Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400856/4/Gf/BP/CR

Linz, 05.12.2006

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Beschwerde des A Ch, dzt. PAZ L, vertreten durch RA Dr. E, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Linz-Land seit 27. November 2006 zu Recht erkannt:

 

 

I.           Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

II.         Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Linz-Land) den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von
271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 82 und 83 FPG; § 79a AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Der Beschwerdeführer − ein Staatsangehöriger des Libanon − ist nach eigenen Angaben am 11. März 2006 unter Umgehung der Grenzkontrollen illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist und hat am 13. März 2006 einen Asylantrag eingebracht. Das Asylverfahren ist seit dem 21. Oktober 2006 rechtskräftig negativ abgeschlossen; am selben Tag wurde der Beschwerdeführer ausgewiesen.

 

Zuvor war der Beschwerdeführer bereits im Juli 2000 illegal nach Deutschland eingereist und hielt sich dort bis zum 19. November 2004 auf. An diesem Tag wurde er von den deutschen Behörden in den Libanon abgeschoben. Zudem wurde gegen den Rechtsmittelwerber seitens der BRD ein schengenweites Aufenthaltsverbot, das noch bis zum 26. November 2007 gilt, erlassen.

 

Am 27. November 2006 wurde der Beschwerdeführer neuerlich im Bundesgebiet angetroffen. Er ist mit einer deutschen Staatsbürgerin verheiratet, die seit 31. Oktober 2005 in Österreich polizeilich gemeldet ist. Da er die Aushändigung seines Reisepasses beharrlich verweigert, hat die belangte Behörde die Botschaft der Libanesischen Republik um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates ersucht.

 

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 27. November 2006, Zl. Sich 40-36886, wurde über den Rechtsmittelwerber gemäß § 76 Abs. 1 und 2 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 99/2006 (im Folgenden: FPG), zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum der Bundespolizeidirektion Linz noch am selben Tag vollzogen.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Falles nicht davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet freiwillig verlassen werde, weshalb von der Anwendung gelinderer Mittel abzusehen gewesen sei.

 

1.3. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die am 30. November 2006 per Post beim Oö. Verwaltungssenat eingebrachte Beschwerde.

 

Darin wird u.a. vorgebracht, dass die belangte Behörde die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in aufrechter Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht habe, an einem gemeinsamen festen Wohnsitz lebe, nicht entsprechend gewürdigt habe, sondern fälschlich davon ausgehe, dass er sich einer Abschiebung entziehen würde.

 

Unter derartigen Umständen hätten jedoch zumindest gelindere Mittel als die Verhängung der Schubhaft zur Anwendung kommen müssen.

 

Daher wird beantragt, den Schubhaftbescheid aufzuheben.

 

1.4. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, mit der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

 

Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Be­schwerde­führer mit Bescheid des Bundesasylamtes Salzburg rechtskräftig aus Österreich ausgewiesen worden sei und darüber hinaus gegen ihn ein von der BRD verhängtes schengenweites Aufenthaltsverbot bestehe, das noch bis zum 26. November 2007 gültig sei.

 

Die Anwendung eines gelinderen Mittels scheitere am unkooperativen Verhalten des Rechtsmittelwerbers, weshalb davon ausgegangen werden müsse, dass dieser das Bundesgebiet keinesfalls freiwillig verlassen werde.

 

Zur Behauptung, dass ihm im Wege der Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen das Recht auf Freizügigkeit zukäme, wird darauf hingewiesen, dass Familienangehörige eines EWR-Bürgers nur dann ein abgeleitetes Freizügigkeitsrecht genießen, wenn sie den primären Freizügigkeits­berechtigten begleiten oder ihm dorthin nachziehen. Sie hätten also bereits in der BRD, dem Herkunftsland der EWR-Bürgerin, Freizügigkeit genossen haben müssen. Tatsächlich sei aber der Beschwerdeführer sowohl nach Deutschland als auch nach Österreich illegal eingereist und seine Ehegattin sei ihm erst ein halbes Jahr später nach Österreich gefolgt. Somit liege Freizügigkeit bzw. ein damit verbundener rechtmäßiger Aufenthalt nicht vor.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Linz-Land zu Zl. Sich40-38668; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, dieser vom Beschwerdeführer im Grunde auch nicht bestritten wird und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 83 Abs. 2 Z 1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Ergänzend wird angefügt, dass eine Abfrage des Zentralen Melderegisters ergab, dass zwar die Ehegattin, nicht aber der Rechtsmittelwerber selbst an der in der Beschwerde genannten Adresse (seit 29. Mai 2006) gemeldet ist.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat ein Fremder das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechts­widrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.      wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.      wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.      wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Nach § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schub­haft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthalts­verbots oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern.

