Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390151/10/Gf/Mu/Ga

Linz, 15.11.2006

 

 

                                                    E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der G, vertreten durch RA Dr. R, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 10. April 2006, Zl. Bi96-1-1-2006, wegen einer Übertretung des Schulpflichtgesetzes, zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und stattdessen eine Ermahnung erteilt wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.                  Die Berufungswerberin hat weder einen Kostenbeitrag für das Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 10. April 2006, Zl. Bi96-1-1-2006, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe in Höhe von 35 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Tage) verhängt, weil sie es als Erziehungsberechtigte zu verantworten habe, dass ihr am 2. Juli 1991 geborener Sohn während der Wintersportwoche seiner Klasse vom 6. bis zum 10. Februar 2006 ohne Erlaubnis der Schulleitung dem Ersatzunterricht ferngeblieben sei; dadurch habe sie eine Übertretung des § 24 Abs. 1 des Schulpflichtgesetzes, BGBl.Nr. 76/1985, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 91/2005 (im Folgenden: SchPflG), begangen, weshalb sie nach § 24 Abs. 2 SchPflG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Übertretung auf Grund einer Anzeige der Schulleitung als erwiesen anzusehen sei und von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten werde.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei deren vorsätzliches Verhalten als erschwerend, die Sorge um das Wohl ihres Sohnes hingegen als mildernd zu beurteilen gewesen. Die von der Rechtsmittelwerberin angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Berufungswerberin am 19. April 2006 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende, am 25. April 2006 – und somit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin bringt die Beschwerdeführerin − soweit es sich nicht um grundsätzliche rechtspolitische Vorwürfe gegen das österreichische Bildungssystem handelt − vor, dass sie nicht anders handeln habe können, um ihr Kind vor psychischen Schäden zu bewahren; solche seien deshalb zu befürchten gewesen, weil insbesondere jene Lehrerin, die ihren Sohn schon im stundenplanmäßigen Unterricht (im Fach Mathematik) häufig schikaniere, als Aufsichtsperson für diese Wintersportwoche eingeteilt war und er dieser dann eine ganze Woche lang hilflos ausgeliefert gewesen wäre. Außerdem habe ihr Sohn insofern die während der Schulwintersportwoche vermittelten Fertigkeiten ohnehin effektiv dadurch erhalten, dass sie ihm in dieser Zeit privat einen anderen Schikurs finanziert habe.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Vöcklabruck zu Zl. Bi96-1-1-2006 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 9. November 2006, zu der als Partei die Beschwerde­führerin und deren Rechtsvertreter sowie die Zeugen Dr. G (Gatte der Beschwerdeführerin), G (Sohn der Beschwerdeführerin) und S (Leiterin der HS 1 Schwanenstadt) erschienen sind.

 

2.2. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

 

In der Woche vom 6. bis zum 10. Februar 2006 fand für die HS 1 Schwanenstadt eine externe Wintersportwoche statt, zu der zunächst auch der Sohn der Beschwerdeführerin angemeldet war. Mit Schreiben vom 16. Jänner 2006 hat die Rechtsmittelwerberin ihren Sohn jedoch wieder von der Teilnahme abgemeldet. Dies wurde von der Schulleitung in der Form zur Kenntnis genommen, dass dem Sohn der Beschwerdeführerin von seinem Klassenvorstand ein Stundenplan betreffend den Ersatzunterricht für die Zeit der Wintersportwoche ausgehändigt wurde. Dieser Stundenplan wurde der Schulleiterin vom Gatten der Rechtsmittelwerberin mit dem Vermerk "Wir haben unseren Schiurlaub für diese Woche gebucht und müssen K mitnehmen" retourniert. Am Ersatzunterricht hat der Sohn der Beschwerdeführerin dann auch tatsächlich nicht teilgenommen, obwohl allen Beteiligten zweifelsfrei klar war, dass hiezu eine entsprechende Verpflichtung bestand.

 

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Akteninhalt sowie auf die insoweit übereinstimmenden Aussagen aller in der öffentlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen und werden insbesondere vom Rechtsmittelwerber selbst auch gar nicht bestritten.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Nach § 24 Abs. 1 iVm Abs. 4 SchPflG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 220 Euro zu bestrafen, der als Elternteil nicht für die Erfüllung der Schulpflicht, insbesondere für den regelmäßigen Schulbesuch und die Einhaltung der Schulordnung durch den Schüler sorgt.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 SchPflG haben die Schüler den Unterricht während der vorgeschriebenen Schulzeit regelmäßig und pünktlich zu besuchen und sich an den verpflichtend vorgeschriebenen sonstigen Schulveranstaltungen zu beteiligen.

