Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530399/31/Re/Sta

Linz, 24.10.2006

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung von Frau Dr. H W und Herrn Dipl.-Ing. M W, beide wohnhaft in U, S, vom 14. Dezember 2005 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 1. Dezember 2005, Zl. Ge20-104-2005, betreffend Erteilung einer gewerbebehördlichen Änderungsgenehmigung gemäß § 81 GewO 1994, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 12.9.2006, zu Recht erkannt:

 

Anlässlich der Berufung wird der bekämpfte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 1. Dezember 2005, Ge20-104-2005, insoferne abgeändert, als Auflage 1. zu lauten hat:

"Die Schallschutzwand entlang der Ostseite und entlang der südseitigen Freiflächenbegrenzung ist mit einer Mindesthöhe von 6,0 Meter über Fahrbahnniveau zu errichten. Sie muss fugendicht, auch im Bereich der Bodenfuge, ausgeführt sein und ein bewertetes Bauschalldämmmaß von mindestens 25 dB aufweisen. Außerdem ist zur Vermeidung von Reflexionen die Schallschutzwand beidseitig hochabsorbierend (α ≥ 0,8) auszuführen. Über diese Ausführung ist eine Bestätigung der Behörde unaufgefordert vorzulegen."

Darüber hinausgehend wird der Berufung keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 359a und 81 Abs.1 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. hat mit dem Bescheid vom 1. Dezember 2005, Ge20-104-2005, über Antrag der K S AG, M, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage im Standort S S, M, zur Durchführung von Testfahrten mit Motorrädern auf dem Betriebsgelände unter Vorschreibung von Auflagen zu festgelegten Betriebszeiten und detailliert bestimmten Teilen der Außenanlagen erteilt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dem Ansuchen liege ein detailliertes Schallprojekt zu Grunde. Wesentlicher Bestandteil des Projektes ist auch die Errichtung einer 6 m hohen Lärmschutzwand gegenüber den am meisten betroffenen Anrainern im Osten des Betriebsgeländes. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurden die geplanten Betriebszeiten für  projektsgegenständliche Testfahrten eingeschränkt auf Montag bis Freitag 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr und 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Die nächstgelegenen Nachbarwohnobjekte befänden sich in einer Entfernung von ca. 200 m zum nächstgelegenen vom Test betroffenen Freigelände. Dem Verfahren, insbesondere der durchgeführten mündlichen Augenscheinsverhandlung, wurde ein gewerbetechnischer und ein medizinischer Amtssachverständiger beigezogen. Das Verfahren habe ergeben, dass bei Einhaltung der Auflagen und bei befund- und projektsgemäßer Errichtung bzw. Durchführung zu erwarten sei, dass im Zusammenhang mit dem Betrieb der Testfahrten eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Nachbarn nicht bestehe und keine das zumutbare Maß überschreitende Belästigungen oder Beeinträchtigungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 zu erwarten seien.

 

Gegen diesen Genehmigungsbescheid haben die Anrainer Dr. H W und Dipl.-Ing. M W innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Darin wird im Wesentlichen unter Punkt 1. die Erhöhung der mit Mindesthöhe von 6 m projektierten Lärmschutzwand auf Höhe der Dachtraufe des Forschungs- und Entwicklungszentrums sowie die Überdachung derselben beantragt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die Dachtraufe des Forschungs- und Entwicklungszentrums überschreite die Schallschutzwand um ca. 1,20 m, was dazu führen würde, dass Brechungen der Lärmschwingungen von dem die Schallschutzwand überragenden Teil der Gebäudewand nach Osten Richtung Bahndamm, Siedlung und S abgestrahlt würden. Die Lärmdämmung der Schallschutzwand im Ausmaß von 9 bis 16 dB träte  wahrscheinlich für die unmittelbaren Nachbarn am MP 1 ein. Der unausgesprochenen Annahme des Sachverständigen, wonach die gesundheitliche Beeinträchtigung der Anwohner durch Schalleinwirkungen proportional zur Entfernung von der Schallquelle abnehmen, sei nicht der Fall. In Bergtälern würde die Schallausbreitung nicht linear zur Entfernung von der Schallquelle sinken, sondern den ansteigenden Talhängen folgen und in höheren Lagen stärker sein, als in Lagen auf gleicher Höhe der Schallquelle. Die Schallquelle liege inmitten des Mattig- und Schwemmbachtals, welches nach Osten zum Kobernaußer Wald und nach Westen zum Trattmannsberg hin sanft ansteige. Die vorgeschriebene Ausführung der Schallschutzwand könne der Ausbreitung einer Lärmwolke durch Abstrahlung von der die Lärmschutzwand überragenden Gebäudewand und aus dem nicht überdachten Raum zwischen Lärmschutzwand und Betriebsanlage nichts entgegen setzen. Weiters werde beantragt, die Gesamtdauer des Testbetriebes pro Tag auf 2,5 Stunden anstelle wie im Bescheid verfügt 2 Stunden zu erhöhen und die Betriebszeit von Montag bis Freitag auf 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr anstelle der im Bescheid fixierten Betriebszeiten Montag bis Freitag 8.00 Uhr bis 12.00 und 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr festzulegen. Dies, weil Lärm auf den Vormittag begrenzt werden sollte, was vor allem den Kindern und den alten Menschen zugute käme. Der Antragsteller habe nicht dargelegt, warum sein Betriebsablauf Tests außerhalb des Gebäudes zwingend erforderlich mache. Bei der Bauverhandlung des Zentrums sei von der K versichert worden, Motorenstände im Gebäude würden Tests außerhalb des Gebäudes überflüssig machen. Auch bisher seien Rennmaschinen hergestellt worden, ohne Start- und Fahrversuche im Freien durchzuführen. Die Einschränkung des Testzeitraumes sei mit dem Betriebsablauf vereinbar.

