber entgegen der gesetzlichen Bestimmung und den Ausschreibungsunterlagen unterlassen, eine vertiefte Angebotsprüfung hinsichtlich des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin durchzuführen. Da er dies unterlassen habe, habe er keine vorzunehmende Angebotsprüfung durchgeführt bzw. abgeschlossen, weshalb auch aus diesem Grund die bekämpfte Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären sei.

 

3. Das Land Oberösterreich als öffentlicher Auftraggeber wurde am gegenständlichen Nachprüfungsverfahren beteiligt. Eine schriftliche Stellungnahme zu den Antragsinhalten wurde innerhalb der gesetzten Frist nicht abgegeben.

 

4. Mit Bescheiden vom 28. September 2006,  VwSen-550291/3 und VwSen-550293/3, wurde den Anträgen der H. B GmbH und der J M GmbH & Co KG auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und dem Land Oberösterreich die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 22. Oktober 2006 untersagt.

 

5. Von der H&F Bau GesmbH & Co KG wurde im Zuge der mündlichen Verhandlung am 12. Oktober 2006 ein Teilnahmeantrag im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren gestellt und die Abweisung der beiden gestellten Nachprüfungsanträge und der Zuspruch der Kosten für den Teilnahmeantrag beantragt.

Zum rechtlichen Interesse wurde ausgeführt, dass die H&F Bau GesmbH & Co KG als präsumtive Zuschlagsempfängerin ausgewiesen sei und deshalb ein rechtliches Interesse an der Erteilung des Zuschlages habe. Es sei darauf hinzuweisen, dass kein Ausscheidungsgrund gegeben sei und deshalb der H&F Bau GesmbH & Co KG als Billigstbieterin der Zuschlag zu erteilen sei. Weiters sei auszuführen, dass es zwischen den Parteien dieses Vergabeverfahrens hinsichtlich der mündlichen Auskünfte des Auftraggebers keine Ungleichbehandlung gegeben habe. Alle drei beteiligten Parteien hätten exakt die gleiche Auskunft erhalten. Eine vertiefte Angebotsprüfung der problematischen Einheitspreise habe stattgefunden. Die vom Auftraggeber geforderte schriftliche Auskunft sei in Form der Vorlage der K7 Blätter erstattet worden. Die im Zuge des Aufklärungsgespräches aufgenommene Niederschrift entspreche der Schriftform und sei von allen Beteiligten unterschrieben. Schriftliche Nachweise für Verkaufs­gelegenheiten seien vom Auftraggeber nicht verlangt worden. Wären sie verlangt worden, hätten sie beigebracht werden können. Wesentlich erscheine auch, dass die geprüften Positionen mit negativen Einheitspreisen keine wesentlichen Positionen gewesen seien. Bei negativen Einheitspreisen sei es so, dass diese plausibel gemacht werden müssten. Dies sei der H&F Bau GesmbH & Co KG im Zuge der Vergabegespräche durch Vorlage der entsprechenden K7 Blätter gelungen. Alle Preise seien kostendeckend und daher betriebswirtschaftlich gerechtfertigt.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Vergabeverfahrensakt des öffentlichen Auftraggebers und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12. Oktober 2006, an der Vertreter des Auftraggebers, der Erst- und Zweitantragstellerin und der H&F Bau GesmbH & Co KG teilgenommen haben.

 

Danach steht folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt fest:

 

Mit Bekanntmachung in der Amtlichen Linzer Zeitung, Folge Nr. 14/2006, hat der Auftraggeber die Durchführung der Straßenbauarbeiten für den Neubau der B 141, Rieder Straße, Baukm 0,000 bis Baukm 2,525, Baulos "Umfahrung Altheim-Ost" im Gemeindegebiet von Altheim und Geinberg öffentlich ausgeschrieben. Aufgrund der Kostenschätzung in Höhe der Nettosumme von 3,495.000 Euro wurden diese Straßenarbeiten als Bauauftrag im Unterschwellenbereich gemäß dem Bundes­vergabegesetz 2006 ausgeschrieben.

