Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106055/2/BR

Linz, 14.01.1999

VwSen-106055/2/BR Linz, am 14. Jänner 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 11. Dezember 1998, Zl. VerkR96-14556-1998-Shw iVm mit dem Berichtigungsbescheid vom 18. Dezember 1998 zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 u. § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998 - VStG; II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau, wegen der Übertretung nach § 14 Abs.8 iVm § 37a Führerscheingesetz (kurz FSG) eine Geldstrafe von 3.000 S und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen verhängt, weil er am 15. November 1998 um 06.03 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen , auf der Reiseder Gemeindestraße in Anzenberg, Gemeinde Helpfau-Uttendorf, in Richtung Freihuber Landesstraße bis zu seiner Anhaltung nächst dem Strkm. 2,260 (20 m vor der Einmündung in die Freihuber Landesstraße) gelenkt habe und bei dieser Fahrt sein Atemalkoholgehalt (lt. Berichtigungsbescheid) 0,26 mg/l betragen habe. 1.1. Begründend führt die Erstbehörde im h. entscheidungswesentlichen Zusammenhang unter Hinweis auf die ständige Judikatur des VwGH zu § 5 Abs.1 StVO aus, daß es lediglich auf den angezeigten Wert des Alkomaten, ohne die Berücksichtigung der Eichfehlergrenze ankomme.

2. In der dagegen durch seinen ag. Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung führt der Berufungswerber folgendes aus: "Gegen den Strafbescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 11. 12. in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 18.12.1998, VerkR96-14556-1998Shw, erhebe ich fristgerecht Berufung.

Auf die Begründung meines Einspruches vom 30.11. und den Inhalt meiner Stellungnahme vom 7.12.1998 wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen hingewiesen und im Sinne der Begründungspflicht nach § 63 AVG das Rechtsmittel wie folgt ausgeführt:

Bei der Frage, ob der Abzug der sogenannten Verkehrsfehlergrenze bzw. Eichfehlergrenze notwendig ist, handelt es sich entgegen der Rechtsansicht der Erstbehörde nicht um eine Rechtsfrage sondern um eine Sachfrage, nämlich eine meßtechnische, welche mittels Gutachten zu lösen ist.

Die Zulassung des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen ist nicht nur Grundlage der Zulässigkeit der Verwendung des Alkomaten sondern muß als Sachverständigengutachten gewertet werden, welches Ausführungen darüber enthält, wie das Gerät zu bedienen ist, unter welchen Voraussetzungen verwertbare Meßergebnisse zustande kommen und welche Genauigkeit die Meßwerte aufweisen.

Wie bei allen anderen Meßgeräten ist naturgemäß auch bei Alkomatmeßergebnissen die Verkehrs- bzw. Eichfehlergrenze zu berücksichtigen, weil klarerweise kein einziges Meßgerät Anspruch auf absolute Genauigkeit erheben kann.

Dem von der Erstbehörde zitierten Judikat des VwGH lagen die nun vorliegenden Beweismittel nicht zugrunde, das vorgelegte Gutachten des BEV vom 18.12.1996 und dessen Schreiben vom 5.6.1998 lassen keine Zweifel darüber aufkommen, daß der darin genannte Abzug vorzunehmen ist.

Die Bestimmung des § 5 Abs.3 kann nicht isoliert von jener des § 5a Abs.3 StVO gesehen werden, erst letztere bildet die Rechtsgrundlage der Verwendung von Atemluftalkoholmeßgeräten.

Diese Bestimmung gebietet überdies die Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der Wissenschaft und Technik und bezieht sich auch diese auf die Alkomatverordnung BGBI.789/1994 mit ihren Novellen.

Es ist stand der Wissenschaft und Technik, daß kein Meßgerät absolut richtig mißt sondern - wenn auch geringe - Ungenauigkeiten aufweist.

Diese dürfen nach Art. 6 EMRK nicht zu Lasten des Beschuldigten ausschlagen.

Auch Laser-, Radar- und ProViDa-Meßgeräte zeigen den Meßwert an, diesbezüglich ist aber unbestritten, daß der Abzug der jeweiligen Eichfehlergrenze Platz zu greifen hat.

