Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-550291/3/Kü/Pe

Linz, 28.09.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über den Antrag der H. B Gesellschaft m.b.H (im Folgenden: Antragstellerin), vertreten durch S & S Rechtsanwälte OEG, S, W, vom 22.9.2006 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren des Landes Oberösterreich (im Folgenden: Auftraggeber) vertreten durch das Amt der Oö. Landesregierung, Abt. Strategische Straßenplanung und Netzausbau, betreffend das Vorhaben „Neubau der B 141 Rieder Straße, von Bau km 0,00 bis Bau km 2,525, Baulos ‚Umfahrung Altheim-Ost’ – BauN‑100176/15-2006“, zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und dem Auftraggeber Land Oberösterreich die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 22. Oktober 2006 untersagt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz – OÖ. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 22.9.2006, beim Oö. Verwaltungssenat am 22.9.2006, 9.02 Uhr per Telefax eingebracht, wurde von der Antragstellerin der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von einem Monat nach Antragstellung, zu untersagen sowie auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren gestellt.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Auftraggeberin eine Ausschreibung betreffend den Neubau der B 141 Rieder Straße durchführe und diesem Nachprüfungsantrag das Bauvorhaben „Umfahrung Altheim-Ost“ von Bau km 0,00 bis Bau km 2,525 zugrunde liege. Weiters handle es sich um einen Bauauftrag in einem offenen Verfahren im Unterschwellenbereich und erfolge die Vergabe nach dem Billigstbieterprinzip.

 

Die Angebotsfrist habe am 11.8.2006 um 9.00 Uhr geendet und habe im Anschluss die Angebotsöffnung stattgefunden. Neben der Antragstellerin haben vier weitere Bieter Angebote vorgelegt und sei die Antragstellerin an zweite Stelle gereiht worden. Mit Telefax vom 15.9.2006 sei der Antragstellerin vom Auftraggeber bekannt gegeben worden, dass beabsichtigt sei, die Lieferungen und Leistungen an die Billigstbieterin Fa. H & F Bau GesmbH & Co KG mit einer Auftragssumme inkl. USt. von 3,695.842,45 Euro zu vergeben. Weiters wurde auf die Stillhaltefrist hingewiesen.

 

Weiters wurde ausgeführt, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises aufgrund spekulativer Preisgestaltung aufweise und dass in einzelnen Positionen negative Positionspreise gelegt worden seien. Auch habe die Auftraggeberin eine vertiefe Angebotsprüfung unterlassen.

Mit Telefax vom 22.9.2006 sei die Auftraggeberin von der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens verständigt worden.

 

Die Antragstellerin bekämpfe die am 15.9.2006 bekannt gegebene Zuschlagsentscheidung und mache die Verletzung ihres Rechts auf Zuschlagserteilung, auf Gleichbehandlung, auf gesetzeskonforme Angebotsprüfung sämtlicher Angebote, auf Unterbleiben einer Zuschlagsentscheidung zugunsten eines auszuscheidenden Angebotes mit einem unplausiblen und spekulativen Angebotspreis sowie auf gesetzeskonforme Durchführung und Beendigung des Vergabeverfahrens geltend.

 

Bezüglich des Schadens bzw. Interesses am Vertragsabschluss wurde von der Antragstellerin angeführt, dass ihr durch die behauptete Vergaberechtsverletzung ein Gewinnentgang von ca. 300.000 Euro sowie die Frustration der Kosten der Angebotslegung in Höhe von ca. 11.500 Euro zuzüglich der Kosten für die rechtliche Beratung und rechtsfreundliche Vertretung von zumindest 4.000 Euro drohe. Weiters drohe der Verlust eines Referenzprojektes.

Die Antragstellerin habe ihr Interesse am Vertragsabschluss durch Legung eines ordnungsgemäßen Angebotes sowie durch die Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung dargetan und hätte sie bei gesetzeskonformer Vorgangsweise der Auftraggeberin den Zuschlag zu erhalten.

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung führt die Antragstellerin aus, dass die angefochtene Zuschlagsentscheidung rechtswidrig sei, da der Zuschlag einem Angebot mit nicht plausibel zusammengesetzten Preisen erteilt werden soll. Aus dem Leistungsverzeichnis der Billigstbieterin gehe hervor, dass in mehreren Einzelpositionen negative Positionspreise angeboten worden seien. Des weiteren sei die Zuschlagsentscheidung auch deshalb rechtswidrig, da die Auftraggeberin eine vertiefte Angebotsprüfung unterlassen habe.

 

Weiters wurde ausgeführt, dass einer einstweiligen Verfügung auf Untersagung der Zuschlagserteilung keine schwerwiegenden, möglicherweise geschädigten Interessen der sonstigen Bewerber und des Auftraggebers sowie kein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens entgegenstünden. Vielmehr hätte der Auftraggeber die Möglichkeit einer durch ein Nachprüfungsverfahren bewirkten Verzögerung bei der terminlichen Projektplanung zu berücksichtigen gehabt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat das Land Oberösterreich als Auftraggeber am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Eine Stellungnahme zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist nicht eingelangt.

 

3. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Das Land Oberösterreich ist öffentlicher Auftraggeber im Sinn des Art. 14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG bzw. § 1 Abs.2 Z1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz (Oö. VNPG).

 

Gemäß Art.14b Abs.3 B-VG ist in den Angelegenheiten der Nachprüfung der Vergabe von Aufträgen durch solche Auftraggeber die Gesetzgebung und Vollziehung Landessache. Die Bestimmungen des 4. Teils (Rechtsschutz) des Bundesvergabegesetzes 2006  sind daher im gegenständlichen Fall nicht anwendbar. Das Rechtsschutzverfahren unterliegt in Beachtung der RL 2004/18/EG vom 31.3.2004, der Rechtsmittelrichtlinie und des Art. 14b Abs.3 B-VG, zumal vom Landesgesetzgeber bislang keine neue Regelung getroffen wurde, weiterhin den Bestimmungen des Oö. Vergabenach­prüfungsgesetzes, LGBl. Nr. 153/2002.

 

Materiellrechtlich hingegen unterliegt das gegenständliche Vergabeverfahren den Vorschriften des BVergG 2006. Auf Grund der Höhe des Auftragwertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

 

3.2. Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 leg.cit. Bis zur Zuschlagserteilung ist der Unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

1.                 zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie

2.                 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig.

 

3.3. Gemäß § 11 Oö. VNPG hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung eingeleitet ist, der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern. Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat der unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen. In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch, wenn die einstweilige Verfügung ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich betrifft, zwei Monate nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

 

Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundesvergabegesetzes 1997 führte Bernd Elsner, Vergaberecht, Linde Verlag, auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein „besonderes“ öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint.

 

Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.

 

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft den Auftraggeber im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Der Auftraggeber hat aber konkret mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch den Auftraggeber vorgebracht worden noch dem Oö. Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein Interesse an der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes, also an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Es ist daher zu berücksichtigen, dass bei rechtmäßiger Ermittlung des günstigsten Angebotes unter Umständen den Auftraggeber eine Kostenersparnis erwarten würde, die den aus der Verfahrens­verzögerung allenfalls auftretenden Kosten entgegenzuhalten ist bzw. diese Kosten aufheben würde. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben kann, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.5 Oö. VNPG.

 Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.6 Oö. VNPG sofort vollstreckbar.

 4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

Mag. Kühberger

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum