Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521400/5/Fra/Sp

Linz, 12.10.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der Frau EB, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 29. August 2006, VerkR21-164-2006/EF-Mg/Rei, betreffend Aufforderung zur Beibringung einer Stellungnahme eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass für die Beibringung der aufgetragenen Unterlagen eine Frist von vier Monaten ab Rechtskraft (Zustellung) dieses Bescheides festgesetzt wird.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 iVm § 67a Abs.1 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid die Berufungswerberin (Bw) aufgefordert, zur Erstattung eines amtsärztlichen Gutachtens erforderliche Befunde und Stellungnahme, es sind dies

Ø      eine Stellungnahme eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie

Ø      eine verkehrspsychologische Stellungnahme, aus der ihre kfz-spezifische Leistungsfähigkeit hervorgeht

der Amtsärztin so vorzulegen, dass dieses fristgerecht erstellt werden kann.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft  Eferding  - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu  entscheiden hat.  

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

 

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften ua die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt (Z1).

 

Gemäß § 24 Abs.4 erster Satz FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

 

Ungeachtet des Umstandes, dass das FSG eine dem § 75 Abs.1 KFG 1967 entsprechende Bestimmung nicht enthält, ist auch im Geltungsbereich des FSG Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens betreffend Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung und damit für einen Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG, dass begründete Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4 leg.cit) noch gegeben sind. Dies folgt schon aus dem allgemeinem Grundsatz, dass die Verwaltungsbehörden nicht grundlos Ermittlungsverfahren einzuleiten und Aufforderungsbescheide mit der Folge eines Rechtsverlustes bei Nichtbefolgung zu erlassen haben (vgl. hiezu die Erkenntnisse des VwGH vom 10.11.1998, Zl.98/11/0120, vom 14.3.2000, Zl. 99/11/0185, vom 23.1.2001, Zl. 2000/11/0240 und vom 30.5.2001, Zl. 2001/11/0013). Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides setzt demnach begründete Bedenken voraus, dass die Bw eine der im § 3 Abs.1 FSG-GV genannten Voraussetzungen für das Vorliegen der gesundheitlichen Eignung nicht erfüllt. In diesem Stadium des Verfahrens zur Entziehung der Lenkberechtigung geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer der Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann. Es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen.

 

3.2. Lt. Bericht der Polizeiinspektion A an die belangte Behörde vom 9. Juli 2006 verständigte am 8.7.2006 um 12.40 Uhr die Bw über Notruf die Landespolizeileitfunkstelle, wonach ihr Wohnhaus bzw. die Deckenkonstruktion nach heftigen Unwettern einsturzgefährdet sei bzw. benötige sie krankheitshalber umgehend Hilfe durch die örtliche Feuerwehr und Gemeinde. Beim Eintreffen wurde die Bw im Wohnzimmer sitzend angetroffen (in offensichtlich schlechtem gesundheitlichen Zustand, klagte über dringend notwendige Medikamenteneinnahme etc.) und gab dem Bürgermeister und dem Feuerwehrkommandanten gegenüber an, dass die Holzdecke ihres Wohnhauses (mit Rigipsplatten verkleidet) in der Nacht nach einem heftigen Gewitterregen nachgegeben habe und deshalb jetzt einsturzgefährdet sei. Der Deckenverbau war auf einer Fläche von ca. 3 m2 augenscheinlich durch eingedrungenes Wasser bräunlich verfärbt und einzelne Platten sichtlich nach unten gewölbt. Vom Bürgermeister wurde das Wohnhaus aus baupolizeilicher Sicht vorläufig für die weitere Benützung gesperrt und die Bw nach ärztlicher Untersuchung mit der Rettung in das Krankenhaus eingewiesen. In der Wohnung herrschten katastrophale hygienische Zustände wegen diversem deponiertem Hausmüll, nicht entsorgter Speisereste und Katzenkot etc.

 

Die belangte Behörde leitete ein Verfahren zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B ein. Im Zuge dieses Verfahrens wurde die Bw amtsärztlich untersucht. Die Amtsärztin Frau Dr. MB berichtete mit Schreiben vom 28. August 2006, AZ: San20-1210-2006-Ber/Hm an die Abteilung Verkehrsrecht der belangten Behörde, dass sich bei der Bw im Rahmen der Untersuchung am 1.8.2006 wesentliche körperliche Einschränkungen als auch der Verdacht auf nicht ausreichende Umstellfähigkeit (kfz-spezifische Leistungsfähigkeit) ergebe. Die Bw sei daher aufgefordert worden, eine neuropsychiatrische Stellungnahme beizubringen, weiters sei eine Überprüfung der kfz-spezifischen Leistung ausgeschrieben. Da seitens der Bw diese Unterlagen nicht vorgelegt wurden, hat die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid  erlassen.

