Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550295/4/Wim/Rd/Be

Linz, 18.10.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über den Antrag der H Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH, vertreten durch C R R H Rechtsanwälte GmbH, vom 10.11.2006 (richtig wohl 11.10.2006, da nach Ablauf der Amtsstunden an diesem Tage per E-Mail eingebracht) auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Gemeinde Oberschlierbach betreffend "WVA Oberschlierbach BA 02, Baulos 1, Erd-, Baumeister-, Rohrlieferungs-, Rohrlege- und Installationsarbeiten", zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin Gemeinde Oberschlierbach die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 12. November 2006, untersagt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz – Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 11.10.2006, beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 12.10.2006, wurde von der H Hoch- und Tiefbaugesellschaft mbH (im Folgenden: Antragstellerin) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung in eventu Nichtigerklärung der Ausscheidung des Angebots der Antragstellerin  sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von einem Monat nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt. Darüber hinaus wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren begehrt.

 

Hiezu wurde begründend dargelegt, dass im Bauabschnitt 02 ausgehend vom bestehenden Hochbehälter Piber eine Transportwasserleitung zum neu zu errichtenden Hochbehälter Oberschlierbach zu errichten sei und von diesem Wasserleitungen in Siedlungen im Gemeindegebiet Oberschlierbach geführt werden. Die gegenständliche Ausschreibung umfasse dabei im Wesentlichen Rohrleitungen, Kanaldruckleitungen und die Ausführung von Druckminderungsschächten.  Die konkrete Ausschreibung werde im Wege eines offenen Verfahrens durchgeführt und sei am 8.4.2006 die Bekanntmachung in der ALZ erfolgt. Gemäß Ausschreibungsunterlagen erfolge das Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich und gelange das Billigstbieterprinzip zur Anwendung.

In der Obergruppe 30 03 des Leistungsverzeichnisses seien (gemäß LB-SW) die Kosten für das Überschussmaterial nach Eluatklassen geordnet ausgewiesen. Diese seien jeweils in Transport- und Deponiekosten unterteilt. Im gegenständlichen Bauvorhaben falle Überschussmaterial der Eluatklassen I und IIa an.

Pos. 300301B des LV betreffe die "Deponiekosten Eluatklasse I". Der Bieter habe hier einen Preis für die Deponierung von 16.000 m³ Überschussmaterial der Eluatklasse I anzugeben.

 

Die Antragstellerin habe sich am gegenständlichen Vergabeverfahren beteiligt und ein frist- und formgerechtes Angebot mit einem Nettoangebotspreis von 1.478.426,96 Euro gelegt. Bei der Angebotsöffnung am 11.5.2006 habe sich herausgestellt, dass die Antragstellerin das preislich günstigste Angebot gelegt habe. An zweiter Stelle der elf verlesenen Angebote sei jenes der Mitbieterin Baumeister K F Hoch- und Tiefbau GmbH mit einem Angebotspreis von netto 1.546.922,59 Euro gelegen.

 

Mit Schreiben vom 19.5.2006 sei die Antragstellerin zur Übersendung bis spätestens 30.5.2006 der im Schreiben näher spezifizierten Unterlagen bzw Erklärungen aufgefordert worden, darunter auch eine Erklärung, dass mit den angebotenen Einheitspreisen die im LV beschriebenen Leistungen ausgeführt werden können und dass das Angebot nochmals dahingehend überprüft worden sei und kein Erklärungsirrtum vorliege, sowie zur Übersendung des Formblattes K7 für einige Positionen des LV, darunter auch die Pos. 300301B.

 

Die Antragstellerin sei dem Ersuchen mit Schreiben vom 29.5.2006 nachgekommen. Zur geforderten Position im K7-Blatt wurde angeführt, dass die Bodenklassen 6 und 7 aus dem Aushub als Schüttmaterial bei der Umfahrung ÖBB Schlierbach frei Baustelle benötigt werde. Die Antragstellerin habe kalkuliert, dass von der gesamten Aushubmenge 80 % im Rahmen des Bauvorhabens Umfahrung ÖBB Schlierbach verwendbar seien und deshalb nur für die restlichen 20 % der Menge Deponiekosten anfallen würden. Der Anteil von 80 % ergebe sich aus den ausgeschriebenen Aushubmengen in den LV-Positionen 030313E, 030313F und 030313G. Aufgrund des wirtschaftlichen Vorteils der bei der Baustelle Umfahrung ÖBB Schlierbach einsetzbaren Materials ergebe sich per Saldo in dieser Position ein Negativpreis in der angegebenen Höhe.

