Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221860/23/Bm/Sta

Linz, 24.05.2006

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn Dipl.-Ing. Dr. K. K. H., vertreten durch Dr. A. W., W., 44 E., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters des Landeshauptstadt Linz vom 31.7.2002, Zl. PrA-II-S-0132013b,  wegen Übertretung der GewO 1994 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 1.4.2003 und am 5.5.2006 zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.                  Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 25 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31.7.2002, Zl. PrA-II-S-0132013b, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von
1.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen und 21 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.2 Z1, 2 und 5 GewO 1994 verhängt. Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Der Beschuldigte, Herr DI Dr. K. H., geboren am 21.4.1959, wohnhaft: H., 42 L., hat es als gemäß § 370 Abs.2 GewO verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer  der N.., Herstellung sämtlicher chemischer Produkte in der Form eines Industriebetriebes bzw. Herstellung von Giften mit dem Sitz in 40 L., S., zu vertreten, dass von der obzit. Firma in der Zeit von 4.9.2000 bis 28.12.2000 im Standort L., C. L., K., eine gemäß § 74 Abs.2 Z1, 2 und 5 GewO 1994 genehmigungspflichtige Betriebsanlage, nämlich die Aufstellung von mit Gefahrgut befüllten bzw. von Gefahrgut restentleerten Eisenbahnwaggons (Kesselwagen) auf dem Schienennetz der (nunmehr von der V. S. L., L., betriebenen) Anschlussbahn (zum Zwecke der Anlieferung von Stoffen zu den einzelnen Produktionsstätten, Entleerung bzw. Befüllung der Waggons, Abtransport von Stoffen, Lagerung von teilbefüllten bzw. restentleerten ungereinigten Waggons), betrieben wurde, ohne dass die hiefür erforderliche Betriebsanlagengenehmigung vorgelegen wäre, obwohl die ggstl. Betriebsanlage (insbesondere aufgrund der mit dem Umschlag sowie der Lagerung von Gefahrengut verbundenen Gefahrenmomente wie z.B. Befüllungsfehler, Manipulationsbeschädigung von Waggons, Überdruckentwicklung in Waggons aufgrund chemischer Prozesse, Gefahr des Versagens von in den Waggons eingebauten Drucksicherheitsventilen, Versickern von Leckagestoffen im Untergrund o.ä.) geeignet ist, das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum der Nachbarn zu gefährden bzw. Nachbarn durch Lärm und Geruch zu belästigen bzw. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, indem während der im Folgenden angeführten Zeiträume auf den u.a. Gleisbereichen der Anschlussbahn folgende Waggons aufgestellt wurden:

 

1.      Waggon-Nr. 23-83-7350661-3; Aufstellungszeitraum 4.9.2000 bis 28.12.2000;

Gleis-Nr. 14; Inhaltsstoff Isopropanol; Inhaltsmenge 7.670 bzw. 7.720 kg;

2.      Waggon-Nr. 33-80-7975874-8; Aufstellungszeitraum 27.11.2000 bis 28.12.2000; Gleis-Nr. 7; Inhaltsstoff CCC-Stabilan; Inhaltsmenge 20.400 kg."

 

Hiezu führt die belangte Behörde nach eingehender Sachverhaltsdarstellung und Anführung der Bestimmungen der §§ 74 und 366 GewO 1994, was die objektive Tatbestandsmäßigkeit betrifft begründend im Wesentlichen aus wie folgt:

 

"Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens stehe fest, dass es der Bw als verwaltungsstrafrechtlicher verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der N.., L., zu vertreten habe, dass von der obzitierten Firma die gegenständliche Verwaltungsübertretung laut im Schuldspruch enthaltenen Tatvorwurf gesetzt worden sei.

 

Zur Genehmigungspflicht der Aufstellung von Gefahrengut befüllten bzw. restentleerten Kesselwagen auf dem Schienennetz der Anschlussbahn Zwischen-/Lagerzwecke gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 sei auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Themen "Standort zur Ein- und Abstellung von Kfz/Mietwagen" (28.4.1992, 91/04/0340) sowie "Einrichtungen im Freien ohne Vorhandensein einer Baulichkeit wie z.B. Lagerplätze" (25.9.1990, 90/04/0024) bzw. "Kraftfahrzeuge, wenn diese regelmäßig an dem selben Ort abgestellt werden" (30.10.1974, 1876/73) verwiesen.