 

Im dagegen rechtzeitig eingebrachten Rechtsmittel bringt die Bw vor, dass sie an Arthrose (Rheuma) leide und deshalb ärztlich behandelt werde. Jeder in ihrem Haushalt habe seine Aufgabe. Ihr Sohn mache die Müllabfuhr, ihre Enkelin fahre ein größeres Auto und bringe den Müll weg. Ihr Müll stehe nicht in der Wohnung, sondern im Freien zwischen zwei Häusern in Abfalleimern. Die Katze habe ein Kistchen mit einer Streu. Die Speisereste werden in einem Eimer und Komposter im Garten entsorgt.

 

Aufgrund eines Ersuchens des Oö. Verwaltungssenates teilte die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Eferding, Frau Dr. B zu der Fragestellung, worin der begründete Verdacht besteht, dass die Bw an einer Krankheit iSd § 5 FSG-GV leide, Folgendes mit:

 

"Die Vorgeschichte kann als bekannt vorausgesetzt werden. Aufgrund der Aufforderung der Abteilung Verkehrsrecht wurde Frau B für 31. Juni 2006 vorgeladen. Sie leistete der Vorladung nicht Folge. Es war daher eine neuerliche Vorladung geplant. Frau B kam dann am 1.8.2006 in Begleitung ihrer Enkeltochter S und Frau G (Amtsleiterin der Gemeinde A) nach telefonischer Vorankündigung von Frau Vizebürgermeister G ins Amt. Es wurde daher die amtsärztliche Untersuchung druchgeführt. Anamnestisch negierte Frau B ihre desolaten Umstände, berichtete lediglich über Schmerzen in überwiegend der linken Hüfte. Sie nehme zur Sicherheit Krücken und komme nur mit Abstützen aus dem Sessel. Vom äußeren Aspekt her war Frau Bogner in mäßig gepflegtem Zustand. Grobneurologisch fiel vor allen Dingen eine massive Zielunsicherheit beim FNV auf. Der Gang war mühevoll, beritbasig und kurzschrittig. Aus den hier vorliegenden Unterlagen ist eine Myelitis bekannt. Psychisch war Frau B soweit geordnet. Sie gab lediglich knappe Antworten, die verbale Fassade relativ gut erhalten. Bei detaillierter und mehrfacher Befragung ergab sich, dass sich Frau B ihrer Einschränkungen nicht wirklich bewusst ist. Es zeigten sich deutliche Verzögerungen in der Umsetzung von gegebenen Aufgaben im Verlauf der Untersuchung, sodass der Verdacht auf eine Demenz (cerebraler Abbau) zu stellen war. Das auffällig beitbasige, teilweise kurzschrittige Gangmuster, sowie die massiver Zielunsicherheit beim FNV ergab den Verdacht auf ein zusätzlich neurologisches Geschehen. Typisch für einen dementiellen Abbau ist die oft relativ gut erhaltene verbale Fassade, das Negieren von Einschränkungen, oft auch eine mangelnde Impulskontrolle. Aufgrund der vorhandenen Befunde ist daher der Verdacht auf eine Demenz gegeben. Demenztypisch sind Störungen des Urteils­vermögens, auch des Verhaltens und der Anpassung. Aus diesem Grund wurde Frau B im Rahmen der Untersuchung aufgefordert eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen, sowie eine verkehrspsychologische Testung für den kraftfahrspezifischen Bereich ausgeschrieben. Die oft demenztypisch fehlende Impulskontrolle wurde von Frau B beim Verlassen des Untersuchungsraumes auch offenbar, nachdem sie beim Verlassen des Amtes mit ihrer Krücke der begleitenden Frau G über das Knie schlug, was jedoch in weiterer Folge von ihr negiert wurde."

 

Die oa Feststellungen der Amtsärztin bilden ein ausreichendes Substrat dafür,  (begründete) Zweifel an der gesundheitlichen Eignung der Bw zum Lenken von Lenken von Kraftfahrzeugen für die Klasse B zu hegen. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass lt. oa Stellungnahme die Bw an Myelitis leidet, welche je nach Ausdehnung zu einer sensiblen oder motorischen Querschnittslähmung führen kann. Weiters ist der Verdacht auf Demenz gegeben, bei der es zu einer fortschreitenden Einschränkung der geistigen Leistungsfähigkeit kommt. Diese Umstände reichen nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates aus, begründete Zweifel iSd § 24 Abs.4  FSG zu rechtfertigen, weshalb der Berufung keine Folge gegeben werden konnte und der angefochtene Bescheid  mit der Maßgabe der Festsetzung einer neuen Frist zur Beibringung der spruchgemäßen Unterlagen zu bestätigen war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. F r a g n e r

 

 

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