 

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  Ge20-104-2005.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

1.      das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,

 

2.      die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

 

3.      die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

 

4.      die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

 

5.      eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 356 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung
(§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.

 

 

Gemäß § 42 Abs.1 AVG  i.d.g.F. hat eine gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt ; § 13 Abs.5 zweiter Satz ist nicht anwendbar .

Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

 

Im Sinne der zitierten Rechtsgrundlagen hat die belangte Behörde über den zu Grunde liegenden Antrag der K S AG, M, ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren betreffend die geplante Änderung der bestehenden gewerblichen Betriebsanlage durchgeführt. So wurde nach Vorprüfung der eingereichten Projektsunterlagen eine mündliche Verhandlung für den 18. August 2005 anberaumt und durchgeführt. An dieser mündlichen Verhandlung teilgenommen hat auch ein gewerbetechnischer, auch als lärmtechnischer und ein medizinischer Amtssachverständiger teilgenommen, weiters ein Vertreter der T S GmbH, welcher ein schalltechnisches Projekt für die geplante Anlagenänderung durch Durchführung von Testfahrten erstellt hat. Dieses schalltechnische Projekt vom 27. Juli 2005, GZ. 05A006T wurde als Projektsunterlage dem Verfahren zu Grunde gelegt und beurteilt im Detail die beabsichtigten Testfahren mit Motorrädern im Freien sowie auch die Auswirkung der Errichtung von Schallschutzmaßnahmen. Die Berufungswerber haben vor Durchführung der mündlichen Verhandlung eine schriftliche Eingabe bei der belangten Behörde eingebracht und darin im Wesentlichen vorgebracht, in ihrem Haus U würden Seminare zur Persönlichkeitsentwicklung abgehalten. Der Mindestabstand des Grundstückes zum Firmengebäude der K betrage 800 bis 900 m gegen Westen. Ein Steigerung der Geräuschbelastung des Mattig- und Schwemmbachtals stelle eine unzumutbare Schädigung und Beeinträchtigung ihrer beruflichen Existenz und darüber hinaus der Lebensqualität im gesamten Mattig- und Schwemmbachtal dar. Die Geräuschbelastung durch Motorräder werde als besonders unangenehm empfunden. Das Beschleunigungsverhalten bringe Schallpegelsteigerungen um 10 bis 15 dB(A) in wenigen Sekunden mit sich. Die Messungen an den gewählten Messpunkten würden nur Lärmbelastungen der unmittelbaren Nachbarschaft im günstigen Fall andeuten, jedoch nicht die Schallausbreitungs- und –reflexionseffekte zwischen den Talhängen erfassen. Die Lärmschutzwände seien unzureichend. Eine Genehmigung sei nur bei vollständiger schalldichter Einhausung der beabsichtigten Routen möglich. Außerdem gebe es keine zwingenden wirtschaftlichen Gründe für die Benützungserweiterung.

 

Auf Grund des Berufungsvorbringens, welches sich im Wesentlichen auf Belästigungen und Gefährdungen durch Lärmimmissionen bezieht, wurde von der Berufungsbehörde zu den Aussagen der Berufungswerberin ein ergänzendes lärmtechnisches Gutachten eingeholt. In diesem Gutachten vom 9. März 2006, U-UT-570898/1-2006, stellt der lärmtechnische Amtssachverständige der Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik des Amtes der Oö. Landesregierung fest:

"Die Berufungswerber befinden sich entsprechend einem von der Gemeinde S übermittelten Katasterplan in südöstlicher Richtung und in einer Entfernung von rund 1.050 m von der Teststrecke. In den Einwendungen wird vorgebracht, dass der Abstrahlung von der die Lärmschutzwand überragenden F&E-Gebäudewand und der aus dem nicht überdachten Raum zwischen Lärmschutzwand und F&E-Gebäudewand nach oben entweichenden Lärmwolke mit der projektierten Schallschutzwand nichts entgegen gesetzt wird.

 

Aus fachlicher Sicht ist dazu auszuführen, dass sich Schallimmissionen am Immissionsort (zB Nachbargrundstück) aus der Schallemission (Schallquelle) und dem Übertragungsmaß errechnen. Die technische Grundlage dafür ist die ÖAL-Richtilinie Nr. 28 "Schallabstrahlung und Schallausbreitung". Das Übertragungsmaß ∆L setzt sich zusammen aus

-           Abstandsmaß ∆Ld

-          Luftabsorptionsmaß ∆La

-          Flächenreflexionsmaß ∆Lrx

-          Schirmmaß ∆Ls

-          Vegetationsdämpfungsmaß ∆Lv

-          Bodendämpfungsmaß ∆Lb

 

Das Abstandsmaß berücksichtigt die Pegelabnahme mit der Entfernung von der Schallquelle zum Immissionsort. Legt man die Ergebnisse des schalltechnischen Projektes zugrunde, so ergibt sich bei den betrachteten Nachbarn in 200 m Abstand ein Dauerschallpegel von LA,eq = 56 dB ohne Schallschutzwand. Dabei wurden die Emissionen des lautesten Motorrades, und zwar der  Enduro 660 Rallye berücksichtigt. Dies stellt jedenfalls den ungünstigsten Zustand dar. Bei einer Entfernung von 1.050 m ergibt sich nur durch das Abstandsmaß eine Pegelreduktion gegenüber dem 200 m Abstand von 7,2 dB.

 

Das Luftabsorptionsmaß berücksichtigt die Schallabsorption in Luft und ist abhängig von der Frequenz, der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit. Das Luftabsorptionsmaß ist immer ≥ 0 dB und liegt vergleichsweise bei einer Temperatur von 10 °C und 70 % Luftfeuchtigkeit (Basiswerte für österreichische Klimaverhältnisse) und einem Abstand von 1.050 m in der Größenordnung von 1 bis 4 dB, bezogen auf verschiedene Frequenzbereiche. Im Mittel kann daher mit rund 2 dB gerechnet werden.

