Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105815/7/Br

Linz, 15.10.1998

VwSen-105815/7/Br Linz, am 15. Oktober 1998

DVR.0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn Dr. M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 30. Juli 1998, Zl.:VerkR96-4256-1998-K-N, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 15. Oktober 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 - AVG iVm § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem Straferkenntnis vom 30. Juli 1998, Zl.: VerkR96-4256-1998-K-N, wegen einer Übertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 700 S und für den Nichteinbringungsfall 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 9.12.1997 um 10.50 Uhr im Ortsgebiet von Hellmonsödt auf der B126 mit einem nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 20 km/h überschritten habe.

1.1. Begründend stützte die Erstbehörde ihre Entscheidung auf das Ergebnis einer diesbezüglich vorliegenden Radarmessung.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit der fristgerecht erhobenen Berufung. Inhaltlich bringt er zum Tatvorwurf nichts vor, vielmehr werden rein verfahrensrechtliche und formale Einwendungen erhoben, weil ihm das Recht auf rechtliches Gehör vor der Erstbehörde in Form einer Äußerung zum Beweisergebnis vereinbarungswidrig nicht gewährt worden sei. Auch wurde die vorgeschriebene Eichung des Geschwindigkeitsmeßgrätes in Frage gestellt. Abschließend beantragt der Berufungswerber - was wegen der Nichtanwendbarkeit des § 66 Abs.2 AVG gemäß § 24 VStG nicht zulässig ist - gesetzlich die Zurückverweisung des Verfahrens zur Beweisergänzung an die Behörde erster Instanz, in enventu wird die Aufhebung und Verfahrenseinstellung beantragt.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war erforderlich, weil im Ergebnis die zur Last gelegte Übertretung vom Berufungswerber bestritten wurde (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Zl.: VerkR96-4256-1998-K-H, im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. Oktober 1998, sowie durch die Beischaffung des Eichscheines des Verkehrsgeschwindigkeitsmeßgerätes, MU VR 6FA, Nr. 1075, die Vernehmung des Zeugen RevInsp. K und der Ehefrau des Berufungswerbers, I, sowie durch Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

5.1. Der Zulassungsbesitzer dieses Pkw´s, J (Schwiegervater des Berufungswerbers), gab im Wege der Lenkererhebung mit seinem Schreiben vom 4.3.1998 an, daß nicht er, sondern Frau I (seine Tochter), die Auskunft erteilen könne, wer das Fahrzeug zu dem im Spruch genannten Zeitpunkt gelenkt habe. Letztere teilte auf Anfrage der Erstbehörde vom 6. März 1998 mit ihrem Schreiben vom 24. März 1998 mit, daß Herr Dr. M das Fahrzeug gelenkt habe.

Im Einspruch gegen die auf Grund der Mitteilung seiner Ehefrau gegen ihn erlassenen Strafverfügung erklärte der Berufungswerber, daß er sich hinsichtlich der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig fühle und er die Einleitung des ordentlichen Verfahrens beantrage.

Im Rahmen dieses Verfahrens wurde sodann das Radarfoto beigeschafft und dem Berufungswerber rechtliches Gehör eingeräumt. In Reaktion auf das ihm von der Erstbehörde übermittelte ergänzende Beweisergebnis werden Bedenken im Hinblick auf die Meßfehlergrenzen und die ordnungsgemäße Eichung eingewendet.

Diese Äußerung vom 29. Juli 1998 wurde offenbar von der Erstbehörde nicht mehr berücksichtigt, weil das angefochtene Erkenntnis bereits mit 30. Juli 1998 datiert wurde und die Äußerung bei der Behörde erst am 31. Juli 1998 einlangte.

Anläßlich der Berufungsverhandlung, in welcher der Berufungswerber die formalen Einwände zurückzog, erklärte die Zeugin unter ausführlicher Belehrung über das Entschlagungsrecht und eindringlicher Wahrheitserinnerung klar und unmißverständlich, daß sie damals ganz bewußt eine falsche Lenkerauskunft erteilt habe. Sie habe dies aus einer Verstimmung gegenüber ihren Mann getan, weil er ihr seinen Pkw nicht mehr zur Verfügung gestellt habe. Aus diesem Grund habe sie ihn als Lenker benannt. Tatsächlich sei jedoch sie selbst mit dem Fahrzeug unterwegs gewesen. Dabei habe sie sich gedacht, er werde mit diesem Problem schon fertig werden. Die Zeugin legte auch klar, daß sie auf Grund des Berufes ihres Mannes (Rechtsanwalt) über die Verjährungsfristen in Kenntnis sei und allenfalls die Übertretungen (wegen falscher Lenkerauskunft und dem Grunddelikt) gegen sie in die Verjährung gelangen werde. Der Berufungswerber bot schließlich auch noch Beweise an, welche belegen könnten, daß er sich zur Tatzeit in einer Verhandlung befunden habe und er nicht der Lenker zum fraglichen Zeitpunkt gewesen sein könne. Er gab auch freimütig zu, daß er eben diesen Umstand nicht schon vorher belegt habe um so in die Verfolgungsverjährung hinsichtlich eines Tatvorwurfes die Lenkerin betreffend zu gelangen.

Diese Angaben waren unwiderlegbar und aus der Motivlage heraus auch nachvollziehbar.

Hier wurden offenkundig erfolgreich die gesetzlichen Möglichkeiten einer verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung zu entgehen optimal genutzt.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Schon bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung ist von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und ist die Einstellung zu verfügen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 86/83/0251; ZfVB 1991/3/1122). Hier konnte vielmehr ein als gesichert anzusehender Beweis erbracht werden, daß der Berufungswerber zur Tatzeit als Lenker nicht fungiert hat.

6.2. Abschließend sei noch erwähnt, daß hier der Gesetzgeber gerufen wäre, derartige, über den Umweg eines hohen Verwaltungsaufwandes erreichbare verfahrensrechtliche Nischen um einer Strafverfolgung zu entgehen, zu schließen.

Dabei ist auf die mit BGBl.Nr.158 am 1. Jänner 1999 in Kraft tretende Novellierung des § 32 VStG hinzuweisen. Der dieser Bestimmung hinzugefügte Absatz 3 erstreckt etwa die Wirkung einer Verfolgungshandlung die gegen einen zur Vertretung nach außen Berufenen (§9 Abs.1 VStG) gerichtet wurde, auch gegen die anderen zur Vertretung nach außen Berufenen und die verantwortlichen Beauftragten.

Die Logik dieser legistischen Maßnahme ließe sich gut auf die Verfolgungshandlung einer deliktsspezifischen Fahrt mit einem Kraftfahrzeug umlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

 

 

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