Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-580200/4/Gf/Mu/Ga

Linz, 24.11.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des B, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 29. September 2006, Zl. BZ-SanR-134-2003, wegen der Untersagung der Berechtigung der freiberuflichen Ausübung der Tätigkeit als Heilmasseur, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 29. September 2006, Zl. BZ ‑SanR-134-2003, wurde dem Rechtsmittelwerber die beabsichtigte freiberuf­liche Ausübung einer Tätigkeit als Heil­masseur mangels Vorliegen eines Qualifikationsnachweises untersagt.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seitens der belangten Behörde telefonisch darauf hingewiesen worden sei, dass er die Beurteilung seiner qualifizierten Leistungserbringung durch nichtamtliche Sachverständige beim Amt der Oö. Landesregierung ermöglichen müsse. Darauf habe er jedoch nur entgegnet, dass sich aus seiner Sicht an der Sachlage nichts geändert habe und er nur an der Erlassung eines Bescheides interessiert sei. Da der Rechtsmittelwerber sohin (bis zur Vorlage eines entsprechenden Sachverständigengutachtens) weiterhin als nicht über einen erforderlichen Quali­fikationsnachweis verfügend anzusehen sei, habe die belangte Behörde spruchgemäß zu entscheiden gehabt.

 

1.2. Gegen diesen ihm am 4. Oktober 2006 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 9. Oktober 2006 − und damit rechtzeitig − bei der belangten Behörde abgegebene Berufung.

 

Darin bringt der Beschwerdeführer wiederum (äußerst weitwendig) vor, dass er durch ein offenkundig willkürliches Verhalten der Behörde (Entzug der Berufsberechtigung) unter Verkennung der eigentlichen Rechtslage, durch Unterlassung wesentlicher Ermitt­lungsschritte (insbesondere durch das Ignorieren seines Parteivorbringens) und schließlich auch wegen der Anwendung eines gesetzwidrigen Erlasses der Sanitätsbehörden deshalb in seinen Rechten verletzt worden sei, weil er tatsächlich über die erforderliche Qualifikation verfüge.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Wels zu Zl. BZ-SanR-134-2003; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Parteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 1 und 2 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Ver­handlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 84 Abs. 7 des Bundesgesetzes über die Berufe und die Ausbildung zum medizinischen Masseur und Heilmasseur, BGBl.Nr. I 169/2002, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 46/2006 (im Folgenden: MMHmG), können gewerbliche Masseure, deren qualifizierte Leistungserbringung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MMHmG (das war der 1. April 2003) nachgewiesen ist, auch ohne Aufschulung eine Tätigkeit als Heilmasseur ausüben.

 

3.2. Der diese Bestimmung näher determinierende Erlass der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen vom 9. März 2005, Zl. BMGF-92266/0049-I/B/6/2004, wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 15. März 2006, Zl. V 105/05, aus formalen Gründen – nämlich deshalb, weil diesem die Qualität einer Rechtsverordnung zukommt und daher dessen Kundmachung im Bundesgesetzblatt hätte erfolgen müssen – aufgehoben.

 

3.3. Mit Erkenntnis vom 15. März 2006, Zl. B 561/05, hat der Verfassungsgerichtshof klargestellt, dass – jedenfalls solange eine neuerliche ordnungsgemäße Kundmachung des vorzitierten Erlasses nicht erfolgt ist – der vorgeschriebene Qualifikationsnachweis gemäß § 84 Abs. 7 MMHmG als erbracht anzusehen ist, wenn die Anforderungen des § 84 Abs. 1 oder Abs. 2 MMHmG erfüllt sind und eine – die in Abs. 3 vorgesehene zusätzliche Aufschulung entbehrlich machende – "qualifizierte Leistungserbringung" im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes nachgewiesen ist, wobei die Beurteilung einer solcherart qualifizierten Leistungserbringung anhand der dem Gesetz (allenfalls auch unter Heranziehung von Gesetzesmaterialien) zu entnehmenden Wertungen zu erfolgen hat. Die Bestimmung des § 84 Abs. 7 MMHmG erlaubt es demnach nur jenen gewerblichen Masseuren – jeweils bei Vorliegen einer qualifizierten Leistungserbringung –, eine Tätigkeit als Heilmasseur auch ohne Aufschulung auszuüben, die die Befähigung zur Ausübung des Gewerbes der Massage auf Grund einer Befähigungsprüfung nachgewiesen haben (oder diese Prüfung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007 erfolgreich ablegen) und das Gewerbe der Massage bis zum Inkrafttreten des MMHmG (am 1. April 2003) durch mindestens sechs Jahre hindurch tatsächlich und rechtmäßig selbständig ausgeübt haben.