 

Das Flächenreflexionsmaß berücksichtigt die Übertragung durch Reflexionen von lotrechten Flächen. Durch die geplante Schallschutzwand mit ihrer hochabsorbierenden Oberfläche werden die bodennahen Reflexionen weitgehend vermieden. Es sind somit nur im oberen Bereich der Betriebshalle Reflexionen möglich, die jedoch durch den Reflexionswinkel keinen direkten Schallweg in Bezug auf die Nachbarschaft ergeben. Damit wird der Schallumweg soweit verlängert, dass wiederum unter Berücksichtigung des Abstandsmaßes eine bedeutende Pegelreduktion eintritt. Das Flächenreflexionsmaß ist daher durch die geplante Schallschutzwand eine vernachlässigbare Größe.

 

Das Schirmmaß berücksichtigt die Abschirmung durch ein Hindernis im Schallausbreitungsweg. Es ergibt sich aus dem Schallumweg zwischen Schallquelle und Immissionsort. Dabei sind auch die geographischen Verhältnisse zu berücksichtigen. Wie von den Berufungswerbern vorgebracht, ist das Gelände vom K-Werk zu ihrer Liegenschaft ansteigend. Genauere Angaben dazu werden jedoch nicht gemacht. Aus den geographischen Daten des DORIS (Digitales Oberösterreichisches Raum-Informations-System) sind die Höhenlagen zu entnehmen. Das K-Werk liegt demnach auf einer Höhe von 450 m ü.A., die Liegenschaft der Berufungswerber auf 459 m ü.A. Auf einer Entfernung von rund 1.000 m steigt das Gelände somit um ca. 9 m an. Die Lärmschutzwand befindet sich sehr nahe der Schallquelle, wodurch dieser Geländeanstieg keinen wesentlichen Einfluss auf die Abschirmbedingungen hat. Eine Schirmwirkung ist daher jedenfalls gegeben. Bei den vorhandenen Gegebenheiten ergibt sich das Schirmmaß mit ∆Ls = 6,6 dB.

 

Das Vegetationsdämpfungsmaß und das Bodendämpfungsmaß sind im gegenständlichen Fall vernachlässigbare Größen, die nur einen insgesamt geringen Einfluss auf die Pegelminderung haben.

 

Das Übertragungsmaß ergibt daher in Summe einen Wert von ∆L ≥ 7,2 + 2,0 + 6,6 = 15,8 dB.

 

Ausgehend von den ohne Schallschutzwand prognostizierten Immissionen bei den in 200 m entfernt gelegenen Nachbarn in der Höhe von 56 dB ergibt sich nur durch das Abstandsmaß von 7,2 dB und das Luftabsorptionsmaß von 2 dB eine Reduktion der Betriebsgeräusche auf einen Beurteilungspegel von LA,eq = 46,8 dB. Allein dies würde bedeuten, dass die Betriebsgeräusche bei den Berufungswerbern unter dem für ein ruhiges Wohngebiet als üblich anzunehmenden (gemäß ÖNORM S 5021) Richtwert von 50 dB liegen. Unter Berücksichtigung des Schirmmaßes reduziert sich das Betriebsgeräusch um weitere 6,6 dB auf einen Wert von LA,eq = 40,2 dB. Selbst ohne genauer Kenntnis der tatsächlichen örtlichen Ist-Situation kann bei Schallimmissionen dieser Größenordnung davon ausgegangen werden, dass eine wesentliche Veränderung der örtlichen Verhältnisse nicht eintritt.

 

Im Vergleich zu den Immissionsprognosen bei den nächstgelegenen Nachbarn ist für die Berufungswerber festzustellen, dass zwar durch die geplante 6,0 m hohe Schallschutzwand eine geringere Schirmwirkung, durch den größeren Abstand aber eine größere abstandsbedingte Pegelminderung eintritt. Auch die Luftabsorption hat bei größeren Abständen eine höhere Bedeutung als bei geringen Abständen.

 

Die zu erwartenden Betriebsgeräusche liegen daher niedriger wie bei den bisher betrachteten Nachbarbereichen. Somit wird aus fachlicher Sicht weder eine Erhöhung der Schallschutzwand noch eine gänzliche Überdachung des Testbereiches als notwendig angesehen."

 

Zu diesem lärmtechnischen Gutachten haben die Berufungswerber im Rahmen des Parteiengehörs vorgebracht, die Berechnungsergebnisse mögen nach den Vorgaben des benutzten Modells zutreffen, die virtuellen Ergebnisse hätten jedoch wenig Bedeutung für die realen Umweltbedingungen. Es sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass sich das Tal durch große Ruhe auszeichne, Ruhepegelmessungen der Firma S hätten 35 dB(A) als 24-Stunden-Durchschnitt ergeben. Die EU-Umgebungslärmrichtlinie sehe im Anhang 1 zusätzliche Lärmindizes, wie kurze Betriebszeiträume von weniger als 20 % der gesamten Tageszeit im Jahr, ruhige Gebiete auf dem Land, besonders hervorstechende Lärmtöne sowie Impulshaltigkeit des Lärms vor. Das Datenmodell des Lärmschutztechnikers berücksichtige nicht die klimatischen Verhältnisse, insbesondere nicht die Windverhältnisse. Bei der Freiluftveranstaltung "K-Festival" im Mai 2004 seien die Anwohner 3 Tage lang ungefragt erheblichem Motorradlärm über den ganzen Tag ausgesetzt worden. Geräuschbelästigung durch Motorräder werde als besonders unangenehm empfunden. Leerlauf- und Höchstdrehzahl unterscheiden sich bis zu 30 dB(A). Es werde beantragt, die Landessanitätsdirektion Oberösterreich beizuziehen, um den Lärmruhepegel als schützenswertes Gut zu bewerten, die Lärmbelastungen gesundheitlich zu bewerten und die Einrichtungen im Umkreis zu beurteilen. Hingewiesen wird auf die Umgebungslärmrichtlinie des Europäischen Parlaments und des Rats von 28. Juni 2002, wonach von den Regierungen der Mitgliedsländer Vorschläge für Rechtsvorschriften vorzulegen seien. Ein Hinweis auf aktuell gültige Rechtsvorschriften sei zu kurzgriffig. Es sei vom Antragsteller nicht dargelegt worden, welche technischen Erfordernisse Testfahrten unter freiem Himmel erforderlich machen. Über viele Missstände im Bereich der K sei hinweggesehen worden. Die Konfliktsituation sei noch bei gutem Willen aller Beteiligten lösbar.

 

Auf Grund dieser Entgegnungen der Berufungswerber wurde einerseits vom lärmtechnischen Amtssachverständigen eine Ergänzung des Gutachtens vom
9. März 2006 eingeholt und stellt dieser in der Ergänzung vom 19. Juli 2006, U-UT-570898/2-2006, fest, dass "am 13.7.2006 ein selbstständiger Ortsaugenschein durchgeführt wurde. Dabei wurde insbesondere der Nachbarbereich in Augenschein genommen. Das gegenständliche Gebiet ist zum Teil als Wohngebiet und zum Großteil als landwirtschaftliches Gebiet genutzt. Die örtliche Geräuschsituation war relativ ruhig und wurde durch vereinzelte Pkw- und Traktorfahrbewegungen auf der Siedlungsstraße und durch landwirtschaftliche Tätigkeiten in der Umgebung geprägt. Von der über 1 km in westlicher Richtung entfernt gelegenen Bundesstraße B 147 waren vereinzelt Fahrbewegungen von Lkws schwach wahrnehmbar. Bei einer informativen Messung mit einem geeichten Präzisionsschallpegelmesser über einen Zeitraum von 30 Minuten wurden ein Basispegel von LA,95 = 34,5 dB, ein äquivalenter Dauerschallpegel von LA,eq = 45,7 dB und ein mittlerer Spitzenpegel von LA,1 = 56,2 dB gemessen.

 

Die Messung erfolgte in südlicher Richtung von der Liegenschaft der Berufungswerber, Unterweinberg 59, auf einem Feldweg, wobei der Abstand zur Siedlungsstraße ca. 10 m betrug. Während der Messung fuhren auf der Straße drei Pkw und zwei Traktoren. Es war nahezu windstill mit einer leichten Ostströmung. Die ermittelten Schallpegelwerte belegen den subjektiven Eindruck einer relativ ruhigen Umgebungslärmsituation. Sie zeigen informativ, in welcher Größenordnung die Geräuschsituation im Bereich der Berufungswerber liegt.

 

Vergleicht man nun die im Bereich der Berufungswerber prognostizierten Betriebsgeräusche aus dem Vorhaben, so liegen diese mit LA,eq = 40,2 dB um rund
5 dB unter der örtlichen Situation. Es ergeben sich daraus minimale Veränderungen von + 1 dB. In der Grundsatzaussage im Gutachten vom 10.3.2006, dass die Betriebsgeräusche deutlich unter den für ruhige Wohngebiete üblichen Werten von 50 dB am Tag liegen und dies mit der vorstehend angegebenen Erhöhung von +1 dB (in Summe – Umgebung und Betrieb – ergibt sich ein Wert von 46 bis 47 dB) auch gegeben ist, ändert sich nichts. Damit bleibt auch die Aussage aufrecht, dass keine wesentliche Veränderung der bestehenden örtlichen Verhältnisse eintritt.

 

Ergänzend dazu wird noch auf die zu erwartenden Schallpegelspitzen eingegangen. Diese liegen nach der Prognose bei LA,max = 68 dB in 200 m Abstand ohne Schallschutzmaßnahmen. Bezogen auf die Liegenschaft der Berufungswerber ergeben sich für die Schallpegelspitzen die gleichen Abminderungsfaktoren wie für den Dauerschallpegel. Die Schallpegelspitzen liegen somit in einer Höhe von LA,max = 52,2 dB. Damit ist der umgebungsbedingte mittlere Spitzenpegel höher als die betriebsbedingten Spitzenpegel, das heißt, jede Kfz-Vorbeifahrt auf der öffentlichen Straße und jede landwirtschaftliche Tätigkeit auf den umliegenden landwirtschaftlichen Gründen werden höhere Spitzenpegel erzeugen als jene vom K-Betriebsareal. Im Vergleich dazu wird noch ausgeführt, dass nach dem Spitzenpegelkriterium der ÖAL-Richtlinie Nr. 3 (Blatt 1)  der Grenzwert für Spitzenpegel im ruhigen Wohngebiet (Kategorie 2) am Tag LA,max = LAGG + 35 = 35 + 35 = 70 dB beträgt. Dieser Wert wird bei weitem nicht erreicht.

 

Zu den Einwendungen bezüglich Nichtberücksichtigung der gegebenen örtlichen Windverhältnisse ist noch anzufügen, dass Ausbreitungsrechnungen immer eine Mitwindsituation darstellen, um den "schlechtesten" Zustand zu beschreiben. Es wurde somit bei der Beurteilung der für die Nachbarn ungünstigste Zustand bewertet."

