Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550305/7/Kl/Pe

Linz, 23.11.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über den Antrag der R B- u I GmbH & Co KG, vertreten durch Dres. P L P, vom 13.11.2006 auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens vor Zuschlagserteilung im Vergabeverfahren der Marktgemeinde H betreffend das Bauvorhaben „ABA H BA 05/Baulos 02, Kanalüberprüfung“, zu Recht erkannt:

 

Der Antrag vom 13.11.2006, die Entscheidung des Auftraggebers, den Auftrag an die Firma M-B zu vergeben, für nichtig zu erklären, wird als unzulässig zurückgewiesen.

Gleichzeitig wird der Antrag auf Zuspruch des Gebührenersatzes abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 3, 6 Abs.1 und 2 Z2, 12 und 18 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz – Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002 iVm Teil II Z3 der Anlage zum Oö. VNPG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 13.11.2006, beim Oö. Verwaltungssenat um 15.20 Uhr persönlich abgegeben, wurde von der R B- u I GmbH & Co KG (im Folgenden: Antragstellerin) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung und Nichtigerklärung des Nichtausscheidens des Angebots der Fa. M-B sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von einem Monat nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt. Darüber hinaus wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühr begehrt.

 

Hiezu wurde von der Antragstellerin näher ausgeführt, dass das gegenständliche Vergabeverfahren im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Unterschwellenbereich auf der Basis des BVergG 2006 erfolgt sei. Auftragsart sei ein Bauauftrag: Gegenstand der Leistung sei eine Kanal- und Hochdruckreinigung samt Dichtheitsüberprüfung und TV-Befahrung von Abwasserkanälen.

Abwasserkanäle seien zweifellos Bauwerke iSd § 2 Z1 BVergG, da sie eine Gesamtheit von Tiefbauarbeiten, welche ihrem Wesen nach eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen sollen, darstellen. Die Reinigung eines solchen Bauwerkes sei daher ein Bauvorhaben iSd § 4 Z1 BVergG. Ergänzend sei festzuhalten, dass auch die Auftraggeberin von einem „Bauvorhaben“ gesprochen habe.

Bekämpft werde die der Antragstellerin am 8.11.2006 mitgeteilte Zuschlagsentscheidung, in der bekannt gegeben wurde, dass beabsichtigt sei, der Fa. M-B den Zuschlag erteilen zu wollen und aus der ersichtlich sei, dass das Angebot des Bieters „M-B“ nicht auszuscheiden gewesen sei.

 

Die Antragstellerin habe ein frist- und formgerechtes Angebot gelegt. Bis zum Ende der Angebotsfrist seien 6 Angebote gelegt worden. Bei der Öffnung der Angebote am 4.9.2006 seien diese 6 Angebote auch verlesen worden. Dabei sei zunächst festgestellt worden, dass das Angebot der Fa. M-B zum Zeitpunkt der Angebotsverlesung bereits geöffnet war.

 

Ansonsten habe die Verlesung der Angebote nachstehendes Ergebnis ergeben:

1) M-B                                                                                  30.485,40 Euro

2) R B- u I GmbH & Co KG                                     63.487,80 Euro

3) Z                                                                                       66.321,00 Euro

4) D & O                                                                               69.501,00 Euro

5) R                                                                                       70.508,70 Euro

6) S- u P                                                                               75.485,00 Euro

 

Gemäß Punkt B 13 des Angebotsschreibens werde der Zuschlag dem Angebot mit dem billigsten Preis erteilt, wobei jedoch Angebote, die gemäß § 129 BVergG 2006 auszuscheiden sind, nicht weiter zu berücksichtigen seien.

 

Am 30.10.2006 sei der Antragstellerin per Fax der Durchschlag eines Schreibens an die Fa. M-B P übermittelt worden, wonach dieser Firma mitgeteilt worden sei, dass das Amt der Oö. Landesregierung der Vergabe an die Fa. M-B im Hinblick auf die Förderfähigkeit zugestimmt habe. Ansonsten seien in diesem Schreiben nicht die gesetzlich verlangten Angaben enthalten gewesen.

