Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-340048/9/Br/Ps

Linz, 02.11.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die  Berufung des Herrn FM DI Mag. P. G N, S, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, Zl. Agrar96-27-2006, vom 20. September 2006, nach der am 31. Oktober 2006 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

I.          Der Berufung wird Folge gegeben und das Verwaltungsstrafverfahren        nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG, iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

 

II.         Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat wider den Berufungswerber mit dem o.a. Straferkenntnis gestützt auf § 93 Abs.1 lit.r und § 93 Abs.2 Oö. JagdG iVm § 2 u. § 10 der VO der Oö. Landesregierung über den Abschussplan und die Abschussliste, eine Geldstrafe in der Höhe von 2 x 300 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils zwei Tagen verhängt.

Es wurde ihm zur Last gelegt, er habe es als Jagdausübungsberechtigter des Eigenjagdgebietes "A" in der Gemeinde G, zu verantworten, dass dort

1. im Zeitraum vom 16.5.2006 bis 18.7.2006 bei den Rotwildfütterungen auf den Grundstücken und, KG G, insbesondere am 18.7.2006, jeweils 6 bis 8 frische Häufchen Maisbruch ausgelegt waren und

2. im Zeitraum vom 19.7.2006 bis 13.8.2006 in der R, vis á vis des Einstieges zur P, Grundstück KG G, Rotwild mit Maisbruch gefüttert werden habe können, obwohl das Füttern von Rotwild vom 16.5. bis 15.10. verboten ist.

 

2. Die Behörde erster Instanz begründete das Straferkenntnis mit folgenden Ausführungen:

"Der strafbare Tatbestand wurde Ihnen zu Punkt 1. mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 20.7.2006 und zu Punkt. 2. mit der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 1.9.2006 zur Kenntnis gebracht.

 

Zu Punkt 1. haben Sie sich mit Schreiben vom 16.8.2006 wie folgt gerechtfertigt:

 

'Es ist mir heute aufgrund anderer Termine nicht möglich persönlich bei Ihnen vorzusprechen, sodass ich mich schriftlich rechtfertige. Von meiner Seite wurde weder der Auftrag erteilt, noch hatte ich bis zu Ihrem Schreiben davon Kenntnis, dass im A Häufchen von Maisbruch ausgelegt wurden. Von meiner Seite haben alle Jagdpächter bzw. auch Jagdabschussnehmer die Anweisung keine Sommerfütterungen durchzuführen.'

 

Dazu wird ausgeführt:

Die Eigenjagdgebiete 'A', 'H', 'L', 'M' und 'W' werden nach den Bestimmungen des Oö. Jagdgesetzes als Regiejagden des S geführt, das heißt, dass Sie als Forstmeister als 'Jagdausübungsberechtigter' fungieren und für die Vorgänge im Revier sowie für die Einhaltung der Bestimmungen des Oö. Jagdgesetzes verantwortlich sind. Wenn sich nun Abschussnehmer weder an das Gesetz noch an Ihre Anweisungen halten, werden Sie Überlegungen anzustellen haben, wie diese dazu gebracht werden können, die Jagd nach ökologischen Gesichtspunkten auszuüben. Da Sie dies bisher verabsäumten, haben Sie eine fahrlässige Tatbegehung zu verantworten.

 

Am 29.8.2006 schickten Sie ein E‑mail, in dem mitgeteilt wurde:

 

'Nachdem meine Rechtfertigung nicht genügt, bin ich natürlich bereit bei der Aufklärung der Vorgänge behilflich zu sein. Nachdem ich nur von der Stelle, laut ihrem Schreiben, in der R Kenntnis habe, ist es mir nicht möglich von den anderen Stellen den eventuellen Verursacher bekannt zu geben, da ich die genaue Lage kennen müsste und den mit diesem Gebiet bejagende Abschussnehmer die Stellen besichtigen kann und er sich dann, sollten von ihm diese Maßnahmen gesetzt worden sein, rechtfertigen kann. Der Verursacher im Jagdgebiet R hat mir gesagt, dass er nach meiner Aufforderung bereits mit Ihnen telefoniert hat.'