 

Bei  der Feststellung, ob damals eine "qualifizierte Leistungserbringung" vorlag, hat die Behörde daher im Hinblick auf das im MMHmG umschriebene Berufsbild des Heilmasseurs zu prüfen, ob der gewerbliche Masseur – auf Grund der Befähigungs­prüfung und einer entsprechend langen einschlägigen Tätigkeit – im Zeitpunkt des Inkrafttretens des MMHmG über eine solche fachliche Befähigung verfügte, um iSd § 29 MMHmG die entsprechenden Leistungen nach ärztlicher Anordnung eigenverantwortlich auszuüben. In diesem Zusammenhang ist jedoch nicht die Kenntnis aller (und im Besonderen auch der theoretischen) Lehrinhalte der auf Grund des MMHmG ergangenen Ausbildungsverordnung – noch dazu in genau jener Form und jenem Umfang, wie in dieser Verordnung vorgesehen – zu fordern, weil damit einerseits die Übergangsbestimmung des § 84 Abs. 7 MMHmG ihres Anwendungsbereiches beraubt und andererseits ein diametraler Widerspruch zu dem mit dem MMHmG insgesamt verfolgten Ziel der Durchlässigkeit zwischen den neuen Gesundheitsberufen (medizinischer Masseur und Heilmasseur) und den gewerblichen Masseuren entstehen würde.

 

3.4. Von dieser nunmehr maßgeblichen Rechtslage ausgehend hat daher die Behörde im Zuge einer Meldung der freiberuflichen Ausübung der Heil­masseur­tätigkeit gemäß § 46 Abs. 1 MMHmG durch einen gewerblichen Masseur – abgesehen von den dort genannten Formalerfordernissen – zunächst zu überprüfen, ob dieser vor dem 1. April 2003 entweder einen Befähigungsnachweis für das reglementierte Gewerbe der Massage auf Grund einer Befähigungsprüfung erlangt (§ 84 Abs. 1 Z. 1 MMHmG) oder er dieses Gewerbe zunächst nur auf Grund einer Nachsichtserteilung ausgeübt, die Befähigungsprüfung aber seither absolviert hat bzw. bis zum 31. Dezember 2007 absolvieren wird (§ 84 Abs. 2 Z. 2 und 3 MMHmG).

 

In einem zweiten Schritt ist sodann zu prüfen, ob der Anzeigende das Gewerbe der Massage tatsächlich und rechtmäßig vor dem 1. April 2003 bereits über einen Zeitraum von mindestens sechs Jahren ausgeübt hat (§ 84 Abs. 1 Z. 2 MMHmG; § 84 Abs. 2 Z. 1 MMHmG).

 

Schließlich hat die Behörde in einem letzten Schritt zu untersuchen, ob die Berufsausübung vor dem 1. April 2003 dem in § 84 Abs. 7 MMHmG geforderten Kriterium einer qualifizierten Leistungserbringung entsprochen hat.

 

Wenn eine der geforderten Voraussetzungen nicht vorliegt, ist die begehrte freiberufliche Ausübung des Heilmasseurs nach § 46 Abs. 2 MMHmG unverzüglich, längstens jedoch binnen drei Monaten zu untersagen. Eine bereits erteilte Berechtigung ist zu entziehen, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen entweder anfänglich nicht gegeben waren oder nachträglich weggefallen sind (§ 47 MMHmG).

 

3.5.1. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer einen Befähigungsnachweis für das reglementierte Gewerbe der Massage auf Grund einer Befähigungsprüfung erlangt sowie dieses Gewerbe tatsächlich und rechtmäßig vor dem 1. April 2003 bereits über einen Zeitraum von mindestens sechs Jahren ausgeübt hat. Seine Absicht auf freiberufliche Ausübung des Heilmasseurberufes iSd § 46 Abs. 1 MMHmG hat er am 16. April 2003 der belangten Behörde gemeldet.

 

3.5.2. Es bleibt sohin zu prüfen, ob die Berufsausübung vor dem 1. April 2003 dem in § 84 Abs. 7 MMHmG geforderten Kriterium einer qualifizierten Leistungserbringung entsprochen hat.

 

In diesem Zusammenhang hat der Rechtsmittelwerber folgende Nachweise vorgelegt:

 

* Reifeprüfungszeugnis (21.6.1983, BRG-W)

* Reifeprüfungszeugnis (24.3.1987, BHAK-L)

* Bescheinigung – lebensrettenden Sofortmaßnahmen am Ort des Verkehrsunfalls (15.9.1984, Rotes             Kreuz-Wels)

* Zeugnis – Privatschule für fachliche Weiterbildung in Massagelehre (30.5.1987 bis 10.6.1988, Institut -K ,S)

* Bescheinigung – Das Gesicht als Wegweiser für die Gesundheit (30.11.1988, Salzburger Volkshochschule)

* Bestätigung – Ohr-Reflexzonenmassage (8.5. bis 12.5.1989, Lehrinstitut R, W/CH)

* Kursbestätigung – Behandlungshinweise an Händen, Fingernägeln u. Gesicht (2.9.1989, Institut E, Pf/)

* Kursbestätigung – Pulsbefundung (7.9. bis 10.9.1989, Institut E, Pf/)

* Bestätigung – Akupunktur Massage u. Ohr-Reflexzonenmassage (28.5 bis 1.6.1990, Lehrinstitut R, W/CH)

* Anerkennung für die beendete Berufsschule III (29.6.1990, SR-Salzburg)