Nach § 1 der Alkomatverordnung sind für die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt Alkomaten geeignet, die nach dem Maß- und Eichgesetz eichfähig sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur klargestellt, daß der Proband Rechtsanspruch darauf hat, daß die Verwendungsbestimmungen eingehalten werden, daß hinsichtlich der Zulassungsbestimmungen durch das BEV etwas anderes zu gelten habe, wurde nicht ausgesprochen und würde auch der sachlichen Begründung entbehren. Dieser Alkomat wurde vom BEV überdies nur ausnahmsweise und probeweise zur Eichung zugelassen, in dieser Zulassung wird nicht nur das Gerät beschrieben und dessen Wirkungsweise erklärt und Verwendungs- und Aufstellungsbestimmungen festgelegt sondern hat im Sinne des Punktes H die eichtechnische Prüfung ergeben, daß die Eichfehlergrenzen für den in Rede stehenden Meßbereich +- 5 % vom Meßwert, jedoch nicht weniger als +- 0,2 mg/l betragen.

Im Verfahren S 2353/98 hat die BPD Salzburg diese Eichfehlergrenze berücksichtigt und das Verfahren trotz des vorgelegenen Meßwertes von 0,25 mg/l eingestellt.

Beweis: beiliegende Aufforderung zur Rechtfertigung der BPD Salzburg vom 3.2.1998 sowie die Verständigung nach § 45 VStG über die erfolgte Verfahrenseinstellung.

Die Erstbehörde ist überdies zu Unrecht zum Ergebnis gekommen, daß die Voraussetzungen für die außerordentliche Strafmilderung nicht vorliegen. Es sind dieselben Strafmilderungsgründe gegeben wie im zitierten Fall S Ö., die Überschreitung des gesetzlichen Grenzwertes ist gegenständlich sogar noch geringer.

Der Umstand, daß sich die 0,5 Promille-Regelung im Führerscheingesetz befindet, führt dazu, daß der nach der Judikatur einzige Gegenbeweis zur mittels Alkomat festgestellten Alkoholisierung, eine Blutalkoholuntersuchung nicht möglich ist. Dies deshalb, weil eine Blutalkoholanalyse nur dann die Qualität dieses Gegenbeweises aufweist, wenn diese in der in § 5 Abs.5 bis 8 StVO vorgesehenen Art und Weise zustande kommt (VwGH vom 25.4.1997, 96/02/0227).

Nun hat nach § 5 Abs.8 StVO (in der Fassung der 19.Novelle) ein bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabender Arzt eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes nur dann vorzunehmen, wenn eine Person dies verlangt und angibt, bei ihr habe eine Untersuchung nach § 5 Abs.2 eine Alkoholbeeinträchtigung ergeben.

Da diese Novelle am 1.10.1994 in Kraft getreten ist und damals das Führerscheingesetz und somit die 0,5 Promille-Regelung noch nicht galt, ist unter einer Alkoholbeeinträchtigung im Sinne dieser Gesetzesstelle lediglich eine solche nach § 5 Abs. 1 StVO zu verstehen, somit eine solche von 0,4 mg/l AAG oder darüber.

Hätte die Regelung des § 14 Abs. 8 in § 5 Abs. 1 StVO Eingang gefunden, wie dies kompetenzmäßig auch notwendig wäre, hätte auch jener, dessen Atemluftalkoholkonzentration zwischen 0,25 und 0,39 mg/l liegt, die Möglichkeit, nach § 5 Abs.8 StVO eine Blutalkoholbestimmung zu erreichen.

Da die derzeit geltende Gesetzeslage die Führung dieses Gegenbeweises ausschließt, erachte ich mich dadurch in meinem verfassungesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Besserstellung jener Probanden, bei welchen ein hoher Alkoholisierungsgrad, nämlich ein solcher von 0,4 mg/l AAG und darüber) und auf ein faires Verfahren verletzt.

Ich stelle daher den A n t r a g , der UVS des Landes Oberösterreich möge meiner Berufung Folge geben, das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 11.12.1998 (in seiner berichtigten Fassung) aufzuheben und das Verfahren einstellen; in eventu die über mich verhängte Geldstrafe auf S 1.500,-- reduzieren.

M, 22.12.1998 J" 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt.