 

In der Folge hat die Berufungsbehörde eine mündliche Berufungsverhandlung, auch unter Ladung des von den Berufungswerbern beantragten Amtsarztes der Landessanitätsdirektion für den 12. September 2006 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt. An der mündlichen Verhandlung hat der eben genannte Amtsarzt der Oö. Landessanitätsdirektion sowie der mit der Angelegenheit befasste lärmtechnische Amtssachverständige der Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik des Amtes der Oö. Landesregierung, weiters der Rechtsvertreter der Antragstellerin sowie die Berufungswerber teilgenommen. Im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung wurde auch ein Lokalaugenschein durchgeführt und subjektive Hörproben bei simulierten Fahrten mit betriebseigenen Motorrädern der Antragstellerin durchgeführt. Bereits an dieser Stelle ist  festzuhalten, dass die projektierte und mit dem bekämpften Bescheid genehmigte Schallschutzwand in der Höhe von 6 m zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung noch nicht errichtet war, die Auswirkung dieser wesentlichen Schallschutzmaßnahme daher nicht empfunden werden konnte.

 

Vom lärmtechnischen Amtssachverständigen wurde dabei ergänzend zu den bisherigen Aussagen festgehalten:

" Im Zuge des Ortsaugenscheines wurde der konkrete Tätigkeitsablauf beim geplanten "Testbetrieb" hinterfragt und dabei von der Konsenswerberin erklärt, dass in diesem Bereich, so wie im schalltechnischen Projekt dargestellt, ausschließlich Start- und Fahrversuche vorgesehen sind. Der detaillierte Ablauf wird vom medizinischen Sachverständigen ausführlich beschrieben. Das vorgelegte schalltechnische Projekt basiert daher auf den beabsichtigten Betriebsabläufen und beschreibt durch die Zugrundelegung der Schallemissionen der lautesten Motorradtype die im gegenständlichen Areal getestet werden soll den für die Nachbarn ungünstigsten Zustand.

 

Bezüglich der Ausführung der erforderlichen Schallschutzwand ist festzustellen, dass diese bescheidgemäß (siehe Auflagepunkt 1.) eine Mindesthöhe von 6,0 Meter über Fahrbahnniveau aufweisen muss und beidseitig hochschallabsorbierend auszuführen ist. Zudem sind die im Projekt dargelegten Dämm- und Absorptionswerte einzuhalten. Zur Konkretisierung dieser Auflage wird folgende Formulierung vorgeschlagen:

 

"Die Schallschutzwand entlang der Ostseite und entlang der südseitigen Freiflächenbegrenzung ist mit einer Mindesthöhe von 6,0 Meter über Fahrbahnniveau zu errichten. Sie muss fugendicht, auch im Bereich der Bodenfuge, ausgeführt sein und ein bewertetes Bauschalldämmmaß von mindestens 25 dB aufweisen. Außerdem ist zur Vermeidung von Reflexionen die Schallschutzwand beidseitig hochabsorbierend (α ≥ 0,8) auszuführen. Über diese Ausführung ist eine Bestätigung der Behörde unaufgefordert vorzulegen."

 

Zum Einwand der Berufungswerber, die im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgenommene Lärmmessung sei lediglich eine Kurzzeitmessung: Im Zuge der Projektserstellung durch das Büro T S GmbH wurde bei den nächstgelegenen Nachbarn eine 10-stündige Lärmmessung zur Erhebung der örtlichen Verhältnisse durchgeführt. Es zeigte sich dabei, insbesondere beim Grundgeräuschpegel eine relativ stabile Situation die bis auf den Zeitraum zwischen 17.30 und 19.00 Uhr (in diesem Zeitraum betrug der Basispegel bzw. Grundgeräuschpegel 41 dB) in einer Größenordnung von 35 bis 37 dB lag. Die durchgeführte Kurzzeitmessung im Bereich der Liegenschaft der Berufungswerber ergab ebenfalls einen Grundgeräuschpegel in dieser Größenordnung. Der äquivalente Dauerschallpegel wurde in einer Größenordnung von rund 56 dB (Mittelwert über die zehnstündige Messzeit) erhoben. Im Vergleich dazu ergab die Kurzzeitmessung einen Wert von rund 46 dB. Der Messpunkt bei den der Betriebsanlage nächstgelegenen Nachbarbereichen liegt an den Schallquellen die im gegenständlichen Bereich maßgeblich die örtliche Geräuschsituation bestimmen, das sind die Bundesstraße B 147, die Eisenbahnstrecke und Betriebsgebiete, näher als die Liegenschaft der Berufungswerber. Es wird daher die gewählte Kurzzeitmessung als ausreichend für eine Bewertung der örtlichen Verhältnisse bei den Berufungswerbern im Vergleich mit den Bestandserhebungen des schalltechnischen Projektes angesehen."

 

In der Folge wurde dem der Berufungsverhandlung beigezogenen medizinischen Amtssachverständigen das Beweisthema der Auswirkungen der festgestellten Änderungen in der bestehenden Lärmsituation auf Nachbarn gestellt und hat dieser hiezu festgestellt:

" Befund:

 

Aus den vorliegenden lärmschutztechnischen Ausführungen ergibt sich:

 

Messergebnisse bezogen auf die Liegenschaftswerber:

 

örtliche Geräuschsituation:

Basispegel: LA,95= 34,5 dB

äquivalenter Dauerschallpegel: 45,7 dB

Spitzenschallpegel: LA,1 = 56,2 dB

 

Betriebsimmissionen:

LA,eq = 40,2 dB

Schallpegelspitzen: LA,max = 52,2 dB (unter Berücksichtigung der Abminderung durch den Abstand zwischen Lärmquelle und Liegenschaft und Lärmminderung durch eine Lärmschutzwand)

 

Daraus resultiert nach den lärmschutztechnischen Ausführungen eine Veränderung der bestehenden Lärmsituation von rund +1 dB

 

Ortsaugenschein:

 

Im Zuge der heutigen Verhandlung wurde ein Ortsaugenschein am Werksgelände der Fa. K und im Anschluss beim Anwesen Dr. W auf der Terrasse durchgeführt.