In der Folge habe die Antragstellerin um Bekanntgabe für die Gründe der Nichtberücksichtigung ihres Angebots ersucht.

Am 8.11.2006 sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Fa. M-B getroffen worden sei, da deren Angebot einen zivilrechtlichen Preis von 30.485,40 Euro aufgewiesen habe und somit das wirtschaftlich günstigste Angebot gewesen sei.

 

Das Angebot der Antragstellerin sei gewinnbringend kalkuliert, sodass aufgrund des erzielbaren Gewinns ein erhebliches Interesse am Vertragsabschluss bestehe. Da der Auftrag zu Unrecht an die Fa. M-B vergeben werden soll, drohe der Antragstellerin ein Schaden von ca. 6.000 Euro durch den entgangenen Gewinn.

Zudem erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht als Bieter, die sämtliche für die Erbringung der ausgeschriebenen Leistung erforderlichen Berechtigungen besitze und das günstigste Angebot gelegt habe, sohin als Billigstbieterin im Sinne der Ausschreibungsbedingungen, den Auftrag zu erhalten, verletzt.

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeit führt die Antragstellerin ins Treffen, dass bei richtiger Anwendung des BVergG das Angebot der Fa. M-B ausgeschieden und die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Antragstellerin hätte ausfallen müssen.

Gegenstand der Ausschreibung sei die Reinigung und Prüfung eines Abwasserkanals. Gemäß § 33 Abs.1 GewO darf die Prüfung und Überwachung von Anlagen, Einrichtungen und Gegenständen, nur von dem zur Herstellung der betreffenden Anlagen, Einrichtungen oder Gegenständen berechtigten Gewerbetreibenden und im Rahmen ihres Fachgebiets von zur Ausübung des Gewerbes eines technischen Büros berechtigten Gewerbetreibenden vorgenommen werden.

Gemäß § 99 GewO sind nur Baumeister berechtigt, Hoch- und Tiefbauten und andere verwandte Bauten auszuführen. Da ein Abwasserkanal zweifellos unter den Begriff „Tiefbauten“ falle, sei es daher zur Ausführung eines Abwasserkanals zwingend erforderlich, dass der Ausführer eine Gewerbeberechtigung als Baumeister besitzt, dh dass auch nur Baumeister berechtigt seien, eine derartige Anlage zu prüfen. Die Fa. M-B verfüge über keine entsprechende Gewerbeberechtigung.

Angebote von Bietern, deren finanzielle, wirtschaftliche oder technische Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit nicht gegeben sind, seien gemäß § 129 Abs.1 Z2 BVergG zwingend auszuscheiden. Da die Fa. M-B nicht die zur Durchführung der ausgeschriebenen Tätigkeiten erforderliche Gewerbeberechtigung besitze, hätte sie zwingend ausgeschieden werden müssen. Auch hätte sie ausgeschieden werden müssen, zumal der Gesamtpreis keine plausible Zusammensetzung aufweise, da sich die Nettoauftragssummen sämtlicher Angebote (mit Ausnahme jenes der Fa. M-B) zwischen ca. 53.000 Euro und ca. 59.000 Euro bewegen und somit eine Schwankung von rund 10 % aufgewiesen haben. Das Angebot der Fa. M-B weise weniger als die Hälfte des günstigsten Angebots der übrigen Bieter, welche im Übrigen allesamt über eine Gewerbeberechtigung als Baumeister verfügen, auf.

Ein Angebot, das weniger als die Hälfte aller übrigen Angebote betrage, sei jedoch keinesfalls plausibel, sodass im Zuge einer vertieften Angebotsprüfung festgestellt hätte werden müssen, dass eine nicht kostendeckende spekulative Preisgestaltung vorliege.