3.1. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

4.1. Unbestritten ist, daß beim Berufungswerber bei der für ihn günstigeren Messung bzw diesen Meßwert ein Atemluftalkoholgehalt von 0,26 mg/l festgestellt worden ist. Nach § 14 Abs.8 FSG darf ein Kraftfahrzeug nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt....... Unter Berücksichtigung der Eichfehler- bzw. Verkehrsfehlergrenze (§ 39 Abs.2 Z2 und 3 Maß- u. Eichgesetz) ist für den Bereich 0 bis 2 mg/l +/- 5% vom Meßwert, jedoch nicht weniger als +/- 0,02 mg/l nach unten korrigiert, ergibt beim heranzuziehenden geringeren Meßwert dies einen Atemluftwert von 0,24 mg/l.

5.Rechtlich wird daher erwogen:

5.1. Gemäß § 5 Abs.8 StVO Z2 idgF hat ein bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabender Arzt eine Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes vorzunehmen, wenn eine Person 1. zu diesem Zweck zu ihm gebracht wurde oder 2. dies verlangt und angibt, bei ihr habe eine Untersuchung nach Abs. 2 eine Alkoholbeeinträchtigung ergeben. Diese Möglichkeit ist, wie der Berufungswerber zu Recht ausführt, im Falle der Grenzwertüberschreitung nach dem Führerscheingesetz nicht vorgesehen. Daher läßt sich bei verfassungskonformer Gesetzesanwendung diese Situation auf die als gesichert geltenden Judikatur des VwGH in StVO-Alkoholisierungsfällen â€" wobei diese in Grenzfällen nicht unproblematisch sein mag â€" nicht umlegen. Begründet wurde und wird die Außerachtlassung der Verkehrsfehlergrenze beim Alkomaten letztlich mit der Möglichkeit des Freibeweises durch eine über § 5 Abs.8 StVO eröffnete Blutuntersuchung.

5.2. Die Berücksichtigung der Verkehrsfehlergrenze kann hier jedenfalls in verfassungskonformer Gesetzesanwendung nur zur Berücksichtigung der Verkehrsfehlergrenze führen. Eine Strafbestimmung darf â€" wie ebenfalls der Berufungswerber zutreffend darlegt â€" im Sinne des Art. 6 EMRK nicht zu Lasten des Beschuldigten ausschlagen. Diese Sichtweise ergibt sich letztlich schon aus dem Grundsatz "in dubio pro reo". In der Aufhebung einschlägiger Bestimmungen der StVO idF BGBl 105/1986, hat der VfGH die eingeschränkte Möglichkeit eine Blutabnahme zwecks Beweissicherung wegen Widerspruchs zum Gleichheitssatz als verfassungswidrig erkannt, weil sie in sachlich nicht gerechtfertigter Weise die Beweislage von Personen verschlechterte, bei denen mit Hilfe von Atemluftalkoholmeßgeräten ein Alkoholgehalt der Atemluft von über 0,5 mg/l festgestellt wurde (VfGH 1.3.1991, G274/90 u.a, Slg.12649).

Die Judikatur des VwGH erklärt die Blutuntersuchung im Bereich der StVO grundsätzlich und "ausschließlich" als Gegenbeweis durch Bestimmung des Blutalkoholgehaltes für zulässig. Zur Erbringung dieses Gegenbeweises steht es einem Betroffenen frei, gemäß (damals) § 5 Abs. 4b StVO die Veranlassung einer Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu verlangen oder sich zu einem in § 5 "Abs.7" StVO (damals!) angeführten Arzt zu begeben und eine Blutabnahme zu verlangen. Nur wenn dies der Beschwerdeführer unterlassen hat, hatte es beim Ergebnis der Atemalkoholuntersuchung als Feststellung des Grades der Alkoholbeeinträchtigung zu verbleiben (VwGH 28. 5. 1993, 93/02/0092 mit Hinweis auf VwGH v. 31. März 1993, 93/02/0057).

Wenn daher im Führerscheingesetz die Möglichkeit eines sogenannten Gegenbeweises erst gar nicht vorgesehen ist, so muß rechtslogisch zumindest die Verkehrsfehlergrenze zu Gunsten eines Betroffenen ausschlagen. 5.3. Da bereits bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist, war hier spruchgemäß zu entscheiden (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 86/83/0251; ZfVB 1991/3/1122).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten. Dr. B l e i e r Beschlagwortung: Verkehrsfehlergrenze, Alkomat

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