Mit Schreiben vom 14.6.2006 habe die vergebende Stelle unter Pkt 1 weitere Aufklärung betreffend den genannten Positionspreis gefordert und verwies darauf, dass die Kosten für die Deponierung des gesamten Materials unabhängig von den Bodenklassen, also auch für jenes, das für das Bauvorhaben Umfahrung ÖBB Schlierbach nicht geeignet sei, in der Position enthalten sei. Mit Schreiben der Antragstellerin vom 23.6.2006 seien die  Angaben bestätigt worden. In einem weiteren Schreiben vom 30.6.2006 habe die vergebende Stelle nochmals um Bestätigung ersucht, dass das gesamte überschüssige Material mit dem angebotenen Einheitspreis laut Position abgerechnet werde und dass keine zusätzlichen Kosten dem Auftraggeber in Rechnung gestellt werden. Mit Schreiben vom 10.7.2006 erging die Bestätigung seitens der Antragstellerin.

 

Nach mehrmonatigem Stillstand des Vergabeverfahrens habe die vergebende Stelle mit Schreiben vom 4.10.2006 die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der Baumeister K F Hoch- und Tiefbau Gesellschaft mbH bekannt gegeben und habe als Grund für die Ablehnung des Angebots der Antragstellerin bekannt gegeben, dass der angebotene Preis für Deponiekosten nicht plausibel erklärt worden sei und damit das Angebot gemäß § 129 Abs.1 Z3 BVergG 2006 ausgeschieden werde. Die Stillhaltefrist ende am 11.10.2006.

 

Mit der angefochtenen Ausscheidens- und Zuschlagsentscheidung erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht auf Nicht-Ausscheiden ihres Angebots sowie in ihrem Recht auf Zuschlagsentscheidung und Zuschlagserteilung zu Gunsten ihres Angebots verletzt. In eventu halte sie sich in ihrem Recht auf Widerruf des gegenständlichen Vergabeverfahrens und Teilnahme an einem neuerlichen Vergabeverfahren verletzt.

 

Zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung bringt die Antragstellerin weiters vor, dass sich diese aufgrund der getroffenen Ausscheidensentscheidung, weil das Angebot der Antragstellerin bei Nicht-Ausscheiden gemäß dem einzigen Zuschlagskriterium des günstigsten Preises an erster Stelle gereiht wäre, ergebe. Entscheidend sei daher, ob das Ausscheiden des Angebots zu Recht erfolgt sei. Die Antragstellerin führe hier als Begründung § 129 Abs.1 Z3 BVergG 2006 an. Demnach seien Angebote, die eine – durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen, auszuscheiden. Die von der Auftraggeberin angeführte Begründung der nicht plausiblen Erklärung dieses Positionspreises sei unzutreffend, wie sich nachstehend ergebe.

 

Die Antragstellerin sei sämtlichen Aufforderungen zur Beibringung von Bestätigungen bzw zur Abgabe von Erklärungen und zur Aufklärung von Preisen frist- und ordnungsgemäß nachgekommen. Aus der Korrespondenz sei hervorgegangen, dass sämtliche Kosten in der Position enthalten seien. Es sei angemerkt, dass eine Prüfung dieser Position nach den in § 125 Abs.4 Z1 BVergG 2006 genannten Kriterien gar nicht zulässig wäre, weil es sich bei der Position 300301B nicht um eine wesentliche Position gehandelt habe.

Ungeachtet dessen sei der Preis dieser Position jedenfalls betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar. Nach der Spruchpraxis der Vergabekontrollbehörden seien bei der vertieften Angebotsprüfung die Kalkulationsansätze nachzuprüfen. Dabei sei ein Kalkulationsansatz dann nachvollziehbar, wenn er nicht nur rechnerisch richtig ist, sondern wenn er auch inhaltlich und kalkulatorisch plausibel begründet ist. Dies sei aus der Sichtweise des Bieters zu überprüfen und habe dabei der Auftraggeber alle ihm vom Bieter bekannt gegebenen Informationen zu würdigen.

 

Die Antragstellerin habe insbesondere im Schreiben vom 23.6.2006 dargetan, dass für das gesamte überschüssige Material der angebotene Einheitspreis 300301B zur Abrechnung gelange. Daraus haben sich in dieser Position statt eines Deponieaufwandes negative Kosten ergeben. Auch habe die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass sich der kalkulierte Positionspreis aus der Summe der negativen Kosten  aufgrund des beim Bauvorhaben Umfahrung ÖBB Schlierbach verwendbaren Schüttmaterials (Bodenklassen 6 und 7) sowie der (positiven) Kosten für das dort nicht verwendbare Schüttmaterial (restliche Bodenklassen) ergebe. Die Auftraggeberin habe diese Aufklärung auch ganz offensichtlich als ausreichend und zutreffend gebilligt, habe sie doch im Schreiben vom 30.6.2006 darauf hingewiesen, dass sämtliche Deponiekosten gemäß LV-Position 300300A zu Lasten des Auftragnehmers gehen und daher keine zusätzlichen Kosten dem Auftraggeber in Rechnung gestellt werden.

