Linz, 02.11.2006
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau HP-G vom 31. August 2006 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 8. August 2006, VerkR21-3299-1993, wegen Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klasse B, zu Recht erkannt:
Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 und 67a AVG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Antrag der Berufungswerberin (Bw) vom 7. November 2005 auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klasse B auf der Grundlage der §§ 3 Abs.1 Z3 FSG iVm 3 Abs.1 Z4 FSG-GV abgewiesen. Begründend wurde auf die Ausführungen in der von der Bw selbst vorgelegten verkehrspsychologischen Stellungnahme Dris. BK in W vom 15. November 2005 verwiesen, die auf "nicht geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B" lautet.
Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 23. August 2006.
2. Dagegen wendet sich die von der Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).
3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, man müsse sich die Frage stellen, ob hier nicht oft mit zweierlei Maß gemessen werde. Viele Verkehrsteilnehmer würden Mopedautos nicht besonders mögen, würden zu knapp in die Vorrangstraße einfahren oder so knapp und riskant überholen, dass der Lenker des Mopedautos oft eine Vollbremsung machen müsse, um einen Zusammenstoß zu vermeiden bzw damit sich der Pkw-Lenker ohne Unfall einordnen könne. Andererseits befinde die Behörde eine Person zum Lenken eines Autos für "nicht geeignet", obwohl dieser Person im Straßenverkehr ein richtiges Handeln und eine schnelle Reaktion abverlangt werde und sie auch oft bewiesen habe, dass sie in kritischen Situationen schnell reagiert und richtig gehandelt habe. Es sei nicht einzusehen, warum sie für das Lenken eines Autos nicht geeignet sein solle. Angeregt wird zumindest eine Beschränkung der Lenkberechtigung auf Vöcklabruck, Lambach und Laakirchen.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Einholung eines Gutachtens gemäß § 8 FSG der Amtsärztin Dr. EW vom 10. Oktober 2006, San-234965/1-2006-Wim/Br.
Die Amtsärztin führt in diesem Aktengutachten aus, die vorliegenden verkehrspsychologischen Stellungnahmen vom 24. November 1993, 9. August 1995 und
14. November 2005 seien alle negativ gewesen und sei von stark eingeschränkten kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen ausgegangen worden, teilweise mit hochgradigen Minderungen. Auch im Verlauf sei keine Leistungssteigerung feststellbar gewesen, die funktionalen Mängel seien als nicht ausreichend kompensierbar bewertet worden, sodass davon auszugehen sei, dass die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen in allen Bereichen derart eingeschränkt seien, dass eine derzeitige Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B bestehe. Aufgrund der Aussagen in den bereits vorliegenden verkehrspsychologischen Stellungnahmen sei mit einer Besserung dieser - in ausreichendem Maß unumgänglich notwendigen - kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen in absehbarer Zeit nicht zu rechnen, sodass von einer weiteren Untersuchung Abstand genommen werden sollte. Eventuelle weitere Fragen bezüglich einer eingeschränkten Wegstrecke sollten primär im Vorfeld unter Miteinbeziehung der bisherigen Untersuchungsergebnisse mit einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle auf deren Sinnhaftigkeit und Möglichkeit abgeklärt und von einer solchen letztlich auch beurteilt werden. Hingewiesen wird auf die besonders hohe Lenkerverantwortung im speziellen auch beim Transport von Kindern.
Im Rahmen des Parteiengehörs wurde in der Stellungnahme vom 30. Oktober 2006 und im Telefongespräch am 2. November 2006 vom Ehegatten der Bw für seine Gattin geltend gemacht, seine Frau fahre seit sieben Jahren unfallfrei mit dem Mopedauto (derzeit schon 25.000 km) und sei nicht einzusehen, warum sie nicht in der Lage sein sollte, ein Auto zu lenken, zumal sich die Frage stelle, was diese verkehrspsychologischen Gutachten mit der Realität im Straßenverkehr zu tun hätten. Es sei für sie unmöglich, mehr als zwei Kinder mitzunehmen, weil nur ein Kind auf dem Beifahrersitz gesichert mitfahren könne; ein zweites könne nicht angeschnallt werden. Es wäre für alle Beteiligten besser, wenn sie den Führerschein B machen dürfte, damit sie zwei Kinder angeschnallt mitnehmen könne. Er selbst arbeite in Linz und könne daher die Termine der Kinder nicht wahrnehmen. Eine persönliche Aussprache wäre die beste Lösung, er schlage auch die Durchführung einer Art Prüfungsfahrt durch eine befugte Person für die Einschränkung der Lenkberechtigung auf die Gebiete Vöcklabruck, Laakirchen und Lambach vor.
In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat der Antragsteller vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist.
Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kratftfahrzeug zu lenken.
Gemäß § 3 Abs.1 Z4 FSG-Gesundheitsverordnung gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.
Auf der Grundlage des amtsärztlichen Gutachtens in Verbindung mit der zuletzt vorgelegten verkehrspsychologischen Stellungnahme ist die gesundheitliche Eignung der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen derzeit nicht gegeben. Die gutachtlichen Ausführungen sind hinsichtlich der Begründung für diese Aussage im Zusammenhang mit den Untersuchungsergebnissen der Bw bei der verkehrspsychologischen Untersuchung am 14. November 2005 insofern schlüssig, als dort eine drastisch herabgesetzte visuelle Auffassungsfähigkeit, nicht gegebene Reaktionssicherheit, unterdurchschnittliche reaktive Dauerbelastbarkeit, ein drastisch herabgesetztes Konzentrationsvermögen, unterdurchschnitliche sensomotorische Fähigkeiten und Einschränkungen bei Intelligenz und Erinnerungsvermögen festgestellt wurden.
Damit ist die Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B nachvollziehbar nicht geeignet, wobei die von ihr beantragte Erteilung einer eingeschränkten Lenkberechtigung in örtlicher Hinsicht ebensowenig in Betracht kommt, weil eine örtliche Einschränkung auf die Gemeinden Vöcklabruck, Laakirchen und Lambach, die schon aufgrund der Lage an der Westautobahn und der B1 und ihren Querverbindungen in Richtung Seengebiet und Innviertel auch von Schwerverkehr stark befahrene Hauptdurchzugsstrecken und Hauptverkehrswege sind, im Ergebnis der Erteilung einer uneingeschränkten Lenkberechtigung für die Klasse B nahekäme. Die Voraussetzungen für eine solche eingeschränkte Lenkberechtigung liegen daher aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates derzeit ebensowenig vor.
Die Argumente der Bw, sie könnte bei Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klasse B zumindest zwei Kinder ordnungsgemäß befördern und wäre auch nicht mehr wie bisher gefährlichen Fahrmanövern anderer Verkehrsteilnehmer ausgesetzt, gehen damit ins Leere. Es steht ihr jedoch frei, auf ihre Kosten eine neue verkehrspsychologische Stellungnahme, die gegebenenfalls auf eventuelle eingeschränkte Möglichkeiten der Erteilung einer Lenkberechtigung Bezug nimmt und zumindest auf "bedingt geeignet" lauten müsste, vorzulegen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
Gesundheitliche Eignung nicht gegeben – Abweisung es Antrages auf Erteilung einer Lenkberechtigung für die Klasse B – Bestätigung des Bescheides