 

Zu Punkt 2. lautete Ihre Rechtfertigung per E‑mail am 12.9.2006 folgend:

 

'Leider muss ich feststellen, dass ich mich in der Angelegenheit Sommerfütterung nicht mehr zurecht finde. Auf Grund Ihres ersten Schreibens, habe ich sofort unseren Jäger Herrn A mit dieser Angelegenheit konfrontiert und angeordnet, er möge mit Ihnen Kontakt aufnehmen, was er nach seiner Aussage auch getan hat. Nun werfen Sie mir in einem neuerlichen Schreiben vor, ich hätte in dieser Angelegenheit etwas unterlassen. Natürlich kann ich die telefonische Kontaktaufnahme mit Herrn A nicht kontrollieren und nicht bestätigen. Sollte die Kontaktaufnahme in dieser Angelegenheit jedoch nicht stattgefunden haben, und Sie mir dies bestätigen, so hat dies für Herrn A dienstrechtliche Folgen, weil er in dieser Angelegenheit selbständig handelt und voll verantwortlich ist.'

 

Dazu wird ausgeführt:

Die von Ihnen verlangte Kontaktaufnahme ist, wie Ihnen mitgeteilt wurde, erfolgt. Zunächst erklärte mir Hr. A, dass die Fütterungen für das Schwarzwild angelegt wurden, da dieses ein enormes Problem darstellt. Das Futter wurde vergraben und vom Schwarzwild ausgegraben. Dies ist jedoch durch die Fotos eindeutig widerlegt. Keine Spuren davon, wie sie vom Schwarzwild hinterlassen werden. Darüber hinaus wäre es sinnwidrig in der Nähe von Rotwildfütterungen 'Kirrungen' für das Schwarzwild anzulegen. Außerdem ist bis heute keine Abschussmeldung über Schwarzwild eingetroffen.

 

Es wird somit als erwiesen angesehen, dass im Eigenjagdgebiet 'A' Rotwild während des Sommers mit Mais gefüttert wurde, um es im Revier zu halten, wofür Sie die Verantwortung zu tragen haben. Das Fütterungsverbot während des Sommers wurde deshalb erlassen, weil in der Hauptvegetationszeit dem Wild in freier Wildbahn ohnehin ein ausreichendes Nahrungsangebot zur Verfügung steht. Durch eine Fütterung im Sommer wird die natürliche Verteilung des Wildes auf seinen gesamten potentiellen Lebensraum stark eingeschränkt. Die Folge ist eine Massierung in weniger geeigneten Habitaten und ein daraus resultierender Wildschaden.

 

Nach § 2 der Verordnung der Oö. Landesregierung über den Abschussplan und die Abschussliste ist das Füttern von Rotwild vom 16. Mai bis zum 15. Oktober, das Füttern von Rehwild vom 16. Mai bis zum 15. September verboten. Nach § 10 dieser Verordnung gilt u.a. die Nichtbeachtung von § 2 als Verwaltungsübertretung nach § 93 Abs. 1 lit.r oö. Jagdgesetz. Verwaltungsübertretungen sind mit Geldstrafe bis zu 2.200 Euro zu ahnden.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs‑ und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens‑, Vermögens‑ und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

In diesem Sinne ist zur Strafbemessung festzuhalten, dass der Unrechtsgehalt der angelasteten Übertretung nicht unerheblich ist. Die in Rede stehenden Vorschriften dienen der Entwicklung und Erhaltung eines artenreichen und gesunden Wildstandes. Diese Schutzinteressen wurden auf Grund unnatürlicher und nicht notwendiger Lockfütterungen in einem nicht unerheblichen Maße beeinträchtigt. Überdies werden in G, wo eine größere Anzahl an Eigenjagden vorhanden sind, Beispielfolgen erwartet. Mildernde Umstände lagen nicht vor. Erschwerend war zu werten, dass bereits Verwaltungsstrafen wegen Übertretungen des Oö. Jagdgesetzes verhängt werden mussten. Einkommensverhältnisse wurden trotz Ersuchens nicht bekannt gegeben. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass nicht Ihre Einkommensverhältnisse maßgebend sind, sonder der Umstand dass Sie für das S Eigenjagdgebiete verwalten, woraus auch entsprechende Entgelte erwirtschaftet werden. Unter Berücksichtigung all dieser Strafzumessungskriterien und angesichts der geringen Ausschöpfung des Strafrahmens erscheint die Strafhöhe als tat‑ und schuldangemessen."

 

2.1. Diesem tritt der Berufungswerber mit seiner dagegen fristgerecht erhobenen Berufung entgegen:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Gegen das Straferkenntnis wird in offener Frist Berufung eingelegt. Ich ersuche den Bescheid ersatzlos aufzuheben oder es mit einer Ermahnung abzutun.

