Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400853/2/SR/BP/CR

Linz, 20.11.2006

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider von Amts wegen über die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des M D N W, Staatsangehöriger von Kamerun, alias S A, Staatsangehöriger von Liberia, nunmehr vertreten durch A S, Deserteurs- und Flüchtlingsberatung, Schottengasse 3a/1/59 1010 Wien in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis, zu Recht erkannt:

 

 

            Es wird festgestellt, dass die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 80 Abs. 6 Fremdenpolizeigesetz – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 99/2006.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid vom 7. April 2006, Zl. Sich41-237-2004, ordnete der Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis auf der Rechtsgrundlage des § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 99/2006, gegen den o.a. Fremden die Schubhaft mit Beendigung der gerichtlichen Strafhaft an, um seine Abschiebung zu sichern.

 

Seit 19. Mai 2006 wird der Fremde in Schubhaft angehalten.

 

1.2. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 30. Mai 2006, Zl.
VwSen-400801/4/Wei/Be, wurde eine vom Fremden durch rechtsfreundliche Vertretung erhobene Schubhaftbeschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

Begründend für die Zulässigkeit der Anhaltung in Schubhaft führte das damals erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates unter anderem aus, dass sich der Fremde an den Maßnahmen zur Identitätsfeststellung nicht in ausreichender Weise beteiligt hat, sondern vielmehr durch sein unkooperatives Verhalten eine gesicherte Feststellung seiner Identität bzw Staatsangehörigkeit verhindern konnte.

 

Hinsichtlich der Anwendung gelinderer Mittel wurde begründend ausgeführt, dass sich der Fremde geweigert hat, an der Identitätsfeststellung mitzuwirken und seine Behauptungen über die Herkunft aus Liberia nach Mitteilung der liberianischen Botschaft in Bonn unrichtig waren. Eine Sprachanalyse zur Überprüfung seiner behaupteten Herkunft hat der Bf kategorisch abgelehnt. Auch hat er regelmäßig die Unterschriftsleistung unter die mit ihm aufgenommenen Protokolle verweigert. Obwohl gegen ihn ein vollstreckbares unbefristetes Aufenthaltsverbot vorliegt, sein Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist, er mehrfach wegen Suchtmitteldelikten gerichtlich vorbestraft ist und über keinen Aufenthaltstitel verfügt, tangieren ihn die fremdenpolizeilichen Vorgaben in keiner Weise. Das aktenkundige Gesamtverhalten lässt ihn vollkommen unglaubwürdig erscheinen.

 

2. Gemäß § 80 Abs. 6 FPG legte der Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis den gegenständlichen Verwaltungsakt zeitgerecht mit Schreiben vom 6. November 2006 vor. Im Vorlageschreiben hat er dargelegt, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist.

 

U. a. geht daraus hervor, dass sich der Fremde weigere, an seiner Identitätsfeststellung mitzuwirken und nach wie vor behaupte ein Staatsangehöriger von Liberia zu sein, obwohl bereits offenkundig sei, dass dies nicht zutreffend ist. Aufgrund umfangreicher und langwieriger Erhebungen konnte darauf aufbauend ein Heimreisezertifikat für den Fremden von der Botschaft in Kamerun in Bonn erlangt werden. Das Original des Heimreisezertifikates, ausgestellt für den Fremden, lautend auf den Namen D M N W, geb. am, Staatsangehöriger von Kamerun, langte am 17. Oktober 2006 bei der zuständigen Fremdenbehörde ein. Im Stande der Schubhaft stellte der Fremde am 6. September 2006 und am 3. November 2006 weitere Asylanträge. Der Antrag vom 6. September 2006 wurde mittlerweile als unzulässig zurückgewiesen und der zugrunde liegende Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Die Abschiebung nach Kamerun sei weiter beabsichtigt und diese sei bei Vorliegen einer durchführbaren Ausweisung hinsichtlich des dritten Asylverfahrens innerhalb der Gültigkeitsdauer des Heimreisezertifikates realisierbar.

 

Die Schubhaft, die sich auf § 76 Abs. 2 FPG stütze, sei notwendig, da der Fremde augenscheinlich Österreich nicht selbständig verlassen werde und der Eingriff in die persönliche Freiheit sei im Hinblick auf das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens und der Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität verhältnismäßig.      

 

3. Aus der Aktenlage ergibt sich folgender relevanter Sachverhalt:

 

Der Fremde wurde am 19. Mai 2006 in Schubhaft genommen. Seit dem 20. November 2006 befindet er sich länger als 6 Monate durchgehend in Schubhaft.

 

Er behauptet Sunday Augustine zu heißen und Staatsangehöriger von Liberia zu sein. Unter diesem Namen hat er bis dato drei Asylanträge eingebracht.

 

Aufgrund der Ergebnisse des fremdenpolizeilichen Ermittlungsverfahrens ist davon auszugehen, dass der Name des Fremden auf "D M N W" lautet und er aus Kamerun stammt. Jedenfalls hat die Botschaft von Kamerun in Bonn für den Fremden ein Heimreisezertifikat lautend auf den Namen "D M N W" ausgestellt. Obwohl der Fremde diese Identitätsfeststellung bestreitet, hat er im 3. Asylantrag Asylgründe bezogen auf Kamerun vorgebracht, zwar den ermittelten Namen "D M N W" in Abrede gestellt und darüber hinaus im Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 51 Abs. 1 FPG seine geplante Abschiebung nach Kamerun für unzulässig erachtet.

