Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-161657/7/Zo/Da

Linz, 30.11.2006

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn G C, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W T, R, vom 5.9.2006 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 8.8.2006, VerkR96-22796-2004, wegen einer Übertretung der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und sofortiger Verkündung zu Recht erkannt:

 

I.                     Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches abgewiesen und das Straferkenntnis insoweit bestätigt.

 

II.                   Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise stattgegeben und die Geldstrafe auf 60,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 30 Stunden) herabgesetzt.

 

III.                  Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 6 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. u. II.:         § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG

zu III.:               §§ 64 ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I. u. II.:

1. Im angefochtenen Straferkenntnis wirft die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land dem Berufungswerber vor, dass er am 3.8.2004 um 8.13 Uhr auf der A1 bei km 161,355 in Fahrtrichtung Wien als Lenker des KFZ mit dem Kennzeichen
I-, die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 28 km/h überschritten habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 begangen, weshalb über ihn gem. § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 87 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 8,70 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung bringt der anwaltlich vertretene Berufungswerber vor, dass er zur Überschreitung der Fahrgeschwindigkeit gezwungen gewesen sei, weil das nachkommende Fahrzeug der Marke BMW auf der äußersten Überholspur derart knapp auf ihn aufgefahren sei, dass er sich genötigt gefühlt habe. Er habe nicht auf eine andere Fahrspur ausweichen können, weil diese ebenfalls mit Fahrzeugen blockiert gewesen seien und habe daher nur die Möglichkeit gehabt, seine Geschwindigkeit zu erhöhen. Selbst wenn das keinen Schuldausschließungsgrund bewirken würde, so habe er sich jedenfalls genötigt gefühlt. Der nachkommende Fahrzeuglenker habe daher eine Übertretung des § 18 Abs.1 StVO begangen. Diese Übertretung wiege jedenfalls schwerer als seine Geschwindigkeitsüberschreitung. Er sei eben genötigt gewesen, seine Geschwindigkeit kurzfristig zu erhöhen, um die Gefahr eines Auffahrunfalles zu vermeiden.

 

Der Berufungswerber sei seit 30 Jahren im Außendienst mit seinem PKW unterwegs und dabei 2,5 Mio. Kilometer unfallfrei gefahren. Er habe daher ausreichend Erfahrung, um die Situation einzuschätzen und sich so zu verhalten, dass Gefährdungen vermieden werden. Im konkreten Fall treffe ihn deshalb an der kurzfristigen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit kein Verschulden, weshalb er beantragte, das Verfahren einzustellen. Anzumerken ist noch, dass der anwaltlich vertretene Berufungswerber seine Berufung in offenbarer Verkennung der Zuständigkeitsvorschriften an das Amt der Oö. Landesregierung gerichtet hat.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, an welcher der Berufungswerber teilgenommen hat und RI W als Zeuge befragt wurde.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit den angeführten PKW auf der A1 in Fahrtrichtung Wien. Bei km 161,335 wurde seine Geschwindigkeit mit dem Radarmessgerät der Marke MUVR 6FM gemessen. Das Gerät war ordnungsgemäß geeicht, das Messergebnis betrug 167 km/h. Von diesem Messergebnis ist entsprechend den Verwendungsbestimmungen eine Messtoleranz von 5 % abzuziehen, sodass eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 158 km/h verbleibt.

 

Der Berufungswerber rechtfertigte sich von Anfang an dahingehend, dass er die Geschwindigkeit nur deshalb erhöht habe, um einen Auffahrunfall zu vermeiden. Der Lenker eines BMW sei auf der linken Fahrspur mit hoher Geschwindigkeit so knapp an ihn herangefahren, dass er im Innenspiegel die Vorderfront dieses Fahrzeuges gar nicht mehr habe erkennen können. Zu diesem Zeitpunkt habe er eine Geschwindigkeit von ca. 140 km/h eingehalten. Er habe deshalb seine Geschwindigkeit erhöhen müssen, damit er in weiterer Folge auf die mittlere Fahrspur habe ausweichen können. Er habe dann auch die nächste Autobahnabfahrt benutzt. Nur deshalb sei es zur Geschwindigkeitsüberschreitung gekommen. Er sei seit 30 Jahren im Außendienst unterwegs und in diesem Zeitraum ca. 2,5 Mio. Kilometer gefahren. In dieser gesamten Zeit sei er nie angezeigt worden. Er habe niemanden behindert sondern sei durch den nachfahrenden PKW genötigt worden, seine Geschwindigkeit zu erhöhen.