 

Gemäß § 77 FPG hat die Behörde jedoch von der Anordnung der Schubhaft Abstand zu nehmen, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Als in diesem Sinne gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in perio­dischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

 

Nach § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass der Rechtsmittelwerber aufgrund des Bescheides des Bezirks­hauptmannes von Linz-Land vom 27. November 2006 bis dato in Schubhaft an­ge­halten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

3.3.1. Weiters wurde nicht in Abrede gestellt, dass das Asylbegehren des Beschwerdeführers rechtskräftig abgewiesen, gegen ihn die Ausweisung verfügt und ein aufrechtes, für den gesamten Schengenraum gültiges Aufenthaltsverbot verhängt wurde.

 

Sein gegenwärtiger Aufenthalt in Österreich ist demnach offensichtlich nicht rechtmäßig, sodass die belangte Behörde die zur Sicherung der Abschiebung verhängte Schubhaft grundsätzlich auf § 76 Abs. 1 FPG stützen kann.

 

3.3.2. Seine Anhaltung in Schubhaft ist aber auch als erforderlich anzusehen, weil der Beschwerde­führer schon in der Vergangenheit durch seine mehrfachen illegalen Grenz­über­tritte sowie durch das Zuwiderhandeln gegen fremdenpolizeiliche Anordnungen dokumentiert hat, dass er nicht bereit ist, die Rechtsordnungen der von ihm angestrebten Aufnahmeländer zu respektieren. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass er über keinen ordnungsgemäßen Wohnsitz in Österreich verfügt, weil er an der von ihm in der Beschwerde genannten Adresse nicht selbst (sondern nur seine Ehegattin) polizeilich gemeldet ist.

 

Außerdem hat es der Rechtsmittelwerber abgelehnt, bei der belangten Behörde zwecks Missbrauchsverhinderung im Falle der Anwendung eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG seinen Reise­pass zu hinterlegen. Dies rechtfertigt aber offenkundig die Prognose, dass er – in Freiheit belassen – beabsichtigt, in die Illegalität unterzutauchen, um sich so seiner drohenden Abschiebung in den Libanon zu entziehen. Eine derartige Intention tritt darüber hinaus auch mittelbar aus der durch Aktenvermerk dokumentierten Vorsprache seiner Ehegattin am 28. November 2006 zu Tage.

 

Die Nichtanwendung gelinderer Mittel erfolgte daher im Ergebnis zu Recht.

 

3.3.3. Die Schubhaftverhängung ist im vorliegenden Fall auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Beschwerdeführers auf Schutz seiner persönlichen Freiheit steht ein dieses überwiegendes Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, ist der Eingriff in das Recht auf den Schutz der persönlichen Freiheit aus den unter 3.3.2. dargelegten Gründen unumgänglich, weshalb auch die Anwendung gelinderer Mittel auszuschließen war.

 

3.3.4. Wenn der Beschwerdeführer schließlich vorbringt, dass diese Maßnahme gegen ihn als Ehemann einer von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch machenden EWR-Bürgerin und somit als einen begünstigten Drittstaatsangehörigen unzulässig sei, so verkennt er, dass das FPG in den einschlägigen Bestimmungen nicht einmal die Anwendung der Schubhaft gegen EWR-Bürger selbst ausschließt. Entscheidendes Kriterium ist allein die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts. Wie bereits zuvor festgestellt, hält sich der Beschwerdeführer aber mit Blick auf die rechtskräftige Ausweisung des Bundesasylamtes Salzburg und das bestehende schengenweite Aufenthaltsverbot zweifelsfrei nicht rechtmäßig in Österreich auf.

 

3.4. Schließlich liegen auch die für eine Fortsetzung der Anhaltung des Rechtsmittel­werbers maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vor: Denn die Erreichbarkeit des mit der Schubhaft verfolgten Zieles – nämlich: eine ehest mögliche Abschiebung des Beschwerdeführers in den Libanon  zu sichern – ist nach der Faktenlage schon deshalb als wahrscheinlich anzusehen, weil sich nach dieser kein Hinweis dafür findet, dass die libanesische Vertretungsbehörde das beantragte Heimreisezertifikat nicht ausstellen könnte.

 

3.5. Die gegenständliche Beschwerde war somit aus allen diesen Gründen gemäß § 83 FPG iVm § 67c Abs. 3 AVG abzuweisen; gleichzeitig war nach § 83 Abs. 4 FPG festzustellen, dass die für eine Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen aus den genannten Gründen weiterhin vorliegen.

 

4. Gemäß § 79a AVG iVm. § 83 Abs. 2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs. 3 AVG).

 

Davon ausgehend waren dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde gemäß § 1 Z. 3 und 4 der UVS-Auf­wand­ersatz­ver­ordnung, BGBl. II Nr. 334/2003, Kosten in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro) zuzusprechen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 13 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Dr.  G r o f

Beachte: 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde zurückgewiesen.

VfGH vom 27.02.2007, Zl.: B 136/07-9

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 27.03.2007, Zl.: 2007/21/0019-8 und 2007/21/0051 WE-3

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum