Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251302/23/Ste/CR/BP

Linz, 17.11.2006

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des S D, 44 E, K, vertreten durch Mag. E L, Rechtsanwalt, 44 E, H, gegen des Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Linz-Land vom 20. September 2005, AZ. SV96-65-2004, betreffend eine Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes – nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung – zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                  Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG; § 45 VStG.

Zu II.: § 66 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Linz-Land vom 20. September 2005, AZ. SV96-65-2004, wurde dem Berufungswerber (in der Folge: Bw) vorgeworfen, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Außen­vertretungsbefugter der F GmbH mit Sitz in 44 E, S, gemäß § 9 VStG strafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma als Arbeitgeberin in der Zeit von 21. Oktober 2004 bis zumindest 11. November 2004, die polnischen Staatsangehörigen,

1.         T M W, geboren am X,

2.         T J, geboren am X und

3.         S D M, geboren am X,

als Holzschlägerungsarbeiter im Raume K, jedenfalls im Sinne des § 1152 ABGB entgeltlich beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer weder eine Be­schäftigungs­bewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Ent­sende­bewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden sei noch diese Aus­länder eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Be­freiungs­schein oder einen Niederlassungsnachweis besessen hätten. Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 9 VStG iVm § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl Nr. 218/1975 idgF in drei Fällen begangen.

 

Daher wurde über den Bw in drei Fällen gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG eine Geld­strafe in Höhe von jeweils 2.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 72 Stunden) verhängt.

 

Begründend wurde unter Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges und unter Dar­stellung der maßgeblichen Rechtslage im Wesentlichen ausgeführt, dass am 11. November 2004 um 10.30 Uhr im Zuge einer Verkehrskontrolle durch Beamte der Polizeiinspektion S/F festgestellt worden sei, dass sich die ge­nannten Staatsangehörigen, die über keine Beschäftigungsbewilligung verfügten, im Bus, bei dem es sich um ein Firmenfahrzeug der Firma F GmbH ge­handelt hat, unterwegs gewesen seien. Die drei Polen hätten übereinstimmend an­ge­geben, dass sie seit ca. 3 Wochen bei der Firma F GmbH mit Sitz in Enns als Holzschlägerungsarbeiter tätig seien. Vorwiegend würden sie mit weiteren Landsleuten im Raum K arbeiten; ob eine Arbeitsbewilligung vorliege, wüssten sie nicht.

 

Im Zuge des durchgeführten Ermittlungsverfahrens hätte AI R vom Gendarmerie­posten S/F – zum Sachverhalt befragt – angegeben, dass die Polen verschmutztes Forstgewand angehabt hätten und in gebrochenen Deutsch aber verständlich gesagt hätten, dass sie im Wald Holzarbeiten durch­führten. Weiters wurde angeführt, dass sie den genauen Namen ihres Arbeitgebers nicht kennen würden. Da sie mit dem Klein-LKW der Firma F GmbH unterwegs gewesen seien, habe er angenommen, dass sie für diese Firma arbeiten.

 

Die belangte Behörde stellt fest, dass die fraglichen Polen eine Be­schäftigungs­bewilligung für den Dienstgeber Firma R GmbH vom 14. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2004 besessen hätten, jedoch zum Tatzeitpunkt nicht zur Sozial­ver­sicherung angemeldet gewesen wären sowie durch die Firma R GmbH keine Be­schäftigungsmeldung beim zuständigen A erfolgt sei.

 

Weiters führt die belangte Behörde aus, dass die Darstellung des Geschehens in der An­zeige insbesondere auch in Hinblick auf das aktenkundige Einschreiten der Gendarmerie­beamten sowie aufgrund der Angaben der drei Polen glaubwürdig und nach­voll­ziehbar erschienen sei. Die Behörde habe keinen Zweifel daran, dass die drei beschäftigten Polen von der Firma R GmbH an die Firma F GmbH verliehen worden seien. Den Rechtfertigungsangaben des Bw sei zu ent­nehmen, dass er Geschäftsführer der F GmbH aber auch Ein­satz­leiter bei der Firma R GmbH und somit auch Vorgesetzter der Polen sei, denen er auch Arbeitsanweisungen gegeben habe. Die Behörde habe keinen Zweifel, dass die Polen für die Firma F GmbH im Raum K Holz­schlägerungsarbeiten durchgeführt habe. Die Angaben des Bw seien reine Schutzbehauptungen.