Das in Rede stehende Testgelände ist die asphaltierte Fläche von etwa rechtwinkeliger Form an der südöstlichen Ecke der F&E Halle (Forschung und Entwicklung) des K-Werksareals. Diese Fläche wird dem Augenschein nach zum Abstellen von KFZ (z.B. Geländebegleitfahrzeuge für Rennen) und zur Lagerung div. Materialen (Transportboxen, großvolumige LKW-Geländereifen genutzt). Die Fahrfläche soll auch für den in Rede stehenden Testbetrieb genutzt werden.

Zur Demonstration wurden Fahrbewegungen durchgeführt, die im Wesentlichen Beschleunigungsvorgänge entlang der südöstlichen Hallenfronten beinhaltet.

Auf Befragen wurde von den Vertretern von K festgestellt, dass es sich bei diesen Testfahrten um das Warmfahren von Motorrädern im "Echtbetrieb" handelt, um vor Verladung und Verbringung zu auswärtigen Teststrecken das Motorrad im Fahrbetrieb gehabt zu haben und allfällige Mängel (Bremsen, Motor, Fahrverhalten, Schalten) noch am Werksgelände zu erkennen. Ein Testbetrieb wie er etwa mit Testfahrten auf einem Rundkurs assoziiert werden könnte ist nicht Gegenstand und ist aufgrund der gegebenen örtlichen Verhältnisse auch nicht möglich.

Auf Befragen wurde auch von den Vertretern von K bekannt gegeben, dass  beispielsweise Lärmmessungen für Homologationen (dies beinhaltet z.B. Messungen der Lärmemissionen in geringen Abständen vom Motorrad bei bestimmten hohen Drehzahlen) nicht hier stattfindet und diese Messungen in auswärtigen Lärmmessständen durchgeführt würden.

 

Das Anwesen Dr. W liegt höher als das Werksgelände, eine freie Sichtverbindung in Eckpunkten von der Terrasse ist gegeben, nach Mitteilung der Einschreiterin ist ohne Laub eine bessere Sichtverbindung gegeben, das Testgelände selbst liegt dzt. hinter einem Zaun und den abgestellten LKW`s bzw. ist durch Buschwerk verdeckt.

Beim Ortsaugenschein auf der Terrasse (Entfernung vom Testgelände Luftlinie ~1020 m) der Einschreiter Dr. W war die subjektive Lärmwahrnehmung wesentlich durch die auf den in ummittelbarer Nähe befindlichen Wiesen und Feldern befindlichen landwirtschaftlichen Aktivitäten geprägt. (Mäharbeiten, Heuwender, vorübergehende Maisernte) geprägt. Weiters waren mehrere Pkw-Vorbeifahrten auf der Straße, die auch zum Anwesen Dr. W führt, beobachtbar. Ebenso waren weit entfernte, nicht näher zuordenbare Verkehrsgeräusche wahrnehmbar. Die Bahnlinie Steindorf-Braunau ist zwar in  der Zeit des Ortsaugenscheines nicht befahren gewesen, kommt naturgemäß als Emittent von Lärmemmissionen in Betracht. In ruhigeren Phasen war auch das Plätschern eines auf dem  Gelände des Anwesens Brunnens in einem künstlich angelegten Biotop hörbar. Auf dem Gelände zwischen Werksgelände und Anwesen Dr. W liegen Wiesen und eine Wohnsiedlung mit landwirtschaftlichen Anwesen und Einfamilienhäuser.

Durch Telefonkontakt wurden Testfahrten auf dem in Rede stehenden Gelände durchgeführt, die in ganz kurzen Intervallen, jedoch deutlich leiser als die übrigen Umgebungsgeräusche und nur mit dem Wissen, dass Testfahrten stattfinden wahrgenommen und dem Werk zugeordnet werden konnten.

 

Ingesamt kann die vorgefundene Umgebungslärmsituation nach der Erfahrung sehr gut mit den messtechnischen Erhebungen mit den Aktivitäten eines ländlichen Gebietes, in dem sowohl landwirtschaftliche als auch Wohnaktivitäten stattfinden in Einklang gebracht werden.

 

Gutachten:

 

Zur Unterscheidung der Begriffe Gesundheitsgefährdung, Belästigung werden im Folgenden folgende Definitionen, die in Umweltverfahren verwendet werden, wiedergegeben:

 

Gesundheitsgefährdung - Belästigung:

In den „Empfehlungen für  die Verwendung medizinischer Begriffe im Rahmen umwelthygienischer Beurteilungsverfahren“ veröffentlicht (von M. Haider et. al) in den Mitteilungen der Österr. Sanitätsverwaltung 85. Jhg. (1984) H. 12, werden die Begriffe „Gesundheitsgefährdung und -belästigung“ wie folgt definiert:

 

Gesundheitsgefährdung:

Als Gesundheitsgefährdung gilt eine Einwirkung (Immission), durch die nach den Erfahrungen der med. Wissenschaft, die Möglichkeit besteht, dass Krankheitszustände, Organschäden oder unerwünschte organische oder funktionelle Veränderungen, die die situationsgemäße Variationsbreite vom Körper- oder Organformen bzw. -funktionen signifikant überschreiten, entweder bei der Allgemeinbevölkerung oder auch nur bei bestimmten Bevölkerungsgruppen bzw. auch Einzelpersonen eintreten können.

 

Die Gesundheitsgefährdung ist also die Erwartbarkeit eines Gesundheitsschadens oder eines hohen Gesundheitsrisikos, die mit den Mitteln der wissenschaftlichen Prognose zu belegen ist oder mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen werden kann.