 

Jener Gendarmeriebeamte, welcher die gegenständliche Radarmessung durchgeführt hatte, wurde bei der mündlichen Verhandlung als Zeuge vernommen. Dabei legte er die damals angefertigten Radarfotos in chronologischer Reihenfolge vor. Daraus ist ersichtlich, dass das Fahrzeug des Berufungswerbers um 8.13.33 Uhr gemessen wurde (fortlaufende Nr. 449), das nächste Radarfoto mit der Nr. 450 wurde um 8.14.45 Uhr aufgenommen. Dazu führte der Berufungswerber aus, dass sich der Vorfall mit dem BMW jedenfalls so abgespielt habe, wie er ihn dargestellt hat, nachdem aber der BMW offenkundig bei dieser Radermessstelle die Geschwindigkeitsmessung nicht ausgelöst hat und auch nicht unmittelbar hinter ihm gefahren ist, sei es möglich, dass dieser Vorfall möglicherweise 1/2 oder auch 1 km vorher passiert sei.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren, sofern nicht die Behörde gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt.

 

5.2. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die vom Berufungswerber behauptete "Nötigung" durch ein rasch herankommendes Fahrzeug jedenfalls nicht im unmittelbaren Bereich der Radarmessstelle stattgefunden hat. Auffällig ist, dass jener BMW-Fahrer, welcher den Berufungswerber angeblich zur Überschreitung der Geschwindigkeitsbeschränkung genötigt habe, selbst bei der Radarmessstelle keine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hat. Selbst wenn man also einräumt, dass der vom Berufungswerber geschilderte Vorfall kurz vor der Radarmessung stattgefunden hat, ist dennoch festzuhalten, dass jedenfalls zum Zeitpunkt der Radarmessung für den Berufungswerber kein Grund bestanden hat, weiterhin mit der überhöhten Geschwindigkeit zu fahren. Er hat deshalb die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht nur in objektiver Weise zu verantworten, sondern diese ist ihm auch subjektiv vorwerfbar.

 

Allgemein ist auszuführen, dass das knappe Auffahren eines nachkommenden Fahrzeuges den vorausfahrenden Fahrzeuglenker nicht zur Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit berechtigt. Einem geprüften Kraftfahrzeuglenker ist es zumutbar, auch dann, wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer schwerwiegende Übertretungen begeht, selber die erlaubte Höchstgeschwindigkeit nicht zu überschreiten. Die Gefahren bei einem Verkehrsunfall erhöhen sich bei höheren Geschwindigkeiten ganz deutlich, weshalb es aus Gründen der Verkehrssicherheit auch beim knappen Auffahren des Hintermannes angebracht erscheint, selber die Geschwindigkeit nicht zu erhöhen. Eine kurzfristige Erhöhung der eigenen Geschwindigkeit, weil man sich subjektiv durch ein nachkommendes schnelleres Fahrzeug bedrängt fühlt, ist menschlich verständlich, stellt aber jedenfalls keinen Schuldausschließungsgrund iSd VStG dar. Im Übrigen hat die chronologische Auswertung der Radarfotos ergeben, dass sich die vom Berufungswerber geschilderte Situation jedenfalls nicht unmittelbar im Bereich der Geschwindigkeitsmessung abgespielt hat, weshalb zu diesem Zeitpunkt die Einhaltung der überhöhten Geschwindigkeit durch den Berufungswerber keinesfalls mehr gerechtfertigt ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Erstinstanz hat die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers nicht als strafmildernd berücksichtigt. Diese stellt aber einen wesentlichen Strafmilderungsgrund dar und es ist weiters zu berücksichtigen, dass seit dem Vorfall bereits mehr als 2 Jahre vergangen sind und der Berufungswerber in dieser Zeit – zumindest aktenkundig – keine weiteren Übertretungen begangen hat. Weitere Straferschwerungs- oder Strafmilderungsgründe lagen nicht vor.

 

Unter Berücksichtigung des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung erscheint die nunmehr herabgesetzte Geldstrafe ausreichend, um den Berufungswerber in Zukunft von der Begehung ähnlicher Übertretungen abzuhalten. Diese Strafe entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, nämlich einer monatlichen Pension von 1.200 Euro bei Sorgepflichten für zwei Kindern und keinem Vermögen. Es konnte daher der Berufung hinsichtlich der Strafhöhe stattgegeben und die verhängte Strafe geringfügig herabgesetzt werden.

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Z ö b l

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum