Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150471/22/Lg/Hue

Linz, 14.11.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 18. Oktober 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des E G, 40 A, B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H H, 40 E, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 17. Juli 2006, Zl. BauR96-94-2004/STU/Je, wegen einer Übertretung des Bundes­straßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der (Straf-)Berufung wird Folge gegeben, die Geldstrafe auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt.  

 

II.                  Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 20 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16. Abs. 2, 19, 20 VStG.

Zu II.:  §§ 64ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil er es als Lenker des PKW mit dem polizeilichen Kennzeichen L zu vertreten habe, dass er am 1. Jänner 2004 um 15.25 Uhr im Gemeindegebiet von A bei km 170,6 in Fahrtrichtung Wien den Parkplatz A, der gem. § 3 Bundesstraßengesetz 1971 Bestandteil der Autobahn ist, und somit eine Mautstrecke benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß durch Anbringen einer Mautvignette entrichtet zu haben.

 

In der Berufung wird die Tathandlung nicht bestritten, die Mautpflicht sei jedoch für den Bw nicht erkennbar gewesen, zumal auch vom untergeordneten Straßennetz zugefahren werden könne. Diese Zufahrt gestalte sich als Firmenzufahrt für verschiedene Dienste, wie eine Tankstelle, ein M-Restaurant sowie einem Softwareunternehmen. Die Zufahrt zur Raststätte sei ebenfalls nicht als Autobahn gekennzeichnet. Aufgrund der großflächigen Werbeankündigungen sei auch nicht gewährleistet, dass eine allfällige in durchschnittlicher Größe dargestellte Verkehrstafel, welche allfällig auf eine Mautpflicht hinweise, von einem durchschnittlichen Autofahrer erkannt werden könne. Die diesbezüglichen Einrichtungen seien äußerst ungenügend und entsprächen daher nicht den gesetzlichen Erfordernissen.

 

Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Durchführung eines zusätzlichen Lokalaugenscheines zur Überprüfung des völlig ungenügenden Auffälligkeitswertes der angebrachten Hinweis- bzw. Vorschriftszeichen, in eventu die tat- und schuldangemessene Reduktion der Strafe.  

 

Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der Ö/A vom 12. Februar 2004 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz eine beschädigte Mautvignette angebracht gewesen. Gem. § 19 Abs. 3 BStMG sei die Ersatzmaut in der Höhe von 240 Euro angeboten, dieser Aufforderung jedoch nicht entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 3. März 2004 liegt im Verwaltungsakt ein Schreiben des Bw vom 16. März 2004 ein. Diesem ist zu entnehmen, dass laut Auskunft einer namentlich genannten Sachbearbeiterin der belangten Behörde die Strafverfügung vom 3. März 2004 "eingestellt" sei, bis der Sachverhalt mit der Ö geklärt werden könne.

 

Daraufhin erfolgte am 23. Juni 2004 ein Erhebungsauftrag der Erstbehörde an den Gendarmerieposten A, in dem wegen vergeblicher Einmahnungen des Strafbetrages der Strafverfügung vom 3. März 2004 um Erhebung der Einkommens- und Vermögenssituation des Bw gebeten wird.

Einem Aktenvermerk des Gendarmeriepostens A ist zu entnehmen, dass nach telefonsicher Rücksprache am 21. Juli 2004 mit der namentlich genannten Sachbearbeiterin der Erstbehörde der "Akt G als erledigt anzusehen ist". 

 

Der Akt setzt fort mit einer Einvernahme des Bw am 27. Februar 2006 zur (zweiten) Strafverfügung vom 18. Oktober 2004, Zl. BauR96-718-2004/Je. Der Bw brachte vor, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, sein Auto auf einen mautpflichtigen Bereich abgestellt zu haben. Nach Rückkehr zum Kfz habe der Bw das Ersatzmautangebot über 240 Euro vorgefunden wegen "manipulierter Vignette". Auf dem Auto hätte sich keine Vignette befunden, lediglich Reste von alten 10-Tages-Mautvignetten. Der Bw habe daraufhin die Windschutzscheibe fotografiert und die Fotos per Einschreiben an die A geschickt. Dort sind die Fotos auch von einer Person mit dem Namen "K" übernommen worden. Die A habe dem Bw mitgeteilt, dass, falls sich die Behauptungen des Bw bestätigen sollten, lediglich 120 Euro Ersatzmaut zu bezahlen seien. Diese Vorgehensweise sei für den Bw in Ordnung gewesen, da er nie bestritten habe, ohne Vignette auf einem mautpflichtigen Bereich geparkt zu haben. Später habe die A bestritten, die Fotos erhalten zu haben. Nach längerem hin und her habe sich die Sache im Sand verlaufen und der Bw habe nicht einmal die 120 Euro Ersatzmaut zahlen müssen. Für den Bw sei die Angelegenheit sohin erledigt gewesen.