 

Nach rechtskräftiger Ablehnung des 1. Asylantrages am 10. Juni 2006 hat der in Schubhaft befindliche Fremde am 6. September 2006 einen Folgeantrag eingebracht. Dieser 2. Asylantrag wurde in der Folge mit Bescheid des UBAS vom 17. Oktober 2006, Zl. 256.248/12-XII/37/06, abgewiesen.

 

In Kenntnis der für 6. November 2006 geplanten Abschiebung nach Kamerun hat der Fremde durch den nunmehrigen Vertreter am 2. November 2006 den o.a. Antrag gemäß § 51 Abs. 2 FPG eingebracht und eigenständig am 3. November 2006 den 3. Asylantrag gestellt.

 

Im Aktenvermerk vom 3. November 2006 hat die vorlagepflichtige Behörde ihre rechtlichen Überlegungen, Feststellungen und Schlussfolgerungen zu § 50 FPG festgehalten.

 

Bedingt durch den 3. Asylantrag wurde von der für 6. November 2006 geplanten Abschiebung vorerst Abstand genommen.

 

Mit Aktenvermerk vom 6. November 2006 hat die vorlagepflichtige Behörde festgehalten, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 und 6 FPG vorliegen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 80 Abs. 6 Fremdenpolizeigesetz – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 99/2006, ist, wenn der Fremde länger als sechs Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden soll, die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das sechste Monat überschritten wurde, und danach alle acht Wochen vom örtlich zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat von Amts wegen zu überprüfen. Die Behörde hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass den unabhängigen Verwaltungssenaten eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Der unabhängige Verwaltungssenat hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

 

Nach § 80 Abs. 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert und gemäß § 80 Abs. 2 darf die Schubhaft so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer den Fällen der Abs. 3 und 4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

 

Gemäß § 80 Abs. 4 FPG kann die Schubhaft , die gemäß § 76 Abs. 2 FPG verhängt wurde, länger als sechs Monate in zwei Jahren, aber nicht länger als zehn Monate in zwei Jahren aufrechterhalten werden.

 

Nach § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn gegen ihn vor Stellung des Asylantrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist.

 

Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrecht erhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

 

4.2. Im amtswegigen Verfahren hat der Unabhängige Verwaltungssenat zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zu überprüfen, ob

*          die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft         vorliegen und

*          ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

 

4.2.1. Da der Fremde während seiner Anhaltung in Schubhaft den 3. Asylantrag (der 1. und der 2. Asylantrag waren zuvor bereits rechtskräftig erledigt) gestellt hat, gegen ihn vor der Antragsstellung zumindest ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot verhängt worden ist, gilt die Schubhaft als nach § 76 Abs. 2 FPG verhängt. Die vorlagepflichtige Fremdenpolizeibehörde hat das Vorliegen der Voraussetzungen mit Aktenvermerk vom 6. November 2006 festgehalten.

 

Die Fremdenpolizeibehörde hat nachvollziehbar dargelegt, dass der Grund für die Anordnung nicht weggefallen ist und das Ziel – Abschiebung nach Kamerun – innerhalb der Gültigkeit des Heimreisezertifikates möglich ist. Durch das Verhalten des Fremden wurden die Erhebungen der Behörde und seine Identifizierung wesentlich erschwert. Eine Verkürzung der Schubhaft hat der Fremde dadurch verhindert, dass er in missbräuchlicher Absicht einen im Grunde unbegründeten Antrag gemäß § 51 FPG gestellt und den 3. Asylantrag eingebracht hat, um die bereits geplante Abschiebung nach Kamerun zu verhindern.

 

Aus dem Verhalten des Fremden, das bereits im Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 30. Mai 2006, VwSen-400801/4/Wei/Be, und hier unter Punkt 3 anschaulich geschildert worden ist, ist eindeutig abzuleiten, dass er mit allen Mitteln eine Abschiebung zu verhindern sucht. Ergänzend zu diesen Ausführungen ist beispielsweise auf seine Suizidgedanken vom 16. Oktober 2006 und die deshalb erfolgte Einweisung in die Psychiatrische Abteilung des Krankenhauses Braunau hinzuweisen.

 

Es liegen darüber hinaus keine wie immer gearteten Anhaltspunkte vor, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft – auch bei entsprechender Prognose – wegfallen werden.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass gemäß § 80 Abs. 4 iVm § 76 Abs. 2 Z. 3 FPG die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt vorliegen.

 

4.2.2. Wie im Vorlageakt zu ersehen ist, hat sich der Fremde bereits den fremdenpolizeilichen Maßnahmen der schweizerischen Behörden durch Flucht entzogen. Das aktenkundige Gesamtverhalten lässt den Fremden als absolut vertrauensunwürdig erscheinen. Im Hinblick auf die wiederholte Straffälligkeit, die illegale Einreise nach Österreich nach dem negativen Verfahrensabschluss in der Schweiz, die bevorstehende Abschiebung aufgrund des durchsetzbaren Aufenthaltsverbotes ist die weitere Anhaltung in Schubhaft im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten. Die hohe Wahrscheinlichkeit des weiterhin unkooperativen Verhaltens des Fremden und seine bisher bewiesene kriminelle Energie lassen ernsthaft befürchten, dass er sich den fremdenpolizeilichen Maßnahmen entziehen und abermals einschlägig straffällig werden wird. Der Eingriff in das Recht des Fremden auf persönliche Freiheit ist daher auch weiterhin notwendig.

 

Zum Entscheidungszeitpunkt ist die Aufrechterhaltung der Schubhaft daher als verhältnismäßig festzustellen.

 

4.3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabe- und Beilagegebühren in Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

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