Letztlich hätte das Angebot auch ausgeschieden werden müssen, weil es zum Zeitpunkt der Verlesung bereits geöffnet gewesen sei.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Marktgemeinde H als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Mit Stellungnahme vom 20.11.2006 bringt die Auftraggeberin vor, dass der Nachprüfungsantrag verspätet eingebracht worden sei. Es sei ein nicht offenes Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Unterschwellenbereich durchgeführt worden. Gemäß Pkt.3 des Teiles II der Anlage zum Oö. VNPG sei die Zuschlagsentscheidung im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung innerhalb der Frist gemäß § 100 Abs.2 BVergG 2002 zu bekämpfen und sehe § 100 Abs.2 bei diesem Verfahren eine verkürzte Stillhaltefrist von sieben Tagen vor. Sämtlichen Bietern, welche im Verfahren ihr Angebot gelegt haben, sei mit Telefax vom 30.10.2006 die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Firma M-B P mitgeteilt worden. Der Nachprüfungsantrag vom 13.11.2006 sei daher verspätet eingebracht worden und sei daher zurückzuweisen.

 

Aus der Beschreibung des Leistungsgegenstandes sei erkennbar, dass es sich nicht um einen Bauauftrag, sondern um eine Dienstleistung der Kategorie 1 bzw. 12 des Anhanges III zum BVergG 2006 handle. Trotz der Möglichkeit einer Direktvergabe habe sich die Auftraggeberin zu einem Verfahren, das einen Wettbewerb der möglichen Bieter ermögliche, entschieden, welcher in einem Verfahren gemäß § 37 Z2 BVergG 2006 durchgeführt worden sei. Vom Erfordernis der Vorlage von Eignungsnachweisen sei gemäß § 78 BVergG 2006 abgesehen worden.

Am Tag nach Zugang der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung, dem 31.10.2006, habe die Antragstellerin unter Bezugnahme auf § 100 Abs.3 des BVergG  die Bekanntgabe der Gründe für die Nichtberücksichtigung ihres Angebotes sowie um Bekanntgabe der Merkmale und Vorteile des erfolgreichsten Angebotes begehrt und sei diese Anfrage am 7.11.2006 beantwortet worden. Mit Schreiben vom 14.11.2006 sei darüber hinaus auch der Gewerbeschein der präsumtiven Zuschlagsempfängerin übermittelt worden. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe daher unzweifelhaft die erforderliche Befugnis. Zur Gewährleistung eines fairen und leistungsorientierten Wettbewerbes sei bewusst eine Firma zur Angebotslegung eingeladen worden, welche nicht zu der Gruppe von Firmen gehört, welche regelmäßig vergleichbare Arbeiten im Großraum Linz/Mühlviertel ausführen. Es sei auffällig, dass sämtliche üblicherweise zum Zug kommenden Bieter aufgrund des Angebotsergebnisses preislich relativ nahe beieinander liegen. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin liege deutlich unter diesen Preisen. Auch sei eine vertiefte Angebotsprüfung des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin durchgeführt worden. Es werde daher die Zurückweisung, in eventu die Abweisung beantragt.

Weiters wurde die angeforderten Vergabeunterlagen vorgelegt.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in die vorgelegten Schriftstücke und Unterlagen, insbesondere in den Vergabeakt der Auftraggeberin, Einsicht genommen.

Weil der Nachprüfungsantrag zurückzuweisen war, kann eine mündliche Verhandlung gemäß § 12 Abs.2 Z1 Oö. VNPG entfallen.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Das gegenständliche Vergabeverfahren wurde nach Inkrafttreten des BVergG 2006 eingeleitet und unterliegt daher materiellrechtlich den Vorschriften des BVergG 2006. Die Marktgemeinde H ist öffentliche Auftraggeberin iSd Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG. Dies hat zur Folge, dass gemäß Art.14b Abs.3 B-VG die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten der Nachprüfung der Vergabe von Aufträgen durch Gemeinden Landessache ist. Die Bestimmung des 4. Teils des BVergG 2006 (Rechtsschutz) sind daher im gegenständlichen Fall nicht anwendbar. Das Rechtsschutzverfahren unterliegt in Beachtung der RL 2004/18/EG vom 31.3.2004, der Rechtsmittelrichtlinie und des Art.14b Abs.3 B-VG, zumal vom Landesgesetzgeber bislang keine neue Regelung getroffen wurde, weiterhin den Bestimmungen des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes, LGBl. Nr. 153/2002.

 

Der Auftragswert der gegenständlichen Ausschreibung überschreitet nicht den Schwellenwert im Sinn des § 12 BVergG 2006; es sind daher die gesetzlichen Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 leg.cit. Bis zur Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 6 Abs.2 Z2 Oö. VNPG ist der Antrag unzulässig, wenn er nicht innerhalb der im § 9 genannten Fristen gestellt wird.

 

Gemäß der Anlage zu § 9, Teil II Z3 ist die Frist zur Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung mit der Frist gemäß § 100 Abs.2 BVergG festgelegt.

 

Gemäß § 100 Abs.2 BVergG 2002 darf der Zuschlag bei sonstiger Nichtigkeit nicht innerhalb einer Stillhaltefrist von 14 Tagen ab Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung gemäß Abs.1 erteilt werden. Im Fall der Durchführung eines nicht offenen Verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung verkürzt sich die Stillhaltefrist auf sieben Tage.

 

Auch nach § 132 Abs.1 BVergG 2006 beträgt die Stillhaltefrist 14 Tage und verkürzt sich diese Stillhaltefrist auf sieben Tage im Unterschwellenbereich.

 

4.2. Aus den vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, dass mit Schreiben vom 30.10.2006 die ausschreibende Stelle ein Schreiben an die Firma M-B P in betreffend gegenständliches Vorhaben verfasst hat und dieses dem genannten Unternehmen sowie sämtlichen weiteren Bietern, darunter auch der Antragstellerin mit Telefax am selben Tage zugestellt hat. Dieses Schreiben wird eindeutig als „Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung“ bezeichnet und enthält die Information, dass in der Gemeinderatssitzung am 28.9.2006 beschlossen wurde, den Zuschlag der genannten Firma zu erteilen. Es wurde daher mit diesem Tage die Zuschlagsentscheidung bekannt gegeben und begann daher die gesetzlich festgelegte Stillhalte- bzw. Anfechtungsfrist zu laufen. Die Frist endete somit mit Ablauf des 6.11.2006.

 

Der Nachprüfungsantrag wurde nachweislich aber erst am 13.11.2006 persönlich beim Oö. Verwaltungssenat eingebracht. Es wurde daher die Antragsfrist nicht eingehalten und war daher gemäß § 6 Abs.2 Z2 Oö. VNPG der Antrag unzulässig.

 

4.3. Wenn sich hingegen die Antragstellerin auf das Schreiben der Auftraggeberin vom 7.11.2006, eingelangt am 8.11.2006, beruft und dieses Schreiben als Mitteilung der Zuschlagsentscheidung wertet, so ist ihr entgegenzuhalten, dass diese Beurteilung aus dem Schriftverkehr nicht zu entnehmen ist. Diesem Schreiben geht nämlich eine Anfrage der Antragstellerin vom 31.10.2006 unter Bezugnahme auf das Fax vom 30.10.2006 (Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung) voraus, in welcher gemäß § 100 Abs.3 BVergG „um die Bekanntgabe der Gründe für die Nichtberücksichtigung unseres Angebotes“ und „die Merkmale und Vorteile des erfolgreichsten Angebotes“ gebeten wurde.

§ 100 Abs.3 BVergG 2002, welcher nicht mehr in Geltung steht, bezog sich eindeutig auf die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung. Danach konnten nicht erfolgreiche Bieter innerhalb einer Frist von sieben Tagen, im Fall der Durchführung eines nicht offenen Verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung innerhalb einer Frist von drei Tagen, nach Zustellung der Zuschlagsentscheidung schriftlich die Bekanntgabe der Gründe für die Nichtberücksichtigung ihres Angebotes sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes beantragen. Der Auftraggeber war gemäß § 100 Abs.4 BVergG 2002 gehalten, unverzüglich nach Eingang des Antrages, jedenfalls drei Tage vor Ablauf der Stillhaltefrist dem nicht erfolgreichen Bieter die Vergabesumme sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben.