Somit sei es eine Überraschung gewesen, als der Bw eine Strafverfügung vom 18. Oktober 2004 erhalten habe. In dieser sei die selbe Sache vorgeworfen worden, jedoch zu einer anderen Tatzeit. Der Bw habe sich mit Sicherheit nicht am 16. Juli 2004 am vorgeworfenen Tatort aufgehalten. Die Angelegenheit vom Jänner 2004 sei dem Bw eine Lehre gewesen und er habe gewusst, dass er sich nicht ohne gültige Vignette vor der Raststation R aufhalten dürfe. Beim zweiten Tatvorwurf für den 16. Juli 2004 würde es sich um die selbe Anzeige vom Jänner 2004 handeln. Es sei sicherlich nicht korrekt, dass die A, da sie den Bw im Jänner 2004 nicht strafen habe können, die Tat nunmehr für Juli 2004 vorwerfe.

 

Am 6. April 2006 forderte die belangte Behörde den Bw auf, zur Strafbemessung die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse bekannt zu geben. Dieses Schreiben blieb unbeantwortet.

 

Die Antwort der A vom 11. April 2006 zum erstbehördlichen Ersuchen, zu den Vorbringen des Bw eine Stellungnahme abzugeben, erschöpft sich im Wesentlichen in der Wiedergabe bzw. Erläuterung gesetzlicher Bestimmungen und dem Hinweis, dass die in der Anzeige getätigten Angaben auf der dienstlichen Wahrnehmung der vereidigten Mautaufsichtsorgane beruhen würden.

 

Dazu brachte der Bw am 10. Mai 2006 vor, dass die A lediglich eine standardisierte Antwort übermittelt habe. Zum Beweis für die Standardisierung der A-Schreiben liegt die Kopie eines A-Schreibens vom 3. März 2006 bei.

Die Erstbehörde möge zu den Einwendungen des Bw vom Parallelverfahren (BauR96-718-2004/STU/Je) von der A eine Stellungnahme einholen. Aus prozessualer Vorsicht werde die Verjährung der Strafverfolgungsfrist eingewendet, da die angebliche Verwaltungsübertretung bereits am 1. Jänner 2004 begangen worden sei.

 

Im erstbehördlichen Akt liegt weiters eine Kopie eines A-Schreibens vom  10. Mai 2006 mit der Zl. BauR96-718-04 ein. Diesem ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass es sich um 2 verschiedene Anzeigen handeln und mit Sicherheit keine Verdrehung der Tatsachen vorliegen würde. Weiters würde ein Einspruch keine Auswirkung auf die vorgegebene Frist der Ersatzmautzahlung haben.

 

Zu einer "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 23. Mai 2006 zum Parallelfall (BauR96-718-2004/Je) ist im gegenständlichen Verwaltungsakt keine Antwort enthalten.   

 

Der gegenständliche Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Bw betont, dass sich die Berufung lediglich gegen die Strafhöhe richte. Es sei unbestritten, dass der Bw am Tattag keine Vignette am Kfz angebracht gehabt habe. Hingegen sei die Behauptung in der Anzeige, es sei am Kfz eine manipulierte Vignette angebracht gewesen, falsch. Als der Bw am Tattag zum Auto zurückgekommen sei, habe er das Ersatzmautangebot über 240 Euro vorgefunden. Daraufhin sei der Bw zur Bezirkshauptmannschaft gegangen, um sich gegen den Vorwurf einer manipulierten Vignette zur Wehr zu setzen. Von der Bezirkshauptmannschaft aus sei mit der Ö telefoniert und von dieser ersucht  worden, die vorhandenen Unterlagen nach Salzburg zu schicken, was auch gemacht worden sei. Daraufhin sei so viel Zeit vergangen und auch von der Ö keine Rückantwort erfolgt, dass die Zahlungsfrist zur Begleichung der Ersatzmaut verstrichen sei. Die Ö habe den Schriftverkehr "verwurschtelt". Aus diesem Grund richte sich die Berufung lediglich gegen die Strafhöhe, da eine manipulierte Vignette nicht vorhanden gewesen sei.

