Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550296/5/Kl/Rd/Pe

Linz, 13.10.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über den Antrag der H B GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte B M, vom 12.10.2006 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Verein zur Förderung der Infrastruktur der Gemeinde St. P & Co KEG (im Folgenden: Auftraggeberin) betreffend das Vorhaben "Baumeisterarbeiten BV Neubau Gemeindeamt und Feuerwehrzeugstätte St. P", zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin Verein zur Förderung der Infrastruktur der Gemeinde St. P & Co KEG die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 12. November 2006, untersagt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz – Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 12.10.2006 wurde von der H B GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung des Ausscheidens des Angebots der Antragstellerin und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagsentscheidung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Darüber hinaus wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren begehrt.

 

Hiezu wurde begründend dargelegt, dass sich die Antragstellerin am gegenständlichen Vergabeverfahren beteiligt habe und fristgerecht ein den Ausschreibungsunterlagen konformes und vollständiges Angebot gelegt habe. Die von der Auftraggeberin formulierten Angebotsbestimmungen haben als Zuschlagskriterium den niedrigsten Preis vorgesehen und habe sich hiedurch die Auftraggeberin auf das Billigstbieterprinzip festgelegt und sei auch nach diesem Kriterium zuzuschlagen gewesen.

Nach dem Ergebnis der Angebotsöffnung am 12.9.2006 habe die Antragstellerin mit einem Angebotsgesamtpreis von 584.400 Euro brutto das Angebot mit dem niedrigsten Preis gelegt. Die mit einem Angebotsgesamtpreis von 599.759,64 brutto zweitgereihte S B GmbH, sei mit ihrem Angebot um rund 15.360 Euro über dem der Antragstellerin gelegen.

 

Mit E-Mail vom 6.10.2006 sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, der S B GmbH als ermittelter Billigstbieterin den Zuschlag erteilen zu wollen und dass das Angebot der Antragstellerin wegen unvollständiger Abgabe ausgeschieden worden sei.

 

Es sei ausdrücklich festzuhalten, dass es zwischen der Antragstellerin und der Auftraggeberin bzw dem sie vertretenden Architekten DI K T im Zeitraum der Angebotsprüfung zwischen Angebotsöffnung und Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung und Ausscheidung zu keinem weiteren Schriftverkehr oder sonstigen Kontakt gekommen sei; insbesondere sei die Antragstellerin im Hinblick auf die nachträglich behauptete Unvollständigkeit des Angebots nicht aufgefordert worden, allfällige Mangelhaftigkeiten des Angebots aufzuklären und/oder zu beseitigen.

 

Mit der Entscheidung, die Antragstellerin auszuscheiden und den Zuschlag an die nach dem Angebotsgesamtpreis bloß zweitgereihte S B GmbH zu erteilen, verstoße die Auftraggeberin mehrfach gegen die Bestimmungen des BVergG 2006.

 

Allfällige Mängel im Angebot der Antragstellerin, wie sie in der Bekanntgabe der Ausscheidung als Unvollständigkeit behauptet worden sind, können nicht zu einer gesetzeskonformen Ausscheidung geführt haben, da sie jedenfalls aufklärbar bzw behebbar gewesen seien. Die Auftraggeberin und ihr Vertreter haben entgegen § 126 Abs.1 BVergG eine solche Behebung aber rechtswidrig nicht verlangt.

 

Die rechtswidrige Ausscheidung des Angebots der Antragstellerin werde daher zusammen mit der Zuschlagsentscheidung angefochten. Eine gesonderte Anfechtung bloß der Ausscheidung sei der Antragstellerin wegen der zeitgleichen Mitteilung bereits der Zuschlagsentscheidung nicht möglich gewesen.

 

Zur Behebbarkeit der seitens Architekt DI K T behaupteten Mängel des Angebots der Antragstellerin werde dargestellt, dass das von den Bietern zu legende Angebot/Leistungsverzeichnis hinsichtlich der Baumeisterarbeiten BV Neubau Gemeinde und Feuerwehrzeugstätte St. P als PDF-Datei mit folgenden Abschnitten (Inhaltsverzeichnis) zur Verfügung gestellt worden sei:

 

1. Deckblatt

2. Inhaltsverzeichnis Seite 1

3. Angebotsbestimmungen Seite 2

4. Allgemeine Vorbemerkungen Seite 3

5. Abändernde bzw ergänzende Bestimmungen Seite 12

6. Ergänzende allgemeine und technische Vorbemerkungen Seite 28

7. Leistungsverzeichnis Seite 32-132

8. Leistungsgruppenzusammenstellung Seite 132

9. Planbeilagen 4 Seiten

 

Auf dem Deckblatt finde sich folgende Festlegung: Das Angebot sei nur gültig bei rechtsgültiger Fertigung des Deckblattes, der Angebotsbestimmungen, der allgemeinen Vorbemerkungen und der Leistungsgruppenzusammenstellung.

