Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105803/2/BR

Linz, 28.09.1998

VwSen-105803/2/BR Linz, am 28. September 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 27. Juli 1998, Zl. VerkR96-13855-1997-PC-N, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG, iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG; II. Dem Berufungswerber werden zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 400 S (20% der verhängten Geldstrafe) auferlegt. Rechtsgrundlage: § 64 Abs. 1 u. 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 2.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Stunden verhängt, weil er am 4.8.1997 um 00.30 Uhr seinen Pkw, Kz. im Gemeindegebiet von S auf der Bezirksstraße, ca. bei Strkm 4.340 gelenkt und es nach einem Verkehrsunfall mit Personenschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort (gemeint durch das Lenken dieses Fahrzeuges) in ursächlichem Zusammenhang gestanden habe, es unterlassen habe die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen.

1.1. Begründend führt die Erstbehörde substanziell aus, daß dem Berufungswerber sehr wohl die Verletzung von Fahrzeuginsassen bewußt geworden sein mußte und er es trotzdem unterließ, die Gendarmerie von diesem Unfall, bei dem sich sein Fahrzeug mehrfach überschlagen hatte, sofort zu verständigen. Ebenfalls habe der Berufungswerber die Mitfahrerinnen ersucht im Krankenhaus falsche Angaben zum Unfallgeschehen zu machen.

2. In der fristgerecht durch seine ag. Rechtsvertreter erhobenen Berufung führt der Berufungswerber im Ergebnis aus, daß ihm sein Verhalten wegen des erlittenen Unfallschockes nicht vorgeworfen werden dürfe. Er sei doch schließlich nach Abklingen des Unfallschocks am 4. August 1997 um 11.43 Uhr der Meldepflicht beim GPK N durch telefonische Mitteilung nachgekommen. Ein Verstreichenlassen eines Zeitraumes von elf Stunden sei als ein bloß geringfügiges Verschulden zu qualifizieren.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war mangels substanzieller Tatsachenbestreitung, mangels eines entsprechenden Antrages und einer unter 3.000 S festgesetzten Geldstrafe nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