 

Gemäß den projektspezifischen Vergabe- und Vertragsbestimmungen (Punkt E.01. der Ausschreibungsunterlagen) erfolgt die Vergabe nach dem Billigstbieterprinzip. Folgende wesentliche Positionen werden gemäß § 125 Abs.4 des BVergG idgF einer vertieften Angebotsprüfung unterzogen:

-          LV-Pos. 03060AY Abtrag leichtem bis schwerem Boden

-          LV-Pos. 0306420Z Bodenauswechslung

-          LV-Pos. 0307110Z Bodenstabilisierung

-          LV-Pos. 0307080 Dammkörper Schütten

-          LV-Pos. 150220B Ungebundene untere Tragschichte

-          LV-Pos. 150230B Ungebundene obere Tragschichte

-          LV-Pos. 160311T Z BTHS 32 LK S Pm B50-90 2 x 10 cm

-          LV-Pos. 1600405K Z pmAB 11-LK S B 50-90S 3 cm

 

Die Angebotsöffnung wurde für 11. August 2006 terminisiert und an diesem Tag auch durchgeführt. Während der Angebotsfrist langten sechs Angebote beim Auftraggeber ein. Von der H&F Bau GesmbH & Co KG wurde ein Angebot mit einem Angebotspreis von 3,079.868,71 Euro gelegt. Das Angebot der Erstantragstellerin wies einen Angebotspreis von 3,316.630,73 Euro, das Angebot der Zweitantragstellerin einen Angebotspreis von 3,416.005,02 Euro auf.

 

Die eingelangten Angebote wurden vom Auftraggeber auf ihre rechnerische Richtigkeit überprüft und für in Ordnung befunden.

 

Das Angebot der H&F Bau GesmbH & Co KG weist bei den folgenden Positionen negative Einheitspreise in der jeweils genannten Höhe auf:

-        Pos. 030301 H Z Bitumenöse Schicht bis 15 cm aufbrechen, - 6,50 Euro/m3

-        Pos. 030301 I Z Bitumenöse Tragschicht über 15 cm aufbrechen, - 6,50 Euro/m3

-        Pos. 030501 B Mech. stab. Tragschichte aufbrechen wegschaffen, - 4,50 Euro/m3

-        Pos. 03060A Z Zuschlag zu POS. 03060AY Wegschaffen, - 3,08 Euro/m3

-        Pos: 03080A A Überschüssigen Boden wegschaffen, - 3,19 Euro /m3.

 

Aufgrund dieser negativen aber auch anderen zu hinterfragenden Positionspreisen wurde die H&F Bau GesmbH & Co KG vom Auftraggeber mit Schreiben vom 30.8.2006 aufgefordert, bezüglich 23 weiterer Positionen die K7 Blätter vorzulegen. Dieser Aufforderung ist die H&F Bau GesmbH & Co KG mit Schreiben vom 31.8.2006 nachgekommen.

 

Zum Zweck der Aufklärung der Positionen mit Minuspreisen aber auch anderer Positionen wurde vom Auftraggeber mit Vertretern der H&F Bau GesmbH & Co KG am 7. September 2006 ein Aufklärungsgespräch geführt, über das eine Niederschrift aufgenommen wurde. Im Zuge dieses Aufklärungsgespräches wurde zu den negativen Einheitspreisen der Positionen 030301H und 030301I bekanntgegeben, dass die in der Detailkalkulation angesetzten Werte den Erfahrungswerten vorangegangener Baulose entsprechen. Die Vergütung für das Recyclingmaterial entspricht den marktüblichen Preisen (ca. 6 Euro pro Tonne).

 

Zum negativen Einheitspreis für die Position 030501B wurde ausgeführt, dass die in der Detailkalkulation angesetzten Werte den Erfahrungswerten vorangegangener Baulose entsprechen. Die Vergütung des gewonnen Grädermaterials entspricht den marktüblichen Preisen (ca. 4,40 Euro pro Tonne).