Weitere Unklarheiten zur Kalkulation des Positionspreises haben bis Juni/Juli 2006 nicht bestanden. Möglicherweise sei  der in der Zuschlagsentscheidung zum Ausdruck kommende "Meinungsumschwung" der Auftraggeberin erfolgt, weil nunmehr (zum Zeitpunkt der Ausscheidens- und Zuschlagsentscheidung) kein weiterer Schüttmaterialbedarf beim Bauvorhaben Umfahrung ÖBB Schlierbach bestanden habe. Dies dürfe jedoch nicht zu Lasten der Antragstellerin ausschlagen, weil es bei der Preisprüfung nur darauf ankommen könne, ob ein Bieter gemessen an den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten kostendeckend kalkuliert habe.

 

Die Antragstellerin sei zum Zeitpunkt ihrer Angebotslegung davon ausgegangen, dass sie Aushubmaterial für das Bauvorhaben Umfahrung ÖBB Schlierbach verwenden könne. Diese Kalkulation sei betriebswirtschaftlich nachvollziehbar, weil die Antragstellerin aufgrund des unter Pkt D12 der Ausschreibungsunterlagen festgelegten Baubeginns am 1.8.2006 mit einer Auftragserteilung spätestens zu diesen Zeitpunkt rechnen konnte und auch aus Erfahrungswerten mit Bauvorhaben vergleichbaren Volumens und Schwierigkeitsgrads nicht mit einem monatelangen Zuwarten auf die Zuschlagserteilung zu rechnen gewesen wäre. Soweit Schüttmaterial erst zu einem Zeitpunkt angefallen wäre, in dem es für das Bauvorhaben Umfahrung ÖBB Schlierbach nicht mehr zum Einsatz kommen hätte können, wäre die Restkubatur mit den Lieferanten der Antragstellerin beim Bauvorhaben Umfahrung ÖBB Schlierbach gegenverrechnet worden. Dies sei auch der vergebenden Stelle offensichtlich bewusst gewesen, weil im Schreiben vom 14.6.2006 Aufklärung darüber verlangt worden sei, ob das gesamte Aushubmaterial – ungeachtet seiner Qualität – für das Bauvorhaben Umfahrung ÖBB Schlierbach geeignet sei oder auch zur Gänze verwendet werde und daher für den Auftraggeber in dieser Position (Deponierungskosten) keine zusätzlichen Kosten entstehen würden. Eine Bestätigung, dass das gesamte Bodenmaterial zur Gänze im Bauvorhaben Umfahrung ÖBB Schlierbach verwendet werde, habe die vergebende Stelle nicht verlangt, weil es eben vom Zeitpunkt der Auftragserteilung im gegenständlichen Projekt abhängig gewesen sei, in welchem Ausmaß tatsächlich das Aushubmaterial (noch) zur Verfügung stehe.

 

Selbst wenn mit den Informationen der Antragstellerin die Angemessenheit des Positionspreises nicht bzw nicht restlos nachvollziehbar gewesen wäre, hätte dies nicht automatisch zum Ausscheiden des Angebots führen können. Es liege daher der Ausscheidenstatbestand des § 129 Abs.1 Z3 BVergG 2006 nicht vor.

 

Zum Schaden führt die Antragstellerin weiters aus, dass ihr als Bestbieterin ein Gewinn einschließlich der Regiegemeinkosten von ca. 150.000 Euro entgeht sowie frustrierte Angebotslegungskosten von zumindest 3.000 Euro entstehen würden. Darüber hinaus drohe ihr der Verlust eines Referenzprojektes.

Soweit aufgrund des vorliegenden Nachprüfungsantrages das Vergabeverfahren zu widerrufen sein sollte, bestehe der Schaden der Antragstellerin bei Fortführung des Vergabeverfahrens und dessen Abschluss durch Zuschlagserteilung im Verlust der Möglichkeit, sich nach Widerruf an einem neuerlichen Vergabeverfahren beteiligen zu können.