 

Der mir zur Last gelegte Tatbestand einer fahrlässigen Tatbegehung in Hinsicht auf die Sommerfütterung muss ich auf Grund meiner schon früher gemachten Ausführungen gegenüber der Behörde widersprechen. Wie schon ausgeführt, habe ich bis zum Schreiben von der Bezirksverwaltungsbehörde weder Kenntnis noch wurde sie von mir angeordnet, noch habe ich in den Jahren vorher von Beanstandungen in dieser Richtung gehört. Im Schreiben vom 17. August haben Sie mich aufgefordert, bekannt zu geben, wer dies trotz meines Auftrages, keine Sommerfütterung durchzuführen, getan hat. Für die konkrete Anzeige habe ich den Berufsjäger A aufgefordert, sofort mit Herrn D Kontakt aufzunehmen, was er mir bestätigt und was auch Herr D bestätigt. Den Inhalt dieses Telefonates kenne ich nicht, jedoch hat mir der Berufsjäger im Gespräch mitgeteilt, dass diese Angelegenheit erledigt sei. Wenn ein fachlich ausgebildeter Angestellter mir dies vermittelt, muss ich mich darauf verlassen können, denn ich kann ihn nicht auf Schritt und Tritt beobachten. Somit weiß spätestens seit diesem Zeitpunkt die Behörde, wer der Verursacher war und es wurden von mir keinerlei Handlungen gesetzt, den Verursacher zu verschweigen. Der Berufsjäger ist mit der rechtlichen Lage vertraut und wurde von mir auch in dieser Hinsicht angewiesen.

Zu den anderen Vorwürfen habe ich der Behörde meine Mithilfe angeboten, um eventuelle Verursacher auszuforschen. Bis heute wurden mir aber weder Orte genannt, um den für dieses Jagdgebiet verantwortlichen Abschussnehmer herauszufinden, sodass ich annehmen muss, dass es sich um eine unbegründete Unterstellung handelt.

 

Zur Festlegung des Strafrahmens möchte ich folgendes ausführen. In den vielen Mails die zwischen der Behörde und mir hin und her gegangen sind, hat mich Herr D nie aufgefordert, die Höhe meines Einkommens bekanntzugeben. Der Behörde ist aber bekannt, dass ich O bin und über kein Einkommen verfüge. Ich finde die Überwälzung der Strafe auf das S nicht rechtens, wenn dies für die Höhe der Strafe eine Grundlage sein soll.

 

Mit freundliche Grüßen

 

FM DI Mag. P. G N"

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung schien hier zur Klärung der Tatumstände, insbesondere der Abklärung wer als unmittelbarer Täter in Betracht kommt und von welchen Motiven dieser geleitet wurde, geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

 

3.1. Beweis geführt wurde durch die Verlesung des Verwaltungsstrafaktes der Behörde erster Instanz, Zl. Agrar96-27-2006. Dem Akt angeschlossen findet sich eine Fotodokumentation über die Art und den Umfang der Ausbringung von Maisbruch im genannten Revierteil, sowie Luftaufnahme vom fraglichen Revierteil aus dem digitalen Rauminformationssystem. Als Zeuge einvernommen wurde der Reviernachbar Dr. L und C. B, der u.a. die Anzeige erstattete und die Fotos von den Kirrfütterungen aufnahm. Als Auskunftsperson wurde der im Dienstverhältnis zur Eigenjagdberechtigung stehende Berufsjäger A gehört. Der Berufungswerber wurde als Beschuldigter befragt.

Verlesen wurde der in einer zeugenschaftlichen Stellungnahme im erstinstanzlichen Verfahren zitierte Fachbeitrag des Oö. Landesjägermeisters über das Verbot der Sommerfütterung von Rot- u. Rehwild (Der Oö. Jäger, Ausgabe Juni 2006). Ebenfalls wurde ein dem unabhängigen Verwaltungssenat in einem anderen Verfahren vorliegendes Gutachten der Forstdirektion, Forst-153000/593-2006-Rei, zur Frage von Maisvorlagen (Kirrungen/Fütterungen) und deren jagdfachliche Bewertung verlesen.