 

Aufgabe von Schulveranstaltungen ist nach § 13 Abs. 1 des Schulunter­richtsgesetzes, BGBl.Nr. 472/1986 i.d.F. BGBl.Nr. I 78/2001 (im Folgenden: SchUG), die Ergänzung des lehrplanmäßigen Unterrichts u.a. durch körperliche Ertüchtigung; daher stellt eine Wintersportwoche nicht bloß eine schulbezogene (vgl. § 13a SchUG), sondern gemäß § 1 Abs. 2 der VO BGBl. Nr. 468/1995 explizit eine Schulveranstaltung dar.

 

Nach § 13 Abs. 3 SchUG sind die Schüler zur Teilnahme an einer Schulveranstaltung ohne Rücksicht darauf verpflichtet, ob diese innerhalb oder außerhalb der Schulliegenschaft stattfindet, es sei denn, dass mit einer derartigen Veranstaltung eine Nächtigung außerhalb des Wohnortes verbunden ist (Z. 3); ein aus diesem Grund nicht teilnehmender Schüler ist gemäß § 13 Abs. 4 SchUG vom Schulleiter nach Möglichkeit einer anderen Klasse zu einem ersatzweisen Schulbesuch zuzuweisen.

 

3.2. Daraus folgt insgesamt, dass ein Schüler, der nach § 13 Abs. 4 SchUG zu einem ersatzweisen Schulbesuch zugewiesen wurde, für diesen Zeitraum gemäß § 9 Abs. 1 SchPflG dazu verpflichtet ist, den entsprechenden stundenplanmäßigen Unterricht zu besuchen.

 

Im gegenständlichen Fall wird auch von der Beschwerdeführerin selbst nicht bestritten, dass sie nicht dafür gesorgt hat, dass ihr Sohn vom 6. bis zum 12. Februar 2006 den ihm vorgeschriebenen Ersatzunterricht besuchte, obwohl ihr klar war, dass hiezu eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung bestand.

 

Sie hat daher tatbestandsmäßig und vorsätzlich − und somit auch schuldhaft − iSd § 24 Abs. 4 iVm § 24 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 SchPflG und iVm § 13 Abs. 4 SchUG gehandelt.

 

3.3. Ein das Verschulden ausschließender Notstand kann der Beschwerdeführerin deshalb nicht zugute gehalten werden, weil das physische und psychische Wohl ihres Sohnes im Falle von dessen Teilnahme an der Wintersportwoche offenkundig selbst dann nicht existenziell (iSd ständigen Rechtsprechung des VwGH zu § 6 VStG; vgl. dazu die Nachweise bei W. Hauer – O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Wien 2004, 1258 ff) bedroht gewesen wäre, wenn er – was aber ex ante noch gar nicht feststand – tatsächlich einer erhöhten Ingerenz jener von ihm auch im sonstigen Schulalltag nicht akzeptierten Lehrkraft ausgesetzt gewesen wäre; vielmehr hätte er, wie in der öffentlichen Verhandlung hervorgekommen ist, allenfalls lediglich das Schifahren eine Woche lang deshalb nicht unter für ihn optimalen Bedingungen ausüben und genießen können, weil er möglicherweise in eine "schlechtere", d.h. unter seinem tatsächlichen Leistungsniveau liegende Kursgruppe eingeteilt worden wäre.

 

Der Beschwerdeführerin ist jedoch zugute zu halten, dass sie, wie in der Verhandlung ebenfalls zweifelsfrei hervorkam, die Tat nach entsprechend gründlicher Abwägung letztlich ausschließlich in der subjektiven Überzeugung begangen hat, damit für ihr Kind das Beste zu tun. Es liegen somit achtenswerte Beweggründe iSd § 34 Abs. 1 Z. 3 StGB vor, die insgesamt das Verschulden der Rechtsmittelwerberin als geringfügig erscheinen lassen.

 

Da auch die Folgen der vorliegenden Übertretung unbedeutend sind, war gemäß § 21 Abs. 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen und stattdessen eine bloße Ermahnung auszusprechen.

 

3.4. Insoweit war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen – nämlich hinsichtlich des Schuldspruches – war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

                                                                   Dr.  G r o f

 

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