 

Belästigung, Störung des Wohlbefindens, Beeinträchtigung des Wohlbefindens:

Hier handelt es sich weitgehend um subjektive Wahrnehmungsqualitäten jede Immission - vorausgesetzt, dass sie überhaupt wahrgenommen wird, d.h., dass sie die Wahrnehmungsschwelle überschreitet - kann vom gesunden normal empfindenden Menschen im konkreten Fall als Belästigung empfunden werden und damit eine Störung des Wohlbefindens bewirken. Das Empfinden einer Belästigung ist inter- und intraindividuell sehr unterschiedlich. Die Wahrnehmung einer Immission an sich stellt noch keine Belästigung dar. Zum Belästigungserleben kommt es insbesondere, wenn die Immission emotional negativ bewertet wird. Einzuschließen in diese Kategorie wären auch Störungen bestimmter höherer Funktionen und Leistungen - wie etwa der geistigen Arbeit, der Lern- und Konzentrationsfähigkeit, der Sprachkommunikation, ... Es sei an dieser Stelle ausdrücklich betont, dass solche Funktions- und Leistungsstörungen über einen längeren Zeitraum hinweg sehr wohl zu einer Gesundheitsgefährdung werden können. Da es offenbar weder möglich noch wünschenswert ist, Maßnahmen gegen jedwede geringste subjektiv empfundene Störung zu ergreifen, muss eine Unterscheidung zwischen zumutbarer und unzumutbarer Belästigung getroffen werden. Unzumutbar ist eine Belästigung, wenn sie zu erheblichen Störungen des Wohlbefindens, zu funktionellen oder organischen Veränderungen führen kann, oder über ein das ortsübliche Ausmaß hinausgeht, wobei in diesem Fall auch die Widmung von Liegenschaften maßgebenden Vorschriften zu berücksichtigen sind. (Zitat Ende).

 

Wirkung und Beurteilung Lärm:

 

Bei der Beurteilung von Lärm ist allgemein zwischen direkten und indirekten Auswirkungen von Lärmimmissionen auf den Menschen zu unterscheiden.

Direkte Wirkungen spielen aufgrund der dafür erforderlichen Höhe der Schallpegel im Umweltbereich nur in Einzelfällen (z.B. bei bestimmten Fertigungsbetrieben) eine Rolle. Sie  behandeln Hörstörungen im Sinne von Gehörschäden direkt am Hörorgan. Diese treten ab ca. 85 dB als Dauerschallpegel (z.B. bei Schallexpositionen an Arbeitsplätzen über lange Zeiträume (Jahre) oder deutlich höher gelegene Schallexpositionen (z.B. bei Knalltraumen) auf.

Indirekte Wirkungen sind solche, bei denen nicht das Hörorgan selbst geschädigt wird, sondern über die Geräuschwahrnehmung und deren bewusste und unbewusste Verarbeitung im Organismus unterschiedliche Reaktionen ausgelöst werden. Diese Reaktionen sind im Zusammenhang mit der Funktion der Hörsinnes als Informations- u. Warnorgan zu sehen. Über Verarbeitung der Geräuschwahrnehmung im Gehirn und damit verbundenen vegetativen Reaktionen kann es u.a. zu Veränderungen des Wachheitsgrades, zu Stressreaktionen, Belästigungsreaktionen, Durchblutungs­änderung bestimmter Organsysteme u.ä. kommen. In diesem Zusammenhang werden hohe Dauerlärmeinwirkungen auch als Kofaktor für die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen, - entsprechende Disposition vorausgesetzt - diskutiert.

 

Als Grenzwert des vorbeugenden Gesundheitsschutzes für Gebiete mit ständiger Wohnnutzung wird ein Schallpegel von 55 dB LA,eq und LA, max von 80dB im Freien angegeben. (Diese Werte wurden von der WHO definiert und sind in der ÖAL-Richtlinie 6/18, die den derzeitigen Stand des Wissens in der medizinischen Lärmbeurteilung mitrepräsentiert veröffentlicht). Vergleichsweise sei angeführt, dass zur Sicherung eines ruhigen erholsamen Schlafes von der WHO die Einhaltung eines  Pegelbereiches von 30-35 dB (im Rauminneren, ausgedrückt als Dauerschallpegel) vorgeschlagen wird.

 

Unter Heranziehung wirkungsbezogener Erfahrungen ist festzustellen, dass Schallimmissionen dann mit zunehmendem Maß als belästigend erlebt werden, je deutlicher eine bestehende Umgebungssituation verändert wird.

 

Wahrnehmungsphysiologisch ist festzustellen, dass eine Veränderung eines Lärmpegels um weniger als drei dB subjektiv nicht gesondert wahrgenommen wird, insbesondere als es sich bei den Aktivitäten im Wesentlichen um Ereignisse handelt, die in der bereits jetzt gegebenen Umgebungssituation bereits in gleicher Höhe vorkommen und keine grundsätzlich neue Geräuschcharakteristik ausweisen. Aus dem logarithmischen Rechenverhältnis der dB-Skala ergibt sich, dass sich aus einer Veränderung eines Pegels um 10 dB bei Addition eine annähernde Verdoppelung der subjektiv wahrgenommenen Lautstärke ergibt, - Geräusche, die um 10 dB (oder mehr) niedriger als ein bestehender Geräuschpegel liegen, verändern diesen nicht.

 

Wie aus den lärmschutztechnischen Ausführungen ersichtlich ist, kommt es im Bezug auf die messtechnisch und rechnerisch prognostizierten Immissionswerte zu einer geringfügigen Erhöhung der Umgebungs-Ist-Lärmsituation. Die projektierte Lärmschutzwand ist geeignet, die Immissionen zu reduzieren und so einen Beitrag zu leisten, die bestehende Ist-Lärmsituation keineswegs so zu verändern, dass wie missverständlicher Weise in der Verhandlung vermeint wurde, bestehende Grenzwerte "aufgefüllt werden".