 

4. Der Berufungswerber ist Mitglied des O und ist dort als Forstmeister des S tätig. Die Jagd wird im unmittelbaren Verantwortungsbereich des hierfür angestellten Berufsjäger A geführt. Der Berufungswerber ist als Forstmeister der nach außen hin Vertretungsbefugte des Eigenjagdberechtigten S für das Eigenjagdgebiet "A".

Die dem Verfahren zu Grunde liegende und fotografisch dokumentierte Maisausbringung während der Zeit des aufrechten Sommerfütterungsverbotes ist unstrittig.

Der auf den Fotos dokumentierte Maisbruch wurde, wie im Rahmen der Berufungsverhandlung evident wurde, vom Berufsjäger A frei auf der Wiese im Bereich einer Scheune und eines Futtersilos bzw. einer Reviereinrichtung ausgebracht. Auf eine Freilegung durch Schwarzwild lässt sich diesbezüglich kein Anhaltspunkt finden. Diese trotz des zwischenzeitig erlassenen Sommerfütterungsverbots offenbar fortgesetzte Praxis wurde bereits zwischen den Betroffenen mehrfach als unweidmännisch gegenüber dem Reviernachbar  beanstandet und zuletzt auch bei der Begehung im Zuge der Erstellung des Abschussplans im Mai dieses Jahres als abzustellen aufgezeigt. Die sich aus dem vorgelegten Verfahrensakt ergebende Korrespondenz lässt auf eine nachhaltige Störung der Beziehungen mit dem Jagdnachbarn schließen.

Entgegen der Auffassung der Behörde erster Instanz wurden durch die verstärkte Lokalisierung des Wildes lediglich die forstwirtschaftlichen Interessen des S negativ berührt.

 

4.1. Auf Grund der Beweislage ist davon auszugehen, dass nicht der Berufungswerber die hier anzeigegegenständlichen Fütterungen im besagten Revierteil veranlasst hat und diese ihm zum Zeitpunkt der Ausbringung zumindest nicht bekannt waren. Er räumte aber ein, dass die Praxis sogenannter Kirrfütterungen bis zu dessen Verbot aus der jagdlichen Praxis nicht nur als vertretbar sondern vielmehr als notwendig erachtet und demnach auch gepflogen wurden. Diese Auffassung ist nicht von der Hand zu weisen, weil sie in Einzelfällen der Erfüllung von Abschussplanzielen förderlich sein mögen. Nicht übersehen wird ferner, dass mit der vereinzelten Vorlage von einigen wenigen Häufchen von Maisbruch der Äsungsbedarf auch bloß eines Stücks  Rotwildes bei weitem nicht gedeckt werden könnte, sehr wohl aber das natürliche Äsungsverhalten des Wildes beeinträchtigt wird. 

Dennoch wirkt diese Praxis entgegen dem Schutzziel des Fütterungsverbotes und ist aus jagdfachlicher Sicht auch als Fütterung zu qualifizieren (siehe o.a. Gutachten u. Beitrag im Oö. Jäger).

Der Berufungswerber legte im Rahmen seiner Verantwortung ferner dar zur Ausbringung von Mais an mehreren Stellen weder einen Auftrag gegeben noch dies etwa aktiv geduldet zu haben. Die Verantwortlichkeit des Jagdbetriebes verwies er auf den hierfür angestellten Berufsjäger, welcher berechtigt ist auch Abschüsse zu vergeben und Jagdgäste bei den Pirschgängen zu führen hat.

Der Zeuge Dr. L verwies auf die Problematik der seit dem Fütterungsverbot weiterhin betriebenen Kirrfütterungen, welche sich seiner Ansicht nach für die Erfüllungsmöglichkeit seiner Abschussplanziele sehr negativ auswirkten. Ebenfalls seien für ihn dadurch wirtschaftliche Nachteile gegeben, weil er seiner aus finanztechnischen Gründen bestehenden Verpflichtung Abschüsse zu verkaufen nicht nachkommen kann, indem er, angesichts des wegen der Fütterungen kaum zu erwartenden Jagderfolge, entsprechende Verträge nicht abschließen könne.

Der Zeuge legte sinngemäß dar, dass im Verkehrskreis die Fütterungs- bzw. Kirrpraxis der an sein Eigenjagdgebiet unmittelbar angrenzende Eigenjagd "A" hinlänglich bekannt sei.