 

Der  negative Einheitspreis für die Position 03060AZ Zuschlag zu Position 03060AY wurde damit erklärt, dass die in der Detailkalkulation angegebene Vergütung im Vorfeld seitens des Anbieters mit möglichen Abnehmern (Fa. X) abgeklärt wurde.

Für die Position 03080AA wurde der negative Einheitspreis damit begründet, dass die in der Detailkalkulation angesetzten Werte den Erfahrungswerten vorangegangener Baulose entsprechen. Die Vergütung des gewonnenen Oberbodens entspricht den ortsüblichen Preisen.

 

Diese von den Vertretern der H&F Bau GesmbH & Co KG angegebenen Vergütungspreise für Altasphalt, Grädermaterial, leichtem bis schwerem Boden und Oberboden wurden von den Vertretern des Auftraggebers keiner näheren Überprüfung unterzogen. Im Rahmen des Aufklärungsgespräches wurden die Vertreter der H&F Bau GesmbH & Co KG auch nicht aufgefordert, entsprechende Nachweise für die zu erzielenden Vergütungspreise vorzulegen.

 

Am Schluss der Niederschrift über das Aufklärungsgespräch wurde festgehalten, dass die gesamten aufklärungsbedürftigen Positionen nachvollziehbar sind, jedoch wird vom Auftraggeber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei der Preisermittlung dieser Positionen um Annahmen der H&F Bau GesmbH & Co KG handelt. Sollten diese Annahmen nicht zutreffen, so wird die Firma H&F Bau GesmbH & Co KG aufgefordert, trotzdem zu den von ihr angebotenen Einheitspreisen zu stehen, sodass im Nachhinein keine Irrtumsanfechtungen geltend gemacht werden können.

 

Im Bericht des Auftraggebers über die Angebotsprüfung, welcher das Datum 23. August 2006 trägt,  wurde festgehalten, dass die Minuspreise im Angebot der H&F Bau GesmbH & Co KG im Aufklärungsgespräch am 7.9.2006 erörtert wurden. Weiters wurde schriftlich festgehalten, dass die Überprüfung des Angebotes der H&F Bau GesmbH & Co KG ergeben hat, dass

-          den in  § 21 Abs.1 angeführten Punkten über die Grundsätze der Leistungs­vergabe von der ausschreibenden Stelle entsprochen wurde,

-          der Bieter als befugt,  leistungsfähig und zuverlässig bekannt ist,

-          das Angebot rechnerisch richtig ist,

-          die Angemessenheit der Preise lt. Aufklärungsgespräch vom 7.6.2006 schriftlich lt. Beilage festgestellt wurde.

 

Außerdem wurde festgehalten, dass die Einheitspreise der für die vertiefte Angebots­prüfung angeführten Positionen im Vergleich zu den anderen Bietern plausibel sind und daher nicht weiter geprüft werden. Der Angebotspreis ist in Bezug auf die ausgeschriebene Leistung angemessen. Das Angebot ist formrichtig und vollständig.

 

Im Prüfbericht wird daher abschließend vorgeschlagen, die gegenständlichen Straßenbauarbeiten an den Billigstbieter, die H&F Bau GesmbH & Co KG zu vergeben.

 

Diesem Prüfbericht ist als Beilage 3 ein Preisspiegel, welcher mit vertiefter Angebotsprüfung überschrieben ist, angeschlossen. In diesem Preisspiegel werden für die in den Ausschreibungsunterlagen als wesentlich gekennzeichneten Positionen die einzelnen Positionspreise pro Bieter aufgelistet. Eine schriftliche Beurteilung der einzelnen aufgelisteten Positionen findet sich im Vergabeakt des Auftraggebers nicht.

