Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105822/9/BR

Linz, 21.10.1998

VwSen-105822/9/BR Linz, am 21. Oktober 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn L gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 17. Juli 1998, Zl.: VerkR96-4655-1998, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach der am 21. Oktober 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 800 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt. Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat über den Berufungswerber mit dem Straferkenntnis vom 17. Juli 1998, Zl.: VerkR96-4655-1998, wegen der Übertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 4.000 S und für den Nichteinbringungsfall vier Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 23. Februar 1998 um 09.57 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen , auf der B122, Km 65.515, im Ortsgebiet S, in Fahrtrichtung K gelenkt habe, wobei er die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 43 km/h überschritten habe. 1.1. Begründend führte die Erstbehörde inhaltlich im wesentlichen aus, daß sie die auf die Anzeige gestützte Geschwindigkeitsüberschreitung als erwiesen erachte, weil diese mittels dem Radarmeßgerät, MUVR 6F, Nr. 158, festgestellt worden sei. Hinsichtlich der ausgesprochenen Strafhöhe begründete die Erstbehörde diese sinngemäß damit, daß vom Schnellfahren ein erheblicher Unrechtsgehalt ausgehe und es als erwiesene Tatsache gelte, daß darin eine der häufigsten Unfallursachen gründe. Daher stelle die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet im Ausmaß von 43 km/h eine als schwerwiegend zu erachtende Rechtsgutbeeinträchtigung dar. Die Erstbehörde ging ferner davon aus, daß dieses Ausmaß an Geschwindigkeitsüberschreitung nicht mehr unbewußt - auf bloß geringer Fahrlässigkeit basierend - geschehen könne, sondern diese vielmehr bewußt in Kauf genommen worden sein müsse. Diese Verhaltensweise sei aus Gründen der Generalprävention zur Verdeutlichung des Unrechtsgehaltes, welcher entsprechend zu pönalisieren sei, entsprechend zu bestrafen. Straferschwerend erachtete die Erstbehörde bereits einschlägige Vormerkungen, strafmildernde Umstände wurden nicht berücksichtigt. Laut eigener Angabe vom 17.7.1998 vor der Erstbehörde verfügt der Berufungswerber als Selbständiger über ein Jahresnettoeinkommen von ca. 62.000 S.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung. Er wendet Mangelhaftigkeit des Verfahrens ein und stellt im Ergebnis die ordnungsgemäße Messung in Frage. Die Beischaffung des "Radarfotos" wird u.a. beantragt. Des weiteren rügt der Berufungswerber eine unrichtige rechtliche Beurteilung, wobei der Berufungswerber vermeint - was inhaltlich nicht nachvollziehbar ist - "die relevante Geschwindigkeit sei um weniger als 10% für das nach dem FSG notwendige Ausmaß von 40 km/h überschritten worden." Auf das weitere, sich offenkundig auf die Frage des Entzuges der Lenkberechtigung beziehende Vorbringen, ist mangels Verfahrensrelevanz nicht einzugehen. Ebenfalls kann mangels Sachbezuges dahingestellt bleiben, was mit dem Hinweis auf die Bekämpfung eines h. Bescheides vom 21.1.1998 beim VwGH gesagt sein will.

Der Berufungswerber vermeint abschließend, daß auch angesichts seiner Sorgepflichten für zwei Kinder und die Gattin die Strafe bei weitem überhöht sei. Da er bislang im Straßenverkehr nie negativ aufgefallen sei, hätte es hier bei einer Ermahnung bleiben können. Er bestreitet darin im Ergebnis die ihm zur Last gelegte Tat und vermeinte, daß auch ein "Abirren des Meßstrahles" durch Metallteile zu befürchten wäre. Zur Strafzumessung führt er aus, daß diese angesichts der Sorgepflichten für zwei Kinder und seine Ehefrau zu hoch bemessen worden wäre und ihm nur mehr das Existenzminimum verbleibe. Es wurde die Verfahrenseinstellung in enventu die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war insbesondere angesichts der Tatsachenbestreitung und zur Wahrung der gemäß Art. 6 EMRK gewährleisteten Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems, Zl.: VerkR96-4655-1998. Ferner wurde Beweis erhoben durch die Vernehmung des Meldungslegers, die Beischaffung des Radarfotos, des Eichscheines und des Meßprotokolls, welche als Beilagen .\1 bis .\3 zum Akt genommen wurden. Der Berufungswerber erschien trotz auch persönlicher Ladung zur Berufungsverhandlung nicht. Die Erstbehörde entschuldigte sich für ihr Nichterscheinen.