 

Laut Mitteilung der Zollverwaltung Leoben sei der Bw bereits zweimal rechtskräftig wegen Übertretung des AuslBG bestraft worden. Es sei für die Behörde offensichtlich, dass das Zusammenspiel der Firma R GmbH und der Firma F GmbH bei der illegalen Beschäftigung von Ausländern einen Rechtfertigungsspielraum eröffne. Schon die fraglichen Polen hätten keine konkreten Angaben über ihren Chef machen können oder wollen. Auch über eine Be­schäftigungs­bewilligung hätten sie keine Angaben tätigen können. Die Behörde hätte keinerlei Veranlassung an den glaubwürdigen und unbedenklichen Aussagen der zur Wahrheit verpflichteten Meldungsleger zu zweifeln, zumal diese wohl kaum das Risiko einer falschen Aussage auf sich nehmen würden, während der Bw als Be­schuldigter einer solchen Wahrheitspflicht nicht unterliegen würden und sich in jeder Richtung verantworten könne. Die Behörde habe keinen Zweifel daran, dass der Bw die gegenständliche Verwaltungsübertretung zu verantworten habe.

 

Unter Hinweis auf § 19 Abs. 1 VStG führt die belangte Behörde schlussendlich aus, dass der Bw durch die Beschäftigung der drei polnischen Staatsangehörigen den Schutz­zweck des Ausländerbeschäftigungsgesetzes verletzt habe, der darin be­stehe, einen geordneten Ablauf des österreichischen Arbeitsmarktes bzw den geregelten Zuzug ausländischer Arbeitskräfte zu diesem zu sichern bzw österreichische Arbeitsplätze vorrangig für österreichische Arbeitnehmer zur Ver­fügung zu stellen. Andere Erschwerungs- oder Milderungsgründe seien aus dem Akt nicht ersichtlich. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw seien entsprechend seinen Angaben berücksichtigt worden. Die verhängte Strafe erscheine als tat- und schuldangemessen und geeignet, den Bw in Hinkunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw am 23. September 2006 zugestellt wurde, erhob der Bw mit Schriftsatz vom 29. September 2006 rechtzeitig (Poststempel vom 30. September 2006) Berufung und stellte die An­träge, die Berufungsbehörde möge in Stattgebung seine Berufung das angefochtene Straf­erkenntnis dahingehend abändern, dass dieses behoben werde und bezüglich des gegen ihn eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens die Einstellung verfügen; in eventu das angefochtene Straferkenntnis beheben und die Angelegenheit zur Er­gänzung des Verfahrens und Erlassung einer neuen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen; eine Berufungsverhandlung anberaumen und das Land Oö., in eventu den Bund, zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens I. und II. Instanz verpflichten.

 

Be­gründend wird insbesondere vorgebracht, dass die belangte Behörde die vom Bw vor­gebrachten Entlastungszeugen nicht einvernommen habe und dem festgestellten Sach­verhalt ausschließlich die unklaren Aussagen des Belastungszeugen AI R zugrunde gelegt hätte, der nicht objektiv habe feststellen können, bei welchem Dienstgeber die drei Polen beschäftigt gewesen seien sondern nur subjektiv den Eindruck gehabt hätte, dass die drei Polen für die F GmbH tätig gewesen seien. Dieser Eindruck sei darauf zurückzuführen, dass die Polen mit einem Fahrzeug, das die Aufschrift der Firma des Bw trug, unterwegs ge­wesen seien, dass er der Firma R GmbH leihweise zur Verfügung gestellt habe.

 

In der Folge verweist der Bw darauf, dass die drei Polen angegeben hätten, dass sie von ihrem Arbeitgeber keinen genauen Namen kennen würden. Unrichtig sei die Feststellung der belangten Behörde, dass die Polen nicht zur Sozialversicherung angemeldet gewesen seinen; diesbezüglich bietet der Bw Beweismittel an.

 

Auch seien die Polen nicht von der Firma R GmbH an die Firma F GmbH verliehen worden; im Ermittlungsverfahren würden sich keinerlei An­halts­punkte für diese Feststellung der belangten Behörde ergeben. Auch diesbezüglich rügt der Bw, dass von ihm angebotene Entlastungszeugen nicht ver­nommen worden seien. Zudem "verdrehe" die belangte Behörde seine Recht­fertigungs­angaben: Er habe nie angegeben, als Einsatzleiter die drei Polen be­aufsichtigt zu haben, sondern lediglich ausgeführt, dass er für die Firma R GmbH in Anbetracht der langjährigen Zusammenarbeit auch schon als Einsatzleiter tätig gewesen sei. Niemals habe er behauptet, dass er im Zeitraum von 21. Oktober 2004 bis 11. November 2004 als Einsatzleiter für die Firma R GmbH tätig ge­wesen sei. Auch tue die belangte Behörde sein Vorbringen als bloße Schutz­behauptung ab, ohne sich mit den von ihm angebotenen Beweisen zu befassen.