 

Mit Schreiben des Auftraggebers vom 15. September 2006 wurde den Bietern mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, die Lieferungen und Leistungen für das gegenständliche Bauvorhaben an den Billigstbieter, die Firma H&F Bau GesmbH & Co KG mit einer Auftragssumme einschließlich Umsatzsteuer von 3,695.842,45 Euro zu vergeben. Das Ende der Stillhaltefrist wurde in diesem Schreiben mit 22. September 2006, 24.00 Uhr festgelegt.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den vom Auftraggeber vorgelegten Unterlagen des Vergabeverfahrens, insbesondere den Ausschreibungsunterlagen, dem Originalangebot der H&F Bau GesmbH & Co KG, der Niederschrift vom 7. September 2006 und dem Prüfbericht vom 23. August 2006. Die Feststellungen, wonach von den Vertretern des Auftraggebers keine Nachweise über die von der H&F Bau GesmbH & Co KG ihrer Kalkulation zugrunde gelegten Vergütungspreise für verschiedene Materialien gefordert wurden, ergibt sich aus den Aussagen der Vertreter des Auftraggebers in der mündlichen Verhandlung.

 

7. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

7.1. Das Land Oberösterreich ist öffentlicher Auftraggeber im Sinn des Art. 14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG bzw. § 1 Abs.2 Z1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz (Oö. VNPG).

 

Gemäß Art.14b Abs.3 B-VG ist in den Angelegenheiten der Nachprüfung der Vergabe von Aufträgen durch solche Auftraggeber die Gesetzgebung und Vollziehung Landessache. Die Bestimmungen des 4. Teils (Rechtsschutz) des Bundesvergabegesetzes 2006  sind daher im gegenständlichen Fall nicht anwendbar. Das Rechtsschutzverfahren unterliegt in Beachtung der RL 2004/18/EG vom 31.3.2004, der Rechtsmittelrichtlinie und des Art. 14b Abs.3 B-VG, zumal vom Landesgesetzgeber bislang keine neue Regelung getroffen wurde, weiterhin den Bestimmungen des Oö. Vergabenach­prüfungsgesetzes.

 

Materiellrechtlich hingegen unterliegt das gegenständliche Vergabeverfahren den Vorschriften des BVergG 2006. Auf Grund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 leg.cit. Bis zur Zuschlagserteilung ist der Unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

1.                 zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie

2.                 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Nach § 3 Abs.1 Oö. VNPG kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin, der bzw. die ein Interesse am Abschluss eines dem BVergG unterliegenden Vertrages behauptet, vor der Zuschlagserteilung beim Unabhängigen Verwaltungssenat, die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 2 Z16 lit.a sublit.aa BVergG 2006 ist die Zuschlagsentscheidung im offenen Verfahren eine gesondert anfechtbare Entscheidung (vgl. § 3 Abs.1 Oö. VNPG). Die begründeten Nachprüfungsanträge der Erst- und Zweitantragstellerin wurden innerhalb der Stillhaltefrist und somit rechtzeitig eingebracht und erfüllen die Zulässigkeitsvoraussetzungen.

 

Nach § 5 Abs.2 Oö. VNPG sind bei Nachprüfungsverfahren betreffend die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung neben den im Abs. 1 genannten Parteien jene Bieter bzw. Bieterinnen des Vergabeverfahrens Partei des Nachprüfungsverfahrens, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates unmittelbar berührt werden könnten. Die Bieter bzw. Bieterinnen verlieren ihre Parteistellung, sofern sie nicht spätestens binnen einer Frist von einer Woche nach der Verständigung gemäß § 3 Abs. 3 schriftlich oder in der mündlichen Verhandlung mündlich einen Antrag auf Teilnahme am Nachprüfungsverfahren gestellt haben.