 

Die zeugenschaftlich einvernommene Freundin des Bw sagte aus, dass sie sich an den Tattag erinnern könne. Sie sei mit dem Bw in der Raststation Essen gewesen und habe bei der Rückkehr zum Kfz die Zahlungsaufforderung der Ö vorgefunden. Daraufhin habe sie zusammen mit dem Bw die Windschutzscheibe angesehen. Es seien auf dem Kfz alte Wochenvignetten, glaublich zwei Stück, nicht vollständig abgekratzt vorhanden gewesen. Da die Zeugin sehr häufig mit dem Bw im Auto unterwegs sei wisse sie, dass der Bw keine manipulierten Vignetten benutzte.

 

Die  als Zeugin einvernommene Meldungslegerin sagte aus, dass sie sich an den gegenständlichen Vorfall nicht mehr erinnern könne, wobei das Ersatzmautangebot vom Kollegen geschrieben worden sei. Weder das Kfz noch Typ oder Farbe seien erinnerlich.

 

Der Bw legte der Zeugin eine Kopie eines Fotos vor, welches auch der Ö geschickt worden sei. Das Foto zeige den Zustand der Windschutzscheibe bzw. der Vignetten am Tattag.

 

Die Frage, ob auf der Fotoaufnahme eine manipulierte Vignette erkennbar sei, verneinte die Meldungslegerin. Es handle sich um schlecht abgekratzte Vignetten.

 

Die Kopieaufnahme des Fotos wurde zum Akt genommen.

 

Beantragt wurde die Herabsetzung der Strafe auf 120 Euro.   

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs.1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 3 Bundesstraßengesetz 1971 gelten u.a. Parkflächen als Bestandteile der Bundesstraße.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 BStMG ist in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf.

 

Punkt 10.3.2 der Mautordnung besagt, dass die Höhe der Ersatzmaut (inkl. 20 % Umsatzsteuer) für die Nichtentrichtung der zeitabhängigen Maut für die Fahrzeug-Kategorie "B" 120 Euro beträgt. Bei Ablösen und Umkleben einer bereits gültigen Vignette, bei jeder anderen als in dieser Mautordnung zugelassenen Mehrfachverwendung der Vignette oder bei einer chemischen oder auch technischen Manipulation des originären Vignettenklebers derart, dass bei Ablösen der Vignette deren Selbstzerstörungseffekt verhindert wird, beträgt die Ersatzmaut das Doppelte des für die jeweilige Kategorie festgesetzten Betrages.

 

5.2. Unbestritten ist, dass der Bw gegenständlich der Lenker war und dass am gegenständlichen Fahrzeug zum Zeitpunkt der Kontrolle – mithin zur vorgeworfenen Tatzeit – keine gültige Mautvignette angebracht war und dass der gegenständliche Parkplatz aufgrund der oben zitierten Regelung mautpflichtig ist. Unstrittig ist ferner, dass ein Ersatzmautangebot gem. § 19 Abs. 3 BStMG über 240 Euro gestellt worden ist, diesem Angebot jedoch nicht nachgekommen wurde. Die Verwirklichung des gegenständlichen Deliktes durch den Bw ist unbestritten. Die Berufung wendet sich lediglich gegen die Strafhöhe.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Aus dem Akt geht hervor, dass eine erhöhte Ersatzmaut in der Höhe von 240 Euro angeboten und am Kfz eine "manipulierte Vignette" angebracht gewesen sei. Aufgrund des glaubwürdigen Auftretens des Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, der Widerspruchslosigkeit seiner Behauptungen durch das gesamte Verfahren hindurch und der nachgewiesenen Versuche, über die Ö/A den Sachverhalt aufzuklären, geht der Unabhängige Verwaltungssenat von der Richtigkeit der Darstellung des Bw, wonach am Kfz keine manipulierten sondern lediglich nicht vollständig abgekratzte abgelaufene Vignetten angebracht gewesen sind. Diese Darstellung des Sachverhaltes deckt sich mit der zeugenschaftlichen Aussage von A H, wobei zusätzlich die als Zeugin einvernommene Meldungslegerin mangels Erinnerung keine Angaben zum Tatbestand machen konnte. Es ist deshalb – im Zweifel – davon auszugehen, dass die Vorschreibung des doppelten Betrages einer Ersatzmaut zu Unrecht erfolgt ist. Im Hinblick darauf, dass zu den Milderungsgründen der Unbescholtenheit, das geständige Verhalten und das Fehlen einer korrekten Aufforderung zur Leistung der Ersatzmaut tritt, erscheint es vertretbar unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes (§ 20 VStG), die Strafe auf die Hälfte herabzusetzen. Die Tat bleibt jedoch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist das Verschulden des Bw deshalb nicht geringfügig, weil er die Beschilderung des Parkplatzes fahrlässiger Weise nicht beachtet hat.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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