 

Aus all diesen Umständen werfe er der belangten Behörde willkürliches und damit gleichheitswidriges Verhalten bei der Entscheidungsfindung vor, weshalb das Straferkenntnis nicht nur rechtswidrig sondern auch verfassungswidrig sei.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2005 legte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt vor.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der be­langten Behörde. Am 9. November 2006 wurde im Beisein des Bw, seines Rechts­ver­treters Mag. E L, des Vertreters des Zollamtes G, Mag. P W, der Zeugen Ing. M J, F P, G R und O S eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Der Zeuge C P hat sich entschuldigt, ebenso die belangte Behörde.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sach­verhalt aus:

 

Am 11. November 2004 waren die drei polnischen Staatsangehörigen M W T, J T und D M S mit einem Bus mit der Aufschrift der F GmbH unterwegs. Um ca. 10.30 Uhr wurden sie von Beamten der Polizeiinspektion S/F einer Verkehrs­kontrolle unterzogen.

 

Der fragliche Klein-LKW wurde der Firma R GmbH bereits einige Tage zuvor von der F GmbH leihweise zur Verfügung gestellt.

 

Im fraglichen Zeitraum waren die drei Polen bei der Firma R GmbH beschäftigt und im Revier W eingesetzt.

 

Die genannten Polen waren der deutschen Sprache nicht bzw nur sehr ein­ge­schränkt mächtig.

 

2.4. Dass die fraglichen Polen kaum oder gar nicht Deutsch gesprochen haben, ergibt sich aus den glaubwürdigen und übereinstimmenden Aussagen der Zeugen G R, F P, Ing. M J und O S. Die Aussagen vor der Polizei, dass es sich bei der F GmbH um ihren Arbeitgeber handle, können daher nicht als glaubwürdig angenommen werden, zumal auch der Meldungs­leger selbst über die Angaben der Polen im erstinstanzlichen Verfahren nicht restlos sicher war.

 

Dass die drei polnischen Staatsangehörigen in der fraglichen Zeit bei der Firma R GmbH beschäftigt waren, ergibt sich einerseits aus den diesbezüglich über­ein­stimmenden und glaubwürdigen Angaben der Zeugen G R und F P und andererseits aus den vom Bw vorgelegten Ver­sicherungs­zeit­be­stätigungen. Zudem hat auch der Zeuge Ing. J angegeben, dass – soweit er sich erinnern kann – die Polen bei der Firma R beschäftigt waren.

 

Sowohl der Zeuge G R als auch der Zeuge F P sowie der Bw selbst haben übereinstimmend angegeben, dass der fragliche Klein-LKW der Firma R leihweise zur Verfügung gestellt wurde, da das Fahrzeug der Firma R GmbH in Reparatur war, was durch die am 16. November 2006 vorgelegte Rechnung belegt ist.

 

Im Übrigen ergibt sich der Sachverhalt – im Wesentlichen unbestritten – aus der Aktenlage und der öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

2.5. Da im angefochtenen Straferkenntnis im Einzelnen keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbs­gesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich ver­antwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Nach dem festgestellten Sachverhalt steht unstrittig fest, dass der Bw als handels­rechtlicher Geschäftsführer das zur Vertretung nach außen berufene Organ ist.

 

3.2. Gemäß § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 in der zum Zeitpunkt der Tat geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 126/2002, darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Be­schäftigungs­bewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Ent­sende­bewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungs­schein oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Die drei polnischen Staatsgehörigen waren – wie sich aus dem Sachverhalt ergibt – nicht bei der Firma F GmbH sondern bei der Firma R GmbH be­schäftigt. Auch ein bloß kurzfristiges Beschäftigungsverhältnis oder ein arbeit­nehmer­ähnliches Verhältnis, das für die "Beschäftigung" im Sinne des Aus­länder­beschäftigungsgesetzes bereits ausreicht, der Polen zur Firma F GmbH konnte nicht festgestellt werden. Daher hat der Bw die ihm im belangten Straferkenntnis vorgeworfene Tat nicht begangen, weshalb schon der objektive Tatbestand nicht erfüllt ist.

 

3.3. Vor diesem Hintergrund war der vorliegenden Berufung daher gemäß § 24 VStG iVm. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw nach § 66 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Wolfgang Steiner

 

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