Von der H&F Bau GesmbH & Co KG wurde am Beginn der mündlichen Verhandlung unter Darlegung der rechtlichen Interessen ein Antrag auf Teilnahme am Nachprüfungsverfahren gestellt. Die Pauschalgebühren wurden entrichtet. Die Interessen der Teilnahmeantragstellerin, die für den Zuschlag vorgesehen ist, können durch die Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates unmittelbar berührt werden, da ihre Position als potentielle Zuschlagsempfängerin durch das Nachprüfungsverfahren in Frage steht. Der Teilnahmeantrag enthält alle notwendigen Elemente nach § 7 Oö. VNPG. Er wurde rechtzeitig eingebracht und erfüllt die Zulässigkeitsvoraussetzungen.

 

7.2. Nach § 13 Oö. VNPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin für nichtig zu erklären, wenn sie

1. in Widerspruch zu den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes und der hiezu erlassenen Verordnungen steht und

2. für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Gemäß § 122 BVergG 2006 ist die Prüfung und Beurteilung eines Angebotes nur solchen Personen zu übertragen, welche die fachlichen Voraussetzungen hierfür erfüllen. Erforderlichenfalls sind unbefangene und von den Bietern unabhängige Sachverständige beizuziehen.

 

Gemäß § 123 Abs.1 BVergG 2006 hat die Prüfung der Angebote in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien zu erfolgen.

Nach § 123 Abs.2 leg.cit. ist im Einzelnen zu prüfen,

1.    ob den in § 19 Abs.1 angeführten Grundsätzen entsprochen wurde;

2.    die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Bieters bzw. – bei der Weitergabe von Leistungen – der namhaft gemachten Subunternehmer;

3.    ob das Angebot rechnerisch richtig ist;

4.    die Angemessenheit der Preise;

5.    ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen der Ausschreibung entspricht, insbesondere ob es formrichtig und vollständig ist.

 

Gemäß § 125 Abs.1 BVergG 2006 ist die Angemessenheit der Preise in Bezug auf die ausgeschriebene oder alternativ angebotene Leistung und unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen sie zu erbringen sein wird, zu prüfen.

 

Gemäß § 125 Abs.2 BVergG 2006 ist bei der Prüfung der Angemessenheit der Preise von vergleichbaren Erfahrungswerten, von sonst vorliegenden Unterlagen und von den jeweils relevanten Marktverhältnissen auszugehen.

 

Gemäß § 125 Abs.3 BVergG 2006 muss der Auftraggeber Aufklärung über die Positionen des Angebotes verlangen und gemäß Abs.4 und 5 vertieft prüfen, wenn

1.     Angebote einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen,

2.     Angebote zu hohe oder zu niedrige Einheitspreise in wesentlichen Positionen gemäß § 80 Abs.4 aufweisen, oder

3.     nach Prüfung gemäß Abs.2 begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen bestehen.

 

Gemäß § 125 Abs.4 BVergG 2006 ist bei einer vertieften Angebotsprüfung zu prüfen, ob die Preise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sind. Geprüft werden kann insbesondere, ob

1.    im Preis aller wesentlichen Positionen alle direkt zuordenbaren Personal-, Material-, Geräte-, Fremdleistungs- und Kapitalkosten enthalten sind und ob die Aufwands- und Verbrauchsansätze nachvollziehbar sind;

2.    der Einheitspreis (Pauschalpreis, Regiepreis) für höherwertige Leistungen grundsätzlich höher angeboten wurde als für geringerwertige Leistungen;

3.    die gemäß § 97 Abs.3 Z3 geforderte oder vom Bieter gemäß § 109 Abs.2 vorgenommene Aufgliederung der Preise oder des Gesamtpreises (insbesondere der Lohnanteile) aus der Erfahrung erklärbar ist.