 

Bezüglich der im Bewilligungsverfahren aufgetauchten Fragestellungen einer (exklusiven) Subsumierbarkeit der Aufstellung von Gefahrengutwaggons unter dem Geltungsbereich des Eisenbahnrechtes sei auszuführen, dass im Falle einer – wenn auch nur kurzfristigen – Zwischen-/Lagerungsabsicht bezüglich des beinhalteten Gefahrengutes (auch bezüglich bloßer Restinhalte) die Waggonaufstellung des – wenn auch nur vorübergehenden – Wegfalles der Beförderungsabsicht mit sofortiger Wirksamkeit dem Anwendungsbereich des gewerblichen Betriebsanlagenrechtes unterliege. Eine Anwendung des 28-Tage-Regelung gemäß dem Erlass des Bundesministeriums für Verkehr vom 30.3.1983, EB200.702/2-II72-1983, komme diesfalls nicht mehr in Betracht.

 

In Bezug auf das Vorliegen der subjektiven Tatseite im Sinne des Verschuldens führt die belangte Behörde begründend (unter Anführung der Bestimmungen des § 5 Abs.1 VStG) aus, dass der Bw die ihm obliegende Glaubhaftmachung, das ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe nicht zu erbringen vermocht habe.

Die von ihm als Ursache für die erfolgte Zwischenlagerung von Gefahrengut auf dem Gleisnetz der Anschlussbahn vorgebrachten Terminprobleme beim Abtransport von ihm Betrieb erzeugten Stoffen (Gefahrengut) vermögen ihn – auch wenn diese Verzögerung von Seiten dritter Personen verursacht worden seien – ebenso wenig zu entschuldigen wie die Notwendigkeit einer unvorhergesehenen erforderlichen Reinigung der Produktionsanlage, da derartige Situationen im Produktionsablauf eines chemischen Großbetriebes bereits auf Grund allgemeiner Lebenserfahrung mit hoher Wahrscheinlichkeit als nicht ausnahmslos vermeidbar zu beurteilen seien und somit auch grundsätzlich – wenngleich als Ausnahmefälle – "vorhersehbar" wären, weshalb die Betriebsanlageninhaberin hiefür entsprechende Vorkehrungen im Rahmen der gewerberechtlichen Vorschriften zu treffen gehabt hätte. Würden solche tauglichen Vorkehrungen von der Betriebsinhaberin nicht getroffen, sei ihr das entsprechende Unterlassen als Fahrlässigkeit zur Last zu legen.

 

In Bezug auf die Strafhöhe führt die belangte Behörde unter Hinweis auf die Strafzumessungskriterien des § 19 VStG begründend im Wesentlichen aus, dass, was den Unrechtsgehalt der Tat betreffe, im gegenständlichen Fall zu berücksichtigen sei, dass durch die Handlungsweise des Bw der von § 74 Abs.2 leg.cit. bezweckte präventive Schutz vereitelt worden sei.

 

In Bezug auf die Verschuldensform sei angesichts des von der Betriebsanlagenin­haberin bereits im November 1998 eingebrachten Genehmigungsansuchens davon auszugehen, dass der Bw die Tat bedingt vorsätzlich begangen habe.

 

Als Strafmilderung sei die bisherige Unbescholtenheit des Bw sowie dessen teilgeständige Verantwortung zu werten gewesen. Straferschwerend wäre jedoch beträchtlich der Tatzeitraum sowie der gewichtige Gefährdungsaspekt des konsenslos erfolgten Anlagenbetriebes ins Gewicht gefallen.

 

Mangels Angaben des Bw seien dessen Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse wie folgt geschätzt worden: Nettoeinkommen 3.600 Euro und Sorgepflicht für zwei Kinder."

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben und darin den Vorwurf, keine tauglichen Vorkehrungen getroffen zu haben, um auf Verzögerung bei der Kundenanlieferung zu reagieren, widersprochen. Es stelle eine vorhandene Lagerkapazität von 40 Tagesproduktionen (entspreche 15 Befüllungen des fraglichen Kesselwaggons) seines Erachtens sehr wohl eine solche Vorkehrung dar und wäre bis zum fraglichen Vorfall stets mehr als ausreichend gewesen. Das unterstreiche auch die Tatsache, dass in dem von der belangten Behörde angeführten gewerberechtlichen Genehmigungsantrag vom 5.11.1998 keine Lagerung von CCC in Kesselwaggons seitens der X beantragt worden seien. Darüber hinaus müsse festgestellt werden, dass bei der X keine gewerberechtlich genehmigten Vorrichtungen von CCC aus Kesselwaggons in die Anlage existierten. Ein Zurückpumpen hätte also mit improvisierten und sohin gewerberechtlich nicht genehmigten Vorrichtungen erfolgen müssen, was ein höheres Gefahrenpotential dargestellt hätte, als der zwangsweise längere Verbleib des Waggons auf dem Gelände des C.. Zum Vorliegen des Vorwurfs einer fahrlässigen Handlung in Bezug auf den Isopropanol-Waggon sei Folgendes anzuführen:

Es müsse festgestellt werden, dass bei der X keine gewerberechtlich genehmigten Vorrichtungen zum Umfüllen von Isopropanol aus Kesselwaggons in Gebinde, die im Lager für brennbare Flüssigkeiten der DSM hätten gelagert werden könnten, existierten. Ein Umfüllen nach Erkennen der Verzögerung hätte also mit improvisierten Vorrichtungen erfolgen müssen, was wie schon vorher ausgeführt, ein höheres Gefahrenpotential dargestellt hätte, als der zwangsweise längere Verbleib des Waggons auf dem Gelände des C..