 

Entsprechend dieser Vorgabe habe die Antragstellerin Deckblatt, Angebotsbestimmungen, allgemeine Vorbemerkungen und das Kurz-Leistungsverzeichnis (K-LV) samt Leistungsgruppenzusammenstellung (inkl. Datenträger) firmenmäßig unterfertigt und abgegeben.

 

Dem Vorhalt des angebotsprüfenden Architekten DI T, dass die abändernden bzw ergänzenden Bestimmungen, die ergänzenden allgemeinen und technischen Vorbemerkungen sowie das Lang-Leistungsverzeichnis (L-LV) im Original nicht abgegeben worden seien, sei entgegenzuhalten, dass in den abändernden bzw ergänzenden Bestimmungen und in den ergänzenden allgemeinen und technischen Vorbemerkungen keine Erklärung des Bieters im Sinne einer notwendigen rechtsgültigen Fertigung vorgesehen waren, diese Bestandteile sohin selbstverständlich entsprechend der Vorgabe der Auftraggeberin zum Angebot bzw Vertrag gehören und weiter die angebotsrelevanten Festlegungen der Bieterin im L-LV sich im  K-LV samt Leistungsgruppenzusammenstellung wiederfinden würden; der sich aus dem K-LV und der Leistungsgruppenzusammenstellung ergebende Angebotsgesamtpreis sei daraus ausreichend erklärt und nachvollziehbar.

 

Sollte die Auftraggeberin bzw der erkennende UVS Oberösterreich dennoch von einer Unvollständigkeit des gelegten Angebots der Antragstellerin ausgehen, so sei darauf hinzuweisen, dass in den Entscheidungen der Vergabekontrollbehörden die Unvollständigkeit der Angebotsunterlagen, insbesondere das Fehlen eines L-LV, als behebbarer Mangel qualifiziert worden sei.

 

Die Behebung des gegenständlichen Mangels durch Nachreichung der angeführten Angebotsbestandteile nach erfolgter Aufforderung hätte zu keiner Beeinflussung des Wertes der angebotenen Leistungen bzw Begünstigung der Antragstellerin geführt und wäre der freie und lautere Wettbewerb der Bieter insbesondere deshalb nicht gefährdet gewesen, weil die Antragstellerin durch die nachträgliche Vervollständigung des Angebots keine Änderungen in diesem hätte vornehmen können.

 

Die abändernden bzw ergänzenden Bestimmungen und die ergänzenden allgemeinen und technischen Vorbemerkungen würden nicht der Disposition der Bieter unterliegen und sei ein Widerspruch des L-LV zum abgegebenen K-LV durch die Leistungsgruppenzusammenstellung und den gleichbleibenden Angebots­gesamtpreis ausgeschlossen; dort wo in einem L-LV allenfalls Bieterlücken zur Angabe von Alternativprodukten vorgesehen wären, würden mangels Spezifizierung im K-LV ohnehin die Leitprodukte des L-LV gelten.

 

Die Ausscheidung des Angebots der Antragstellerin sei daher, mit Verweis auf § 129 Abs.1 Z7 BVergG 2006, zu Unrecht erfolgt.

 

Die von der Auftraggeberin behaupteten Mängel des Angebots seien nicht geeignet, der Antragstellerin die Legitimation zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens abzusprechen; vielmehr werde gerade die Annahme des Ausscheidungsgrundes Gegenstand der Entscheidung sein.

 

Überdies erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht verletzt, allfällige Angebotsmängel aufzuklären bzw verbessern zu können und als Billigstbieterin den Zuschlag zu erhalten.

 

Durch die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die S B GmbH und der damit zu Unrecht der Antragstellerin vorenthaltenen Auftragserteilung drohe ihr ein nicht unerheblicher Schaden. So werde der aus der Auftragserteilung und -ausführung erwartete Gewinn mit ca. 40.000 Euro und die Kosten an der Teilnahme am Vergabeverfahren mit ca. 2.400 Euro beziffert. Auch drohe der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Zur Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates bringt die Antragstellerin vor, dass die Auftraggeberin eine zu FN eingetragene Kommandit-Erwerbsgesellschaft sei; persönlich haftender Gesellschafter ist der Verein zur Förderung der Infrastruktur der Gemeinde St. P; Obmann des Vereins ist F K, Amtsleiter der Gemeinde St. P; Obmannstellvertreter ist E G, Verwalterin der Gemeindekasse der Gemeinde St. P. Kommanditist ist einzig die Gemeinde St. P mit einer entsprechenden Vermögenseinlage.