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

5.1. Der Berufungswerber lenkte sein Fahrzeug auf der oben angeführten Wegstrecke und Zeit, wobei er die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit unter Berücksichtigung der Meßfehlergrenze um 43 km/h überschritt. Aus den Anzeigedaten ist die zur Last gelegte Fahrgeschwindigkeit ersichtlich, wobei die mittels geeichtem Meßgerät gemessene Fahrgeschwindigkeit 98 Km/h betrug. Davon wurde 5 km/h als Meßfehlertoleranz in Abzug gebracht. Das Gerät wurde vom Meldungsleger vorschriftsmäßig bedient, d.h. aufgestellt und vor der Inbetriebnahme kalibriert. Der Meldungsleger ist seit vielen Jahren mit derartigen Messungen betraut. Dies legte der Zeuge (Meldungsleger) anläßlich seiner Vernehmung in widerspruchsfreier und überzeugender Weise dar. Für den Oö. Verwaltungssenat ergeben sich auf Grund des vorliegenden Beweisergebnisses daher keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der hier zur Last gelegten Fahrgeschwindigkeit, welche auf eine entsprechende Messung gestützt wurde. Ebenfalls bestehen keine Zweifel an der Qualifikation des Gendarmeriebeamten im Hinblick auf die Bedienung des Meßgerätes und der Eignungs- und Funktionstüchtigkeit dieses Gerätes. Der Berufungswerber - welcher zur Berufungsverhandlung unentschuldigt nicht erschienen ist - vermochte demgegenüber mit der bloßen Behauptung diese Fahrgeschwindigkeit nicht gefahren zu sein, die Anzeigeangaben des Meldungslegers nicht zu entkräften. 6. Rechtlich verweist der unabhängige Verwaltungssenat auf die von der Erstbehörde in zutreffender Weise getätigte Subsumtion des Tatverhaltens unter § 20 Abs.2 StVO 1960.

6.1. Zur Messung an sich ist auszuführen, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Radarmessung grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit darstellt; einem mit der Radarmessung betrauten Beamten ist auf Grund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Radargerätes zuzumuten (vgl. etwa das Erkenntnis vom 16. 12. 1987, Zl. 87/02/0155). Im vorliegenden Fall erfolgte wie oben bereits ausgeführt die Radarmessung durch ein am Fahrzeug montiertes (geeichtes) Radargerät. Diese Anlage wurde vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen genehmigt. Dies ergibt sich u.a. aus dem vorgelegten Eichschein. Das Gerät wurde für die Zeit vom 12. September 1997 bis zum 31.12.2000 geeicht. Daß die Bedienung dieses Meßgerätes nach der Bedienungsvorschrift durch einen geschulten Beamten erfolgte, hat sich im Berufungsverfahren bestätigt und wurde eingangs nur mit einer Vermutung, letztlich jedoch auch vom Rechtsvertreter des Berufungswerbers nicht mehr in Frage gestellt. Auf Grund all dieser Umstände bedurfte es daher keines näheren Eingehens auf die vom Berufungswerber in der Berufung völlig unsubstanziert erhobenen Bedenken im Hinblick auf ein fehlerhaftes Funktionieren des Meßgerätes oder hinsichtlich angedeuteter Mängel beim Betrieb. Insbesondere vermochte der Berufungswerber keine konkrete Mängel aufzuzeigen. Vielmehr waren die in der Berufung angedeuteten Mängel auf bloße (unzulässige) Erkundungsbehauptungen gerichtet. Ebenso ergibt sich aus dem vorhandenen Radarfoto kein Anhaltspunkt für das Vorhandensein von - laut Behauptung - die Messung beeinflussenden Gegenständen. Seine hypothetischen, nicht entsprechend fachlich untermauerten Behauptungen vermochten keine weitere Ermittlungspflicht der Behörde in Richtung auf unbestimmte Meßfehler auszulösen (vgl. das schon zit. Erk. des VwGH vom 16. Dezember 1987). Insbesonders ergibt sich aus dem Erk. des VwGH vom 12.7.1995, 95/03/0099, daß auch von einem Autotelefon die Funktionstüchtigkeit des Radarmeßgerätes nicht zu erwarten ist, wie dies anläßlich der Berufungsverhandlung darzulegen versucht wurde.

