Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161705/2/Bi/Be

Linz, 23.10.2006

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn DI BP vom 10. Oktober 2006 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf/Krems vom 22. September 2006, VerkR96-7893-2006, wegen Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Angelegenheit einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

   

     Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 18. September 2006 mangels Versäumung einer Frist zurückgewiesen wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 71 Abs.1 AVG iVm §§ 24 und 51 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde der Antrag des Berufungswerbers (Bw) auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom "21. April 2006" als unbegründet abgewiesen und dies damit begründet, der Bw habe sich erst am 1. Juni 2006 vom Hauptwohnsitz in O abgemeldet, obwohl er damit rechnen hätte müssen, dass Poststücke an die dortige Adresse nicht zugestellt werden könnten. Er habe der Zulassungs­behörde die Verlegung seines Wohnsitzes nicht angezeigt. Es liege daher kein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs.1 Z1 AVG vor.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da in der zugrunde liegenden Strafverfügung keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt worden war, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z4 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei sofort nach Bezug seines neuen Wohnsitzes in M seiner Meldepflicht nachgekommen, wohne seit 1. Juni 2006 dort und habe dies auch im Gemeindeamt M bekanntgegeben. In der Zeit davor sei er zwischen seinem Arbeitsplatz und seinem Zweitwohnsitz in Geschwindigkeit gependelt. Es sei ihm aus privaten und beruflichen Gründen nicht möglich gewesen, sich an seinem Hauptwohnsitz in O aufzuhalten, weshalb er sich auch dann für einen Wohnsitzwechsel entschieden habe. Mit einer behördlichen Verfügung habe er nicht rechnen müssen. Er habe aufgrund dieser Gegebenheiten keine rechtlichen Schritte gegen die Verfügung ergreifen können und ersuche um neuerliche Zustellung der Strafverfügung vom 19. April 2006.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass das auf den Bw zugelassene Kraftfahrzeug JU-……. am 20. März 2006, 9.41 Uhr, auf der A9 bei km 40.986, St. Pankraz, in Fahrtrichtung Sattledt mit überhöhter Geschwindigkeit mittels stationärem Radar gemessen wurde. Als Zulassungsadresse schien der damalige Hauptwohnsitz des Bw in O auf, sodass die Strafverfügung wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10a iVm 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 dorthin adressiert wurde. Laut Rückschein wurde diese nach zwei erfolglosen Zustell­versuchen am 21. und 24. April 2006 beim Postamt F hinterlegt und schließlich von der Post mit dem Vermerk "nicht behoben" an die Erstinstanz rückübermittelt.

 

Laut Zentralem Melderegister war der Bw bis 1. Juni 2006 in O mit Hauptwohnsitz gemeldet und hatte in G seinen Zweitwohnsitz. Als Zulassungs­adresse schien der Hauptwohnsitz auf. Ab 1. Juni 2006 ist der Bw mit Hauptwohnsitz in M gemeldet.

 

Mit Schreiben vom 18. September 2006 teilte der Bw unter Hinweis auf ein Schreiben der Erstinstanz, das ihm von den neuen Wohnungsbesitzern überlassen worden sei, mit, er habe sich seit Februar 2006 nicht mehr in O aufgehalten, was auch seine Mutter bestätigen könne. Er gehe unter Hinweis auf seine Wohnsitzänderung davon aus, dass nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde und beantrage eine Neuzustellung an den nunmehrigen Hauptwohnsitz. Dieses Schreiben wurde von der Erstinstanz als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewertet und erging der nunmehr angefochtene Bescheid.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 71 Abs.1 AVG, der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafver­fahren anzuwenden ist, ist unter den dort genannten Voraussetzungen gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.

 

Eine Frist ist als versäumt anzusehen, wenn sie zu laufen begonnen hat und ungenützt verstrichen ist.

Im gegenständlichen Fall war der Bw zwar an der Adresse in O mit Hauptwohnsitz gemeldet, hat sich jedoch "aus privaten und beruflichen Gründen" tatsächlich an seinem Nebenwohnsitz in G aufgehalten und war somit in O ortsabwesend im Sinne des § 17 Zustellgesetz. Daraus folgt, dass gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz die nach den beiden erfolglosen Zustellversuchen erfolgte Hinterlegung des Schriftstückes nicht die Rechtswirkungen der Zustellung entfaltete, dh die Strafverfügung galt nicht mit der Hinterlegung als zugestellt. Sie ist dem Bw nie zugegangen und wurde nach Fristablauf an die Erstinstanz retourniert. 

Dabei ist irrelevant, unter welche Tatbestände die Unterlassung einer Ummeldung des Hauptwohn­sitzes bzw der Zulassungsadresse durch den Bw gegebenenfalls fällt, da sich die Zustellung nach den tatsächlichen Verhältnissen richtet. Da die Strafverfügung dem Bw bislang nicht zugestellt wurde und damit auch die Rechtsmittelfrist nie zu laufen begonnen hat, konnte sie auch nicht ungenützt ablaufen und war daher auch kein Fall einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegeben, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Am Rande zu bemerken ist aber, dass die Strafverfügung gemäß § 31 Abs.1 VStG innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist die Behördensphäre verlassen hat und damit als rechtzeitige Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.1 VStG anzusehen ist, selbst wenn der Bw bislang davon keine Kenntnis erlangt hat. Verjährung ist damit nicht eingetreten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

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