 

Die Auftraggeberin stehe unter der Kontrolle der Gemeinde St. P und sei diese auch alleine vermögensmäßig an ihr beteiligt. Die Auftraggeberin sei daher öffentlicher Auftraggeber, und zwar – vorbehaltlich einer anderen Subsumtion durch den UVS – nach § 1 Abs.2 Z4 und Abs.3 Oö. VNPG.

 

Zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung bringt die Antragstellerin ua weiters vor, dass die geringfügige Verzögerung der Vergabe jedenfalls geringer wiege als die Schädigung der dargestellten Interessen der Antragstellerin. Auch würden keine öffentlichen Interessen der beantragten einstweiligen Verfügung entgegenstehen. Im Übrigen habe ein öffentlicher Auftraggeber bei Erstellung des Zeitplanes mögliche Nachprüfungsverfahren zu berücksichtigen, sodass solche Verzögerungen nicht ins Gewicht fallen können.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Verein zur Förderung der Infrastruktur der Gemeinde St. P & Co KEG als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Am 13.10.2006 wurden dem Oö. Verwaltungssenat die Vereinssatzungen, der Gesellschaftsvertrag der KEG sowie der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 10.1.2006, Zl. Sich71-2072, mit welchem der Verein der Förderung der Infrastruktur der Gemeinde St. P eingeladen wird, die Vereinstätigkeit aufzunehmen, übermittelt. Eine Stellungnahme hinsichtlich der Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde nicht abgegeben.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Die Verein zur Förderung der Infrastruktur der Gemeinde St. P & Co KEG ist unter Zugrundelegung der eingeholten Firmenbuchauszüge, des Gesellschaftsvertrages, der Satzungen und des Vereinsregisterauszuges – vorbehaltlich einer endgültigen rechtlichen Klärung im Nachprüfungsverfahren – als öffentliche Auftraggeberin im Sinn des Art. 14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG zu beurteilen.

Gemäß Art. 14b Abs.3 B-VG ist die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten der Nachprüfung der Vergabe von Aufträgen durch solche Auftraggeber Landessache.

Das gegenständliche Vergabeverfahren wurde nach der Novellierung des Bundesvergabegesetzes 2006 eingeleitet und unterliegt daher materiellrechtlich den Vorschriften des BVergG 2006.

Die Bestimmungen des 4. Teils des BVergG 2006 (Rechtsschutz) sind daher im gegenständlichen Fall nicht anwendbar. Das Rechtsschutzverfahren unterliegt in Beachtung der RL 2004/18/EG vom 31.3.2004, der Rechtsmittelrichtlinie und des Art. 14 Abs.3 B-VG, zumal vom Landesgesetzgeber bislang keine neue Regelung getroffen wurde, weiterhin den Bestimmungen des Oö. Vergabenachprüfungs­gesetzes, LBGl. Nr. 153/2002.

Der Auftragswert der gegenständlichen Ausschreibung überschreitet nicht den Schwellenwert von mindestens 5.278.000 Euro bei Bauaufträgen iSd § 12 Abs.1 Z3 BVergG 2006, es sind daher die gesetzlichen Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 leg.cit. Bis zur Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig.

3.2. Gemäß § 11 Oö. VNPG hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlags­erteilung eingeleitet ist, der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern. Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat der unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen. In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch, wenn die einstweilige Verfügung ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich betrifft, einen Monat nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundesvergabegesetzes 1997 führte Bernd Elsner, Vergaberecht, Linde Verlag, auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leer läuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint.

Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentliche Auftraggeberin ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht,
1. Auflage 2001, S. 172f).

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Der Auftraggeberin hat aber konkret mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Oö. Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes, also an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Es ist daher zu berücksichtigen, dass bei rechtmäßiger Ermittlung des günstigsten Angebotes unter Umständen die Auftraggeberin eine Kostenersparnis erwarten würde, die den aus der Verfahrensverzögerung allenfalls auftretenden Kosten entgegenzuhalten ist bzw. diese Kosten aufheben würde. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeberin bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben kann, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.5
Oö. VNPG.

 Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.6 Oö. VNPG sofort vollstreckbar.

 4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr.  Klempt

 

Beschlagwortung:

keine besonderen öffentlichen Interessen an der Fortsetzung

 

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