 

Hinsichtlich des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin auf ihr bisheriges Vorbringen insbesondere auf Punkt I.5. Einer einstweiligen Aussetzung der Fortführung des Vergabeverfahrens stehe weder ein besonderes öffentliches Interesse entgegen noch überwiegen Interessen der beteiligten Bieter und des Auftraggebers.

Im gegenständlichen Vergabeverfahren bestehen Interessen am unmittelbaren Schutz von im Vergleich zu den Bieterinteressen höherwertigen Rechtsgütern, wie Leib und Leben, Gesundheit und Eigentum, offensichtlich nicht. Die Ausschreibung betreffe die örtliche Wasserversorgung, diene aber nicht dazu, spezielle und unmittelbare Gefahrenquellen auszuschalten.

Dies ergebe sich vor allem daraus, dass der Auftraggeber sein fehlendes Dringlichkeitsinteresse dokumentiert habe, in dem er kein beschleunigtes Verfahren wegen Dringlichkeit gewählt habe und die Zuschlagentscheidung erst nach dem geplanten Baubeginn zum 1.8.2006 ergangen sei. Zusätzlich sei auch aufgrund der Gewichtung der Zuschlagskriterien kein besonderes öffentliches Interesse an der raschen Fertigstellung des Vorhabens ersichtlich. Auftraggeberinteressen, die durch die Verzögerung geschädigt werden könnten, bestehen nicht bzw seien sie nicht beachtlich.

Da nur Interessen der Antragstellerin bei Fortführung des Vergabeverfahrens bedroht seien, eine vorläufige Maßnahme aber keinerlei berücksichtigungswürdige Interessen der Auftraggeberin und sonstiger Mitbieter schädige und auch sonst kein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens bestehe, habe die Interessensabwägung zugunsten der Antragstellerin auszufallen.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Gemeinde Oberschlierbach als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. In ihrer Stellungnahme vom 13.10.2006 teilte die Auftraggeberin mit, dass ihr durch die Erlassung der einstweiligen Verfügung keine wesentlichen nachteiligen Folgen entstehen würden. Auch würden die öffentlichen Interessen durch die Verschiebung des Vergabezeitpunktes nicht wesentlich beeinflusst werden.  

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Das gegenständliche Vergabeverfahren wurde durch die öffentliche Bekanntmachung im April 2006 eingeleitet und unterliegt daher materiellrechtlich den Vorschriften des BVergG 2006. Die Gemeinde Oberschlierbach ist öffentliche Auftraggeberin iSd Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG. Dies hat zur Folge, dass gemäß Art.14b Abs.3 B-VG die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten der Nachprüfung der Vergabe von Aufträgen durch Gemeinden Landessache ist. Die Bestimmungen des 4. Teils des BVergG 2006 (Rechtsschutz) sind daher im gegenständlichen Fall nicht anwendbar.  Das Rechtsschutzverfahren unterliegt in Beachtung der RL 2004/18/EG vom 31.3.2004, der Rechtsmittelrichtlinie und des Art.14b Abs.3 B-VG, zumal vom Landesgesetzgeber bislang keine neue Regelung getroffen wurde, weiterhin den Bestimmungen des Oö. Vergabenach­prüfungsgesetzes, LGBl. Nr. 153/2002.

Der Auftragswert der gegenständlichen Ausschreibung überschreitet nicht den Schwellenwert von mindestens 5.278.000 Euro bei Bauaufträgen iSd § 12 Abs.1 Z3 BVergG 2006; es sind daher die gesetzlichen Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 leg.cit. Bis zur Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig.

3.2. Gemäß § 11 Oö. VNPG hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung eingeleitet ist, der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern. Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat der unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen. In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch, wenn die einstweilige Verfügung ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich betrifft, einen Monat nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundesvergabegesetzes 1997 führte Bernd Elsner, Vergaberecht, Linde Verlag, auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leer läuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint.

Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht,
1. Auflage 2001, S. 172f).

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, die Zuschlagsentscheidung  erst zwei Monate nach dem geplanten Baubeginn bekannt gegeben wurde, und von der Auftraggeberin keine nachteiligen Folgen geltend gemacht wurden,  kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat aber konkret mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Oö. Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein Interesse an der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes, also an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Es ist daher zu berücksichtigen, dass bei rechtmäßiger Ermittlung des günstigsten Angebotes unter Umständen die Auftraggeberin eine Kostenersparnis erwarten würde, die den aus der Verfahrensverzögerung allenfalls auftretenden Kosten entgegenzuhalten ist bzw. diese Kosten aufheben würde. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.5
Oö. VNPG.

 Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.6 Oö. VNPG sofort vollstreckbar.

 4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 56,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

Dr.  Wimmer

 

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