Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420473/8/BMa/Be

Linz, 20.10.2006

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Beschwerde des W W, geb., wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Aufforderung zum Antritt einer Ersatzfreiheitsstrafe und Androhung der zwangsweisen Vorführung zum Strafantritt durch ein Organ der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Beschwerde wird keine Folge gegeben und die schriftliche Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe unter Androhung der zwangsweisen Vorführung zum Strafantritt als nicht rechtswidrig festgestellt.

 

II.                  Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis) Aufwendungen in Höhe von 51,50 Euro als obsiegender Partei binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

Art. 129a Abs.1 Z.2 Bundes- Verfassungsgesetz (B-VG) iVm § 67a Abs.1 Z.2 und § 67c AVG 1991;

§ 79a AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit einem am 13. Mai 2006 per Mail übermittelten Schriftsatz erhob der Rechtsmittelwerber Maßnahmenbeschwerde gegen den Verwaltungsakt des Bezirkshauptmanns von Ried i.I. vom 24. April 2006, Sich96-64-2004, wegen einer Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe unter Androhung der zwangsweisen Vorführung zum Strafantritt, die ihm am 27. April 2006 (gemäß seinen Angaben am 26. April 2006) zugestellt worden war.

 

Im Wesentlichen wurde ausgeführt, es bestehe kein Grund zur Annahme, dass die Geldstrafe in der Höhe von 80 Euro uneinbringlich sei. Er sei seit ca. 2,5 Jahren bei einer Firma beschäftigt und verdiene ca. 1.300 Euro, 14 mal jährlich. Es werde zur Zeit eine Lohnpfändung gegen ihn geführt, wobei der offene Gesamtbetrag 500 Euro betrage. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Geldstrafe uneinbringlich wäre. Die BH Ried habe weder versucht die Geldstrafe einzutreiben, noch könne sie die Annahme der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe auf irgendwelche entsprechenden Erhebungsergebnisse stützen.

Der Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erst zulässig, wenn sich beim Versuch der Eintreibung der Geldstrafe herausstelle, dass diese uneinbringlich sei. Die Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe stehe fest, wenn ein Vollstreckungsverfahren nach § 3 VVG ergebnislos verlaufen sei. Von einer begründeten Annahme der Uneinbringlichkeit einer Geldstrafe könne solange nicht gesprochen werden, als nicht alle für die Einbringung gegebenen rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft seien.

 

Abschließend stellt der Beschwerdeführer den Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat möge den gegenständlichen Verwaltungsakt für rechtswidrig erklären.

Ein Kostenbegehren wurde nicht gestellt.

 

1.2. Mit Schreiben vom 16. Mai 2006 wurde die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis aufgefordert, den bezughabenden Verwaltungsakt vorzulegen. Weiters wurde dem Bezirkshauptmann des Bezirks Ried im Innkreis die Möglichkeit eingeräumt, eine Gegenschrift zu erstatten.

 

1.3. In der Gegenschrift vom 9. Juni 2006 teilte die belangte Behörde im Wesentlichen mit, die Aufforderung zum Antritt einer Freiheitsstrafe stelle nach einschlägiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder einen Bescheid noch die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt dar. Eine solche Aufforderung enthalte nämlich weder einen Abspruch in einer bestimmten Verwaltungsangelegenheit noch stelle sie eine Maßnahme dar, die unmittelbar auf den Entzug der Freiheit gerichtet sei. Sie habe vielmehr der Vollstreckung einer im Verwaltungsstrafverfahren verhängten Freiheits- oder Ersatzfreiheitsstrafe lediglich voranzugehen. Daher sei sie auch nicht als Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Sinne des Art. 131a B-VG zu qualifizieren.

 

Abgesehen davon habe die Behörde zur Frage der Uneinbringlichkeit der in Rede stehenden Geldstrafe von 80 Euro sehr wohl entsprechende Erhebungen durchgeführt. Nach Darstellung derselben wurde angeführt, dass damit die derzeitige Uneinbringlichkeit des aushaftenden Betrages mit Grund anzunehmen gewesen sei, was ein Vorgehen der Behörde nach § 54 b Abs.2 VStG rechtfertige. Dabei bedürfe es aufgrund der bei Erfolglosigkeit auflaufenden Zusatzkosten auch keines Versuches der Eintreibung des ausstehenden Geldbetrages gemäß § 3 VVG, da ein derartiger Versuch in Ansehung der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Fall der begründeten Annahme der Uneinbringlichkeit entbehrlich sei.

 

Abschließend wurde der Antrag gestellt, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abweisen. Ein Kostenbegehren auf Zuerkennung des Vorlageaufwands wurde nachträglich per Fax übermittelt.

 

1.4. Die Gegenschrift wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 22. September 2006 unter Setzung einer Zweiwochenfrist zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt. Der Beschwerdeführer hat sich jedoch dazu nicht geäußert.

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, Sich96-64-2004, sowie durch Einsicht in die Beschwerde und die Gegenschrift.

 

3.1. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Dass die Zustellung der Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe am

27. April 2006 (durch Hinterlegung) erfolgt ist, ergibt sich aus der Aktenlage. Zwar bringt der Beschwerdeführer vor, diese Aufforderung sei ihm am 26. April 2006 zugestellt worden, diese zeitliche Divergenz ist jedoch im vorliegenden Fall ohne Belang.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

3.2.1. Gemäß Art. 129a Abs.1 Z.2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z.2 AVG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate, unter Ausnahme von Finanzstrafsachen des Bundes, über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sogenannte Maßnahmenbeschwerden).

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehls mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl. VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl. VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl. VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl. Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 1983, 74).

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles droht (vgl. mwN Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Bundes­verfassungs­rechts, 8. A, 1996, Rz 610).

 

Den Rechtsausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift ist beizupflichten, dass gemäß ständiger Judikatur die zwangsweise Vorführung zum Antritt einer Ersatzfreiheitsstrafe und der nachfolgende Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe Akte der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellen.

Im vorliegenden Fall ist es - unstrittig - weder zu einer solchen zwangsweisen Vorführung noch zu einem Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe gekommen. Die (bloße) Aufforderung zum Antritt einer Ersatzfreiheitsstrafe stellt weder einen Bescheid noch die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar. Sie enthält nämlich weder einen Abspruch in einer bestimmten Verwaltungsangelegenheit (daher kein Bescheid), noch stellt sie eine Maßnahme dar, die unmittelbar auf den Entzug der Freiheit gerichtet ist. Sie hat vielmehr der Vollstreckung einer im Verwaltungsstrafverfahren verhängten Freiheits- oder Ersatzfreiheitsstrafe lediglich voranzugehen. (VwGH vom 25. Februar 1983, 92/02/0249, VwGH vom 3. April 1979, 0737/79, UVS Vorarlberg vom 6. September 1996, 2-01/96).

 

Damit kann auch die Aufforderung zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe vom 24. April 2006 nicht als Akt unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gewertet werden und es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

4.1. Bei diesem Verfahrensergebnis war der belangten Behörde als obsiegender Partei der beantragte Vorlageaufwand zuzusprechen. Ein Antrag auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes wurde nicht gestellt.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

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