Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161745/2/Bi/Sp

Linz, 14.11.2006

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau MP vom 25. September 2006 gegen die Punkte 3) und 4) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 8. September 2006, VerkR96-5218-2006, wegen Übertretungen der StVO 1960, sowie gegen die Höhe der in den Punkten 1) und 2) dieses Straferkenntnisses wegen Übertretungen des FSG und des KFG 1967 verhängten Strafen, zu Recht erkannt:

 

 

I.  Der Berufung gegen die Strafhöhe in den Punkten 1) und 2) wird insofern teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafen auf jeweils 21 Euro herab­gesetzt werden.

     Der Berufung in den Punkten 3) und 4) wird insofern teilweise Folge gegeben, als jeweils der Schuldspruch und der Ausspruch über die Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt, die Geldstrafen jedoch auf jeweils 45 Euro herabgesetzt werden. 

 

II. In den Punkten 1) und 2) ermäßigen sich die Verfahrenskostenbeiträge erster Instanz auf jeweils 2,10 Euro; Kostenbeiträge zum Rechtsmittelver­fahren entfallen.

     In den Punkten 3) und 4) ermäßigen sich die Verfahrenskostenbeiträge erster Instanz auf jeweils 4,50 Euro; Kostenbeiträge zum Rechtsmittelver­fahren entfallen.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1.  Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über die Beschuldigte wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 14 Abs.1 Z1 iVm 37 Abs.2a FSG, 2) §§ 102 Abs.5 lit.b iVm 134 Abs.1 KFG 1967, 3) §§ 7 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 4) §§ 7 Abs.2 iVm 99 Abs. 3lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 36 Euro (24 Stunden  EFS), 2) 25 Euro (24 Stunden EFS), 3) 50 Euro ( 36 Stunden EFS) und 4) 58 Euro (36 Stunden EFS) verhängt, weil sie am 10. Jänner 2006, 20.25 Uhr, den Pkw
VB-…………  auf der B1, Gemeinde Vöcklamarkt, aus Richtung Salzburg kommend in Richtung Vöcklabruck fahrend gelenkt habe - die Anhaltung sei bei km 259.450 erfolgt - und

1) den Führerschein nicht mitgeführt bzw es unterlassen habe, diesen trotz Ver­langen eines Organs der Straßenaufsicht das Dokument zur Überprüfung auszuhän­digen und

2) den Zulassungsschein nicht mitgeführt bzw es unterlassen habe, diesen trotz Verlangen eines Organs der Straßenaufsicht das Dokument zur Überprüfung auszuhändigen.

3) Sie habe das angeführte Fahrzeug zwischen km 260.590 und 260.100 nicht so weit rechts gelenkt, wie ihr dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssig­keit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre, da sie mit dem gelenkten Fahrzeug zur Hälfte über die Fahrbahn­mitte gekommen sei.

4) Sie habe beim Überholtwerden bei km 259.650 den rechten Fahrbahnrand nicht eingehalten.

 Gleichzeitig wurden ihr Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 16,90 Euro auferlegt.

 

2. In den Punkten 1) und 2) hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung gegen die Strafhöhe, in den Punkten 3) und 4) volle Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Durchführung einer öffent­lichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§51e Abs.3 Z1 und 3 VStG). 

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, das Nichtmitführen der genannten Dokumente sei aufgrund eines Versehens erfolgt, weil sie diese in einer anderen Tasche vergessen habe. Bestenfalls handle es sich um ein geringfügiges Versehen iSd § 21 VStG und auch die Voraussetzungen des § 20 VStG lägen vor.