 

Insgesamt wird festgestellt, dass sich die Betriebsgeräusche des Testbetriebes auch in den möglichen Immissionen aus der Umgebung wieder finden. In einem Vergleich der prognostizierten Schallpegel mit den oa. wirkungsbezogenen Werten sowohl bezogen auf Dauerschallpegel als auch Maximalpegel ergibt sich, dass die Immissionen aus dem gegenständlichen Projekt unter den empfohlenen Werten nach den Regelwerken sowohl in technischer als auch umweltmedizinischer Sicht liegen. Daher ist nicht auf gesundheitliche Beeinträchtigungen im Sinne von erheblichen Belästigungsreaktionen oder Gesundheitsgefährdungen zu schließen."

 

Als Ergebnis der insgesamt umfangreich durchgeführten Ermittlungsverfahren sowohl der belangten Behörde als auch der Berufungsbehörde liegen somit nunmehr lärmtechnische und medizinische Begutachtungen vor, welche als schlüssig und in sich widerspruchsfrei zu erkennen sind. Das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates hegt somit keine Zweifel, diese Gutachten der Entscheidung zu Grunde zu legen. Die Berufungswerber konnten Unrichtigkeiten der abgegebenen Gutachten nicht aufzeigen  und sind denselben letztlich auf gleicher fachlicher Ebene nicht entgegen getreten. Die Gutachten wurden oben in wesentlichen Passagen zitiert und wird an dieser Stelle dorthin verwiesen. Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass keine Widersprüchlichkeiten zwischen den von der Antragstellerin eingereichten schalltechnischen Projektsunterlagen der T S GmbH sowie den Berechnungen der Amtssachverständigen und der von diesem auch durchgeführten Kontrollmessungen vorgebracht wurden bzw. festgestellt werden konnten. Insbesondere an der wesentlichen lärmtechnischen Aussage, dass die Betriebsgeräusche deutlich unter den für ruhige Wohngebiete üblichen Werten von 50 dB am Tag liegen und dies mit der angeführten minimalen Veränderung von + 1 dB gegeben sei, war keinerlei Korrektur vorzunehmen. Auch der Einwand der Berufungswerber in Bezug auf vermutete Nichtberücksichtigung der örtlichen Windverhältnisse wurde entkräftet und wurden der Beurteilung die für die Nachbarn ungünstigsten Bedingungen – welche naturgemäß nicht immer auftreten – zu Grunde gelegt. Die von der belangten Behörde vorgeschriebene Auflage betreffend die Ausführung der Lärmschutzwand war über Vorschlag des im Berufungsverfahren beigezogenen Amtssachverständigen – um den erwünschten Lärmschutz jedenfalls sicher zustellen – entsprechend zu konkretisieren und hat diese abgeänderte Auflage auch im Spruch dieses Erkenntnisses entsprechend Eingang gefunden.

 

Der medizinische Amtssachverständige hat – aufbauend auf den schlüssigen Ergebnissen der lärmtechnischen Begutachtung nach – ebenfalls ein umfangreich begründetes Gutachten abgegeben und konnte diesen Aussagen sowohl eine gesundheitliche Gefährdung als auch eine unzumutbare Belästigung der Berufungswerber ausgeschlossen werden.

 

Die von den Berufungswerbern begehrte Erhöhung der Lärmschutzwand sowie eine Überdachung der Fahrtstrecke konnte daher im Sinne der anzuwendenden einschlägigen Rechtsvorschriften (siehe oben) nicht vorgeschrieben werden. Soweit von den Berufungswerbern die EU-Umgebungslärmrichtlinie angesprochen wurde, ist auf die Ausführungen des technischen Amtssachverständigen in der Verhandlungsschrift vom 12. September 2006 hinzuweisen und befindet sich diese Richtlinie derzeit in der Umsetzungsphase in nationales Recht. Mangels Vorliegen konkreter diesbezüglicher Grenzwerte sind Hinweise für eine allfällige Direktanwendung nicht hervorgekommen.

Wenn von den Berufungswerbern unter anderem auf allfällige Missstände der Vergangenheit hingewiesen wird, so ist in Bezug auf die darin angesprochene Umwidmung des heutigen Betriebsgeländes auf die Unzuständigkeit  der Gewerbebehörde für den Vollzug von bau- bzw. raumordnungsrechtlichen Vorschriften hinzuweisen. Anderes, allenfalls verwaltungsstrafrechtlich relevantes Fehlverhalten seitens der Anlageninhaberin wäre im Verwaltungsstrafverfahren abzuhandeln, kann jedoch ebenfalls nicht Gegenstand des Betriebsanlagen-genehmigungsver­fahrens sein. Auf Grund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens, insbesondere der vorliegenden Gutachten, war auch eine weitere Beschränkung der Betriebszeiten nicht möglich, sondern hatte die Konsenswerberin einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung im zugesprochenen Umfang. Ob schließlich die Einschränkung des Testzeitraumes mit dem Betriebsablauf vereinbar ist oder nicht, kann zwar im Rahmen des Genehmigungsverfahrens diskutiert werden, von der Berufungsbehörde wurde auch ein Versuch einer einvernehmlichen Lösung im Rahmen der Berufungsverhandlung unternommen, kann jedoch den diesbezüglichen Vorgaben der Konsenswerberin zulässigerweise nicht entgegen gehalten werden.

 

Zum bestmöglichen Lärmschutz wurde von der Berufungsbehörde die vom lärmtechnischen Amtssachverständigen vorgeschlagene Konkretisierung der Ausführung der Lärmschutzwand mit Nachweispflicht an die Behörde in die Berufungsentscheidung aufgenommen. Darüber hinausgehend konnte jedoch dem Berufungsvorbringen auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage nicht Folge gegeben werden und war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

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