Es ging daher die Antragstellerin mit ihrem Ersuchen vom 31.10.2006 selbst von der bereits erfolgten Bekanntgabe einer Zuschlagsentscheidung gemäß der von ihr zitierten Gesetzesstelle aus.

Das daraufhin ergangene Antwortschreiben der Auftraggeberin vom 7.11.1006, welches die Vergabesumme des erfolgreichen Bieters sowie den Namen des erfolgreichen Bieters aufweist, stellt daher ein entsprechend § 100 Abs.3 BVergG 2002 vorgesehenes Mitteilungsschreiben dar. Es ist jedoch nicht mit der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung gleichzuhalten.

 

4.4. Es ist aber der Antragstellerin einzuräumen, dass nach der geltenden Rechtslage, nämlich § 131 BVergG 2006, welcher auch für dieses Vergabeverfahren anzuwenden war, in der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung den verbliebenen Bietern auch das jeweilige Ende der  Stillhaltefrist gemäß § 132, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, die Vergabesumme sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes mitzuteilen sind. Diese Mitteilung enthält die angefochtene Zuschlagsentscheidung vom 30.10.2006 nicht. Sie ist daher mangelhaft. Diese Mangelhaftigkeit bedeutet aber nicht, dass sie nicht zustande gekommen ist (nach der ständigen Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts und der Vergabekontrollbehörden würden diesfalls die übergangenen Bieter des Rechtsschutzes beraubt werden), sondern ist vielmehr eine solche Zuschlagsentscheidung ein tauglicher Anfechtungsgegenstand und sind derartige Mängel im Rahmen der Anfechtung bzw. des Nichtigerklärungsverfahrens aufzugreifen und zu beurteilen.

Unter Zugrundelegung der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes vom 12.6.2004, B190/02-16, welche zu § 53a BVergG 1997 (gleichlautend § 100 BVergG 2002) ergangen ist, muss eine verspätete Auskunftserteilung durch den Auftraggeber zu einer entsprechenden Verlängerung der Stillhaltefrist führen.

Im Gegensatz zu der der Judikatur zugrundeliegenden Rechtslage ist dem § 131 BVergG 2006 eine Mindestfrist, die dem Bieter nach Auskunftserteilung innerhalb der Stillhaltefrist noch offen stehen muss, nicht enthalten. Im Sinne der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes könnte daher in analoger Anwendung eine Verlängerung der Stillhaltefrist um jenen Zeitraum, um den die Stillhaltefrist durch die verspätete Auskunftserteilung des Auftraggebers überschritten wurde, als gerechtfertigt angesehen werden.

Da die siebentägige Stillhaltefrist (Anfechtungsfrist) am 6.11.2006 endete, die Auskunftserteilung durch die Auftraggeberin erst am 8.11.2006 der Antragstellerin zukam, wäre daher der Zeitraum der Überschreitung der Anfechtungsfrist um zwei Tage zum Tag der Auskunftserteilung hinzuzurechnen, sodass sich die Stillhaltefrist bzw. Anfechtungsfrist bis zum Ablauf des 10.11.2006 verlängert.

Für die Antragstellerin ist aber auch aus dieser analogen Anwendung nichts gewonnen, da die Einbringung des Nachprüfungsantrages am 13.11.2006 jedenfalls verspätet war.

 

5. Gemäß § 18 Abs.4 Oö. VNPG hat die Antragstellerin nur Anspruch auf Eratz der entrichteten Gebühren, wenn sie zumindest teilweise obsiegt. Mangels dieser Voraussetzung war daher ein Ersatzanspruch abzuweisen.

 

6. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 31 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr.  Klempt

 

Beschlagwortung:

Anfechtungsfrist, Rechtslage, mangelhafte Zuschlagsentscheidung, Verlängerung der Sperrfrist

 

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