Sie sei sicher nicht über die Fahrbahnmitte gekommen, sondern nach den gege­benen Witterungs- und Schneeverhältnissen soweit als möglich rechts gefahren. Auch beim Überholen habe sie den rechten Fahrbahnrand so gut als möglich eingehalten. Sie beantragt die ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses in den Punkten 3) und 4), eventuell die Anwendung der §§ 21 oder 20 VStG.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Meldungsleger Insp. P (Ml) die Bw zur Anzeige gebracht hat, weil sie am 10. Jänner 2006 gegen 20.25 Uhr als Lenkerin des genannten Pkw auf der B1 bei km 260.590 mit dem Pkw zur Hälfte über die Fahrbahnmitte gekommen sei, bei km 260.400 (Ortsgebiet Vöcklamarkt) mit dem Pkw zur Gänze auf der Gegenfahrbahn gefahren sei, bei km 260.100 (Ortsgebiet Vöcklamarkt) wieder mit dem halben Fahrzeug über die Fahrbahnmitte gefahren sei, bei km 259.650 beim Überholtwerden den rechten Fahrbahnrand nicht eingehalten habe. Er habe die Übertretungen im Nachfahren festgestellt und die Bw bei km 259.450 ange­halten. Sie habe ihm nach entsprechender Aufforderung bei der Kontrolle Führer­schein und Zulassungsschein nicht zur Überprüfung ausgehändigt bzw diese nicht mitgeführt. Sie habe sich damit verantwortet, sie habe den Führerschein in der anderen Jacke vergessen und sie sei sicher nie über die Fahrbahnmitte gekommen. Ein (dem Ml namentlich bekannter) Lkw-Lenker habe angegeben, er sei ca 10 km hinter dem von der Bw gelenkten Pkw nachgefahren und der Fahrstil des Pkw sei ihm sehr verdächtig vorgekommen.

Die Bw führte aus, am Straßenrand habe sich viel Schnee befunden, der teilweise in die Fahrbahn hineingeragt sei. Sie habe den Mittelstreifen wegen der schlechten Räumung nicht ständig erkennen können und in Vöcklamarkt sei es außerdem nebelig gewesen.    

Der Meldungsleger wurde am 24. April 2006 vor der Erstinstanz zeugenschaftlich einvernommen und hat die Angaben in der Anzeige bestätigt. Bei der Nachfahrt habe er keinen Nebel festgestellt. Von Straßwalchen bis Frankenmarkt sei die Sicht beeinträchtigt gewesen - er sei dort aber noch nicht hinter der Bw nachgefahren - ab Frankenmarkt beinahe nicht mehr. Die Fahrbahn sei auch seitlich vollständig vom Schnee geräumt gewesen und es habe keine Beeinträchtigung bestanden, sodass er die Anzeige aufrechthalte.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zur Berufung gegen das Strafausmaß in den Punkten 1) und 2):

Zum Antrag der Bw auf Anwendung des § 21 VStG ist zu sagen, dass gemäß § 21 Abs.1 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen ist, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Dass ein Lenker bestimmte Dokumente mitzuführen hat, um deren Vorhandensein er sich bei Antritt der Fahrt kümmern muss, steht außer Frage. Wenn daher die Bw eine andere Jacke angezogen hat als die zuletzt beim Lenken getragene bzw eine andere Tasche mitgenommen hat - hier widerspricht sie sich selbst - und sich die Dokumente darin befinden, hat sie entsprechende Sorgfalt walten zu lassen und die Papiere aus der Jacke bzw Tasche zu nehmen. Von geringfügigem Verschulden ist in diesem Zusammenhang nach Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht auszugehen. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG waren nicht gegeben.

 

Der Strafrahmen des § 37 Abs.1 iVm Abs.2a FSG reicht von 20 Euro bis 2.180 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheits­strafe. Der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 reicht bis zu 5.000 Euro Geld­strafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

 

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses "einschlägige Vormerkungen" als erschwerend und nichts als mildernd gewertet und auf § 19 VStG verwiesen.

Die Bw weist aus den Jahren 2002, 2004 und 2005 drei rechtskräftige Vormerkungen wegen § 14 Abs.1 Z1 FSG und eine aus 2002 wegen § 102 Abs.5 lit.b KFG auf, die als erschwerend zu werten waren, die Vormerkungen aus dem Jahr 2001 sind mittler­weile getilgt.

Daraus folgt aber, dass die Voraussetzungen des § 20 VStG nicht gegeben sind - es müssten (hier nicht vorhandene) Milderungsgründe die erschwerenden Umstände beträchtlich überwiegen; hinsichtlich der Übertretung nach dem KFG besteht keine unterschreitbare Mindeststrafe. Jedoch waren die Strafen, auch angesichts der Pension der Bw von 570 Euro und des Umstandes, dass die Erstinstanz laut Begründung des Straferkennt­nisses von § 37 Abs.1 FSG ausging, dh 36 Euro Mindest­strafe, herabzusetzen. Die nunmehr verhängten Strafen entsprechen den Kriterien des § 19 VStG und sollen die Bw zu mehr Sorgfalt anhalten.

 

Zur Berufung gegen die Punkte 3) und 4):  

Gemäß § 7 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, so weit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist.

Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung hat der Lenker eines Fahrzeuges, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, insbesondere in unübersichtlichen Kurven, vor Fahr­bahn­kuppen, bei ungenügender Sicht, beim Überholtwerden und bei Gegenverkehr, am rechten Fahrbahnrand zu fahren; er darf hiebei aber nicht Personen gefährden oder Sachen beschädigen.

 

Die Bw hat zunächst die Nichteinhaltung der Rechtsfahrordnung lapidar bestritten, wobei aber zu sagen ist, dass es einem Polizeibeamten wohl zumutbar sein muss, beim Nachfahren hinter einem Pkw beurteilen zu können, ob dieser überhaupt die Rechtsfahrordnung einhält oder diese gegebenenfalls aus nachvollziehbaren Gründen nicht einhalten kann (zB wegen Schneeverwehungen). Die Bw hat schließ­lich eingeräumt, sie sei, soweit es ihr möglich gewesen sei, rechts gefahren, habe aber wegen schlechter Schneeräumung bzw Nebel die Mittellinie nicht immer erkennen können. Der Ml hat im Hinblick auf die verbliebenen Tatvorwürfe, dh § 7 Abs.1 StVO zwischen km 260.590 und 260.100, das ist teilweise das Ortsgebiet Vöcklamarkt, und § 7 Abs.2 StVO bei km 259.650, eine Sichtbeeinträchtigung durch Nebel ausgeschlossen. Gerade bei schlechter Sicht, der durch Nebel bedingt ist, ist ein Fahrzeuglenker zur strikten Einhaltung des rechten Fahrbahnrandes verpflichtet. Das Argument der Bw, sie habe die Mittellinie nicht immer gesehen, sind schon deshalb ungeeignet, ihr Verhalten zu rechtfertigen, weil zum einen solche Boden­markierungen nicht immer vorhanden sein müssen, ein Abschätzen der Fahr­bahnmitte bzw ein Erkennen des rechten Fahrbahnrandes zur Orientierung aber auch ohne Markierungen anhand von Verkehrsleiteinrichtungen (zB Leitpflöcke oder Leitschienen) möglich ist und zum anderen sich ein anderer Fahrzeuglenker gerade bei schlechten Straßen- oder Wetterbedingungen darauf verlassen können muss, dass ein vor ihm fahrender Lenker das Rechtsfahrgebot hält, insbesondere wenn er überholt wird. Die B1 ist im genannten Bereich gut ausgebaut und auch das - vom Ml im Übrigen glaubhaft gänzlich verneinte - Vorhandensein von Schnee am Fahrbahn­rand auch kein Argument, nicht in diesen hineinzufahren, zumal auch die Bw nie behauptet hat, dass darin (bei angemessener Geschwindigkeit) irgendeine Gefahr gelegen gewesen wäre. Dass die Bw vorsätzlich links gefahren wäre, wurde nie behauptet.

Aus all diesen Überlegungen war davon auszugehen, dass die Bw beide ihr in den Punkten 3) und 4) des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegten Tatbestände erfüllt und, da ihr die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, ihr Verhalten jeweils als Verwaltungs­übertretung zu verantworten hat. Fahrlässige Begehung reicht für die Strafbarkeit aus. Eine Erfüllung der Voraussetzungen des § 21 VStG ist nicht zu erkennen, weil die Argumente der Bw nicht als geringfügiges Verschulden zu deuten sind und die Nichteinhaltung des rechten Fahrbahnrandes beim Überholtwerden nicht mehr unbedeutende Folgen nach sich zieht.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Bw weist aus dem Jahr 2003 eine Vormerkung nach § 7 Abs.3 StVO auf, die von der Erstinstanz zutreffend als erschwerend zu werten war; mildernd war kein Umstand.

Rein aus finanziellen Überlegungen war eine Herabsetzung der verhängten Strafen im Hinblick auf § 19 VStG noch gerechtfertigt. § 99 Abs.3 StVO sieht aber keine unter­schreit­bare Mindeststrafe vor, sodass § 20 VStG nicht anzuwenden war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

:

Beschlagwortung:

Polizisten ist beim Nachfahren hinter einem Pkw die Beurteilung ob die Bw die Rechtsfahrordnung einhält oder aus nachvollziehbaren Gründen nicht einhalten kann, zuzumuten; Strafherabsetzung wegen Reue von 570 Euro trotz erschwerender Umstände gerechtfertigt.

 

 

 

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