 

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 22.4.2003, VwSen-221860/6/Kon/Ke, wurde der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Berufungswerber Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erhoben und wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.12.2005, Zl. 2003/04/0137-8, der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

 

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass in Ansehung des Tatverhaltens des Betreibens gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 nur der Inhaber des betreffenden Standortes als unmittelbarer Täter in Betracht kommt. Im vorliegenden Fall wurde das Aufstellen von Eisenbahnwaggons auf dem Schienennetz eines Unternehmens, dessen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer nicht ist, als – dem Unternehmen des Beschwerdeführers zuzurechnende – genehmigungspflichtige Betriebsanlage qualifiziert, wobei Grund für diese Aufstellung – unstrittig – betriebsinterne Terminprobleme im Unternehmen des Beschwerdeführers beim Abtransport der Waggons gewesen sind. Die Feststellungen im angefochtenen Bescheid ermöglichen aber keine abschließende Beurteilung, ob die N.. tatsächlich als Inhaberin im Sinne der obgenannten Rechtsprechung in Betracht kommt, ob es ihr  nämlich im Wesentlichen möglich ist, das faktische Geschehen in der Betriebsanlage (auf der Gleisanlage der Anschlussbahn) zu bestimmen. Dazu bedürfe es entsprechender Feststellungen, unter welchen Bedingungen (Dauer der Lagerung, Entgelt für die Lagerung) die in Rede stehenden Waggons auf dem Schienennetz der Anschlussbahn abgestellt wurden und welche Verpflichtungen die Vertragsparteien hiebei übernommen haben.

 

Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides ist die Rechtssache in die Lage zurückgetreten, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hatte.

 

In Ansehung des in gegenständlicher Angelegenheit ergangenen Verwaltungsgerichtshoferkenntnisses hat der Oö. Verwaltungssenat am 5.5.2006 eine neuerliche mündliche Berufungsverhandlung (verbunden mit dem Strafverfahren zu VwSen-221856) durchgeführt, bei der der Berufungswerber und sein bevollmächtigter Vertreter gehört und der Zeuge Ing. x x unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht einvernommen wurde.

 

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

 

Gemäß § 74 Abs.1 GewO 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

 

Nach § 74 Abs.2 leg.cit. dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1.       das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden;

2.       die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen;

3.       die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen;

4.       die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5.       eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Im vorliegenden Fall wurden vom allgemeinen eisenbahntechnischen Verkehr abweichend  für einen längeren (im Straferkenntnis detailliert vorgeworfenen) Zeitraum mit Gefahrgut befüllte bzw. von Gefahrgut restentleerte Eisenbahnwaggons auf dem Schienennetz der Anschlussbahn aufgestellt. Dieses Aufstellen wurde im angefochtenen Straferkenntnis als dem Unternehmen des Berufungswerbers zuzurechnende genehmigungspflichtige Betriebsanlage qualifiziert.   

 

Im Lichte der in dieser Angelegenheit ergangenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.12.2005, Zl. 2003/04/0156, wonach die Feststellung im angefochtenen Bescheid keine abschließende Beurteilung dahingehend ermöglichen, ob die N.. tatsächlich als Inhaberin in Betracht kommt, ist davon auszugehen, dass auch der Verwaltungsgerichtshof bei der Aufstellung von mit Gefahrgut befüllten bzw. von Gefahrgut restentleerten Eisenbahnwaggons (Kesselwagen) auf dem Schienennetz der Anschlussbahn über die im Straferkenntnis angeführte Dauer von einer gewerbliche Betriebsanlage im Sinne des § 74 GewO 1994 ausgeht. Fraglich ist jedoch, ob der N. die in Ansehung des Tatverhaltens des vorgeworfenen Betreibens einer Betriebsanlage gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 erforderliche Inhabereigenschaft hiefür zukommt

 

Nach der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist "Inhaber", wer eine Sache in seiner Gewahrsame hat (§ 309 ABGB). Zum Unterschied vom Besitzer bedarf der Inhaber des sogenannten Eigentümerwillens nicht. Bei der Innehabung geht es somit um die Möglichkeit der Bestimmung des in der Betriebsanlage ausgeübten faktischen Geschehens (gegenständlich auf der Gleisanlage der Anschlussbahn).