* Zeugnis – Grundkurs u. Therapiekurs für Lymphdrainage (2.7.bis 14.7.1990, Dr. V-Schule W)

* Kursbestätigung – Fußreflexzonen-Massage-Grundkurs (14.9 bis 16.9.1990, Institut E P/)

* Prüfungszeugnis – Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Masseur (6.10.1990, Lehrlingsstelle der

  Kammer der gewerblichen Wirtschaft für S

* Kursbestätigung – Akupunkte-Massage in der Kosmetik (13.10. bis 14.10.1990, Institut E P/)

* Kursbestätigung – Fußreflexzonen-Massage für fortgeschrittene Therapeuten (3.11. bis 4.11.1990, Institut E, P/)

* Kursbestätigung – Meridian- und Akupunktur-Massage ( 9.11. bis 11.11.1990, Institut E, P/)

* Kursbestätigung – Kinesiologie ( 11.11.1990, Institut E, P/)

* Kursbestätigung – Ohr-Akupunkte-Massage (16.3. bis 17.3.1991, Institut E, P/)

* Kursbestätigung – Bindegewebs-Massage (5.4. bis 7.4.1991, Institut E, P )

* Kursbestätigung – Segment-Reflexzonenmassage (12.4. bis 14.4.1991, Institut E, P )

* Arbeitszeugnis – (3.9.1991, Institut E, P )

* Ausbilderprüfungszeugnis – (19.1.1993, Amt der OÖ. Landesregierung Ge-360363/1)

* Teilnahmebestätigung – Meisterprüfungsvorbereitungskurs (Beginndatum 8.9.1992,WIFI-W am 10.3.1993)

* Prüfungszeugnis für Masseure - mit Auszeichnung bestanden (22.3.1993 Prüfungsstelle der Kammer der gewerblichen Wirtschaft/Linz)

* Gewerbeschein – Gewerbeanmeldung 17.12.1993 (9.2.1994, Magistrat der Stadt W)

* Teilnahmebestätigung –  Der Betriebsprüfer kommt - Ein ungleicher Kampf mit Tücken (29.5.1995, WIFI OÖ)

* Teilnahme-Zertifikat – Bioinformative Medizin in der praktischen Anwendung (30.11.2002, A M S GmbH, T/BRD)

 

Rechnet man dazu die Zeiten der für den Masseurberuf überqualifizierten schulischer Ausbildung (Reifeprüfung am Sport-BRG W im Jahr 1983; zusätzliche Reifeprüfung an der HAK Linz im Jahr 1987), dann verfügt der Rechtsmittelwerber insgesamt über folgende, selbst von der belangten Behörde unwidersprochen gebliebene fachliche Qualifikationen:

 

* Recht und Ethik (im Ausmaß von insgesamt 360 Stunden)

* Anatomie und Physiologie (384 Stunden)

* Pathologie (163 Stunden)

* Hygiene  (32 Stunden)

* Erste Hilfe (14,2)

* Physik (über 1000 Stunden)

* Dokumentation (über 500 Stunden)

* Massagetechniken zu Heilzwecken (148 Stunden)

* Massagetechniken zu Heilzwecken unter besonderer Berücksichtigung spezieller Krankheitsbilder (182 Stunden)

 

Daraus geht insgesamt zweifelsfrei hervor, dass der Beschwerdeführer zum einen nicht nur über außerordentlich umfangreiche praktische, sondern ebenso über ein reiches Maß an theoretischen Fertigkeiten und Kenntnissen verfügt, die insgesamt die iSd § 84 Abs. 7 MMHmG mit jenem (vergleichsweise weniger anspruchsvollen) Inhalt, den ihm der VfGH beimisst (s.o., 3.3.), geforderte qualifizierte Leistungserbringung für jedermann offenkundig, d.h. ohne dass es noch eines entsprechenden Sachverständigenbeweises bedarf, (sogar "über"-)erfüllt.

 

Die angefochtene erstbehördliche Untersagung der freiberuflichen Berufsausübung gemäß § 46 Abs. 2 MMHmG, die zudem nicht innerhalb der gesetzlichen Dreimonatsfrist erfolgte, widerspricht daher im vorliegenden Fall der Anordnung des § 84 Abs. 7 MMHmG.

 

3.6. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

Da bei diesem Verfahrensergebnis somit keine Untersagung nach § 46 Abs. 2 AVG mehr vorliegt, ist der Beschwerdeführer folglich berechtigt, den Heilmasseurberuf freiberuflich auszuüben.

 

3.7. Die belangte Behörde kann dem Beschwerdeführer die Berechtigung zur freiberuflichen Ausübung des Heilmasseurberufes gemäß § 47 Abs. 1 MMHmG entziehen, wenn und sobald sie zu der Auffassung gelangt, dass dieser das Kriterium der qualifizierten Leistungserbringung nicht mehr erfüllt, wobei sie in diesem Fall einen entsprechenden sachlichen Nachweis zu führen hat (vgl. dazu schon VwSen-580199 v. 8.9.2006).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

1.       Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2.       Im gegenständlichen Verfahren ist eine Gebühr in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Dr. G r o f

 

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