 

Gemäß § 125 Abs.5 BVergG 2006 muss im Zuge der vertieften Angebotsprüfung der Auftraggeber vom Bieter eine verbindliche schriftliche – bei minder bedeutsamen Unklarheiten auch mündliche oder telefonische – Aufklärung verlangen. Die anschließende Prüfung hat unter Berücksichtigung der eingegangenen Erläuterungen bzw. der vom Bieter allenfalls vorgelegten Nachweise zu erfolgen. Der Auftraggeber hat insbesondere Erläuterungen in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit des gewählten Fertigungs- oder Bauverfahrens bzw. der Erbringung der Dienstleistung, die gewählten technischen Lösungen, außergewöhnlich günstige Bedingungen, über die der Bieter bei der Erbringung der Leistung verfügt, die Originalität der vom Bieter angebotenen Leistung, die am Ort der Leistungserbringung geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen oder die etwaige Gewährung einer staatlichen Beihilfe an den Bieter bei der Überprüfung entsprechend zu berücksichtigen. Die vom Bieter erteilten Auskünfte sind der Niederschrift über die Prüfung der Angebote beizuschließen. Sofern der geschätzte Auftragswert 120.000 Euro nicht erreicht, kann von der Vorgehensweise gemäß diesem Absatz abgesehen werden.

 

7.3. Als Beschwerdegründe wurden von den Antragstellerinnen geltend gemacht, dass die angefochtene Zuschlagsentscheidung insofern rechtswidrig sei, da der Zuschlag einem Angebot mit nicht plausibel zusammengesetzten Preisen erteilt werden soll und der Auftraggeber eine vertiefte Angebotsprüfung unterlassen habe.

 

Gemäß der obzitierten Rechtslage ist bei einer vertieften Angebotsprüfung durch den Auftraggeber zu prüfen, ob die (auffälligen) Preise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sind. Es ist demnach der Preisplausibilität auf den Grund zu gehen. Ausgangspunkt einer Preisprüfung bilden scheinbar unangemessene Preise. Diese werden im Zuge einer vertieften Angebotsprüfung nachvollzogen. Findet sich eine betriebswirtschaftliche Erklärung, so ist von einem adäquaten Verhältnis von Preis und Leistung auszugehen. Es kann letztlich von einem angemessenen Preis gesprochen werden. Können Preise betriebswirtschaftlich nicht nachvollzogen werden, so ist von einem Missverhältnis von Preis und Leistung auszugehen. Die Preise, auch wenn sie nur einzelne Positionen und nicht das gesamte Angebot betreffen, haben sich als unangemessen herausgestellt (Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht 2. Auflage, S. 399).

 

Die Preisangemessenheitsprüfung kann auf Basis eines Vergleiches mit Erfahrungswerten, eines Vergleiches mit sonst vorliegenden Unterlagen oder unter Zugrundelegung, der jeweils relevanten Marktverhältnisse erfolgen (§ 125 Abs.2 BVergG 2006).

 

Der Auftraggeber hat unter anderem aufgrund der negativen Einheitspreise in fünf Positionen des Angebotes der H&F Bau GesmbH & Co KG schriftliche Aufklärung in Form der Vorlage der K7-Blätter für insgesamt 23 weitere Positionen, darin enthalten auch die fünf Positionen mit negativen Einheitspreisen, verlangt. Diese vorgelegten K7-Blätter wurden sodann vom Auftraggeber einer Prüfung unterzogen und wurde aufgrund der Tatsache, dass die in den Positionen ausgewiesenen Preise für Materialvergütungen von Seiten des Auftraggebers nicht nachvollziehbar waren, ein Aufklärungsgespräch mit den Vertretern der H&F Bau GesmbH & Co KG vereinbart. Dieses Aufklärungsgespräch hat am 7. September 2006 stattgefunden. Im Zuge dieses Aufklärungsgespräches wurden von den Vertretern der H&F Bau GesmbH & Co KG die in die Detailkalkulation eingeflossenen Preise für Materialvergütungen zahlenmäßig angegeben und damit begründet, dass diese Erfahrungswerte vorangegangener  Baulose entsprechen bzw. marktübliche Preise darstellen.

 

Eine anschließende Prüfung der von der Billigstbieterin abgegebenen Erklärungen zu den Preisen über erzielbare Erlöse bei anfallenden Materialien, wie in § 125 Abs.5 2. Satz BVergG 2006 gefordert, ist den Verfahrensergebnissen zufolge vom Auftraggeber jedenfalls nicht erfolgt. In der Niederschrift vom 7.9.2006 finden sich ausschließlich die Angaben der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, die offensichtlich vom Auftraggeber nicht kritisch hinterfragt wurden. Dazu ist festzuhalten, dass in der mündlichen Verhandlung die Vertreter des Auftraggebers angegeben haben, dass keine Erfahrungswerte bezüglich der für Recyclingmaterial zu erzielenden Preise bestanden haben, anhand der die Angemessenheit der in die Kalkulation einfließenden Preise hätte beurteilt werden können. Des weiteren ist festzuhalten, dass die Bieterin vom Auftraggeber nicht aufgefordert wurde, Nachweise über die Kalkulationsansätze wie Angebote bzw. Verträge mit Abnehmern der Materialien vorzulegen. Nach den Aussagen der Vertreter des Auftraggebers, von denen die Angebotsprüfung durchgeführt wurde, bestand zum Zeitpunkt der vertieften Angebotsprüfung auch kein Überblick über die relevanten Marktverhältnisse bezogen auf den Einsatz von Asphaltaufbruch, Grädermaterial bzw. Aushubmaterial bestimmter Qualitäten. Insofern ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht nachvollziehbar, auf welche Weise die Preisangemessenheit in den fünf Positionen mit negativen Einheitspreisen des Angebotes der Billigstbieterin festgestellt wurde.

 

Im Angebotsprüfbericht, welcher das Datum 23. August 2006 trägt - obwohl das Aufklärungsgespräch mit der vermeintlichen Bestbieterin erst am 7.9.2006 stattgefunden hat - enthält zur Frage der Plausibilität der angebotenen Preise ausschließlich einen Verweis auf die Niederschrift vom 7.9.2006. Aufgrund welcher Überlegungen (Wissensstandes) der Auftraggeber zur Entscheidung gelangt ist, dass es sich bei den Preisen um angemessene und deshalb nicht spekulative Preise handelt, ist objektiv gesehen in keiner Weise begründet worden. Dazu ist festzustellen, dass auch in der mündlichen Verhandlung zu dieser Feststellung im Prüfbericht keine Begründung gegeben werden konnte. Auf Seiten des Auftraggebers haben offensichtlich die eigenen Erfahrungswerte und Kenntnisse für die Preisangemessen­heitsprüfung dieser einzelnen Positionen, welche  Minuspreise ausweisen, nicht ausgereicht. Trotzdem wurde entgegen § 122 BVergG 2006 keine Person beigezogen, die entsprechende Kenntnis über die Marktverhältnisse und damit die in realistischer Weise zu erzielenden Vergütungspreise hat. Eine Feststellung, warum die angebotenen Preise betriebswirtschaftlich erklärbar und nachvollziehbar sind, wurde vom Auftraggeber im Prüfbericht jedenfalls nicht gegeben.

 

Die abschließenden Feststellungen in der Niederschrift vom 7.9.2006 gereichen eher zur Annahme, dass auch durch das Aufklärungsgespräch nicht sämtliche Zweifel an den in die Kalkulation einfließenden Vergütungspreisen ausgeräumt worden sind, zumal ansonsten nicht die Feststellung enthalten wäre, dass "seitens der Landesstraßen­verwaltung ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es sich bei der Preisermittlung dieser Positionen um Annahmen der H&F Bau GesmbH & Co KG handelt". Diese Formulierung zeigt vielmehr, dass bei den Prüfern auf Auftraggeberseite, nicht zuletzt aufgrund der von diesen eingestandenen fehlenden Erfahrungswerten und Kenntnissen über die Marktverhältnisse, die Nachvollziehbarkeit der angebotenen Einheitspreise in den bereits mehrfach erwähnten Positionen nicht unbedingt angenommen wurde. Die Ausführungen der in der mündlichen Verhandlung anwesenden Bieter zu erzielbaren Verkaufserlösen für im Zuge des Bauloses wegzuschaffender Materialien verdeutlichen, dass ohne Markterhebung bzw. Beiziehung von unabhängigen Auskunftspersonen die betriebswirtschaftliche Nachvollziehbarkeit der angebotenen Preise nicht geklärt werden kann.

