Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720142/3/Gf/Mu/Ga

Linz, 13.11.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof aus Anlass der Berufung der K G F, zuletzt J L, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 9. Oktober 2006, Zl. 1054244/FRB, wegen der Erlassung eines Aufenthaltsverbots zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als es in dessen Spruch anstelle "auf 10 Jahre befristetes" nunmehr "auf sieben Jahre befristetes" zu heißen und der Satz "Gem. § 64 Abs. 2 AVG wird die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen." zu entfallen hat; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Die am 6. Juni 1976 geborene Beschwerdeführerin, eine ungarische Staats­angehörige, wurde mit Urteil des LG Linz vom 20. September 2006, Zl. 34 Hv 72/06a, wegen der Verbrechen der schweren Nötigung (§§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1, Z. 2 und Z. 3 StGB), der Freiheitsentziehung (§ 99 Abs. 1 und 2, erster und zweiter Fall StGB) und der Vergehen der Veruntreuung (§ 133 Abs. 1 StGB), der Zuhälterei (§ 216 Abs. 2 erster, zweiter und dritter Fall und Abs. 4 StGB), der schweren Körperverletzung (§§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z. 3 und Abs. 3 StGB) und nach dem Suchtmittelgesetz (§ 27 Abs. 1 erster, zweiter, sechster und siebenter Fall)  zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 18 Monaten, davon 6 Monate unbedingt, verurteilt.

 

Sie wurde für schuldig erkannt, dass sie sich vorsätzlich mit einem ihr anvertrauten Gut für eigene Zwecke bereichert hat; im Zeitraum von Mitte Jänner 2006 bis 19. April 2006 Suchtgift erworben, besessen und anderen Personen überlassen und verschafft hat; dass sie sich im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit ihrem Ehegatten im Zeitraum von Mitte Jänner 2006 bis 19. April 2006 aus der Prostitution einer anderen Person eine fortlaufende Einnahme verschafft hat, indem sie diese Person durch Gewalttätigkeit und Drohungen sowie durch Wegnahme des gesamten Schandlohnes deren Aufenthalt bestimmten, ihr die Freiheit entzogen, sie anhielten und sie auch zum Suchtmittelkonsum zwangen; und dass sie diese Person mit Gewalt und durch gefährliche Drohung mit dem Tod sowie durch erhebliche Verstümme­lungen zur Ausübung der Prostitution und zur Abstandnahme von der Aufgabe derselben zwangen und diese in zahlreichen, zumindest einmal wöchentlich stattfindenden Angriffen durch Gewalttätigkeiten verletzt haben.

 

1.2. Daher wurde in der Folge mit Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom
9. Oktober 2006, Zl. 1054244/FRB, gegen die Rechtsmittelwerberin ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass eine inländische gerichtliche Verurteilung vorliege. Mit Schreiben vom 22. September 2006 sei sie über die beabsichtigte Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in Kenntnis gesetzt und ihr Gelegenheit eingeräumt worden, dazu Stellung zu nehmen. In ihrer Stellungnahme habe sie angegeben, dass sie eine Tochter im Alter von 8 Jahren habe und sie beabsichtige, sofort nach ihrer Entlassung am 19. Oktober 2006 nach Ungarn auszureisen.

 

1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, am 14. Oktober 2006 − und damit rechtzeitig − zur Post gegebene Berufung.

 

Darin bringt sie vor, dass sie in der Schweiz sowie in der BRD enge Verwandte habe, weshalb sie um eine Reduzierung des auf zehn Jahre befristete Aufenthaltsverbotes ersucht, damit sie in einigen Jahren mittels Durchreise durch Österreich zu diesen fahren könne.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BPD Linz zu Zl. 1054244/FRB; da sich bereits aus diesen der ent­scheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und auch die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 60 Abs. 1 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 99/2006 (im Folgenden: FPG), kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

 

Als bestimmte Tatsache in diesem Sinne gilt nach § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG u.a., wenn der Fremde von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist.

 

Ein Aufenthaltsverbot kann im Fall des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG unbefristet, sonst für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden (§ 63 Abs. 1 FPG).

 

Nach § 65 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind.

 

Gemäß § 86 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen EWR-Bürger nur zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist, wobei dieses persönliche Verhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

 

3.2.1. Im gegenständlichen Fall liegt − auch von der Beschwerdeführerin unbestritten − eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten und damit eine bestimmte Tatsache iSd § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG vor (s.o., 3.1.), die die Fremdenpolizeibehörde nach § 63 Abs. 1 FPG grundsätzlich dazu ermächtigte, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot zu verhängen.

 

Angesichts dieses gravierenden Fehlverhaltens bedeutet ein weiterer Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet daher eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit, die das Grundinteresse der Gesellschaft an der Verhinderung der Prostitution und der Gewalt- und Suchtgiftkriminalität berührt. Zudem ist der seit dem Ende des Fehlverhaltens im April 2006 verstrichene Zeitraum jedenfalls zu kurz, um die von der Rechtsmittelwerberin ausgehende Gefahr der Begehung weiterer, insbesondere gleichartiger Delikte bereits als weggefallen oder entscheidend gemindert ansehen zu können.

 

3.2.2. Zugunsten der Beschwerdeführerin ist jedoch zunächst zu berücksichtigen, dass sich ihr deliktisches Verhalten nur über einen relativ kurzen Zeitraum (drei Monate) erstreckte und das erkennende Gericht davon ausgegangen ist, dass sie durch die angedrohte Strafe zu einem künftigen Wohlverhalten gebracht werden wird, weshalb von der 18-monatigen Freiheitsstrafe nur 6 Monaten unbedingt verhängt wurden.  

 

3.2.3. Unter dem Aspekt des Art. 8 Abs. 2 MRK vermag hingegen der bloße Umstand, dass die Rechtsmittelwerberin in Kauf nehmen müsste, nicht zu ihren Verwandten in die Schweiz und die BRD ausreisen zu können, weil das Aufenthaltsverbot für sämtliche Schengen-Staaten gilt, das durch ihr Fehlverhalten beeinträchtigte Allgemeininteresse nicht zu überwiegen (vgl. dazu allgemein z.B. VwGH v. 27. Juni 2006, Zl. 2006/18/0092).

 

3.3. All dies berücksichtigend findet es der Oö. Verwaltungssenat daher als den Umständen des vorliegenden Falles − unter besonderer Beachtung des Faktums, dass es sich bei der Rechtsmittelwerberin (die zwar keine familiären oder sozialen Bindungen zu Österreich aufweist, aber dennoch) um eine Unionsbürgerin handelt und das Aufenthaltsverbot damit faktisch nicht nur für Österreich, sondern für den gesamten Schengen-Raum gilt − angemessen, die Dauer des verhängten Aufenthaltsverbotes mit sieben Jahren (d.i. bis zum 9. Oktober 2013) festzusetzen.

 

Davon abgesehen bleibt es der Beschwerdeführerin zudem unbenommen, nach § 65 Abs. 1 FPG jederzeit einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes zu stellen, wenn (sie der Meinung ist, dass) die Gründe, die zu dessen Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

3.4. Insoweit war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1.    Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2.    Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Dr.  G r o f

 

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