 

Aus der in der mündlichen Berufungsverhandlung am 5.5.2006 getätigten Zeugenaussage geht hervor, dass die L. (auch zum Tatzeitpunkt) für alle am C. ansässigen Versandunternehmen die eisenbahntechnischen Logistikaktivitäten abwickelt und wohl auch – soweit erforderlich - koordiniert. Die Bahnkesselwaggons werden von der L. beigestellt, vom jeweiligen Versandunternehmen mit den entsprechenden Stoffen befüllt und von der Logistikfirma zum Transport auf den Schienenanlagen innerhalb des C.s und weiteren Übergabe an die Ö. übernommen; die Verantwortung liegt hiefür unbestritten bei der Logistikfirma und gibt es diesbezüglich auch entsprechende dokumentierte vertragliche Vereinbarungen. Der Standort auf der Gleisanlage ist grundsätzlich abhängig vom jeweiligen Bestimmungsort und der Übernahmemöglichkeit durch die Ö. 

Das Gleiche gilt für in den Betriebsbereich ankommende Waggons, die unverzüglich ohne länger dauernde "Zwischenlagerung" dem Versandunternehmen zugestellt werden.

Keine schriftlichen vertraglichen Vereinbarungen bestehen allerdings nach übereinstimmender Aussage des Berufungswerbers und Zeugen X für den Fall, dass die Waggons nach Abholung (auch aus Gründen, die im Verantwortungsbereich des Versandunternehmens liegen) doch nicht zum Versand gehen und auf der jeweiligen Gleisanlage abgestellt bleiben sollen. In diesem Fall erfolgt eine Verständigung an die Logistikfirma durch das Versandunternehmen - zum Teil mit, zum Teil ohne Terminfestlegung.

Die Logistikfirma übernimmt damit jedenfalls faktisch die Waggonbewegungen und die Lagerung der Waggons auf der Gleisanlage.

Ausgehend von einem Verständnis der unmittelbaren Innehabung im Sinne des in gegenständlicher Angelegenheit ergangenen VwGH-Erkenntnisses ist aber für die Beantwortung der Frage der Inhabereigenschaft nicht allein ausschlaggebend, wer die Waggonbewegungen (Rangieren, Abstellen, Weiterführung etc.) durchführt, sondern ist auch von Bedeutung, wem die Bestimmung des Aufstellungsortes zukommt, wer für die Überwachung der Waggons zuständig ist sowie ob und in welcher Form vertragliche Verpflichtungen der Betreiberin der Anschlussbahn bestehen, die Waggons zur Lagerung zu übernehmen und welche Verpflichtungen die Vertragsparteien überhaupt übernommen haben. 

In Übereinstimmung wurde sowohl vom Berufungswerber als auch vom Zeugen ausgesagt, dass für den Fall der über einen längeren Zeitraum dauernden Lagerung der Waggons keinerlei vertragliche Vereinbarungen bestehen (und zu den Tatzeitpunkten bestanden haben).

 

In der Frage, ob die N. die jeweilige Gleisanlage auf der die Waggons zur Lagerung abgestellt werden sollen – sei es durch schriftlichen oder mündlichen Auftrag - tatsächlich bestimmt, liegen einander widersprechende Aussagen des Zeugen x und des Berufungswerbers insofern vor, als dies vom Zeugen bejaht, vom Berufungswerber allerdings verneint wird.

Ausgehend von der unbestritten gebliebenen Aussage des Zeugen, dass dem Versandunternehmen bestimmte Gleisanlagen zugeordnet sind, wird wohl der Aussage des Zeugen zu folgen sein. Darauf allein lässt sich die Inhabereigenschaft des Unternehmens des Berufungswerbers für die gegenständliche Betriebsanlage jedoch nicht stützen, zumal es nach der gegebenen Beweislage für die  Betreiberin der Anschlussbahn keine vertragliche Verpflichtung zur Lagerung der Waggons gibt und diese danach das faktische Geschehen auf der Gleisanlage insofern bestimmen könnte, als ihr die Möglichkeit der Rücküberstellung an das Versandunternehmen offen geblieben ist.

Das Beweisverfahren hat auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben,  wem nun tatsächlich die Überwachung der abgestellten Waggons zukommt.

 

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass bei der gegebenen Beweislage und nach Würdigung der sich teilweise widersprechenden Aussagen nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit festgestellt werden kann, ob die N. tatsächlich als Inhaberin iSd obgenannten Rechtsprechung  in Betracht kommt. Einer weiteren Beweisaufnahme im Hinblick auf die dem erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates nicht glaubwürdig und nachvollziehbar erscheinenden Aussagen der nicht existierenden vertraglichen Vereinbarungen über die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien im Falle des Abstellens der Waggons auf dem Schienennetz der Anschlussbahn steht der Ablauf der Verjährungsfrist entgegen.    

Aus den oben angeführten Sach- und Rechtsgründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß
§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

 

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