 

Die unterlassene Prüfung der Angemessenheit der Preise kann nicht Aufgabe der Nachprüfungsbehörde sein, sondern fällt dies jedenfalls in den Aufgabenbereich des Auftraggebers. Andererseits ist davon auszugehen, dass die nicht abschließend durchgeführte Prüfung der Preisangemessenheit für den Ausgang des Vergabe­verfahrens von wesentlichem Einfluss ist. Bei einer weitergehenden Preisprüfung ist es nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht ausgeschlossen, dass der Auftraggeber zu einem anderen Ergebnis seiner bislang durchgeführten Angebotsprüfung kommen könnte. Die nicht gesetzeskonform durchgeführte Preisprüfung einzelner Positionen ist insofern für die Zuschlagsentscheidung von wesentlichem Einfluss, da schlussendlich vom Auftraggeber keine Beurteilung der plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises vorgenommen werden kann. Damit kann auch nicht beurteilt werden, ob der Ausscheidenstatbestand gemäß § 129 Abs.1 Z3 BVergG 2006 erfüllt ist oder nicht. Deswegen steht die mit den gegenständlichen Anträgen angefochtene Zuschlagsentscheidung im Widerspruch zu den Bestimmungen des BVergG 2006. Die Zuschlagsentscheidung vom 15.9.2006 war daher für nichtig zu erklären.

 

Ergänzend ist festzustellen, dass sich die gemäß Punkt E01 der Ausschreibungs­unterlagen zu acht Positionen durchzuführende vertiefte Angebotsprüfung in der Erstellung eines Preisspiegels zu den einzelnen Positionen unter Bildung eines oberen und unteren Mittelwertes erschöpft. Dazu ist festzuhalten, dass die Bildung eines Preisspiegels jedenfalls nicht als vertiefte Angebotsprüfung zu werten ist.

 

Auf Grund der oben angestellten Überlegungen war dem Teilnahmeantrag der H&F Bau GesmbH & Co KG, welcher die Abweisung der Nachprüfungsanträge der Erst- und Zweitantragstellerin zum Inhalt hat, nicht Folge zu geben.

 

8. Nach § 74 Abs.2 AVG bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht. Der Kostenersatzanspruch ist so zeitgerecht zu stellen, dass der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird von der Behörde bestimmt und kann von dieser auch in einem Bauschbetrag festgesetzt werden.

 

Gemäß § 18 Abs.4 Oö. VNPG hat der bzw. die, wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller bzw. Antragstellerin gegen den Antragsgegner bzw. die Antragsgegnerin Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren.

 

Sowohl von der Erstantragstellerin als auch der Zweitantragstellerin wurden in ihren jeweiligen  Eingaben vom 22. September 2006 beantragt, dem Auftraggeber den Ersatz der Pauschalgebühren aufzuerlegen. Aufgrund des Umstandes, dass die angefochtene Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären war, war den Antragstellern unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6.4.2005, Zl. 2004/04/0091, im Hinblick auf die rechtzeitige Beantragung der Kostenersatz bezüglich der entrichteten Pauschalgebühren zuzusprechen.

 

Da die Teilnahmeantragstellerin mit ihrem Antrag nicht durchgedrungen ist, war ihr Antrag auf Kostenersatz unter Bezugnahme auf § 18 Abs.4 Oö. VNPG abzuweisen.

 

9. Im Verfahren sind für die Erstantragstellerin Stempelgebühren in Höhe von 23,80 Euro und für die Zweitantragstellerin ebenfalls Stempelgebühren in Höhe 23,80 Euro angefallen. Entsprechende Zahlscheine liegen bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Kühberger

 

 

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