Die seiner Mitteilung an die Jagdbehörde angeschlossenen Fotos seien von C B gemacht worden. Die Zufahrt zu dessen Gasthaus führe über den fraglichen Teil des stiftseigenen Eigenjagdgebiets, sodass dem C. B Informationen über diese illegale Fütterungspraxis nicht nur von jagdlicher Seite, sondern selbst von Spaziergängern schon zugetragen worden sind.

Dies wurde im Ergebnis vom Zeugen B im Rahmen der Berufungsverhandlung bestätigt. Der Zeuge verwies darauf, dass er bereits im Jahr 2005 diesbezüglich mit dem Leiter des forsttechnischen Dienstes der Behörde erster Instanz gesprochen und diese Praxis bemängelt habe. Im Zuge der Begehung mit mehreren Jagdleitern zwecks Erstellung des Abschussplans für dieses Jagdjahr im Mai 2006 sei ins Protokoll aufgenommen worden, dass die dortigen Kirrungen abzustellen seien (Seite 1 des Verfahrensaktes).

Er wurde von mehreren Personen über die Fortsetzung dieser Praxis immer wieder aufmerksam gemacht, sodass er mit seiner Tochter die im Akt erliegenden Aufnahmen gemacht habe.

Der zuletzt vom Berufungswerber über Auftrag der Berufungsbehörde als Zeuge stellig gemachte Berufsjäger räumte nach Belehrung über sein Entschlagungsrecht im Falle einer unter Wahrheitspflicht abzulegenden und für ihn belastenden Zeugenaussage, dennoch freimütig die Ausbringung der geringen Mengen von Mais ein. Dies jedoch mit dem Hinweis, dass dies ohne dem vorherigen Wissen und der Duldung seines Vorgesetzen, des Berufungswerbers, geschehen ist. A hob dezidiert hervor, dass er diesbezüglich vom Berufungswerber weder angestiftet wurde noch dieser von dieser Praxis Kenntnis hatte trotz des Fütterungsverbotes.

Der Genannte machte seine Angaben als Auskunftsperson trotz des Hinweises der noch offenen Verjährungsfrist und dadurch möglicherweise drohender verwaltungsstrafrechtlicher Verfolgung.

Fachlich begründete er dieses Verhalten mit der immer schwerer werdenden Erfüllung des Abschussplanes und der besseren Bejagungsmöglichkeit des einen nicht unerheblichen Flurschaden herbeiführenden Schwarzwildes. So konnte etwa eine Sau bei einer dieser Kirrungen erlegt werden.

 

4.2. Für die Berufungsbehörde stellt sich die Beweislage demnach so dar, dass diese Futterausbringung zwecks Kirrung von Hoch- und Schwarzwild im Bereich von Ansitzen in der Erleichterung des Abschusses motiviert war. Nicht übersehen wird in diesem Zusammenhang, dass hierdurch nicht bloß gegen die gesetzlich normierte Intention des Verbotes der Sommerfütterung – als Eingriff in den biologischen Rhythmus des Wildes – verstoßen wird, sondern dieses Verhalten insbesondere mit jagdnachbarschaftlichen Interessen der Chancengleichheit in der Bejagungsmöglichkeit in Konflikt tritt und damit mit dessen privatrechtlichen Interessenslage in Widerspruch gelangt.  Eine Befriedung der hier offenkundig zu diesem Verfahren führenden gestörten nachbarschaftlichen Beziehungen kann wohl nur in der Abstandnahme von dieser "einseitig nützlichen Praxis" erblickt werden. Diesbezüglich kann auf die sachlich durchaus nachvollziehbaren Ausführungen der Anzeiger im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens und die dort getätigten schriftlichen Eingaben und die Zeugenaussage im Berufungsverfahren verwiesen werden. Dies nahm der dem Verantwortungsbereich des Berufungswerbers unterstellte Berufsjäger A offenbar in Kauf, wobei diesem zuzubilligen ist, dass er sich im Spannungsverhältnis zur Pflicht der Abschussplanzielerfüllung und somit im Dilemma einer Pflichtenkollision gesehen haben mag. In diesem Zusammenhang muss aber das gewichtigere Interesse im Unterbleiben der hier verfahrensgegenständlichen Kirrungen erblickt werden, weil wohl nicht den Interessen der Nachbarjagd an der Planzielerfüllung mit der Verletzung einer anderen Rechtspflicht zuwider gehandelt werden darf.