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Konkret wird in Ergänzung zu den zutreffenden Anmerkungen der Erstbehörde zur Strafzumessung noch ausgeführt, daß Geschwindigkeitsüberschreitungen - insbesondere in Ortsgebieten - eine der häufigsten Ursache für schwere Verkehrsunfälle sind, weshalb im Hinblick auf das Ausmaß der hier vorliegenden Geschwindigkeitsüberschreitung insbesondere aus Gründen der Generalprävention die verhängte Strafe jedenfalls gerechtfertigt ist. Auch ist der Berufungswerber verwaltungsstrafrechtlich nicht mehr unbescholten. Es widerspricht daher - selbst unter der Annahme bloß durchschnittlicher Einkommensverhältnisse und auch der Sorgepflichten für zwei Kinder und die Gattin - nicht dem Sinn der Strafbemessungsbestimmungen, wenn bei einer gesetzlichen Höchststrafe von 10.000 S die Strafe hier mit 4.000 S bemessen wurde. Gänzlich unhaltbar und rechtlich verfehlt ist es, wenn der Berufungswerber sein Verhalten als bloß ermahnungswürdig beurteilbar glaubt. Hiefür bedürfte es nach § 21 VStG eines bloß geringen Verschuldens und bloß unbedeutender Folgen der Übertretung. Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall.

Mit einer derart eklatanten Geschwindigkeitsüberschreitung ist (war) aus abstrakter Sicht eine schwerwiegende Beeinträchtigung straßenverkehrsrechtlich geschützter Interessen verbunden. Es ist eine statistisch belegte Tatsache, daß Geschwindigkeitsüberschreitungen die häufigste Ursache für Verkehrsunfälle mit oft tödlichem Ausgang sind. Diese gründet beispielsweise darin, daß bei der vom Berufungswerber getätigten Geschwindigkeitsüberschreitung der Anhalteweg beträchtlich mehr als verdoppelt gewesen wäre. Während dieser bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h bei einer starken Bremsung (= 6,5 m/sek/2, einer Sekunde Reaktionszeit und 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit) 30,11 Meter beträgt, liegt dieser bei einer Fahrgeschwindkgkeit von 93 km/h unter diesen Bedingungen bereits bei 79,74 Meter. Jene Stelle an der ein Pkw unter Annahme der obigen Daten aus der erlaubten Höchstgeschwindigkeit heraus zum Stillstand kommt (nach 30,11 m), wird bei der vom Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit noch mit 59,80 km/h durchfahren (Berechnung mittels "EVU-Unfallsrekonstruktionsprogramm - Prof. Dr. Gratzer-KFZ-Sachverständiger). Immerhin darf jedermann darauf vertrauen, daß andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz). Wenn andere Verkehrsteilnehmer demzufolge ihr Verhalten entsprechend einrichten, ist es nur unschwer nachvollziehbar, daß es bei so gravierenden Geschwindig-keitsüberschreitungen leicht zu nicht mehr beherrschbaren (unfallvermeidenden) Konstellationen kommen kann. Dies sind dann eben jene Verkehrsunfälle die sich nicht zugetragen hätten, wären die Vorschriften eingehalten worden; die Unfallskausalität gründet bei derartigen Geschwindigkeitsüberschreitungen (auch) in einer derartigen Schutznormverletzung. Wie daher von der Erstbehörde zutreffend ausgeführt wurde, bedarf es daher einer strengen Bestrafung, um derartigen Übertretungen entgegenzuwirken. Subjektiv tatseitig ist davon auszugehen, daß eine solche Fahrgeschwindigkeit im Ortsgebiet nicht mehr durch bloßes "Übersehen", sondern bewußt in Kauf genommen wird. Daher ist von einem qualifizierten Verschulden auszugehen. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn im Ausmaß von 50 km/h hat etwa der Verwaltungsgerichtshof schon im Jahr 1991 eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 S, selbst wenn mit einer solchen Überschreitung keine nachteiligen Folgen verbunden gewesen sind, als durchaus angemessen erachtet (VwGH 13.2.1991, 91/03/0014).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r : 04.11.98 07:13 Erstellt am: 00:00:00 Beschreibender Name: Dokumentart: Verfasser/in: Dr. Herman Bleier Schreibkraft: VWS10 Betreff: Bezug: Stichpunkte: Beschlagwortung:

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