4.1. Mit dem Berufungsvorbringen vermag der Berufungswerber sein Fehlverhalten nicht zu entschuldigen. Wie sich der Aktenlage nur unschwer entnehmen läßt, hat der Berufungswerber nach dem Unfall offenkundig ganz gezielt gehandelt und versuchte den Unfallshergang vorerst zu verschleiern. Dies ergibt sich insbesondere aus den im Akt erliegenden Aussagen der Zeuginnen L und S. Darin kommt etwa zum Ausdruck, daß er mit dem Landwirt, welchem durch den Unfall ein Flurschaden zugefügt wurde, den Schaden zu regeln gedachte und er zur Zeugin L mehrfach sagte, sie solle ja nichts vom Unfall angeben. Zutreffend wurde dies von der Erstbehörde gewürdigt. Auch die Berufungsbehörde vermag an dieser Beweiswürdigung keine Bedenken zu hegen. Wenn sich der Berufungswerber nun auf einen Unfallschock beruft und damit seine um mehr als elf Stunden verspätete Meldung zu rechtfertigen versucht, so steht dieser behauptete Schock keinesfalls im Einklang mit seinem Agieren nach dem Unfall, wie es die Zeuginnen darstellten. Somit liegen keine Anhaltspunkte vor, daß die Dispositions- und Diskretionsfähigkeit als Folge des Unfallereignisses vorgelegen haben könnte (vgl. VwGH 20.9.95, 94/03/0150). Der Beweisantrag, den Umfang und die Dauer des Unfallschocks durch einen Sachverständigen festzustellen, geht daher ins Leere, weil im Rahmen der Beweiswürdigung das Verhalten des Berufungswerbers nach dem Unfall eben in jeder Richtung hin als rational, zielorientiert und keinen Zweifel an der vollen Dispositionsfähigkeit aufkommen lassend, zu beurteilen ist. Der Berufungswerber wurde wegen dieses von ihm verursachten Unfalles und der damit einhergehenden Körperverletzung der Mitfahrerinnen vom Bezirksgericht N, GZ, , am 11.9.1997 wegen § 88 Abs.1 StGB zu einer Geldstrafe von 6.000 S rechtskräftig verurteilt.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen: Gemäß § 4 Abs.2 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, ........... u.a. wenn bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden, die im Abs. 1 genannten Personen Hilfe zu leisten; sind sie dazu nicht fähig, so haben sie unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen. Ferner haben sie die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen. Der Berufungswerber könnte sich hier ebenfalls nicht mit Erfolg auf die gemäß dem Erkenntnis des VfGH , 5.12.1996, G 86/96 u.a., geänderte Rechtslage, nämlich die für die StVO 1960 im vollen Umfang normierten Subsidiaritätsbestimmung des § 99 6 lit.c StVO (Verbot der Doppelbestrafung) berufen. Das hier pönalisierte Verhalten beinhaltet keinen Aspekt, dessen Unwerthaftigkeit bereits von der Verurteilung wegen der Körperverletzung erfaßt gewesen wäre. Die obige Rechtsvorschrift zielt auf eine möglichst rasche Einschaltung der für die amtliche Unfallsaufnahme zuständigen Organe der öffentlichen Aufsicht. Gemäß dem Urteil des EGMR vom 23. Oktober 1995 widerspricht eine gesetzliche Strafdrohung (nur) dann dem Art.4 des 7. ZPEMRK, wenn sie den wesentlichen Gesichtspunkt ("aspect") eines Straftatbestandes, der bereits Teil eines von den Strafgerichten zu ahndenden Straftatbestandes ist, neuerlich einer Beurteilung und Bestrafung durch die Verwaltungsbehörden unterwirft (VfGH v. 11.3.1998, G262/97 [mit Hinweis auf Bericht der EKMR vom 9. April 1997, Beschwerde 22541/93, B gegen Österreich, Newsletter 1997, 211 f., wonach eine Verletzung von Art.4 des 7. ZPEMRK bejaht wurde, weil "(d)en strafrechtlichen und verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen .....ein weitgehend identer Sachverhalt zu Grunde lag, sodaß die Bf. - in bezug auf das Verwaltungsstrafverfahren - wegen einer strafbaren Handlung, wegen der sie bereits rechtskräftig verurteilt worden waren, erneut bestraft wurden."]). Im Gegensatz dazu liegen hier zwei völlig verschiedene Rechtsgutverletzungen vor, wobei wohl ein Kausalitätszusammenhang, jedoch keinerlei inhaltliche "Überlagerungen" der Tatbestände erkennbar sind. 6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Der objektive Unwertgehalt des hier verfahrensgegenständlichen Schutzgutes ist als schwerwiegend zu bezeichnen. Selbst wenn dem Berufungswerber zuzugestehen ist, daß er geneigt gewesen sein wollte, den von ihm verschuldeten Unfall vorerst selbst nicht wahrhaben zu wollen, kann doch mit der Vereitelung eines möglichst unverzüglichen Einschreitens von Exekutivorganen ein schwerwiegender Nachteil für die Ermittlungsarbeit und somit für die Feststellung der für die Durchsetzung zivil- und strafrechtlicher Ansprüche erforderlichen Voraussetzungen, äußerst nachteilig beeinträchtigt werden. Daher ist selbst angesichts der eher unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse des Berufungswerbers die hier verhängte Strafe von 2.000 S als sehr milde und jedenfalls tatschuldangemessen zu erachten, wobei dem Berufungswerber auch nicht mehr der Milderungsgrund der Unbescholtenheit zugute kommt. Es mußte daher auch hinsichtlich des Punktes 3. des Berufungsantrages ein Erfolg versagt bleiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Unfallmeldung, sofortige Unfallmeldung, Verkehrsunfall

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