 

4.3. Nicht als erwiesen kann jedoch insbesondere gelten, dass hier auch der Berufungswerber das wohl aus achtenswerten Motiven begangene Fehlverhalten (seines) des Berufsjägers als verwaltungsstrafrechtlich schuldhaftes Verhalten zu verantworten hätte. Vielmehr ist für dieses Verhalten der Berufsjäger selbst verantwortlich, was er auch unumwunden einräumte. Auf das Spannungsverhältnis zwischen Planzielerfüllung und weidgerechte Jagdausübung sei in diesem Zusammenhang verwiesen.

Dass dies aus der subjektiven Sicht des verantwortlichen Jägers mit Blick auf andere rechtlich normierte Ziele (Abschussplanerfüllung) vertretbar erschien, rechtfertigt dieses Verhalten aber dennoch nicht. Dies insbesondere mit Blick darauf, weil nur unschwer erkennbar sein konnte, dass dieses Tun im zumindest gleichen Umfang den Interessen des Reviernachbarn zuwiderläuft und dessen potenziellen Jagderfolg entsprechend zu schmälern geeignet ist.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Nach § 93 Abs.1 lit.r Oö. JagdG begeht eine mit bis zu 2.200 € zu ahndende Verwaltungsübertretung (§ 93 Abs.2 leg.cit.) wer, ...

einem in diesem Gesetz (§ 30, § 53 Abs.4, § 54 Abs.2, § 56, § 56a Abs.4, § 60 Abs.1, § 61 Abs.1, § 62 und § 63) oder einem in einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung (§ 50) verfügten Ge- oder Verbot zuwiderhandelt;

Der § 2 der Verordnung über den Abschussplan und die Abschussliste ist das Füttern von Rotwild vom 16. Mai bis zum 15. Oktober, das Füttern von Rehwild vom 16. Mai bis zum 15. September verboten.

Laut § 10 dieser Verordnung gilt die Nichtbeachtung von § 2, § 4 Abs.3 und Abs.5 sowie § 6 Abs.2 bis 4 als Verwaltungsübertretung nach § 93 Abs.1 lit.r des Oö. Jagdgesetzes.

Dem hier zur Last liegenden Faktum liegt ein aktives Tun in Form der Ausübung einer Fütterung und nicht eine bloße Unterlassung zu Grunde. Das aktive Tun erfordert eine andere strafrechtliche Zurechnungsdogmatik als eine einen strafbaren Tatbestand erfüllende Unterlassung. Letztere kann auch einem Verantwortlichen im Rahmen seiner Leitungskompetenz als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ iSd § 9 VStG zugerechnet werden.

 

Gemäß § 37 AVG ist Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

Hier handelt es sich um ein Begehungsdelikt (VwGH 27.7.2001, 2001/07/0093). Das dieses vom Berufungswerber nicht selbst begangen wurde, ist offenkundig auch seitens der Behörde erster Instanz nicht in Betracht gezogen worden. Vielmehr vermeinte die Behörde erster Instanz das Fehlverhalten eines ihr zum Zeitpunkt der Entscheidung noch unbekannten Dritten dem Berufungswerber zurechnen zu können. Dass der Berufungswerber als Anstifter oder auch nur stillschweigender Dulder dieser Kirrfütterungen zu sehen wäre, ist aus dem vorliegenden Beweisergebnis jedoch nicht ableitbar.

Die Behörde erster Instanz erachtet den Berufungswerber vermutlich als Organ iSd § 9 Abs.2 VStG für dieses Fehlverhalten als verantwortlich und rechnet ihm den strafbaren Erfolg unmittelbar zu. Worauf diese Verantwortlichkeit aber konkret gestützt werden könnte, bleibt im Dunkeln. Offenbar schwebte der Behörde erster Instanz eine Art Kontrollsystem vor, welches verhindern sollte, dass Derartiges passiert. Damit kann der Schuldspruch jedoch nicht gestützt werden.

Im Falle eines bloßen Ungehorsamsdeliktes nach § 5 Abs.1 VStG obliegt es verstärkt dem Beschuldigten glaubhaft zu machen, dass ihn an der allfälligen Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, indem er hier im Zusammenhang mit den verbotenen Kirrfütterungen den nach den Umständen zu erwartenden Sorgfaltsmaßstab hinsichtlich seiner aus der Jagdausübungsberechtigung ableitbaren Ingerenzpflichten aufgewendet hat.

Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass der § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirkt, dass ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat (VfSlg. 11195/1986). Vielmehr hat die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Das Gesetz befreit die Behörde in Anbetracht der regelmäßigen Sachlage nur insoweit von weiteren Nachforschungen über die subjektive Tatseite, als das entgegen dem Anschein behauptete Fehlen des Verschuldens nicht glaubhaft ist.

Das hier der Berufungswerber die Fütterung weder selbst durchführte noch seinen Berufsjäger dazu anstiftete, wurde selbst von der Behörde erster Instanz nicht behauptet. Vielmehr hat hier der Berufungswerber in nachvollziehbarer und schlüssiger Form glaubhaft gemacht, dass diese Ausbringung von Mais ohne sein Wissen oder seiner Duldung erfolgt ist.

Gemäß § 7 VStG unterliegt nur wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einen anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

Ungeachtet des Umstandes, dass hier kein auch einem Außenvertretungsbefugten vorwerfbares Unterlassungsdelikt vorliegt und es primär den unmittelbaren Täter zu bestrafen gilt, wird insbesondere hier von einer Übertragung der Verantwortlichkeit im obigen Sinn auszugehen sein.

Nach § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Als solches Organ ist der Berufungswerber in seiner Funktion als Forstmeister und damit auch für die Jagdrechte des S wohl einzustufen.

Da er jedoch die Jagd offenkundig nicht selbst ausüben kann, bedient er sich des Berufsjägers A.

Nach § 9 Abs.2 VStG sind die  zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Nach h. Auffassung ist es verfehlt eine Fahrlässigkeit mangels "vorbeugender" Nichtabwendung eines strafbaren Erfolges – hier der Kirrfütterung – seitens des Berufungswerbers analog zur sogenannten Kontrollsystemjudikatur – wie sie für Vertretungsbefugte nach § 9 VStG einer juristischen Person etwa im Bereich des Kraftfahrgesetzes oder Arbeitnehmerschutzgesetzes entwickelt wurde – zuzurechnen. Die dadurch oft hart an eine Erfolgshaftung heranreichende Verantwortlichkeit darf jedenfalls nicht auch 1:1 auf den Repräsentanten eines Eigenjagdberechtigten, der sich eines Berufsjägers zur Abwicklung des Jagdbetriebes bedient, für ein von diesem durch aktives Tun gesetztes Delikt (Tätigkeitsdelikt) umgelegt werden. Warum hier nicht der Täter ausgeforscht und belangt wurde, ist bemerkenswert.

Allfällige dem Eigentümer durch ein Erfüllungsorgan herbeigeführte zivilrechtliche Negativfolgen bleiben von diesen verwaltungsstrafrechtlichen Betrachtungen unberührt.

Die Grenze einer verwaltungsstrafrechtlichen Zurechnung ist jedenfalls dort zu ziehen, wo ein verfassungswidriges Ergebnis die Folge wäre, wenn eine Erfolgszurechnung dem Grundsatz "keine Strafe ohne Schuld" widersprechen würde.

Jüngst erkannte etwa der Verfassungsgerichtshof eine Gesetzesbestimmung (§ 4 des BauKG, BGBl. I Nr. 37/1999) als verfassungswidrig, weil diese eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für Tätigkeiten normierte, die den Normunterworfenen (Bauherrn) mangels spezifischer Kenntnisse in der zumutbaren Sorgfaltsübung überfordert hätte (VfGH, G 37/06-6, mit Hinweis auf VwGH 26.5.2004, 2001/08/0127).

Hier ist jedenfalls davon auszugehen, dass der Berufungswerber objektiv besehen zum Zeitpunkt der Ausbringung der Fütterungen noch keine Möglichkeit hatte das in seinem territorialen Verantwortungsbereich aus jagdpraktischen bzw. jagderfolgsorientierten Motiven getätigte Fehlverhalten seines Berufsjägers zu unterbinden. Sollte jedoch diese Praxis künftighin weiterhin nicht eingestellt werden, könnte von einer anderen Sicht – in Richtung einer aktiven Unterstützung und damit einer Beitragstäterschaft – der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit ausgegangen werden.

 

5.2. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass  der unmittelbar Verantwortliche nunmehr evident und angesichts der noch offenen Frist für eine Verfolgung noch belangbar ist.

Somit war hier mangels Tatbegehung bzw. mangels erweislicher Mitwirkung an dieser mit der Aufhebung des Schuldspruches vorzugehen und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß dem Grundsatz keine Strafe ohne Schuld [nullum poena sine culpa] zu verfügen (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum